Normen
EStG 1988 §34 Abs8;
EStG 1988 §34 Abs8;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In einer Beilage zur Einkommensteuererklärung 1996 beantragte der Beschwerdeführer die Anerkennung von (86 % der) Kosten der Berufsausbildung seiner Tochter außerhalb des Wohnortes, nämlich an der Hochschule der Künste in Berlin, als außergewöhnliche Belastung.
Über Vorhalt des Finanzamtes räumte der Beschwerdeführer ein, dass die Hochschule für Musik und darstellende Kunst, Studienrichtung Schauspiel am Max-Reinhardt-Seminar in Wien (in der Folge Reinhardt-Seminar), ein gleichartiges Studium anbiete, allerdings nur für jene, die die Aufnahmsprüfung bestünden. Wie dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden sei, bewürben sich am Reinhardt-Seminar 600 bis 800 Studienwillige, von denen rund 15 bis 20 zum Studium zugelassen würden. Seine Tochter habe immerhin das Glück gehabt, die zweite von drei "Runden" zu erreichen.
Bei Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer 1996 berücksichtigte das Finanzamt den entsprechenden Pauschbetrag mit der Begründung nicht, dass die in § 34 Abs. 8 EStG 1988 normierte Voraussetzung einer im Einzugsbereich des Wohnortes nicht bestehenden Ausbildungsmöglichkeit nicht erfüllt sei.
In einer dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, nachdem seine Tochter im Juni 1995 das Aufnahmeverfahren am Reinhardt-Seminar nur bis zum zweiten Partiale "geschafft" habe und sie daher nicht habe inskribieren können, habe sie sich Aufnahmeprüfungen bei anderen Hochschulen im deutschsprachigen Raum unterzogen und erfreulicherweise die extreme Hürde in Berlin "geschafft". Wie der der Berufung beigelegten Bestätigung zu entnehmen sei, träten am Reinhardt-Seminar pro Jahr ca. 300 Personen zur Aufnahmsprüfung an, es würden aber nur 15 Bewerber aufgenommen. Der Beschwerdeführer vertrat in der Folge die Ansicht, angesichts dieser Relation (rund 5 %) könne sicherlich nicht von einer realistischen Chance, aufgenommen zu werden, gesprochen werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Dies im Wesentlichen mit der (auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 34 EStG 1972 gestützten) Begründung, dass weder eine rechtliche noch eine sittliche Verpflichtung des Beschwerdeführers bestehe, seiner Tochter ein Auslandsstudium zu finanzieren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Zu Recht wird in der Beschwerde ausgeführt, die gesetzlichen Grundlagen für die Anerkennung von Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes als außergewöhnliche Belastung seien im § 34 Abs. 8 EStG 1988 geregelt. Danach gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von (in der für das Streitjahr geltenden Fassung) S 1.500,-- pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.
Auszugehen ist davon, dass es in Bezug auf die Prüfung der Frage, ob im Sinne des § 34 Abs. 8 EStG 1988 im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht, kein Grund vorliegt, in- und ausländische Studien unterschiedlich zu behandeln (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. August 2001, 97/14/0068). Es ist somit auch für die Anerkennung der nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 zwangspauschalierten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Mai 1997, 96/13/0109) Kosten für ein - allenfalls gegebenes - Auslandsstudium lediglich erforderlich, dass keine ihrer Art nach vergleichbare Ausbildung auch im Einzugsbereich des Wohnortes möglich ist. Ob aber die in § 34 Abs. 8 EStG 1988 für die steuerliche Anerkennung von Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes normierten Voraussetzungen im Beschwerdefall erfüllt sind, hat die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage weder unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Tochter des Beschwerdeführers zur Aufnahmsprüfung angetreten (und dabei nicht von Vornherein gescheitert) ist - insofern unterscheidet sich der Beschwerdefall auch von dem mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1993, 89/13/0155, entschiedenen Beschwerdefall -, noch unter Berücksichtigung des nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers überaus strengen Auswahlverfahrens am Reinhardt-Seminar, welches die Beurteilung erfordert, ob diesfalls noch von einer - entsprechenden - Ausbildungsmöglichkeit ausgegangen werden kann, geprüft.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der entrichteten Stempelgebühren gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.
Wien, am 25. September 2002
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