VwGH 97/14/0026

VwGH97/14/002617.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der M S in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 30. Dezember 1996, Zl 6/91/1-BK/Mi-1994, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1988 und 1989, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §119 Abs1;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;
EStG §27 Abs1 Z1;
KStG 1966 §8 Abs1;
KStG §8 Abs2;
BAO §119 Abs1;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;
EStG §27 Abs1 Z1;
KStG 1966 §8 Abs1;
KStG §8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war in den Streitjahren am Stammkapital der im Jahr 1987 gegründeten, den Altwarenhandel betreibenden und keine Gewinne ausschüttenden S GmbH zu 54 % und ihr Ehemann (idF nur: Ehemann) zu 46 % beteiligt. Aus ihrer Tätigkeit als alleinige Geschäftsführerin der S GmbH bezog die Beschwerdeführerin in den Streitjahren Einkünfte von rund 214.000 S und 355.000 S. Der Ehemann war in den Streitjahren für die S GmbH tätig, erhielt jedoch hiefür keine Vergütungen. Die S GmbH erklärte in den Streitjahren (steuerliche) Verluste von rund 255.000 S und 326.000 S.

Da der Verdacht bestand, die Beschwerdeführerin habe im Zusammenwirken mit dem Ehemann der S GmbH zurechenbare Ein- und Verkäufe von Altwaren nicht verbucht, führte die Finanzstrafbehörde sowohl in den Wohnungen der Beschwerdeführerin und des Ehemannes als auch in den Betriebsräumen der S GmbH Hausdurchsuchungen durch. Der Versuch der Beschwerdeführerin, während der laufenden Durchsuchung "Schwarzaufzeichnungen" zu verstecken bzw zu vernichten, scheiterte. Sowohl die "Schwarzaufzeichnungen" als auch andere Unterlagen, darunter Kontoauszüge eines Bankkontos des Ehemannes für den Zeitraum 27. Mai 1988 bis 11. September 1990 sowie ein vom Ehemann geführter Notizkalender 1990 wurden beschlagnahmt.

Anlässlich der sodann bei der S GmbH durchgeführten Prüfung schätzte der Prüfer an Hand der Kontoauszüge und des Notizkalenders Gewinne aus "Schwarzgeschäften" in den Streitjahren von rund 1,029.000 S und 951.000 S. Ungeachtet der Ausführungen des Ehemannes, er habe im Jahr 1988 die von ihm in seinem ganzen Leben gesammelten Kunstgegenstände verkauft und hieraus "privat" rund 1,426.000 S erzielt, rechnete der Prüfer die von ihm geschätzten Gewinne der S GmbH zu, wobei er die geschätzten Gewinne als an die Beschwerdeführerin und den Ehemann nach ihren Beteiligungsverhältnissen verdeckt ausgeschüttet ansah.

Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ gegenüber der S GmbH dementsprechende Bescheide betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Streitjahre, wobei es zur Begründung auf den gemäß § 150 BAO erstatteten Bericht verwies.

Im sodann durchgeführten umfangreichen Berufungsverfahren wurde behauptet, der Ehemann habe als Einzelunternehmer einen Altwarenhandel betrieben, weswegen es unzulässig sei, die von ihm erzielten Gewinne der S GmbH zuzurechnen Der Prüfer wies hingegen auf damit nicht im Einklang stehende Behauptungen der Beschwerdeführerin und des Ehemannes hin, die überdies den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprächen. Unter Hinweis auf seine ärztlich bestätigte Erkrankung lehnte es der Ehemann ab, der an ihn ergangenen Ladung zur Einvernahme als Zeuge Folge zu leisten. Er sei ohne sein Wissen als Zeuge genannt worden, habe jedoch seinen bisherigen Ausführungen nichts mehr hinzuzufügen. Überdies sei er seit 11. Jänner 1993 aus der S GmbH "ausgetreten".

In der die Berufung der S GmbH abweisenden Berufungsentscheidung betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Streitjahre führte die nunmehr ebenfalls belangte Behörde zunächst aus, es sei allein strittig, ob die vom Prüfer geschätzten Gewinne der S GmbH oder dem Ehemann zuzurechnen seien, was bei Zurechnung der Gewinne an die S GmbH zu verdeckten Ausschüttungen führe. Die belangte Behörde gelangte in ihrer Berufungsentscheidung in Ausübung der ihr zustehenden Beweiswürdigung zum Schluss, die vom Prüfer geschätzten, verdeckt ausgeschütteten Gewinne seien der S GmbH zuzurechnen.

Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, 97/14/0023, 97/14/0050, hat der Verwaltungsgerichtshof Beschwerden der S GmbH gegen die eben erwähnte Berufungsentscheidung und eine Berufungsentscheidung betreffend Kapitalertragsteuer für die Streitjahre mit der Begründung abgewiesen, die Beweiswürdigung der nunmehr ebenfalls belangten Behörde, wonach die vom Prüfer geschätzten Gewinne der S GmbH zuzurechnen seien, halte der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand. Die in der Beschwerde behaupteten Verletzungen von Verfahrenvorschriften lägen nicht vor. So sei weder in der unterlassenen Einvernahme des Ehemannes als Zeuge noch im Verweis zur Begründung der Berufungsentscheidung betreffend Kapitalertragsteuer auf die Begründung der Berufungsentscheidung betreffend ua Körperschaft- und Gewerbesteuer eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften zu erblicken.

Zum besseren Verständnis der Vorgänge bei der S GmbH wird auf den Inhalt des bereits erwähnten, umfangreichen hg Erkenntnisses vom heutigen Tag verwiesen.

Der Ansicht des Prüfers folgend sah das Finanzamt die der S GmbH zugeschätzten Gewinne als zu 54 % der Beschwerdeführerin verdeckt zugeflossen an, weswegen es Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Streitjahre erließ, in denen es über die von der Beschwerdeführerin bereits bezogenen Einkünfte aus selbständiger Arbeit hinaus solche aus Kapitalvermögen von rund 556.000 S und 513.000 S zum Ansatz brachte.

In den dagegen erhobenen Berufungen wies die Beschwerdeführerin zunächst darauf hin, ihr seien Einkünfte aus Kapitalvermögen nur auf Grund der vom Prüfer vertretenen Ansicht, die von ihm bei der S GmbH geschätzten Gewinne seien ihr verdeckt ausgeschüttet worden, zugerechnet worden. Abgesehen davon, dass die vom Prüfer vertretene Ansicht unrichtig sei, seien die an die S GmbH ergangenen Bescheide betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Frage präjudiziell, ob ihr im Weg verdeckter Ausschüttungen Beträge zugeflossen seien. In Anbetracht der mangelnden Rechtskraft der an die S GmbH ergangenen Bescheide betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer sei die Erlassung der ihr Einkünfte aus Kapitalvermögen zurechnenden Einkommensteuerbescheide "verfrüht". Im weiteren Vorbringen bekämpfte die Beschwerdeführerin die Zurechnung der vom Prüfer geschätzten Gewinne an die S GmbH, wobei sie im Wesentlichen das Vorbringen der S GmbH im Berufungsverfahren betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer wiederholte. Darüber hinaus behauptete die Beschwerdeführerin, sie hätte zum Beweis der rechtswidrigen Vorgangsweise der Abgabenbehörde die Einvernahme des Ehemannes als Zeuge beantragen können. Abschließend hielt die Beschwerdeführerin fest, aus dem die S GmbH betreffenden Verfahren habe sich kein Anhaltspunkt ergeben, wonach an sie Gewinne verdeckt ausgeschüttet worden wären. Das Finanzamt habe es auch unterlassen darzutun, warum die angenommenen verdeckten Ausschüttungen ihr nach ihrem Beteiligungsverhältnis an der S GmbH zuzurechnen seien.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde zunächst aus, wie sich aus ihrer Berufungsentscheidung vom selben Tag, auf deren Begründung verwiesen werde, ergebe, sei erwiesen, dass die vom Prüfer geschätzten Gewinne der S GmbH zuzurechnen seien. Aus dem Verhalten der Beschwerdeführerin anlässlich der Hausdurchsuchung ("Schwarzunterlagen" sollten dem Zugriff der Abgabenbehörde entzogen werden), sei zu schließen, dass sie sehr wohl Kenntnis von den der S GmbH zurechenbaren "Schwarzgeschäften" gehabt habe. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin als alleinige Geschäftsführerin der S GmbH in der diese betreffenden Berufungsverfahren versucht, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt durch widersprüchliche Behauptungen zu verschleiern. Zur weiteren Begründung verwies die belangte Behörde auf die von Lehre und Rechtsprechung vertretene Auffassung, wonach die einer Kapitalgesellschaft zugerechneten Mehrgewinne, die im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft keinen Niederschlag gefunden hätten, in der Regel nach Maßgabe der Beteiligungsverhältnisse den Gesellschaftern als verdeckte Ausschüttungen zugeflossen anzusehen seien. Mangels unmittelbarer Abhängigkeit der an die Gesellschafter zu erlassenden Bescheide betreffend Einkommensteuer von dem an die Kapitalgesellschaft zu erlassenden Bescheid betreffend Körperschaftsteuer sei bei einer bei der Kapitalgesellschaft erwiesenen verdeckten Ausschüttung an die Gesellschafter jeweils zu prüfen, ob und inwieweit diesen verdeckte Ausschüttungen zugeflossen seien. Hiebei sei es jedoch Sache der Gesellschafter nachzuweisen, ihnen seien keine bzw in einem ihren Beteiligungsverhältnissen nicht entsprechenden Ausmaß verdeckte Ausschüttungen zugeflossen. Mit den bloßen Behauptungen, aus dem die S GmbH betreffenden Verfahren habe sich kein Anhaltspunkt ergeben, wonach an sie Gewinne verdeckt ausgeschüttet worden wären, das Finanzamt habe es auch unterlassen darzutun, warum die angenommenen verdeckten Ausschüttungen ihr nach ihrem Beteiligungsverhältnis an der S GmbH zuzurechnen seien, zeige die Beschwerdeführerin nicht auf, ihr seien keine bzw in einem ihren Beteiligungsverhältnis nicht entsprechenden Ausmaß verdeckte Ausschüttungen zugeflossen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf anteilige Nichtzurechnung der vom Prüfer bei der S GmbH geschätzten Gewinne als verdeckte Ausschüttungen gemäß § 27 Abs 1 Z 1 EStG verletzt.

Unter weit gehender Wiederholung des Vorbringens in der Beschwerde der S GmbH gegen die abweisende Berufungsentscheidung betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer bekämpft die Beschwerdeführerin zunächst die Zurechnung der vom Prüfer geschätzten Gewinne an die S GmbH.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf, weil sie durch die Zurechnung der vom Prüfer geschätzten Gewinne an die S GmbH nicht in ihren Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerdeführerin behauptet, der Ehemann habe zugegeben, dass ausschließlich ihm "Vorteile aus der S GmbH zugekommen" seien, weswegen es rechtswidrig sei, ihr entsprechende Mehrgewinne zuzurechnen.

Mit dieser aktenwidrigen Behauptung zeigt die Beschwerdeführerin ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Ehemann hat im die S GmbH betreffenden Verfahren nur ausgeführt, er habe im Jahr 1988 die von ihm in seinem ganzen Leben gesammelten Kunstgegenstände verkauft und hieraus "privat" rund 1,426.000 S erzielt. Abgesehen davon, dass die belangte Behörde diesen Ausführungen nicht geglaubt hat, kann keine Rede davon sein, der Ehemann habe die vom Prüfer geschätzten Gewinne zur Gänze als ihm zurechenbar bezeichnet.

Wie die belangte Behörde bereits zu Recht ausgeführt hat, sind die einer Kapitalgesellschaft zugerechneten Mehrgewinne, die im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft keinen Niederschlag gefunden haben, in der Regel nach Maßgabe der Beteiligungsverhältnisse den Gesellschaftern als verdeckte Ausschüttungen zugeflossen anzusehen. Wird behauptet, diese Regel gelte im konkreten Fall nicht, so ist es Sache der Gesellschafter nachzuweisen, ihnen seien keine bzw in einem ihren Beteiligungsverhältnissen nicht entsprechenden Ausmaß verdeckte Ausschüttungen zugeflossen (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 25. März 1999, 97/15/0059, mwN). Mit der bereits im Administrativverfahren vorgetragenen bloßen Behauptung, aus dem die S GmbH betreffenden Verfahren habe sich kein Anhaltspunkt ergeben, wonach an sie Gewinne verdeckt ausgeschüttet worden wären, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, dass ihr keine bzw in einem ihren Beteiligungsverhältnis nicht entsprechenden Ausmaß verdeckte Ausschüttungen zugeflossen sind.

Da nur der Bescheid der belangten Behörde der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, sind die von der Beschwerdeführerin dem Finanzamt vorgeworfenen Verfahrensmängel irrelevant.

In der unterlassenen Einvernahme des Ehemannes als Zeuge durch die belangte Behörde ist entgegen der Ausführungen der Beschwerdeführerin schon deswegen keine Verletzung von Verfahrensvorschriften zu erblicken, weil dessen Einvernahme im Gegensatz zum Verfahren betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer nicht beantragt worden ist. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin in der Berufung nur ausgeführt, ".... hätte ich auch die Einvernahme von Helmut S (Ehemann) als Zeuge beantragen können".

Im Verweis der belangten Behörde zur Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Begründung der an die S GmbH ergangenen Berufungsentscheidung betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer ist iSd Ausführungen der Beschwerdeführerin eine Verletzung von Verfahrensvorschriften zu erblicken. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, reicht es zur Begründung eines Bescheides aus, wenn auf die eines anderen hingewiesen wird (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 28. November 1991, 89/16/0023). Allerdings muss nach dieser Rechtsprechung die Begründung des anderen Bescheides der Partei bereits bekannt sein, wobei es irrelevant ist, ob sich dies aus der Stellung als Partei oder als Organwalter einer juristischen Person ergibt.

Aus den aktenkundigen Zustellnachweisen ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid am 29. Jänner 1997 und die Berufungsentscheidung betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer am 12. März 1997 zugestellt wurden. Damit wurde der Beschwerdeführerin die Begründung des Berufungsentscheidung betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides nicht bekannt, weswegen der angefochtene Bescheid insofern mangelhaft ist, als er keine Begründung enthalten hat. Der der belangten Behörde so unterlaufene Verfahrensmangel führt allerdings aus den im hg Erkenntnis vom heutigen Tag, 97/14/0023, 97/14/0050, dargestellten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am 17. Dezember 2002

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