VwGH 2000/07/0288

VwGH2000/07/028822.3.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde des Franz H in X, vertreten durch Hofbauer & Hofbauer, Rechtsanwälte in St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 3. November 2000, Zl. WA1-W-40.255/1-00, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
WRG 1959 §30 Abs1;
WRG 1959 §30 Abs2;
WRG 1959 §31 Abs3;
AVG §37;
WRG 1959 §30 Abs1;
WRG 1959 §30 Abs2;
WRG 1959 §31 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. Mai 2000 verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft X (BH) unter Berufung auf § 31 Abs. 3 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) den Beschwerdeführer, auf den Grundstücken Nr. 474 und 476 der KG T fünf Bohrungen mit näher umschriebenem Inhalt und Ausmaß durchzuführen.

In der Begründung heißt es, im Sommer des Jahres 1997 sei festgestellt worden, dass es im Bereich des Bäckereibetriebes des Beschwerdeführers in X, (Grundstück Nr. 474, KG T), zu Ölkontaminationen benachbarter Hausbrunnen gekommen sei. Erste Verunreinigungen seien im Brunnen der Putzerei/Wäscherei M (östlich der Bäckerei im Grundwasserabstrombereich zur Bäckerei auf Grundstück Nr. 73) am 16. Juli 1997 festgestellt worden, als es an einem Wasserfilter der Putzerei zu bräunlichen Verfärbungen gekommen sei. Über Intervention durch die BH habe die Feuerwehr laut Aussagen des Amtsarztes schätzungsweise 60 bis 70 l reines Altöl aus dem Schachtbrunnen absaugen müssen. Seitens der Abteilung Hydrologie des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung seien am 11. August 1997 Rammsondierungen im Stadtgebiet von X durchgeführt worden. Auf Grundstück Nr. 477/2, P-Gasse 7, sei die Sondierung bis in den Grundwasserbereich niedergebracht worden. In keinem Bereich habe eine Verunreinigung des Erdreichs mit Kohlenwasserstoffen festgestellt werden können, was nach Aussage der Abteilung Hydrologie bedeute, dass grundwasserstromaufwärts der Bäckerei des Beschwerdeführers kein Kontaminationsherd vorliege. Eine weitere Rammsondierung sei im Garten der Firma A, Grundstück Nr. 473, durchgeführt worden. Auf Grund des groben Schotters habe die Sondierung nur bis zu einer Tiefe von 3,8 m durchgeführt werden können. Auch in diesem Bereich habe keine Verunreinigung mit Kohlenwasserstoffen festgestellt werden können. Diese Sondierungsstelle liege grundwasserstromseitlich des Bäckereiareals. Nach Aussage der Abteilung Hydrologie (Stellungnahme vom 12. August 1997) betrage die Abstandsgeschwindigkeit in diesem Bereich maximal 0,5 m/d, durch lokale Grundwasserentnahmen aus Brunnen könne eine Verbreitung der Kontaminationsfahne im Abstrom erfolgen.

Am 14. August 1997 sei durch den chemischen Amtssachverständigen ein Ortsaugenschein durchgeführt und am 18. August 1997 eine Stellungnahme abgegeben worden. Nach dieser Stellungnahme sei in der Woche vor der Feststellung der Brunnenverunreinigung eine Hochwassersituation vorgelegen. In den Brunnen der Firma F, nördlich der Bäckerei auf Grundstück Nr. 477/1, wie im Brunnen der Firma A, südlich der Bäckerei auf Grundstück Nr. 473, seien ebenfalls Ölverunreinigungen festgestellt worden. Sämtliche anderen Brunnen seien nicht belastet gewesen. Im Brunnen des Beschwerdeführers, welcher sich nur wenige Meter westlich des Heizöltanks des Beschwerdeführers befinde, habe keine Verunreinigung festgestellt werden können. Nach Aussage des chemischen Amtssachverständigen spreche diese Tatsache dafür, dass die Verunreinigung von der Bäckerei des Beschwerdeführers ausgehe, da die Grundwasserströmungsrichtung nach Angabe der Abteilung Hydrologie (des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung) in Richtung OOS bzw. OS verlaufe. Vorangegangene Überprüfungen bei in Frage kommenden Heizölversorgungen hätten entweder keine Undichtheiten ergeben bzw. sei als Brennstoff Heizöl Extra Leicht und nicht Heizöl Leicht verwendet worden. Lediglich bei der Heizölversorgungsanlage der Bäckerei des Beschwerdeführers hätten sich Undichtheiten bei der Rücklaufleitung eines Brenners gezeigt. Außerdem sei festgestellt worden, dass eine fix verlegte Versorgungsleitung (Saugleitung) bereits vor 10 Jahren gegen eine Kunststoffleitung gleicher Dimension (Provisorium) ausgetauscht worden sei. Dies mit der Begründung, dass der Brenner nicht ausreichend mit Heizöl versorgt werden könne. Diese Tatsache lasse auf eine schadhafte Leitung schließen. Nach Aussagen des chemischen Amtssachverständigen sei diese Leitung bereits seit mehr als 20 Jahren in Betrieb. Seit wann Undichtheiten in der Rücklaufleitung bestanden, habe nicht eruiert werden können.

Von zwei Beamten der Kriminalabteilung seien Nachforschungen bei den Anrainern angestellt worden mit dem Ziel, zu ermitteln, inwieweit Brunnen bestünden und außerdem Heizungsanlagen mit Heizöl Leicht vorhanden seien bzw. betrieben würden. Auf Grund der Örtlichkeit hätten die Erhebungen ergeben, dass die einzige Heizanlage, von der diese Verunreinigung ausgehen könne, die der Bäckerei des Beschwerdeführers sei.

In der Stellungnahme des chemischen Amtssachverständigen vom 18. August 1997 sei folgende weitere Vorgangsweise vorgeschlagen worden:

1. Unverzügliche Stilllegung der Rücklaufleitung der Heizungsanlage mit Heizöl Leicht bei der Bäckerei des Beschwerdeführers (Grundstück 474),

2. Freilegung der schadhaften Rücklaufleitung zur Klärung des Grundes für die Undichtheit.

Bereits zum damaligen Zeitpunkt sei angenommen worden, dass der Beschwerdeführer Verursacher der Verunreinigung sei. Die Freilegung der Leitung sollte den Grund für die Undichtheit zutage bringen. Der Beschwerdeführer habe sich damals bereit erklärt, diese Arbeiten zum nächstmöglichen Zeitpunkt durchzuführen, eine Freilegung sei aber bisher nicht erfolgt.

In Eigeninitiative habe der Beschwerdeführer am 6. März 1998 das Technische Büro Dipl.-Ing. S beauftragt, den Bereich der Tankleitungen auf Bodenkontaminationen hin zu untersuchen und eine Schadensbewertung mit Hilfe des so genannten Gore-Sorber-Verfahrens durchzuführen. Der Bericht dazu sei am 17. April 1998 vorgelegt worden. Es seien vier Punkte ausgewählt worden, an denen Bodenbelastungen mit Mineralölkohlenwasserstoffen durch Gore-Sorber-Module untersucht worden seien. Nach dem Untersuchungsbericht seien in den Modulen entlang der Leitung zum Tagestank Mineralölkohlenwasserstoffe festgestellt worden, die Maximalbelastung sei vor dem Backofen analysiert worden. Gemäß dem Ablaufprotokoll für Probenahme und Transport habe der Lochdurchmesser für die Module 28 mm betragen, die Eindringtiefe werde mit 100 cm angegeben. An der Südseite des Grundstückes des Beschwerdeführers, etwa auf der Höhe des Brunnens, seien keine nennenswerten Belastungen gefunden worden. Nach Meinung der Sachverständigen gäben auch diese Untersuchungen sehr konkrete Hinweise darauf, dass vom Grundstück des Beschwerdeführers Boden- und Grundwasserverunreinigungen ausgegangen seien, zumal bereits bei einer Eindringtiefe der Module von lediglich 1 m Belastungen festgestellt worden seien.

Im Zuge der weiteren Erhebungen sei immer wieder der Versuch verschiedener Sanierungsmaßnahmen unternommen worden, welche jedoch bisher kein abschließendes Ergebnis bewirkt hätten. In der Zeit von Herbst 1997 bis Februar 1999 hätten regelmäßig Kontrollen der betroffenen verunreinigten Brunnen durch die technische Gewässeraufsicht stattgefunden, wobei es insbesondere darum gegangen sei, eingelegte Ölbindevliese in regelmäßigen Intervallen zu tauschen. In einer Büroverhandlung am 11. Mai 1998 sei von den anwesenden Sachverständigen die Setzung von 10 Rammkernsondierungen für erforderlich erachtet worden, um den Verursachungsherd möglichst abzugrenzen. Tatsächlich seien diese Rammkernsondierungen bis heute nicht gesetzt worden.

Auf Grund des bisherigen Verfahrensverlaufes sei von der BH am 28. April 1999 eine neuerliche Verhandlung anberaumt worden, um konkrete Sanierungsmaßnahmen festzulegen. Zusammenfassend sei festgehalten worden, dass es zunächst notwendig sei - um die genaue Grundwasserabstromrichtung festzustellen - die Grundwasserstände in den einzelnen Brunnen einzumessen, wobei gleichzeitig Wasserproben durch die zentrale Gewässeraufsicht zu entnehmen seien. Nach Einmessung der Spiegellagen sollte es möglich sein, Messpunkte für Untersuchungen mittels Rammkernsondierungen und anderen Methoden der Bodenerkundung festzulegen.

Auf Basis dieses Verhandlungsergebnisses seien am 14. Juni 1999 durch die Abteilung Hydrologie des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung die Wasserspiegellagen von Brunnen zur Erstellung eines Grundwasserschichtenplanes eingemessen und gleichzeitig dazu durch die zentrale Gewässeraufsicht aus insgesamt 14 Brunnen Wasserproben zur chemischen Analyse entnommen worden. In der Zusammenfassung zur Identifizierung der Kohlenwasserstoffverunreinigung (Bericht der zentralen Gewässeraufsicht vom 22. Juli 1999) sei das Produkt als Heizöl Leicht identifiziert worden, wobei die Kohlenwasserstoffverunreinigung sämtlicher Proben als ident bezeichnet worden sei. Wie dem Gutachten zu entnehmen sei, zeige sich eindeutig, dass in den Brunnen M, F und A Kohlenwasserstoffkontaminationen nicht unbeträchtlichen Ausmaßes (bis zu etwa 20.000-fache Überschreitung der zulässigen Höchstkonzentration) vorlägen. In den weiteren elf umliegenden Brunnen hätten keine Belastungen mit Kohlenwasserstoffen festgestellt werden können, weshalb die Verunreinigung des Grundwassers somit zumindest zum Zeitpunkt der Probenentnahmen auf einen relativ kleinen Grundwasserbereich beschränkt gewesen sei. Da es immer wieder Vermutungen oder Unklarheiten hinsichtlich der Art der Kohlenwasserstoffverunreinigung (Heizöl Leicht bzw. Heizöl Extra Leicht) gegeben habe, seien zur Klärung der Art der vorliegenden Grundwasserverunreinigungen und des potentiellen Verursachers weitere Proben aus den drei belasteten Brunnen M, F und A entnommen und einer Spezialuntersuchung im Labor des Instituts für Mineralölprodukte und Umweltanalytik in Wien zugeführt worden. Die Ergebnisse bestätigten, dass es sich bei dem Produkt um Heizöl Leicht handle und dass alle drei Brunnen mit demselben Produkt verunreinigt seien. Zum Alter der Verunreinigung sei festgestellt worden, dass eine durchwegs bereits sehr stark abgebaute Verunreinigung (älteren Ursprungs) vorliege.

Auf Basis dieser Untersuchungsergebnisse sowie des von der Abteilung Hydrologie zwischenzeitlich erstellten Grundwasserschichtenplanes sei zur Festlegung konkreter Sanierungsmaßnahmen und konkreter Fristen für den 8. September 1999 neuerlich eine mündliche Verhandlung anberaumt worden. Im Rahmen dieser Verhandlung habe der Amtssachverständige für Hydrologie festgehalten, dass der generelle Grundwasserabstrom von W nach O erfolge, wobei lokal geringe Verschwenkungen z.B. von WSW nach ONO im Bereich südlich des Schadensfalles und von NW nach SO nördlich der Pfanngasse auftreten könnten. Diese lokalen Verschwenkungen seien auf das geringe Grundwasserspiegelgefälle und eventuell nicht nachprüfbare Grundwasserentnahmen im größeren Umkreis zur Zeit der Grundwasserspiegelaufnahme zurückzuführen. Die Grundwasserverlagerungsgeschwindigkeit sei bereits in früheren Stellungnahmen mit ca. 0,5 m pro Tag angegeben worden und in der Zwischenzeit habe sich keine Veränderung ergeben. Zum Zeitpunkt der Aufnahme hätten mittlere Grundwasserstände und eine mittlere Wasserführung der Donau vorgeherrscht. Eine Verlagerung auf einen möglichen Schadensherd im Bereich des Grundstückes des Beschwerdeführers in Richtung zum Brunnen A und zum Brunnen M sei auf Grund der großräumigen und kleinräumigen Grundwasserverlagerungsrichtungen nachweisbar. Zusammenfassend sei es daher von den anwesenden Sachverständigen auf Grund der bisherigen Untersuchungen für notwendig erachtet worden, den Schadensherd möglichst genau einzugrenzen, wobei dies nur durch Bohrungen im Bereich der Pfanngasse und der Rudolfstraße erfolgen könne. Ebenso sei festgehalten worden, dass als Ausgangspunkt der Verunreinigung das Grundstück des Beschwerdeführers anzusehen sei, da auf Grund der Untersuchung der Kohlenwasserstoff-Verunreinigung festgestellt worden sei, dass es sich um Heizöl Leicht handle, welches auf Grund der bisherigen Erhebungen im Kontaminationsbereich nur von der Bäckerei des Beschwerdeführers verwendet worden sei.

Hinsichtlich des im Rahmen der Verhandlung vom Beschwerdeführer gemachten Angebotes, die bereits still gelegten Versorgungsleitungen frei zu legen, um einen eventuellen Ausgangspunkt für eine Kontamination mit Heizöl Leicht feststellen zu können, sei von den anwesenden Sachverständigen festgehalten worden, dass diese Arbeiten nur als zusätzliche Maßnahmen angesehen werden und die Durchführung der Sondierungen nicht in Abrede stellen könnten.

Seitens des Beschwerdeführers sei zugesagt worden, auf Basis dieses Verhandlungsergebnisses Kostenvoranschläge für die Durchführung der Bohrungen erstellen zu lassen und darüber die Wasserrechtsbehörde zu informieren. Eine solche Stellungnahme sei bei der BH nicht eingelangt.

Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 1999 habe der Beschwerdeführer zum bisherigen Verfahrensergebnis im Wesentlichen folgende Einwände erhoben:

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