VwGH 2001/10/0003

VwGH2001/10/00033.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, in den Beschwerdesachen des Dr. S in Salzburg, vertreten durch Dr. Markus Orgler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 29, gegen die Bescheide des Bundesministers für Justiz vom 10. November 2000, Zl. 900.664/5-III/6/00, betreffend 1. Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, und 2. Zurückweisung einer Berufung, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §33 Abs1;
VwGG §47 Abs1;
VwGG §58 Abs2;
VwGG §63 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §47 Abs1;
VwGG §58 Abs2;
VwGG §63 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als gegenstandslos geworden erklärt und die Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 5. Juli 2000 wurde der Beschwerdeführer aus der gemäß § 39 Abs. 3 StPO geführten Verteidigerleiste gestrichen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies der Bundesminister für Justiz mit Bescheid vom 8. September 2000 wegen Verspätung zurück. Begründend vertrat die Behörde die Auffassung, im Verfahren über die Streichung aus der Verteidigerliste seien die Tage des Postlaufes in die Berufungsfrist einzurechnen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die zur Zl. 2000/10/0155 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Gleichzeitig mit der Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer sowohl beim Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz als auch beim Bundesminister für Justiz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 5. Juli 2000. Er brachte vor, aus näher dargelegten Gründen sei er davon ausgegangen, dass die Tage des Postlaufes auch im Verfahren über die Streichung aus der Verteidigerliste in die Berufungsfrist einzurechnen seien. Die Rechtsmittelbelehrung habe nicht auf die gegenteilige Auffassung der Behörde hingewiesen.

Mit Bescheid vom 22. September 2000 wies der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz den Wiedereinsetzungsantrag ab. Begründend vertrat er die Auffassung, der Beschwerdeführer berufe sich nicht auf den Eintritt eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses, sondern auf einen Rechtsirrtum. Dies stelle keinen tauglichen Grund für eine Wiedereinsetzung dar. Die Rechtsmittelbelehrung habe der Rechtslage entsprochen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an den Bundesminister für Justiz.

Dieser wies die Berufung mit dem zweitangefochtenen Bescheid zurück. Die Behörde vertrat die Auffassung, die am 12. Oktober 2000 beim Oberlandesgericht Linz eingelangte Berufung gegen den dem Beschwerdeführer am 27. September 2000 zugestellten Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 22. September 2000 sei verspätet, weil die Tage des Postlaufes im gegenständlichen Verwaltungsverfahren in die Berufungsfrist nicht einzurechnen seien.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 11. November 2000 wies der Bundesminister für Justiz den an ihn gerichteten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 5. Juli 2000 zurück. Begründend vertrat die Behörde die Auffassung, der Antrag sei unzulässig, weil über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist bereits rechtskräftig entschieden worden sei.

Gegen die beiden zuletzt erwähnten Bescheide des Bundesministers für Justiz vom 11. November 2000 richten sich die vorliegenden Beschwerden.

Mit Erkenntnis vom 21. März 2001, 2000/10/0155, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 8. September 2000 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf; dies auf der Grundlage der Auffassung, dass die Tage des Postlaufes im Verfahren über die Streichung aus der Verteidigerliste in die Berufungsfrist nicht einzurechnen sind und die gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 5. Juli 2000 erhobene Berufung des Beschwerdeführers daher rechtzeitig erhoben wurde.

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 2001 erklärte der Beschwerdeführer (unter Aufrechterhaltung seines Antrages auf Kostenersatz), er sei mit seinen zu 2001/10/0003, 0031 protokollierten Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesministers für Justiz vom 10. November 2000 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 2001, 2000/10/0051, durch welches das Verwaltungsverfahren wieder in das Stadium des Berufungsverfahrens zurückversetzt worden sei, klaglos gestellt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur bei formeller Klaglosstellung, sondern auch bei "Gegenstandslosigkeit" der Beschwerde vorzugehen.

Gegenstandslosigkeit wird angenommen, wenn die Möglichkeit einer Verletzung in subjektiven Rechten nach Einbringung der Beschwerde anders als durch formelle Klaglosstellung weggefallen ist (vgl. die bei Mayer, B-VG2, § 33 VwGG, II referierte hg. Rechtsprechung).

Ein solcher Fall liegt hier vor. Mit seinen Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verfolgte der Beschwerdeführer das Verfahrensziel der Aufhebung des seine Berufung gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 5. Juli 2000 zurückweisenden Bescheides des Bundesministers für Justiz vom 8. September 2000. Dieses Verfahrensziel hat der Beschwerdeführer bereits mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 2000, 2000/10/0051, mit dem der zuletzt erwähnte Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde, erreicht. Das Verwaltungsverfahren ist damit wieder in das Stadium des Berufungsverfahrens zurückgetreten, wobei die Behörde im Hinblick auf § 63 Abs. 1 VwGG von einer neuerlichen Zurückweisung der Berufung Abstand zu nehmen hat. Damit ist der Gegenstand eines Verfahrens zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist weggefallen. An der Erledigung der Beschwerden, die sich gegen im Wiedereinsetzungsverfahren ergangene Bescheide richten, besteht kein rechtliches Interesse mehr.

Die Beschwerden waren daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 58 Abs. 2 und § 59 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 88/1997 ist bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei einer Beschwerde nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Die mit dem zweitangefochtenen Bescheid ergangene Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 22. September 2000 beruht auf der in der Folge vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung der Behörde, die Tage des Postlaufes seien im Verfahren über die Streichung aus der Verteidigerliste in die Berufungsfrist einzurechnen. Auch sonst sind Gründe, die eine Zurückweisung der Berufung tragen könnten, nicht zu sehen. Die Zurückweisung erfolgte daher nicht zu Recht. Berücksichtigt man den nachträglichen Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Rahmen der Kostenentscheidung nicht, ist der Beschwerdeführer insoweit als obsiegende Partei anzusehen, der gemäß § 47 Abs. 1 VwGG Kostenersatz zuzusprechen ist.

Mit der vorliegenden Beschwerde wurde der Schriftsatzaufwand und die Beschwerdegebühr für eine Beschwerde verzeichnet; mehr kann dem Beschwerdeführer im Hinblick auf § 59 Abs. 2 VwGG nicht zuerkannt werden. Kosten der belangten Behörde sind nicht entstanden. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die gesondert verzeichnete Umsatzsteuer im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand enthalten ist und auf die nur zweifach einzubringende Äußerung lediglich zwei Eingabengebühren zu je S 180,-- entfallen. Schon mangels Geltendmachung eines auf eine weitere Beschwerde entfallenden Ersatzanspruches erübrigt es sich, im Rahmen der Entscheidung über den Aufwandersatz Überlegungen in der Frage der Rechtmäßigkeit des erstangefochtenen Bescheides anzustellen.

Wien, am 3. September 2001

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