VwGH 2002/07/0021

VwGH2002/07/002127.6.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde 1. (zu Zl. 2002/07/0021) des Dipl. Ing. LZ in N und 2. (zu Zl. 2002/07/0022) der EZ in N, beide vertreten durch Dr. Hubert F. Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, Kirchstraße 10, gegen die Bescheide des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft vom 12. September 2001, 1. Zl. 711.018/2-OAS/01 und 2. Zl. 711.020/5- OAS/01, betreffend Mitgliedschaft in einer Agrargemeinschaft (Mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft N, vertreten durch den Obmann HS in N, dieser vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, Wolfeggstraße 1), zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §63 Abs1;
VwGG §63 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von je EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im November 1995 stellten die Beschwerdeführer an die mitbeteiligte Partei den Antrag, ihnen die Nutzungsrechte als Mitglied, in eventu, falls die mitbeteiligte Partei der Ansicht sei, dass die Beschwerdeführer noch nicht Mitglied wären, die Mitgliedschaft mit Nutzungsrechten zuzuerkennen.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 1995 teilte die mitbeteiligte Partei den Beschwerdeführern mit, dass ihren Anträgen nicht entsprochen werden könne, weil die Statuten eine Aufnahme in ihrem Fall nicht vorsähen.

Daraufhin wandten sich die Beschwerdeführer jeweils mit Schreiben vom 17. Jänner 1996 an die Agrarbezirksbehörde B (ABB) und stellten den Antrag auf bescheidmäßige Absprache über ihre an die mitbeteiligte Partei gestellten Ansuchen.

Da die ABB in der Folge keine Entscheidung traf, stellten die Beschwerdeführer mehrere Devolutionsanträge an den Landesagrarsenat beim Amt der Vorarlberger Landesregierung (LAS).

Mit dem im Devolutionswege ergangenen Bescheid des LAS vom 29. April 1999 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin gegen die Versagung der Aufnahme als Mitglied durch die mitbeteiligte Partei abgewiesen und der Zweitbeschwerdeführerin die Mitgliedschaft in der Agrargemeinschaft nicht zuerkannt werde.

Begründend führte der LAS im Wesentlichen aus, dass der Vater der Zweitbeschwerdeführerin zwar Mitglied der Agrargemeinschaft gewesen, jedoch wie auch ihre Mutter vor dem 1. Jänner 1982 verstorben sei, ihre Eltern daher in der Mitgliederliste der Agrargemeinschaft zu diesem Zeitpunkt nicht aufschienen und ihr gemäß § 4 Z. 1 Abs. 1 der mit Bescheid vom 25. September 1997 aufsichtsbehördlich genehmigten Satzung der mitbeteiligten Partei die Mitgliedschaft nicht zuerkannt werden könne.

In gleicher Weise wurde mit dem weiteren, im Devolutionsweg ergangenen Bescheid des LAS vom 29. April 1999 ausgesprochen, dass die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gegen die Versagung der Aufnahme in die Mitgliederliste der mitbeteiligten Partei abgewiesen und dem Erstbeschwerdeführer die Mitgliedschaft in der Agrargemeinschaft nicht zuerkannt werde.

In seiner Begründung wiederholte der LAS seine Argumentation in seinem die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden Bescheid und führte darüber hinaus im Wesentlichen aus, dass nach § 4 Z. 1 Abs. 1 der vorzitierten Satzung Voraussetzung für die Zuerkennung der Mitgliedschaft die direkte Abstammung als Tochter oder Sohn - nicht jedoch als Enkel - von einem Mitglied sei.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer jeweils Berufung.

Mit zwei Bescheiden vom 1. Dezember 1999 stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführer Mitglieder der mitbeteiligten Partei seien und sprach aus, dass deren Aufnahme in die Mitgliederliste der ABB obliege.

In der Begründung heißt es, die Beschwerdeführer hätten ihren Antrag zu einem Zeitpunkt gestellt, in dem noch die Satzung 1988 in Geltung gewesen sei, weshalb zuerst eine Prüfung ihres Antrages unter dem Gesichtspunkt dieser Satzung zu erfolgen habe. Die Zweitbeschwerdeführerin könne auf Grund des § 4 Z. 1 lit. a der Satzung 1988 ihre Mitgliedschaft in der Agrargemeinschaft ableiten, weil sie ihre eheliche Abstammung von einer Person, nämlich ihrem Vater, habe nachweisen können, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung am 19. Juli 1988 die Voraussetzungen der Mitgliedschaft erfüllt hätte. Damit komme ihr nach dieser Satzung ein Mitgliedschaftsrecht zu. Daran könne auch § 6 Z. 1 lit. b der Satzung nichts ändern, wonach die Mitgliedschaft bei Töchtern von Mitgliedern während ihres Ehestandes ruhe. Diese Vorschrift erweise sich im Licht der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes als nichtig im Sinn des § 879 ABGB. Die Satzung 1997 fordere nunmehr als Voraussetzung der Mitgliedschaft in der Agrargemeinschaft in § 4 Z. 1 Abs. 1 den Nachweis der direkten Abstammung von einem Mitglied, das zum Stichtag 1. Jänner 1982 oder später in der Mitgliederliste der mitbeteiligten Partei aufscheine. Diesen Nachweis könne die Zweitbeschwerdeführerin nicht erbringen, weil ihr Vater bereits 1959 verstorben sei, ohne dass er in die Mitgliederliste der mitbeteiligten Partei aufgenommen worden sei. Damit werde im Ergebnis die unter der Satzung vom Jahr 1988 festgestellte Mitgliedschaft rückwirkend vernichtet. Wenn ein genereller Verstoß der in der mit Bescheid der ABB vom 25. September 1997 genehmigten Satzungsänderung enthaltenen Stichtagsregelung gegen das Sachlichkeitsgebot in Verfolgung des auch nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes als rechtens denkbar zu verfolgenden Zieles einer Verhinderung des Ansteigens der Anzahl der Mitglieder einer Agrargemeinschaft nicht erkannt werden könne, so könne dies nur für solche Fälle gelten, in denen im Zeitraum vom 1. Jänner 1982 bis zum Inkrafttreten der Satzung 1997 nach den in diesem Zeitraum geltenden Satzungsbestimmungen kein Mitgliedschaftsanspruch bestanden habe. Im vorliegenden Fall bedeute die Satzungsänderung mit der Satzung 1997 einen Eingriff in die Rechtsposition der Zweitbeschwerdeführerin, dem erhebliches Gewicht zukomme, wobei keine besonderen Umstände zu finden seien, die einen solchen rückwirkenden Eingriff erlauben würden. Die Satzung 1997 könne daher nicht den bereits entstandenen Mitgliedsanspruch der Zweitbeschwerdeführerin rückwirkend vernichten.

Hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers verwies die belangte Behörde im Wesentlichen auf die Begründung ihres die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden Bescheides.

Diese beiden Bescheide wurden vom Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer Beschwerde der im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei mit Erkenntnis vom 25. Juni 2001, Zlen. 2000/07/0021, 0022, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Zweitbeschwerdeführerin wegen der unbedenklichen Stichtagsregelungen der Satzungen 1988 und 1997 einen Mitgliedschaftsanspruch aus der Mitgliedschaft ihres Vaters, des Großvaters des Erstbeschwerdeführers, nicht ableiten könne. Damit ergebe sich auch kein Anspruch des Erstbeschwerdeführers.

Mit den zwei nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden vom 12. September 2001 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gegen die Bescheide des LAS als unbegründet ab.

In der Begründung verwies sie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 2001, Zl. 2000/07/0021, 0022.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof.

Dieser lehnte mit den Beschlüssen vom 26. November 2001, B 1517/01-3 und B 1518/01-3, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Feststellung der Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft und in ihrem Recht auf Zuerkennung von Nutzungsrechten verletzt.

Sie begründen dies damit, dass jene Bestimmungen der Satzungen der Agrargemeinschaft aus dem Jahr 1988 und aus dem Jahr 1997, die ihnen diese Mitgliedschaft verwehren, nichtig seien. Als solche nichtige Bestimmungen sehen sie die Stichtagsregelungen dieser Satzungen an.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligten Partei hat ebenfalls Gegenschriften erstattet und beantragt, den Beschwerden keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beide Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zu gemeinsamer Beratung und Beschlussfassung verbunden und hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich mit der Frage der Mitgliedschaft der Beschwerdeführer in der Agrargemeinschaft und ihren diesbezüglichen Nutzungsrechten in seinem Erkenntnis vom 25. Juni 2001, Zl. 2000/07/0021, 0022 zu befassen. Parteien dieses Verfahrens waren dieselben wie im vorliegenden Verfahren, allerdings mit vertauschten Rollen. Die nunmehrige mitbeteiligte Partei trat als Beschwerdeführerin auf, die Beschwerdeführer nahmen die Rolle von mitbeteiligten Parteien ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis entschieden, dass die Stichtagsregelungen der Satzungen 1988 und 1997 der Agrargemeinschaft N unbedenklich sind und dass die Beschwerdeführer wegen dieser Stichtagsregelungen einen Mitgliedschaftsanspruch nicht ableiten können.

Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, sind die Verwaltungsbehörden nach § 63 Abs. 1 VwGG verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

An die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 25. Juni 2001, Zl. 2000/07/0021, 0022, dass den Beschwerdeführern keine Mitgliedschaftsrechte an der Agrargemeinschaft und keine dementsprechenden Nutzungsrechte zustehen, war die belangte Behörde bei ihrer neuerlichen Entscheidung gebunden. Diese Bindung besteht auch für den Verwaltungsgerichtshof (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1999, 96/07/0215).

Den Beschwerden muss daher der Erfolg versagt bleiben, ohne dass auf das Beschwerdevorbringen im Einzelnen noch einzugehen ist.

Aus den dargestellten Erwägungen erweisen sich die Beschwerden als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen waren.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. I Nr. 501/2001.

Wien, am 27. Juni 2002

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