VwGH 2000/21/0001

VwGH2000/21/000113.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des AC in Wien, geboren am 23. November 1950, vertreten durch Dr. Aleksa Paunovic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 17/20, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 19. Oktober 1999, Zl. Fr 1831/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
AVG §37;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein bis 23. Mai 2004 befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich.

Zur Begründung dieser Maßnahme führte sie im Wesentlichen aus: Der Beschwerdeführer sei am 23. Mai 1999 von Beamten eines Grenzüberwachungspostens angehalten und einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen worden. Er habe angegeben, bereits 1974 nach Österreich gekommen zu sein und bis 1985 ein gültiges Visum gehabt zu haben. Er hätte dann Österreich verlassen und wäre seit 1993 wieder hier aufhältig. Seit sechs Jahren würde er ohne Visum wieder in Österreich leben. Sein vermutlich schon abgelaufener Reisepass dürfte sich bei einem Freund befinden, dessen Adresse oder Telefonnummer er nicht habe. Er wäre derzeit bei seiner Freundin, deren Adresse er aber nicht bekannt geben möchte. Er würde als Kunstschmied arbeiten, seine Firma wäre aber seit März 1999 in Konkurs und er würde von der Wirtschaftspolizei gesucht. An Barmitteln hätte er S 200,--; diverse Firmen und Privatpersonen würden ihm S 1,300.000,-- schulden und er hätte in Jugoslawien ein Haus im Wert von DM 1,000.000,--.

Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde - besitze derzeit keinerlei Einkommensquelle und könne auch in keiner Weise darlegen, wie er seinen Lebensunterhalt fristen werde. Er sei mit Schreiben vom 8. August 1999 aufgefordert worden, seine Vermögensverhältnisse offen zu legen, sei dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen. Er wohne unangemeldet an verschiedenen Adressen in Wien und es sei zu befürchten, dass er versuchen werde, durch "irgendwelche illegalen Machenschaften" seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Hinzu komme, dass er wegen des Vergehens nach § 159 StGB (fahrlässige Krida) zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben sei. Zudem stelle der Verstoß gegen das Sichtvermerksabkommen eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar. Schwerwiegend sei sein seit nunmehr sechs Jahren illegaler Aufenthalt in Österreich. Unter Gesamtwürdigung des vorliegenden Falles (illegaler Aufenthalt, Mittellosigkeit) sei die Annahme gerechtfertigt, dass sein Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung und das wirtschaftliche Wohl des Landes gefährden würde. Da das Fremdengesetz 1997 der Einhaltung einreise- und aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen sowie der Abwendung von Gefahren, die von mittellosen Personen ausgehen, enormes Gewicht beimesse, könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch im Rahmen der Ermessensübung nicht abgesehen werden.

Gemäß § 37 FrG könnten sich Fremde nur auf jene privaten und familiären Interessen stützen, die während ihres rechtmäßigen Aufenthaltes entstanden seien. Der Beschwerdeführer habe sich aber die ganze Zeit illegal in Österreich aufgehalten. Den öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sei im Verhältnis zu seinen privaten Interessen wesentlich mehr Gewicht beizumessen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2). Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat gemäß § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG - von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen - zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. September 2001, Zl. 2000/21/0101) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt und entsprechend zu belegen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert scheint.

Diesbezüglich bringt der Beschwerdeführer vor, eine Mittellosigkeit könne deswegen nicht angenommen werden, weil einerseits eine Verpflichtungserklärung im Akt erliege und andererseits für ihn ein Rechtsanwalt einschreite. Das zweitgenannte Argument geht ins Leere, weil aus der möglichen Beschaffung der Mittel für einen anwaltlichen Beistand nicht geschlossen werden kann, dass der Fremde für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts im Inhalt über ausreichende Mittel verfügt. Hinsichtlich des Hinweises auf eine im Akt erliegende Verpflichtungserklärung ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie diesen Umstand in der Bescheidbegründung in keiner Weise aufgegriffen hat. Mangels Relevanz dieses Verfahrensfehlers wurde der Beschwerdeführer dadurch jedoch nicht in subjektiven Rechten verletzt. Es hat zwar die von ihm in seiner Berufung genannte Lebensgefährtin nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eine Verpflichtungserklärung abgegeben, wobei ihre Unterschrift notariell beglaubigt wurde. Mit der Vorlage einer Verpflichtungserklärung wurde jedoch einem initiativen Nachweis der Unterhaltsmittel nicht entsprochen, weil die gesamte finanzielle Situation der diese Erklärung abgebenden Person (Vermögens- und Wohnverhältnisse, allfällige Unterhaltspflichten, sonstige finanzielle Verpflichtungen, etc.) bekannt gegeben werden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2001/18/0059).

Da die Beschwerde auch sonst keinen Umstand aufzuzeigen vermag, der gegen die Annahme der belangten Behörde über die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers sprechen würde, kann deren Ansicht, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei, nicht als rechtswidrig gesehen werden.

Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse vorbringt, die belangte Behörde habe ihn am Verfahren nicht beteiligt und er hätte dadurch die belangte Behörde nicht über seine Tätigkeit und über seine Eigenschaft als "nützliches Mitglied der Gesellschaft" aufklären können, bringt er keine konkreten Umstände vor, deren Feststellung zu einem für ihn günstigen Ergebnis hätte führen können. Er bestreitet auch nicht, dass er sich nach einem jahrelangen Aufenthalt im Ausland erst seit 1993 wieder in Österreich befindet und seither über keine Aufenthaltsberechtigung verfügt hat.

Die belangte Behörde irrt zwar, wenn sie meint, dass sich Fremde nur auf jene privaten und familiären Interessen stützen könnten, die während eines rechtmäßigen Aufenthaltes entstanden seien, und sie übersieht auch, dass der Beschwerdeführer mittlerweile gemäß dem im Akt erliegenden Meldezettel bei seiner Lebensgefährtin gemeldet ist. Dennoch kann das Ergebnis ihrer Beurteilung nach § 37 FrG nicht als rechtswidrig gesehen werden. Einerseits resultiert nämlich aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr strafbarer Handlungen und/oder einer finanziellen Belastung der Republik Österreich (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 2000/21/0101), andererseits spricht die langjährig unterlassene Meldung des Beschwerdeführers an einem Wohnsitz gegen eine ausgeprägte inländische Integration. Die Dauer seines inländischen Aufenthalts und das Vorhandensein einer Lebensgefährtin fallen nicht so sehr ins Gewicht, dass sie das genannte öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes überwiegen könnten, zumal der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum nie über eine Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. Daran ändert nichts, dass seiner Beschwerde gegen die Verweigerung eines Sichtvermerks behauptetermaßen die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.

Da letztlich auch kein Umstand dafür spricht, dass die belangte Behörde im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes hätte Abstand nehmen müssen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 13. Dezember 2002

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte