Normen
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §63 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §63 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verfügte nach der Aktenlage über einen von der österreichischen Botschaft in Manila am 16. Dezember 1993 ausgestellten Touristensichtvermerk mit einer Gültigkeitsdauer bis 17. März 1994. Er beantragte am 15. Februar 1994 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) im Wege der österreichischen Botschaft Pressburg die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wobei er unter der Rubrik "derzeitiger Wohnsitz" eine näher bezeichnete Anschrift auf den Philippinen angab. Als Aufenthaltszweck wurde Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft mit seiner Ehegattin geltend gemacht.
Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. März 1995 gemäß § 5 Abs. 1 AufG abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 17. April 1997, Zl. 95/18/0738, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Die belangte Behörde wäre im Hinblick auf den von ihr herangezogenen Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer zur Bekanntgabe jener Umstände aufzufordern, die eine abschließende Beurteilung der Frage ermöglicht hätten, ob auf Grund der von ihm vorgelegten Verpflichtungserklärung sein Lebensunterhalt als im Sinn des § 5 Abs. 1 AufG gesichert angesehen werden könne.
Im fortgesetzten Verfahren brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. Oktober 1997 zur Kenntnis, dass aus den von ihm zuletzt vorgelegten Unterlagen eindeutig hervorgehe, dass er nach der (bei der österreichischen Botschaft in Pressburg erfolgten) Antragstellung wieder in das Bundesgebiet eingereist und nach wie vor im Inland aufhältig sei. Daraus ergebe sich, dass er mit dem gegenständlichen Antrag den nach Einreise mit einem Touristensichtvermerk begonnenen Aufenthalt verlängern wolle. Damit liege der zwingende Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG vor. Weiters ergebe sich daraus, dass er seit 18. März 1994 durchgehend ohne Aufenthaltsberechtigung im Inland aufhältig sei. Dies stelle zweifellos eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar. Die belangte Behörde beabsichtige daher, die Berufung gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 und 6 FrG abzuweisen. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, sich zu dieser beabsichtigten Vorgangsweise zu äußern.
In seiner Stellungnahme vom 13. November 1997 brachte der Beschwerdeführer insbesondere vor, dass sich das fortgesetzte Verfahren nach dem ausdrücklichen Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes auf die Frage des gesicherten Lebensunterhaltes zu beschränken habe, weil die Behörden nach Aufhebung eines Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof an dessen Rechtsansicht gebunden seien. Eine Ausnahme von dieser Bindungswirkung bestehe nur, soweit sich nach Erlassung des aufgehobenen Bescheides die maßgebliche Sach- oder Rechtslage geändert habe. Dies liege im gegenständlichen Fall nicht vor, weil der belangten Behörde sämtliche Umstände, auf die sie sich in ihrer Aufforderung zur Stellungnahme vom 28. Oktober 1997 stütze, bereits im Zeitpunkt der Antragstellung und Bescheiderlassung im ersten Rechtsgang bekannt gewesen seien. Die nunmehr "nachgeschobenen" Sichtvermerksversagungsgründe könnten daher eine Abweisung des Antrages nicht rechtfertigen. Im Übrigen würde eine Abweisung des Antrages, insbesondere im Hinblick auf den bereits nunmehr vierjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland bei seiner Ehegattin massiv in sein Privat- und Familienleben eingreifen.
Mit dem angefochtenen (Ersatz-)Bescheid vom 25. November 1997 wies der Bundesminister für Inneres die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, nach den vom Beschwerdeführer am 29. September 1997 vorgelegten Unterlagen, insbesondere seinem Meldezettel, habe sich ergeben, dass er nach seiner Einreise mit dem am 16. Dezember 1993 ausgestellten und bis 17. März 1994 gültigen Touristensichtvermerk noch immer im Bundesgebiet aufhältig sei. Daraus folge, dass er mit seiner Antragstellung am 10. Februar 1994 bei der österreichischen Botschaft Pressburg seinen mit Touristensichtvermerk begonnenen Aufenthalt habe verlängern wollen. Dadurch liege der zwingende Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG vor. Dies sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. Oktober 1997 zur Kenntnis gebracht worden. Nach Wiedergabe der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 13. November 1997 führte die belangte Behörde begründend weiter aus, bei der im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidung hätten sowohl die erstinstanzliche Behörde als auch die belangte Behörde die Annahme vertreten, dass der Antrag des Beschwerdeführers korrekterweise im Ausland eingebracht worden sei und er die Entscheidung auch im Ausland abwarten würde. Der belangten Behörde sei die geänderte Sachlage erst im laufenden Berufungsverfahren bekannt geworden, nämlich dass der Beschwerdeführer mit seinem damals erteilten Touristensichtvermerk nach der Antragstellung neuerlich eingereist sei, um im Inland die Entscheidung der Behörde abzuwarten. Unbeschadet der weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers im Zuge seiner Stellungnahme vom 13. November 1997 sei bei der Beurteilung des Antrages allein maßgeblich, dass § 5 Abs. 1 AufG zwingend die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausschließe, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des Fremdengesetzes vorliege. Nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG liege ein solcher vor, wenn der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle. Im Hinblick auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, B 338/93 und B 445/93, erübrige sich das Eingehen auf eventuelle private und familiäre Interessen, da das Vorliegen des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht darstelle.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautete:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 FrG 1992 lautete auszugsweise:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerkfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"
Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, weshalb die Bestimmung des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 auf den gegenständlichen Fall keine Anwendung findet.
In der Beschwerde wird zunächst gerügt, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die bindenden Vorgaben des § 63 VwGG verletzt habe. Sie habe die abermalige Verweigerung der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nämlich nunmehr - für den Beschwerdeführer völlig "überraschend" - auf das Vorliegen des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG 1992 gestützt, obwohl ihr das diesbezügliche Sachverhaltselement bereits "seit Jahren" bekannt gewesen sei.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf: Erfolgt die Aufhebung eines angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil es die belangte Behörde unterlassen hat, die für die Beurteilung des Rechtsfalles wesentlichen Sachverhaltsermittlungen zu treffen, so besteht die Herstellung des der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustandes im Sinn des § 63 VwGG darin, dass die belangte Behörde nunmehr jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführt, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes ermöglichen. Es bleibt der Behörde aber unbenommen, die Verfahrensergebnisse nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens allenfalls auch abweichend von der bisherigen Beurteilung zu würdigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, Zl. 98/13/0058). Insbesondere hindert § 63 Abs. 1 VwGG die belangte Behörde nicht, im - nach Aufhebung ihres Bescheides - fortgesetzten Verfahren auch Gesichtspunkte zu verwerten, die sie ursprünglich - aus einer durch den Verwaltungsgerichtshof als verfehlt erkannten Rechtsmeinung heraus - außer Betracht gelassen hatte (vgl. die bei Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 737, wiedergegebene Judikatur). Es kann demnach dahinstehen, aus welchen Gründen die belangte Behörde im ersten Rechtsgang den Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG 1992 nicht herangezogen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu diesem Sichtvermerksversagungsgrund im Übrigen folgende Rechtssätze - von denen abzugehen kein Anlass besteht - geprägt:
Für die Beurteilung der Frage, ob der in Rede stehende Sichtvermerksversagungsgrund vorliegt, ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblich. Die Bestimmung bezweckt, die Fortsetzung des Aufenthaltes von Fremden im Bundesgebiet im Anschluss an touristische Aufenthalte nicht zu gestatten. Die Frage, ob eine beantragte Bewilligung zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen "soll", ist nach der Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen. Der in Rede stehende Sichtvermerksversagungsgrund ist dann verwirklicht, wenn sich der Fremde in dem für die Entscheidung der Behörde maßgeblichen Zeitpunkt - also jenem der Bescheiderlassung - im Anschluss an eine mit Touristensichtvermerk erfolgte Einreise im Bundesgebiet aufhält. Ein nahtloser Anschluss der zu erteilenden Bewilligung an die Geltungsdauer des Touristensichtvermerkes ist für den in Rede stehenden Versagungstatbestand nicht vorausgesetzt. Bedeutungslos ist es auch, ob der Antrag auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung vor oder nach der mit dem Touristensichtvermerk erfolgten Einreise gestellt wurde. Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG 1992 gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf die durch Art. 8 MRK geschützten Rechte des Fremden aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497, dargelegten Gründen nicht zu erfolgen hat (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 2000, Zl. 96/19/1241, mwH).
Der Beschwerdeführer bestreitet weder die Feststellung der belangten Behörde, er sei mit einem Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist, noch, dass er sich im Anschluss daran weiterhin im Bundesgebiet aufgehalten habe. Er räumt vielmehr sowohl im Verwaltungsverfahren (vgl. die bereits in der Sachverhaltsdarstellung angeführte Stellungnahme vom 13. November 1997) als auch in seiner Beschwerde seinen "nunmehr bereits vierjährigen" Aufenthalt im Bundesgebiet ausdrücklich ein. Er stellt gleichfalls nicht in Abrede, auch im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde im Bundesgebiet aufhältig gewesen zu sein.
Angesichts der vom Beschwerdeführer gemachten Angaben hatte die belangte Behörde hinreichende Anhaltspunkte für ihre Annahme, dieser halte sich im Zeitpunkt ihrer Entscheidung weiterhin im Bundesgebiet auf. Hat der Beschwerdeführer aber das Bundesgebiet im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht wieder verlassen, so kann die Heranziehung des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 24. April 2002
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