Normen
AVG §67g Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §67g Abs2 Z2 idF 1998/I/158;
StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;
VStG §24 idF 1998/I/158;
VStG §51h Abs4;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §67g Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §67g Abs2 Z2 idF 1998/I/158;
StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;
VStG §24 idF 1998/I/158;
VStG §51h Abs4;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. Februar 2001 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 4. April 1999 um 09.46 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten PKW's an einer näher umschriebenen Stelle der A 2 die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten, weil die Fahrtgeschwindigkeit 240 km/h betragen habe, wobei die Überschreitung mit einem näher bezeichneten Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät festgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 20 Abs. 2 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt u.a. vor dem Verwaltungsgerichtshof, dass die belangte Behörde zwar eine mündliche Verhandlung durchgeführt habe, eine öffentliche Verkündung des Bescheides jedoch unterblieben sei. Dass Voraussetzungen vorgelegen seien, die einer öffentlichen Verkündung des Bescheides entgegengestanden wären, sei aus dem abgeführten Verfahren nicht abzuleiten und sei auch von der belangten Behörde nicht "behauptet" worden.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer zutreffend eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides auf.
Die belangte Behörde hat am 21. November 2000 eine mündliche Verhandlung abgehalten. Aus der diesbezüglichen Verhandlungsschrift ergibt sich, dass die drei an der Laser-Geschwindigkeitsmessung beteiligten Gendarmeriebeamten als Zeugen vernommen wurden. Weiters wurde "festgehalten", dass eine mündliche Berufungsentscheidung nicht ergehe und die Entscheidung schriftlich erfolge.
Gemäß dem am 1. Jänner 1999 in Kraft getretenen und im Beschwerdefall nach § 24 VStG anzuwendenden § 67g Abs. 1 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998 sind der Bescheid und seine wesentliche Begründung auf Grund der Verhandlung, und zwar wenn möglich, sogleich nach deren Schluss zu beschließen und öffentlich zu verkünden. Die Verkündung des Bescheides ist von der Anwesenheit der Parteien unabhängig.
Die Verkündung entfällt gemäß Abs. 2 der genannten Bestimmung, wenn
1. eine Verhandlung nicht durchgeführt (fortgesetzt) worden ist oder
2. der Bescheid nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung beschlossen werden kann
und jedermann die Einsichtnahme in den Bescheid gewährleistet ist.
Anders als etwa in dem dem hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/03/0269, zu Grunde liegenden Sachverhalt, wo dies "nach der Lage des Falles" nicht zutraf, ist der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdefall der Ansicht, dass die Verkündung des Berufungsbescheides sogleich möglich gewesen wäre. Der von der belangten Behörde in der Gegenschrift vorgebrachte Umstand, dass die Übertragung des Tonbandprotokolles erst erfolgen hätte müssen, eine Niederschrift am Ende der Verhandlung somit nicht vorgelegen sei und daher eine Beweiswürdigung mit der notwendigen Sorgfalt im Anschluss an die öffentliche mündliche Verhandlung nicht möglich gewesen wäre, rechtfertigt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Beschwerdefall, in dem die Frage der Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers, nicht jedoch Vorgänge bei der Geschwindigkeitsmessung - nur zu dieser wurden die Zeugen vernommen - strittig waren, nicht das Unterbleiben der mündlichen Verkündung. Dies deshalb, weil die diesbezügliche Beweiswürdigung hier keiner "reiflichen Überlegungen" (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/03/0269) bedurfte, stand doch der (im erstinstanzlichen Verfahren getätigten) diesbezüglichen - belastenden - Zeugenaussage des Zulassungsbesitzers lediglich die sich auf das bloße Leugnen der Tätereigenschaft beschränkende Aussage des Beschwerdeführers in der erwähnten mündlichen Verhandlung vom 21. November 2000 gegenüber.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar in seinem Erkenntnis vom 27. Jänner 1997, Zl. 96/10/0149, ausgesprochen, dass die Verletzung der Bestimmung des § 51h Abs. 4 VStG betreffend die sofortige Verkündung des Bescheides nach Schluss der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen könne, wenn die Behörde bei ihrer Einhaltung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, doch vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsanschauung nicht aufrecht zu erhalten; dies deshalb, weil er keine Fallkonstellation zu erkennen vermag, bei welcher es dem Beschwerdeführer gelingen würde, eine Relevanz eines solchen "Verfahrensmangels" darzutun. Die rechtswidrige Unterlassung der Verkündung durch den unabhängigen Verwaltungssenat belastet daher seinen (bloß) schriftlich erlassenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1996, Zl. 96/03/0045). Der Beschlussfassung in einem verstärkten Senat im Grunde des § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG bedarf es im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil sich die im Erkenntnis vom 27. Jänner 1997, Zl. 96/10/0149, zum Ausdruck kommende, oben zitierte Rechtsprechung nicht auf die im Beschwerdefall heranzuziehende - wie oben dargelegt novellierte Fassung - des § 67g AVG (iVm § 24 VStG) bezog (vgl. zu § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG das hg. Erkenntnis vom 12. Juli 1995, Zl. 95/03/0033).
Der angefochtene Bescheid war aus den dargestellten Erwägungen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen noch einzugehen gewesen wäre.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 11. Juni 2001
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