Normen
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Kinderfachärztin, machte im Streitjahr bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen von 15.062 S für die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung für Kinderfachärzte vom 31. Jänner bis 6. Februar in Obergurgl (idF nur: Fortbildungsveranstaltung) als Werbungskosten geltend. Nach dem Veranstaltungsprogramm fanden von Montag bis Freitag Vorträge von jeweils 8.00 bis 12.00 Uhr und von 16.00 bis 19.00 Uhr statt. Die Mittagspause dauerte von 12.00 bis 16.00 Uhr. Die Beschwerdeführerin legte eine allgemein gehaltene Bestätigung über die generelle Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung, nicht jedoch Bestätigungen über die Teilnahme an den einzelnen Vorträgen vor.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid berücksichtigte die belangte Behörde lediglich die Teilnahmegebühr (1.100 S) als Werbungskosten. Die weiters geltend gemachten Aufwendungen für Kilometergeld (3.182 S), Nächtigungskosten (8.260 S) und Tagesgelder (2.520 S) sah sie jedoch unter Hinweis auf § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 als Ausgaben für die Lebensführung an.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist strittig, ob die gesamten Aufwendungen für die Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung als Werbungskosten zu berücksichtigen oder der Großteil davon als Ausgaben für die Lebensführung anzusehen sind.
Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, bei Aufwendungen, die in den Kreis der privaten Lebensführung fallen könnten, sei ein strenger Maßstab anzulegen. Wie der BFH im Erkenntnis vom 4. August 1977, IV R 30/76, ausgeführt habe, seien Aufwendungen für Reise und Aufenthalt anlässlich einer Fortbildungsveranstaltung nur dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn den Möglichkeiten zur Verfolgung privater Erholungs- und Bildungsinteressen neben dem Fortbildungszweck nur in einem unerheblichen Maß Raum gegeben werde. Dies sei dann gewährleistet, wenn die Vorträge den weitaus überwiegenden Teil der zur Verfügung stehenden Zeit in Anspruch nähmen und die Teilnahme des Steuerpflichtigen an den Vorträgen feststehe. Gebe die zeitliche Gestaltung des Veranstaltungsprogrammes in nicht nur unbedeutendem - im Wesentlichen nur der notwendigen Entspannung dienendem - Umfang die Möglichkeiten, privaten Neigungen nachzugehen, so führe dies, auch wenn die Teilnahme des Steuerpflichtigen an den Vorträgen feststehe, idR zur Nichtabzugsfähigkeit der gesamten Aufwendungen, weil die Verfolgung privater neben der Förderung beruflicher Interessen nicht nahezu ausgeschlossen sei. Es treffe im Allgemeinen nach der Lebenserfahrung auf alle Steuerpflichtigen zu, dass bei einer Tagung in einem bekannten Wintersportort zu einer günstigen Jahreszeit die der Förderung des Berufes dienende Teilnahme an den vorgesehenen und durchgeführten Vorträgen nicht gewährleistet sei, weil auch während jener Zeit, in der vorgetragen werde, die Möglichkeit genutzt werde, Wintersport auszuüben oder sich zu erholen. Im Beschluss vom 5. September 1990, IV B 169/89, habe der BFH erneut zum Ausdruck gebracht, bei der steuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen anlässlich einer Veranstaltung sei restriktiv vorzugehen. Aufwendungen eines Arztes für einen internationalen Kongress in der Schweiz stellten Ausgaben für die Lebensführung dar, weil einerseits Vorträge nur von jeweils 9.00 bis 12.00 Uhr und von 16.30 bis 19.30 Uhr stattgefunden hätten, anderseits mit der Wahl des Kongressortes in der Skisaison bei der außergewöhnlich langen Mittagspause gezielt die Möglichkeit geboten worden sei, Wintersport zu einer günstigen Jahreszeit auszuüben. Der VwGH argumentiere ähnlich wie der BFH (vgl das Erkenntnis vom 13. Dezember 1988, 88/14/0002) und verlange darüber hinaus, allgemein interessierende Programmpunkte dürften nicht mehr Zeit in Anspruch nehmen, als während der regelmäßigen beruflichen Betätigung als Freizeit verwendet werde, wobei auf eine durchschnittliche "Normalarbeitszeit" von acht Stunden täglich abzustellen sei. Aus dem vorgelegten Veranstaltungsprogramm sei ersichtlich, dass täglich sieben Stunden vorgetragen worden sei, was einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden entspreche. Die geforderte "Normalarbeitszeit" sei daher nicht erbracht worden. Die Durchführung der Fortbildungsveranstaltung in Obergurgl - einem allgemein bekannten Wintersportort - zu einer Jahreszeit, die gute Wintersport- und Erholungsmöglichkeiten biete, verbunden mit langen Mittagspausen von jeweils vier Stunden, die für die Ausübung des Wintersportes prädestiniert erschienen, lasse eine nicht unbedeutende private Mitveranlassung erkennen, weshalb die Reise- und Aufenthaltskosten dem Aufteilungsverbot des § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 entsprechend zur Gänze nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen seien.
Demgegenüber meint die Beschwerdeführerin, das Aufteilungsverbot des § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 setze kumulativ beruflich und privat verursachte Aufwendungen voraus. Seien Aufwendungen nahezu ausschließlich beruflich veranlasst, seien sie steuerlich zu berücksichtigen. Die Fortbildungsveranstaltung sei lehrgangsmäßig erfolgt. Veranstalter sei die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde gewesen. Die Fortbildungsveranstaltung habe nach Planung und Durchführung die Möglichkeit geboten, für sie beruflich verwertbare Kenntnisse zu erwerben. Das Veranstaltungsprogramm sei ausschließlich auf Kinderfachärzte und Assistenten in Ausbildung zum Facharzt zugeschnitten gewesen. Die Fortbildungsveranstaltung sei im Streitjahr die einzige Möglichkeit in Österreich gewesen, sich intensiv mit beruflich wichtigen Entwicklungen in der Kinder- und Jugendheilkunde auseinander zu setzen. Sie sei zur beruflichen Fortbildung gesetzlich und moralisch verpflichtet. Ihr sei auch nicht mehr Freizeit als bei ihrer laufenden Berufsausübung zur Verfügung gestanden. Sie sei nicht nur während jener 35 Stunden, in denen vorgetragen worden sei, anwesend gewesen, sondern habe darüber hinaus noch an Diskussionen teilgenommen, Einzelheiten mit Vortragenden geklärt, Unterlagen studiert, Notizen für die Praxis verfasst etc. Sie habe somit weit mehr als acht Stunden täglich gearbeitet, somit die geforderte "Normalarbeitszeit" erfüllt, wobei noch in Rechnung zu stellen sei, dass ihre Wochenarbeitszeit als nichtselbständig Tätige nur 25 Stunden betrage. Sie habe daher anlässlich der Fortbildungsveranstaltung beinahe doppelt so viel gearbeitet als bei der unmittelbaren Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit. Die Fortbildungsveranstaltung sei daher nahezu ausschließlich beruflich veranlasst gewesen, weswegen die geltend gemachten Aufwendungen von 15.062 S zur Gänze als Werbungskosten zu berücksichtigen seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Dazu gehören gemäß Z 9 leg cit auch Reisekosten bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen. Demgegenüber sind gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Bei Aufwendungen, die auch in den Kreis der privaten Lebensführung fallen können, muss ein strenger Maßstab angelegt und eine genaue Unterscheidung vorgenommen werden. Zur steuerlichen Anerkennung von Studienreisen, Kongressen, Tagungen, Fortbildungsveranstaltungen etc hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass derartige Aufwendungen grundsätzlich solche für die Lebensführung iSd § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 sind, es sei denn, es liegen folgende Voraussetzungen kumulativ vor:
- Planung und Durchführung der Reise erfolgen entweder im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation oder sonst in einer Weise, die die zumindest weitaus übwiegende berufliche Bedingtheit einwandfrei erkennen lässt.
- Die Reise muss nach Planung und Durchführung dem Steuerpflichtigen die Möglichkeiten bieten, Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung gestatten.
- Das Reiseprogramm und seine Durchführung müssen derartig einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Steuerpflichtigen abgestellt sein, dass sie jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehren.
- Andere allgemein interessierende Programmpunkte dürfen zeitlich gesehen nicht mehr Raum als jenen einnehmen, der während der laufenden Berufsausübung als Freizeit regelmäßig zu anderen als beruflichen Betätigungen verwendet wird. Der nur zur Gestaltung der Freizeit dienende Aufwand führt jedoch keinesfalls zu einer steuerlichen Berücksichtigung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat dementsprechend die Kosten von Reisen, bei denen ein typisches Mischprogramm absolviert wird, in den Bereich der privaten Lebensführung verwiesen (vgl beispielsweise die hg Erkenntnisse vom 22. September 2000, 98/15/0111, und vom 26. Jänner 1993, 88/14/0108, letzteres betreffend die Teilnahme an der 1. Kapruner Sportärzte-Woche zu einer Jahreszeit, die gute Wintersport- und Erholungsmöglichkeiten geboten hat).
Auch im Beschwerdefall kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die geltend gemachten Aufwendungen für Kilometergeld (3.182 S), Nächtigungskosten (8.260 S) und Tagesgelder (2.520 S) nicht als Werbungskosten berücksichtigt, sondern als Ausgaben für die Lebensführung angesehen hat. Bereits das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Veranstaltungsprogramm lässt zweifellos erkennen, dass neben den Vorträgen in erheblichem Maß den Möglichkeiten zur Verfolgung (privater) Erholungsinteressen Raum gegeben werden sollte. Das Veranstaltungsprogramm ist derart gestaltet, dass in der Zeit vom 31. Jänner bis 6. Februar täglich von 12.00 bis 16.00 Uhr vier Stunden als vortragsfreier Zeitraum in Obergurgl für den Wintersport oder auch andere Erholungsmöglichkeiten genutzt werden konnten. Die Beschwerdeführerin machte zwar geltend, dass die für die Fortbildung aufgewendete Zeit die Dauer der Vorträge weit überschritten habe. Sie behauptet aber nicht, dass dazu die - für eine Fortbildungsveranstaltung zweifellos unüblich lange - Mittagspause hätte verwendet werden müssen. Aus diesem Grund durfte die belangte Behörde aus der Möglichkeit, diese lange Mittagspause zur Freizeitgestaltung zu nutzen, den Schluss ziehen, dass die Fortbildungsveranstaltung insgesamt (privaten) Erholungsinteressen so viel Raum gegeben hat, dass diese das - oben dargestellte - für die Berücksichtigung der Aufwendungen als Werbungskosten unschädliche unerhebliche Ausmaß überschritten haben.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.
Wien, am 29. Jänner 2002
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