VwGH 2001/12/0096

VwGH2001/12/009620.2.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Jörg Baumgärtel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. März 2001, Zl. 6222/3425-II/4/01, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages in Angelegenheit einer Dienstzuteilung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §73 Abs2;
DVG 1984 §1 Abs4;
AVG §73 Abs2;
DVG 1984 §1 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Revierinspektor in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Bis 30. Juni 1999 war seine Dienststelle der Gendarmerieposten in E, Bezirk K. Mit Befehl des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich vom 22. Juni 1999 wurde er mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1999 dem Gendarmerieposten V dienstzugeteilt.

In seiner Eingabe vom 19. Juli 1999 ersuchte der Beschwerdeführer um Aufhebung der Dienstzuteilung aus wirtschaftlichen, sozialen und privaten Gründen.

Mit Erledigung vom 1. September 1999 teilte das Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich (die nachgeordnete Dienstbehörde) dem Beschwerdeführer mit, es sei beabsichtigt, ihn gemäß § 38 Abs. 6 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) von Amts wegen vom Gendarmerieposten E zum Gendarmerieposten H, Bezirk H, zu versetzen. Unter Darlegung der Gründe für die beabsichtigte Personalmaßnahme räumte die nachgeordnete Dienstbehörde dem Beschwerdeführer Gehör ein.

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens nahm der - nunmehr anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer hiezu erst in seinem Schriftsatz vom 10. Februar 2000 Stellung und beantragte die Beendigung der Dienstzuteilung, die Rückführung zu seiner Dienststelle und die Einstellung des Versetzungsverfahrens.

Mit schriftlicher Erledigung vom 18. Februar 2000 sprach die nachgeordnete Dienstbehörde, die in der Stellungnahme vom 10. Februar 2000 eine Remonstration gegen den Dienstauftrag (Dienstzuteilung) sah, die Weisung aus, der Beschwerdeführer habe der verfügten Zuteilung zum Gendarmerieposten V Folge zu leisten.

In seinem als Devolutionsantrag bezeichneten Schriftsatz vom 20. November 2000 stellte der Beschwerdeführer ausgehend davon, dass die nachgeordnete Dienstbehörde hinsichtlich seines Antrages vom 10. Februar 2000 säumig sei, innerhalb von sechs Monaten einen Bescheid zu erlassen, folgende Anträge:

"1) Das Bundesministerium für Inneres möge meine, gegen meinen Willen nunmehr 16 monatige, Dienstzuteilung zum GP V aufheben

in eventu

2) einen Versetzungsbescheid erlassen."

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde hierüber wie folgt ab:

"Ihr Devolutionsantrag vom 20.11.2000 gegen die nicht erfolgte bescheidmäßige Absprache des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich über Ihre Dienstzuteilung zum GP V wird gemäß §§ 56 und 59 AVG in Verbindung mit § 44 Abs 3 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl Nr 333 idgF, ... abgewiesen."

Begründend führte sie nach Darlegung des bisherigen Verfahrensganges aus, die Dienstzuteilung zum Gendarmerieposten V stelle eine Weisung nach § 44 BDG 1979 dar. Eine bescheidmäßige Absprache über eine solche Weisung sei - gleichgültig ob mündlich oder schriftlich erteilt - gesetzlich nicht vorgesehen. Halte der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so habe er vor Befolgung der Weisung dem Vorgesetzten seine Bedenken mitzuteilen, sofern es sich nicht wegen Gefahr im Verzuge um eine unaufschiebbare Maßnahme handle. Der Vorgesetzte habe eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gelte. Der Beschwerdeführer habe von seinem Remonstrationsrecht dahingehend Gebrauch gemacht, dass er mit Schreiben vom 19. Juli 1999 um Aufhebung der Dienstzuteilung ersucht hätte. Die nachgeordnete Dienstbehörde habe ihn daraufhin unter Angabe der Gründe von der Absicht in Kenntnis gesetzt, ihn zum Gendarmerieposten H zu versetzen. Im Schreiben vom 10. Februar 2000 habe der Beschwerdeführer durch seinen Bevollmächtigten die Beendigung der Dienstzuteilung, Rückführung zu seiner Dienststelle und Einstellung des Versetzungsverfahrens beantragt, woraufhin die nachgeordnete Dienstbehörde die die Zuteilung zum Gendarmerieposten V betreffende Weisung mittels Befehl vom 18. Februar 2000 schriftlich wiederholt habe.

Feststellungsbescheide seien unzulässig, wenn an der Erlassung des Feststellungsbescheides kein rechtliches Interesse bestehe oder die strittige Frage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens - etwa eines Disziplinarverfahrens - zu klären sei. Ein rechtliches Interesse bestehe auch dann nicht, wenn eine gesetzliche Möglichkeit vorgesehen sei, ein strittiges Rechtsverhältnis zu klären. Eine solche gesetzlich vorgesehene Möglichkeit sei auch das Remonstrationsrecht gemäß § 44 Abs. 3 BDG 1979, weshalb es unzulässig sei, einen Bescheid zu erlassen, wenn das einer Konfliktlösung dienende Verfahren nach § 44 Abs. 3 leg. cit. noch nicht abgeschlossen sei.

Die nachgeordnete Dienstbehörde habe den Antrag vom 10. Februar 2000 folglich nicht als Bescheidantrag, sondern als Remonstration gegen die Dienstzuteilung zum Gendarmerieposten V gewertet und daher am 18. Februar 2000 die Weisung gemäß § 44 Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 schriftlich wiederholt. Eine bescheidmäßige Absprache über die Zulässigkeit der Dienstzuteilung sei zu diesem Zeitpunkt verfahrensrechtlich nicht vorgesehen gewesen.

Diese Ansicht teile auch die "auf Grund des Devolutionsantrages zuständig gewordene" belangte Behörde. Ein Feststellungsbescheid wäre nur dann zulässig, wenn es sich um die Klärung der Frage handeln würde, ob die Befolgung der gegenständlichen Weisung zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers zählte. Diese Rechtsfrage sei jedoch nicht Gegenstand seines Antrages. Vor diesem Hintergrund sei also noch kein Raum gewesen, über die bekämpfte Weisung mit Bescheid abzusprechen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf rechtskonforme Interpretation des Beamten-Dienstrechtes verletzt". Jeder Verwaltungsakt - so auch die Weisung zu einer Dienstzuteilung - habe im Rahmen der Gesetze zu erfolgen und müsse objektiv nachvollziehbar sein. Im konkreten Fall müssten für die Behörde vor der Dienstzuteilung die Gründe für die beabsichtigte Maßnahme objektiv nachvollziehbar vorgelegen haben, da sonst die ausgesprochene Dienstzuteilung eine rechtswidrige Weisung wäre. Da anlässlich der Weisungsübermittlung keine Gründe für diese Dienstzuteilung mitgeteilt worden seien, habe der Beschwerdeführer nach sieben Monaten den Antrag gestellt, diese Dienstzuteilung hinsichtlich ihrer Notwendigkeit bescheidmäßig zu begründen, weil nur dann eine rechtlich relevante Bekämpfung möglich sei. Die (nachgeordnete Dienst-)Behörde sei dieser "Bescheiderstellung" nicht nachgekommen, sodass es zwingend notwendig gewesen sei, zur Sicherung eines allfälligen Rechtszuges einen Devolutionsantrag an die Oberbehörde zu stellen. Die Begründung im angefochtenen Bescheid, dass die Anträge des Beschwerdeführers eine Remonstration gewesen wären, die durch die schriftliche Wiederholung der Weisung erledigt wären, sei nicht nachvollziehbar, weil hiedurch einer willkürlichen Dienstzuteilung Tür und Tor geöffnet wäre, zumal durch diese Rechtsansicht dem Betroffenen jegliche Möglichkeit einer objektiven Überprüfung der Notwendigkeit dieser Dienstzuteilung genommen worden wäre. Da aber jeder Verwaltungsakt einer objektiven Überprüfung zugeführt werden könne, sei die Entscheidung der belangten Behörde unzutreffend. Die von der belangte Behörde primär herangezogenen Überlegungen für die Ausübung ihres Ermessens seien letztendlich nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt.

Der Beschwerde kann aus folgendem Grund kein Erfolg beschieden sein:

Gemäß § 73 Abs. 1 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG sind die Behörde oder der unabhängige Verwaltungssenat verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über.

Die gemäß § 73 Abs. 2 AVG für eine Devolution vorausgesetzte Säumnis der (nachgeordneten Dienst-)Behörde läge in der Verletzung ihrer Entscheidungspflicht über einen Antrag der Partei im Verwaltungs-(Dienstrechts-)Verfahren.

Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die "Abweisung" des Antrages des Beschwerdeführers vom 20. November 2000, jedoch nur insoweit, als sich dieser nach Auffassung der belangten Behörde "gegen die nicht erfolgte bescheidmäßige Absprache des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich über Ihre Dienstzuteilung zum GP V" richtete. Durch diese Formulierung hat die belangte Behörde jedenfalls zum Ausdruck gebracht, dass sie über den Eventualantrag des Beschwerdeführers, im Devolutionswege einen Versetzungsbescheid zu erlassen, nicht abgesprochen hat.

Anzumerken ist zunächst, dass der Hauptantrag des Beschwerdeführers vom 20. November 2000 insofern unklar ist, als er einerseits auch als "Devolutionsantrag" bezeichnet wird (und demnach auf die Erlassung eines Bescheides im Devolutionsweg gerichtet sein müsste), andererseits aber seinem Wortlaut nach auf die Aufhebung einer Dienstzuteilung, also auf die Erlassung einer Weisung, gerichtet ist. Die belangte Behörde wäre daher gehalten gewesen, den Beschwerdeführer zunächst zur Klarstellung seines Hauptantrages aufzufordern. In der Unterlassung dieser Vorgangsweise liegt jedoch kein relevanter Verfahrensmangel, lässt doch das wiedergegebene Beschwerdevorbringen vor dem Verwaltungsgerichtshof erkennen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Antrag die Erlassung eines Feststellungsbescheides (betreffend die Frage, ob die Befolgung der Dienstzuteilung zu seinen Dienstpflichten gehört) durch die belangte Behörde im Devolutionsweg erreichen wollte.

Einen Antrag an die erstinstanzliche Behörde, einen derartigen Feststellungsbescheid zu erlassen, hat der Beschwerdeführer freilich nicht gestellt. Zunächst ist festzuhalten, dass seine Eingabe vom 19. Juli 1999 nicht als solcher Antrag gedeutet werden kann.

Auch das Begehren im Schriftsatz vom 10. Februar 2000 auf Beendigung der Dienstzuteilung und auf Rückführung auf die ursprüngliche Dienststelle war auf Erlassung einer Weisung (durch die nachgeordnete Dienstbehörde) gerichtet; auf das Verfahren zur Erteilung einer Weisung selbst findet das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 jedoch keine Anwendung (§ 1 Abs. 4 DVG), sodass daraus noch keine Pflicht der nachgeordneten Dienstbehörde zur Erlassung eines Bescheides abgeleitet werden konnte. Soweit in diesem Schriftsatz auch die Einstellung des Versetzungsverfahrens begehrt wurde, kann dies dahingestellt bleiben, weil mit dem angefochtenen Bescheid ausschließlich über einen Devolutionsantrag in Angelegenheit einer Dienstzuteilung abgesprochen wurde, nicht jedoch betreffend eine Versetzung des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer richtete aber sowohl seinen primären Devolutionsantrag als auch seinen Eventualantrag auf Erlassung eines "Versetzungsbescheides" vom 20. November 2000 ausdrücklich direkt an die belangte Behörde.

Die gemäß § 73 Abs. 2 AVG für eine Devolution vorausgesetzte Säumnis der (nachgeordneten Dienst-)Behörde läge in der Verletzung ihrer Entscheidungspflicht über einen Antrag der Partei im Verwaltungs-(Dienstrechts-)Verfahren. Im vorliegenden Fall traf jedoch die nachgeordnete Dienstbehörde mangels eines bei ihr anhängigen Antrages auf Erlassung eines (Feststellungs-)Bescheides gar keine Entscheidungspflicht; der Devolutionsantrag wäre daher schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Die von der belangten Behörde mangels Vorliegens einer Säumnis der erstinstanzlichen Behörde vorgenommene "Abweisung" desselben stellt bloß ein Vergreifen im Ausdruck dar. Schon aus diesem Grund konnte daher der angefochtene Bescheid den Beschwerdeführer nicht in einem Recht auf Übergang der Entscheidungspflicht verletzen.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.

Wien, am 20. Februar 2002

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