VwGH 2001/11/0101

VwGH2001/11/010124.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des J in A, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in 4470 Enns, Bräuergasse 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5. Februar 2001, Zl. VerkR-390.352/5-2001- Vie/Hu, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Anordnung einer begleitenden Maßnahme und Aufforderung zur Beibringung eines Gutachtens, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §69 Abs1 Z3;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z1;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1a;
StVO 1960 §99 Abs1b;
AVG §38;
AVG §69 Abs1 Z3;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z1;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1a;
StVO 1960 §99 Abs1b;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 3. September 1999 entzog die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 5. März 1992 für die Klassen A und B erteilte Lenk(er)berechtigung und sprach gleichzeitig gemäß § 25 Abs. 1 FSG aus, dass für den Zeitraum von 18 Monaten, beginnend ab 4. November 1998 (der Zustellung des Mandatsbescheides), die Lenkberechtigung entzogen werde und gemäß § 3 Abs. 2 FSG vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden dürfe. Gemäß § 24 Abs. 3 FSG wurde ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer auf eigene Kosten einer begleitenden Maßnahme, nämlich einem Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar für alkoholauffällige Kraftfahrer zu unterziehen habe und gemäß § 25 Abs. 3 FSG die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung der begleitenden Maßnahme ende. Gemäß § 24 Abs. 4 FSG wurde schließlich angeordnet, der Beschwerdeführer habe vor Ablauf der Entziehungsdauer ein vom Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 FSG über seine gesundheitliche Eignung beizubringen.

Der dagegen erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 5. Februar 2001 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Oberösterreich im Wesentlichen aus, über den Beschwerdeführer sei mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. April 2000 wegen einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 StVO 1960 eine Geldstrafe von S 22.000,-- verhängt worden, wobei ihm zur Last gelegt worden sei, am 1. September 1998 gegen 05.00 Uhr im Ortsgebiet von H. auf der B 139 Bundesstraße bei Kilometer 13, 200, von N. kommend in Richtung T. einen nach dem Kennzeichen näher bestimmten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, wobei der Alkoholisierungsgrad 1,95 %o betragen habe. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich habe mit Erkenntnis vom 20. Juni 2000 der dagegen erhobenen Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf S 17.000,-- ermäßigt wurde. Hinsichtlich des Schuldspruches und der Ersatzfreiheitsstrafe sei das Straferkenntnis bestätigt worden. Mit der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 20. Juni 2000 sei für die Entziehungsbehörde eine Bindungswirkung verbunden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die Begehung von Alkoholdelikten schon für sich alleine im hohen Maße verwerflich, weshalb die behördliche Prognose der Verkehrszuverlässigkeit einer Person, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen bereits mehrfach gegen die Bestimmung des § 5 StVO 1960 verstoßen hat, nur in Ausnahmefällen zu ihren Gunsten ausfallen könne. Als besonders verwerflich sei zu werten, dass das Verhalten des Beschwerdeführers von einer Wiederholungstendenz geprägt sei. So sei dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Erstbehörde vom 19. September 1995 die Lenkberechtigung wegen Begehung eines Alkoholdeliktes für die Dauer von vier Wochen entzogen worden (der Beschwerdeführer habe am 7. August 1995 auf Straßen mit öffentlichem Verkehr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt, wobei ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,88 mg/l festgestellt worden sei). Aus der Aktenlage ergebe sich ferner, dass dem Beschwerdeführer zwischen 1981 und 1984 mehrmals wegen der Begehung von Alkoholdelikten die Lenkberechtigung entzogen worden sei. Durch Alkohol beeinträchtigte Lenker stellten für sich alleine schon eine potentielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs dar, weil diese Lenker infolge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs- und Reaktionsfähigkeit nicht in der Lage seien, die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen zufriedenstellend auszuüben. Seit der Begehung der zuletzt begangenen strafbaren Handlung am 1. September 1998 bis zur Erlassung des Mandatsbescheides vom 3. November 1998 sein ein Zeitraum von ca. zwei Monaten vergangen. Bis zur Erlassung des erstbehördlichen Bescheides sei ein Zeitraum von zwölf Monaten vergangen. Einem Wohlverhalten in einem derart relativ kurzen Zeitraum während eines bei der Behörde anhängigen Verwaltungsverfahrens könne (auch im Hinblick auf die Vorgeschichte) im allgemeinen nur geringe Bedeutung beigemessen werden. Dies gelte auch für jenen Zeitraum, der bis zur Erlassung der Berufungsentscheidung verstrichen sei. Beim Berufungswerber bestehe eine verwurzelte Neigung zur Begehung von Alkoholdelikten, er sei auf Grund des oben geschilderten Sachverhaltes als nicht verkehrszuverlässig anzusehen. Die behördlicherseits bisher verfügten Maßnahmen hätten den Beschwerdeführer offensichtlich nicht davon abgehalten, neuerlich nach dem Genuss von Alkohol ein Kraftfahrzeug in Betrieb zu nehmen und in der Folge zu lenken. Es bedürfe jedenfalls der schon von der Erstbehörde festgelegten Entzugsdauer im Ausmaß von 18 Monaten, um den Berufungswerber wieder als verkehrszuverlässig ansehen zu können (die Entziehungsdauer sei mittlerweile abgelaufen). Hinsichtlich der mit dem erstinstanzlichen Bescheid angeordneten begleitenden Maßnahmen sowie Beibringung eines ärztlichen Gutachtens werde darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall gegen die Anordnung dieser Verfügung im Hinblick auf die Vorgeschichte keinerlei Bedenken bestünden und diesbezüglich die Vorgangsweise der Erstbehörde als rechtmäßig anzusehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

"§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz-SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen. ...

...

(3) Bei der Entziehung kann die Behörde auch zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung oder Driver Improvement mit oder ohne Fahrprobe, Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar) anordnen. ...

(4) Vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit einer Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 ... einzuholen.

...

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnung.

...

§ 27. (1) Eine Lenkberechtigung erlischt:

1. nach Ablauf einer Entziehungsdauer von achtzehn Monaten;

..."

§ 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 lautet (auszugsweise):

"§ 99. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht ...

a) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr ... beträgt,

..."

Der Beschwerdeführer erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zunächst darin, dass die belangte Behörde ihre Entscheidung getroffen hätte, obwohl er gegen das Straferkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 20. Juni 2000 Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde (protokolliert zu hg. Zl. 2000/02/0231) erhoben hatte. Das Nichtabwarten der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes stelle eine unwirtschaftliche Vorgangsweise dar.

Dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Hat die zuständige Strafbehörde rechtskräftig entschieden, dass der Beschwerdeführer ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat (im vorliegenden Fall: § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960), so liegt für die Kraftfahrbehörde eine bindende Vorfragenentscheidung vor (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 99/11/0299). Die belangte Behörde hatte die Feststellungen des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich über die Alkoholisierung des Beschwerdeführers als bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG zu Grunde zu legen. Die vom Beschwerdeführer gegen das Straferkenntnis erhobene Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde ändert daran nichts, weil dem Antrag des Beschwerdeführers, der Verwaltungsgerichtshof wolle seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit hg. Beschluss vom 5. Dezember 2000, Zl. AW 2000/02/0050-4, nicht stattgegeben wurde. Sollte sich nachträglich als Folge der Aufhebung dieses Strafbescheides herausstellen, dass der Beschwerdeführer die strafbare Handlung nicht begangen hat, könnte dies nur in einem Wiederaufnahmeverfahren Beachtung finden (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 99/11/0333).

Wegen der Bindung der belangten Behörde an die rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers erübrigt sich auch ein Eingehen auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, im Verwaltungsstrafverfahren hätte die ihm abgenommene Blutprobe nicht verwertet werden dürfen.

Im Hinblick auf die gravierende Alkoholisierung des Beschwerdeführers bei der Begehung der ihm zur Last gelegten strafbaren Handlung nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist die belangte Behörde zutreffend von seiner Verkehrsunzuverlässigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 FSG ausgegangen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die ausdrückliche Feststellung der belangten Behörde, es sei ihm bereits mit Bescheid vom 19. September 1995 die Lenkberechtigung wegen Begehung eines Alkoholdeliktes am 7. August 1995 (Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,88 mg/l) für die Dauer von vier Wochen entzogen worden. Er tritt auch der weiteren Feststellung der belangten Behörde nicht entgegen, dass ihm bereits zwischen 1981 und 1984 mehrmals wegen der Begehung von Alkoholdelikten die Lenkberechtigung entzogen worden sei. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers durfte die belangte Behörde diese von ihm nicht bestrittenen Vorentzüge in ihre Überlegungen zur Bemessung der Entziehungszeit einbeziehen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zählen, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften. Die besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte fällt daher im Rahmen der Bemessung der Entziehungszeit besonders ins Gewicht. Zieht man in Betracht, dass der Beschwerdeführer drei Jahre nach Begehung des letzten Alkoholdeliktes (am 7. August 1995) bereits neuerlich ein solches begangen hat, so bestehen gegen die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer würde nach dem ungewöhnlich hohen Grad der Alkoholisierung beim zuletzt begangenen Alkoholdelikt seine Verkehrszuverlässigkeit erst nach 18 Monaten, gerechnet ab dem Mandatsbescheid, somit ca. 21 Monate nach Begehung der strafbaren Handlung, wieder erlangen, keine Bedenken (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0216).

Der Verwaltungsgerichtshof hegt weiters keine Bedenken gegen die von der belangten Behörde gemäß § 24 Abs. 3 FSG angeordnete begleitende Maßnahme. Der Beschwerdeführer bringt hiezu überhaupt nicht konkret vor, worin er diesbezüglich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt. Es sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass im Hinblick auf die Entziehungsdauer von 18 Monaten (die Entziehungsdauer war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits abgelaufen) gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 FSG die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers erloschen ist.

Der Beschwerdeführer bringt schließlich auch nichts vor, woraus sich ergeben könnte, dass er durch die Anordnung gemäß § 24 Abs. 4 FSG der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens "vor Ablauf der Entziehungsdauer" angesichts des im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits erfolgten Ablaufs dieser Entziehungsdauer in Rechten verletzt wäre.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in den von ihm geltend gemachten Rechten nicht verletzt wurde, war die Beschwerde ohne vorausgehendes Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 24. April 2001

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