Normen
MRKZP 07te Art4;
SchiffahrtsG 1997 §7 Abs1 Z4;
SchiffahrtsG 1997 §7;
VStG §22 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §137 Abs3 litd;
WRG 1959 §31 Abs1;
MRKZP 07te Art4;
SchiffahrtsG 1997 §7 Abs1 Z4;
SchiffahrtsG 1997 §7;
VStG §22 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §137 Abs3 litd;
WRG 1959 §31 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Oktober 2001 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe eine Verwaltungsübertretung nach § 31 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) in Verbindung mit § 137 Abs. 3 lit. d WRG 1959 in der Fassung BGBl. Nr. 74/1997 begangen, weil er am 11. August 1999 im Bereich des Strandbades in S beim Anlegesteg vor dem Restaurant S bei der um ca. 8,45 Uhr durchgeführten Betankung des Motorschiffes "Z" mittels Handpumpe als Verpflichteter gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 jene Maßnahmen unterlassen habe, die trotz bestehender Gefahr einer Gewässerverunreinigung zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlich gewesen wären, indem er erforderliche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung, nämlich die Sicherstellung eines sorgfaltsgemäßen Tankvorganges durch entsprechende Kontrollmaßnahmen, nicht getroffen habe.
Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 10.000,-- verhängt.
In der Begründung setzte sich die belangte Behörde u.a. auch mit dem Argument des Beschwerdeführers auseinander, es liege eine unzulässige Doppelbestrafung vor, weil er wegen desselben Sachverhaltes bereits wegen Übertretung des § 7 Abs. 1 Z. 4 des Schifffahrtsgesetzes 1997 bestraft worden sei.
Zu diesem Argument führte die belangte Behörde aus, dem in Art. 4 des 7. ZPEMRK verankerten Doppelbestrafungsverbot widerspreche eine gesetzliche Strafdrohung nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dann, wenn sie den wesentlichen Gesichtspunkt eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von den Strafgerichten zu ahndenden Straftatbestandes sei, neuerlich einer Beurteilung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörde unterwerfe. Für das Verbot der Doppelbestrafung komme es nicht darauf an, welcher Sachverhalt in den jeweiligen Strafverfahren erhoben worden sei; maßgebend sei vielmehr, dass der in einem Strafverfahren herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpfe, sodass ein weiter gehendes Strafbedürfnis entfalle, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Deliktes in jeder Beziehung mitumfasse (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 1999, 99/03/0016).
Der wesentliche Gesichtspunkt des hier zur Anwendung kommenden § 137 Abs. 3 lit. d WRG 1959 sei die Außerachtlassung der Sorgfalt, die § 31 WRG 1959 von jedermann verlange, um eine Gewässerverunreinigung hintanzuhalten.
Der durch die Bezirkshauptmannschaft S im Straferkenntnis vom 3. August 2000 als verletzt festgestellte § 7 Schifffahrtsgesetz verpflichte den Schiffsführer, alle Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, welche die Rücksicht auf die Sicherheit der Schifffahrt und von Personen sowie die berufliche Übung gebieten, um Gefährdungen von Menschen, Beschädigungen von anderen Fahrzeugen oder Schwimmkörpern, von Ufern, Bauen oder Anlagen jeder Art in Gewässer oder am Ufer, Behinderungen der Schifffahrt oder der Berufsfischerei und Verunreinigungen der Gewässer zu vermeiden. Dabei handle es sich um Delikte, die einen Verstoß gegen unterschiedliche Verhaltensanforderungen, einerseits an jedermann im Sinne des § 1297 und § 1299 ABGB, andererseits an den Schiffsführer im Sinne der Einhaltung schifffahrtsrechtlicher Regeln zum Inhalt hätten. Der Unrechtsgehalt der von einem Schiffsführer begangenen Übertretung des Schifffahrtsgesetzes erschöpfe den Unrechtsgehalt der umweltschutzorientierten Bestimmung des § 137 Abs. 3 lit. d WRG 1959 im Hinblick auf zu vermeidende Gewässerverunreinigungen nicht und bleibe für einen von jedermann durchzuführenden Tankvorgang auf dem Wasser daher ein Strafbedürfnis aus dem WRG 1959 neben dem Schifffahrtsgesetz voll aufrecht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalt, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, eine Bestrafung nach dem WRG 1959 hätte nicht mehr erfolgen dürfen, nachdem er bereits wegen Übertretung des § 7 des Schifffahrtsgesetzes 1997 bestraft worden sei. Es liege eine unzulässige Doppelbestrafung vor.
Bereits mit diesem Einwand ist der Beschwerdeführer im Recht.
Nach § 137 Abs. 3 lit. d WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs. 1 treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt.
Nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.
§ 7 Abs. 1 des Schifffahrtsgesetzes 1997 lautet auszugsweise:
"(1) Schiffsführer haben alle Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, welche die Rücksicht auf die Sicherheit der Schifffahrt und von Personen sowie die berufliche Übung gebieten um Folgendes zu vermeiden:
...
4. Verunreinigungen der Gewässer."
Hat jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fehlt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind nach § 22 Abs. 1 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen.
Für das Zusammentreffen strafbarer Handlungen gilt demnach als Regel der Grundsatz der Kumulation. Dieser kommt allerdings nicht zum Tragen, wenn es sich um einander ausschließende Strafdrohungen handelt. Strafdrohungen schließen einander dann aus, wenn nicht jedes Tatbild für sich allein und beide gleichzeitig verwirklicht werden können, also die Verwirklichung des einen Tatbestandes die Verwirklichung des anderen zwingend nach sich zieht (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren II2, 422 f, angeführte Rechtsprechung).
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch Art. 4 7. ZPEMRK.
Nach dieser Bestimmung darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.
Zu dieser Bestimmung hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung auf Grund des Art. 4 des 7. ZPEMRK erst dann unzulässig wird, wenn sie bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war; dies ist der Fall, wenn der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodass ein weiter gehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst.
Strafverfolgungen bzw. Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, die auf Straftatbeständen fußen, die einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion jedenfalls bei eintätigem Zusammentreffen ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn und weil dadurch ein- und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Oktober 1998, VfSlg. 15.293 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Der Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom 3. August 2000 schuldig erkannt, eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 1 Z. 4 des Schifffahrtsgesetzes 1997 begangen zu haben, weil er am 11. August 1999 um ca. 8,45 Uhr auf dem W-See bei der Anlegestelle M-Straße (Höhe Restaurant S) als Schiffsführer der "Z" nicht alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen habe, welche die Rücksicht auf die Sicherheit der Schifffahrt und von Personen sowie die berufliche Übung gebieten, um eine Verunreinigung des Sees zu vermeiden, indem er beim Betanken der "Z" unsachgemäß hantiert habe, wodurch Diesel in den See gelangt sei.
Das dem Beschwerdeführer in diesem Straferkenntnis angelastete Verhalten ist also dasselbe, das ihm im angefochtenen Bescheid zum Vorwurf gemacht wird.
Während sich § 31 Abs. 1 WRG an "jedermann" wendet, gilt § 7 des Schifffahrtsgesetzes 1997 nur für Schiffsführer. Daraus ist aber nicht - wie dies die belangte Behörde tut - zu schließen, dass deswegen eine Bestrafung nach beiden Bestimmungen geboten sei; vielmehr stellt sich § 7 des Schifffahrtsgesetzes 1997 in Bezug auf Schiffsführer als die lex specialis zu § 31 WRG 1959 dar. Der von der belangten Behörde gesehene "Überhang" eines Strafbedürfnisses besteht somit nicht.
Der Beschwerdeführer durfte daher, nachdem er wegen desselben Verhaltens bereits nach dem Schifffahrtsgesetz bestraft worden war, nicht auch noch wegen Übertretung des § 31 Abs. 1 WRG 1959 bestraft werden.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. Mai 2002
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