VwGH 2001/14/0067

VwGH2001/14/006729.1.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag.iur. Mag.(FH) Schärf, über die Beschwerde der F GmbH in W, vertreten durch Dr. Gerald Haas, Dr. Anton Frank und Mag. Ursula Schilchegger-Silber, Rechtsanwälte in 4601 Wels, Ringstraße 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 17. Jänner 2000, GZ. RV-629/1-8/1999, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1998, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332,-- EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach einer Lohnsteuerprüfung setzte das Finanzamt gegenüber der beschwerdeführenden GmbH Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die monatlichen Bezüge ihres zu 100 % am Stammkapital beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. Jänner 1994 bis zum 31. Dezember 1998 fest.

Die Beschwerdeführerin berief gegen die Abgabenvorschreibung, da der Geschäftsführer als Alleingesellschafter keinerlei Weisungen unterliege und ihm gleichsam "Arbeitgeberstatus" zukomme, was seiner gleichzeitigen Stellung als Arbeitnehmer entgegenstehen müsse. Wie der angeschlossenen "Erklärung des Geschäftsführers" (datiert mit "Wels, im April 1992") entnommen werden könne, trage der Geschäftsführer zudem das volle Unternehmerrisiko. Nach dem Inhalt dieser Erklärung verpflichtet sich der Geschäftsführer "anlässlich der Einführung des Rechnungslegungsgesetzes" für den Fall, dass das Eigenkapital der Gesellschaft durch Verluste aufgebraucht werde und dadurch ein "Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" entstehe, in dem betreffenden Wirtschaftsjahr auf seinen Geschäftsführerbezug "ganz oder teilweise zu verzichten" bzw. einen bereits allenfalls vorweg bezogenen Geschäftsführerbezug entsprechend zurückzuzahlen. Überdies habe der Geschäftsführer keinen Anspruch auf Urlaub, "Krankheitsentschädigung" oder Abfertigung. Er könne sich durch Dritte vertreten lassen und erhalte keine Auslagenersätze. Insgesamt erbringe der Geschäftsführer seine Arbeitsleistung nicht in persönlicher Abhängigkeit sondern in Form eines geschuldeten "geistigen" Werkes.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie traf die Sachverhaltsfeststellung, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin eine erfolgsunabhängige monatliche Vergütung von S 100.950,-- (für den Zeitraum Jänner bis April 1994) bzw. S 104.300,-- (von Mai 1994 bis Juni 1998) bzw. S 79.300,-- (ab Juli 1998) vierzehnmal jährlich erhalten habe. Laut Vorhaltsbeantwortung in Verbindung mit den Einkommensteuererklärungen des Geschäftsführers könne davon ausgegangen werden, dass dem Geschäftsführer keine Barauslagen entstanden seien. In der Bilanz der GmbH zum 31. März 1998 werde bei einem Stammkapital von S 500.000,-- ein Gewinnvortrag von S 233.466,-- ausgewiesen. Die Erklärung des Geschäftsführers, im Falle eines negativen Eigenkapitals auf einen Teil des Geschäftsführerbezuges zu verzichten, sei im Streitzeitraum nicht schlagend geworden. Überdies müssten auch leitende Angestellte im Falle einer Überschuldung des Unternehmens Gehaltseinbußen hinnehmen. Aufgrund der vom Geschäftsführer übernommenen Aufgaben - der kaufmännischen und technischen Leitung des Unternehmens - sei von seiner Eingliederung in den betrieblichen Organismus des Unternehmens auszugehen, zumal ihm am Firmensitz auch Räumlichkeiten zur Verfügung gestanden seien.

Somit weise die Tätigkeit des Geschäftsführers unter Außerachtlassung der - aufgrund der Alleingesellschafterstellung fehlenden - Weisungsgebundenheit die Merkmale eines steuerlichen Dienstverhältnisses auf. Es seien daher Einkünfte iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gegeben. Im Übrigen werde darauf verwiesen, dass der Geschäftsführer die Einkünfte in seinen Einkommensteuererklärungen ebenfalls als solche iSd § 22 Z. 2 EStG beurteilt habe. Die Geschäftsführervergütungen seien somit vom Finanzamt zu Recht in die Beitragsgrundlage des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden.

Den am 19. Dezember 2000 vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00 entschieden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, und vom 18. Juli 2001, 2001/13/0072 und 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (vgl. § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert ist,

.) dass ihn nicht ein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis trifft und

.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Beurteilung kann der Beschwerde, deren Vorbringen sich im Wesentlichen im Rahmen der zu den oben angeführten Judikaten vorgebrachten Argumente hält, kein Erfolg zukommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass im gegebenen Zusammenhang der Beteiligungshöhe keine Bedeutung beizumessen ist (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, 2001/13/0203).

Wenn die belangte Behörde auf Grund der tatsächlich erfolgten regelmäßigen Entlohnung des Geschäftsführers die Sachverhaltsfeststellung getroffen hat, dass den Gesellschafter-Geschäftsführer ein relevantes Unternehmerrisiko nicht treffe, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die Schwierigkeiten der Feststellung des tatsächlichen Sachverhaltes, die sich bei Leistungsverhältnissen zwischen einer Gesellschaft und ihrem wesentlich beteiligten Geschäftsführer insbesondere aus dem dabei häufig vorzufindenden Umstand des Selbstkontrahierens ergeben, haben nämlich zur Folge, dass bei der Sachverhaltsfeststellung, um dem Objektivierungserfordernis hinreichend Rechnung zu tragen, der nach außen in Erscheinung tretenden tatsächlichen Abwicklung der Leistungsbeziehung die wesentliche Bedeutung beizumessen ist (siehe das bereits zitierte Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054, mwN). Der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe zu Unrecht auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt, verfängt daher nicht. Der behördlichen Feststellung, die (Absichts-)Erklärung des Geschäftsführers aus dem Jahr 1992 sei im Streitzeitraum nicht schlagend geworden, tritt die Beschwerde nicht entgegen. Die Beschwerdeführerin behauptet auch nicht, dass der Eintritt eines negativen Eigenkapitals konkret zu besorgen war. Die Beschwerde wendet sich lediglich gegen den von der belangten Behörde angestellten Vergleich mit möglichen Gehaltseinbußen von leitenden Angestellten im Falle betrieblicher Misserfolge. Es trifft wohl zu, dass leitende Angestellte zu einem gänzlichen Gehaltsverzicht nicht bereit wären. Anders als bei fremden Arbeitnehmern ist dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer ein Abgehen von der sich selbst auferlegten Verpflichtung im Falle verschlechterter Unternehmensdaten jedoch ohne weiteres möglich, sodass die belangte Behörde alleine aus der erklärten Absicht des Geschäftsführers (gegebenenfalls Verzicht zu üben) ein relevantes Unternehmerrisiko noch nicht ableiten musste.

Dass dem Geschäftsführer (ungeachtet der unterbliebenen Geltendmachung von Betriebsausgaben im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen) tatsächlich nennenswerte Kosten aus seiner Geschäftsführertätigkeit erwachsen wären, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Ein ausgabenseitiges Unternehmerrisiko ist daher gleichfalls nicht zu erkennen.

Die Eingliederung des Gesellschafter-Geschäftsführers in den Betrieb der Beschwerdeführerin durfte die belangte Behörde aus dem Umstand der auf Dauer angelegten Leistungserbringung ableiten. Auf das in der Beschwerde angesprochene Kriterium der Vertretungsbefugnis kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht entscheidend an (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 28. November 2001, 2001/13/0221). Der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe sich nicht ausreichend mit der Frage der Vertretungsregelung auseinandergesetzt, geht daher von vornherein ins Leere.

Ergänzender Ermittlungen zur Frage, wie lange sich der Geschäftsführer Urlaub genommen habe, bedurfte es vor dem Hintergrund der aufgezeigten Rechtslage nicht.

Im Ergebnis kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die Eingliederung des Geschäftsführers in den betrieblichen Organismus, das Fehlen eines ins Gewicht fallenden Unternehmerrisikos und eine laufende Entlohnung die Einkünfte des Geschäftsführers als solche iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 angesehen und daher in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. Jänner 2002

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