Normen
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §40 Abs2;
BauG Stmk 1995 §40 Abs3;
BauG Stmk 1995 §40;
BauO Stmk 1968 §61;
BauRallg;
VwRallg;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §40 Abs2;
BauG Stmk 1995 §40 Abs3;
BauG Stmk 1995 §40;
BauO Stmk 1968 §61;
BauRallg;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 4. Jänner 2000 wurde in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren gemäß § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG betreffend die Rechtmäßigkeit folgender baulicher Anlagen festgestellt:
"Gerätehütte an der Nord-West-Ecke des Grundstückes 1387/2, KG L, mit 5,10 m x 2,60 m in Massivbauweise, eingeschoßig und mit Satteldach (Abstell-Lagerraum für die Sportanlage), Beleuchtungsanlage an der Ostseite des Grundstückes 1387/2 als Stahlmast mit Einzelfundament und 4 Ständermasten mit Beleuchtungskörper auf den Eckpunkten des Grundstückes 1376/1.
Dieser Feststellungsbescheid gilt als Bau- und Benützungsbewilligung."
Die dagegen von dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten (die Eigentümer eines zu den verfahrensgegenständlichen Baugrundstücken benachbarten Grundstückes sind) erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 20. Juni 2000 gemäß § 40 Abs. 4 Stmk. BauG mangels Parteistellung im Verfahren nach § 40 Abs. 3 Stmk. BauG zurückgewiesen. Die Berufungsbehörde vertrat die Auffassung, dass Parteistellung in dem Verfahren nach § 40 Stmk. BauG nur dem Bauwerber bzw. Objekteigentümer zukomme, nicht aber den Nachbarn.
Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung wurde der Berufungsbescheid wegen Verletzung von Rechten des Erst- und der Zweitmitbeteiligten behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Beschwerdeführerin verwiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gemäß § 40 Abs. 3 Stmk. BauG bei der Klärung der Frage der Rechtmäßigkeit der baulichen Anlage nach § 40 Abs. 2 leg. cit. die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen sei. Lägen die Voraussetzungen nach Abs. 2 vor, habe die Behörde die Rechtmäßigkeit festzustellen. Der Feststellungsbescheid gelte als Bau- und Benützungsbewilligung.
§ 61 Stmk. Bauordnung 1968 sehe vor, dass u.a. Nachbarn zur Bauverhandlung zu laden seien. Gemäß § 61 Abs. 2 Stmk. Bauordnung 1968 könne der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften bezögen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienten. Der Auffassung, dass im Verfahren gemäß § 40 leg. cit. nur der Bauwerber bzw. Objekteigentümer Parteistellung habe, könne sich die belangte Behörde nicht anschließen. Bei der Normierung in § 40 Abs. 3 leg. cit., wonach die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen sei, handle es sich um eine ausdrücklich Ausnahme vom sonst geltenden Grundsatz, wonach für einen Bescheid regelmäßig die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung maßgebend sei. Es sei also jene materiell-, aber auch verfahrensrechtliche Rechtslage maßgebend, wie sie zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues bestanden habe. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit nach Abs. 2 sei inhaltlich im Wesentlichen dem Baubewilligungsverfahren gleichgestellt. Insbesondere seien auch die Nachbarn im Sinne der verfahrensrechtlichen Rechtslage zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues beizuziehen. Es werde diesbezüglich auf Hauer-Trippl, Stmk. Baurecht3, S. 298, § 40, Anm. 8, verwiesen. Da für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden baulichen Anlagen nicht nur die materiell-, sondern auch die verfahrensrechtliche Rechtslage zum Zeitpunkt der Errichtung dieser Anlagen maßgeblich sei, § 61 Stmk. Bauordnung 1968 die Beiziehung der Nachbarn als Parteien und die Möglichkeit der Erhebung von Einwendungen normiere, sei den Nachbarn auch in einem Feststellungsverfahren gemäß § 40 Abs. 2 und 3 leg. cit. die Parteistellung einzuräumen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat - wie die erst- und zweitmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Die belangte Behörde hat eine Replik vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 40 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), lautet wie
folgt:
"§ 40
Rechtmäßiger Bestand
(1) Bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, gelten als rechtmäßig, wenn sie vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurden.
(2) Weiters gelten solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem 1. Jänner 1969 und 31. Dezember 1984 errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären.
(3) Die Rechtmäßigkeit nach Abs. 2 ist über Antrag des Bauwerbers oder von Amts wegen zu beurteilen. Dabei ist die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen. Liegen die Voraussetzungen nach Abs. 2 vor, hat die Behörde die Rechtmäßigkeit festzustellen. Der Feststellungsbescheid gilt als Bau- und Benützungsbewilligung.
(4) Wird das Feststellungsverfahren von Amts wegen eingeleitet, ist der Objekteigentümer zu beauftragen, die erforderlichen Projektunterlagen binnen angemessener Frist bei der Behörde einzureichen."
Die beschwerdeführende Gemeinde macht geltend, dass die Schaffung von subjektiven Rechten, die die Parteistellung begründeten, eine Angelegenheit des materiellen Rechtes sei. Im Rahmen der gegebenen verfassungsrechtlichen Schranken könne der Materiengesetzgeber anordnen, in welchem Verfahren einer bestimmten Partei bestimmte Rechte einzuräumen seien. Grundlage des angefochtenen Bescheides sei § 40 Stmk. BauG. Der Verweis auf die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage sei ein Verweis allein auf materielles Recht und damit auf die zur jeweiligen Gesetzeslage normierten Genehmigungsvoraussetzungen. Das Feststellungsverfahren sei als eine Art nachträgliches Prüfungsverfahren konzipiert, inwieweit ein Bauvorhaben zum Zeitpunkt seiner Errichtung mit dem von der Baubehörde zum damaligen Zeitpunkt wahrzunehmenden Vorschriften übereinstimme. Das Stmk. BauG gehe bei dem Regelungssystem des § 40 davon aus, dass lediglich der Mangel der nicht eingeholten Baubewilligung saniert werde und dass bei der Prüfung alle Bestimmungen betreffend technische Anforderungen, Nachbarschutz oder auch Raumordnung, maßgeblich seien. Die Prüfung dieser Belange sei der Behörde übertragen. In einem derartigen Verfahren könnten damalige Nachbarn zwar angehört werden (zur Ermittlung des Sachverhaltes), diesen seinerzeitigen Nachbarn komme jedoch keine Parteistellung zu und es fehle ihnen dementsprechend an der Legitimation, gegen einen solchen Feststellungsbescheid Berufung erheben zu können. Kennzeichen eines Feststellungsverfahrens sei es, dass die Behörde eine objektive Prüfung vornehme und in diesem Zusammenhang auch von sich aus die (subjektiven) Rechte der Nachbarn wahre. Wären die Nachbarn Parteien, so handelte es sich nicht um ein Feststellungsverfahren, sondern um ein nachträgliches Bewilligungsverfahren nach damaliger Rechtslage. Anders als im Regelungszusammenhang mit dem Baubewilligungsverfahren (§ 61 Abs. 1 Stmk. Bauordnung 1968 und § 26 Abs. 1 Stmk. BauG, die dem Nachbarn konkrete subjektive Rechte einräumten) fehle eine gleichartige Regelung im § 40 Stmk. BauG. Der Materiengesetzgeber habe im Zusammenhang mit dem Feststellungsverfahren nach § 40 Stmk. BauG keine Nachbarrechte normiert.
Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Gemeinde nicht im Recht.
Gemäß § 8 AVG sind Personen Parteien, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind.
Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitzt, kann an Hand des AVG allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den konkret anzuwendenden verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden. Auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechtes muss sie nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und nach dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften beurteilt werden (vgl. die in Walter - Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S. 194, zu § 8 AVG in E. 31 angeführten hg. Erkenntnisse). Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG kann nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, den die den Einzelfall regelnde materiell-rechtliche Norm auf den interessierten Personenkreis entfaltet, es sei denn, dass der Gesetzgeber die Parteistellung autoritativ bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 AVG für das Verwaltungsverfahren entbehrlich gemacht hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1995, Zl. 94/10/0149). Aus dem Umstand, dass § 40 Stmk. BauG die Parteistellung des Nachbarn nicht ausdrücklich regelt, kann nicht geschlossen werden, dass den Nachbarn in einem solchen Verfahren keine Parteistellung zukommt. Die belangte Behörde hat sich zwar zu Recht darauf gestützt, dass § 40 Abs. 3 Stmk. BauG anordnet, dass bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer baulichen Anlage nach Abs. 2 die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen sei. Dieser Verweis kann aber nur auf die früher geltende materielle Rechtslage bezogen werden, weil nach allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen - mangels anderweitiger gesetzlicher Anordnung - zumindest bei neu eingeleiteten Verfahren das aktuelle Verfahrensrecht anzuwenden ist. Soweit aus dem von der belangten Behörde herangezogenen § 61 Stmk. Bauordnung 1968 Nachbarrechte und damit im Sinne der obigen Ausführungen die Parteistellung abzuleiten sind, stellt diese Regelung keine verfahrensrechtliche, sondern eine materiellrechtliche Regelung dar (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 90/04/0321). Auch der Zweck der Regelung des § 40 Stmk. BauG spricht für diese Auslegung. In einem Verfahren gemäß § 40 leg. cit. soll die Rechtmäßigkeit einer ohne Bewilligung errichteten baulichen Anlage und Feuerstätte nachträglich beurteilt werden. Der in diesem Verfahren zu erlassende Feststellungsbescheid gilt auf Grund der Anordnung des Gesetzgebers als Bau- und Benützungsbewilligung. Bei dieser Prüfung sind u.a. jene baurechtlichen Bestimmungen der Stmk. Bauordnung 1968 von Bedeutung, die nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern auch im Interesse der Nachbarn stehen und somit subjektiv-öffentliche Rechte der Nachbarn begründen. Wenn der Zweck dieses Verfahrens darauf hinausläuft, nachträglich eine Bau- bzw. Benützungsbewilligung zu erteilen, dann muss auch jenen Personen, denen im Sinne der früher geltenden Rechtslage im Baubewilligungsverfahren Nachbarrechte zustanden, die Parteistellung in einem solchen Verfahren zuerkannt werden. Der Umstand, dass es sich nach der Anordnung des Gesetzgebers um einen Feststellungsbescheid handelt, was seinen Grund offenbar darin hat, dass es sich um vor längerer Zeit ohne baurechtliche Bewilligung errichtete bauliche Anlagen und Feuerstätten handelt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch Hauer - Trippl (Stmk. Baurecht3, S. 298, Anm. 8 zu § 40 Abs. 3 Stmk. BauG) meinen, dass es sich bei dem Verfahren betreffend die Beurteilung der Rechtmäßigkeit nach § 40 Abs. 2 Stmk. BauG inhaltlich im Wesentlichen um ein Baubewilligungsverfahren handelt, dem die Nachbarn beizuziehen sind. Die Beiziehung der Nachbarn in einem solchen Verfahren kann aber nur die Einräumung der Parteistellung bedeuten und nicht, wie die Beschwerdeführerin vertritt, die bloße Anhörung.
Die belangte Behörde hat daher zutreffend die Auffassung vertreten, dass dem Erstmitbeteiligten und der Zweitmitbeteiligten im vorliegenden Verfahren gemäß § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG Parteistellung zukommt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 21. November 2002
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