Normen
AVG §45 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §104 Abs1 litb;
WRG 1959 §12a Abs2 idF 1997/I/074;
WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs2 lita;
WRG 1959 §33b Abs1;
AVG §45 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §104 Abs1 litb;
WRG 1959 §12a Abs2 idF 1997/I/074;
WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs2 lita;
WRG 1959 §33b Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Im Zuge einer (ein anderes Verfahren betreffenden) Wasserrechtsverhandlung wurde im Jahre 1991 festgestellt, dass im Bereich des sogenannten Bründlweges in Bleiburg ein Oberflächenwasserkanal (Bründlwegkanal) existiert, in den offenkundig auch häusliche Abwässer eingeleitet wurden.
Über Aufforderung der Wasserrechtsbehörde vom 9. Dezember 1991 und vom 29. April 1992 beantragte die beschwerdeführende Partei am 23. November 1992 die Erteilung einer nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung des bestehenden Mischabwasserkanals im Bereich des südlichen Gehweges des Bründlweges. Aus dem vorgelegten Projekt und dem im Zuge des wasserrechtlichen Vorprüfungsverfahrens eingeholten Gutachten des Sachverständigen für Wasserbautechnik geht hervor, dass der Bründlwegkanal zum einen der Ableitung von Regenwasser und der Straßenlängsentwässerung der B 81 dient; zum anderen werden in ihn auch Abwässer der Wohnobjekte Bründlweg 3 und Bründlweg 5 eingeleitet. Der Sachverständige für Gewässerökologie stellte dazu fest, die Einleitung mangelhaft gereinigter häuslicher Abwässer entspreche nicht dem Stand der Technik; eine solche sei nur nach biologischer Reinigung zulässig.
Eine Anfrage des Landeshauptmannes von Kärnten, ob unter Hinweis auf (den durch die WRG-Novelle 1993 eingefügten) § 33g WRG für die Objekte, die derzeit ihre Abwässer in den Bründlkanal einleiteten, eine baubehördliche Bewilligung vorliege, wurde von der Beschwerdeführerin dahingehend beantwortet, dass diese Wohnobjekte baubehördlich bewilligt seien und bewilligungsgemäß betrieben würden.
Mit Gutachten vom 22. Juli 1998 stellte der wasserbautechnische Sachverständige der Behörde erster Instanz fest, über den Kanal würden auch die Schmutzwässer der genannten Wohnobjekte abgeleitet und in weiterer Folge in den Feistritzbach eingeleitet. Die Eigentümer der Objekte hätten seinerzeit einen Anschlussbeitrag an die Beschwerdeführerin abgeliefert, um die bloß mechanisch vorgereinigten Abwässer über den Bründlwegkanal in den Feistritzbach abzuleiten. Die Schmutzwässer seien nur mechanisch gereinigt; dies entspreche nicht dem Stand der Technik, weil nur biologisch gereinigte Abwässer über eine Kanalrohrleitung einem Vorfluter beigebracht werden dürften. Das gegenständliche Projekt sei aus wasserbautechnischer Sicht nicht positiv zu beurteilen. Angesichts der Bestimmung des § 33g WRG, die auf beide Objekte angewandt werden müsse, bestünde die einzige Möglichkeit der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes darin, das Zulaufrohr im Bereich des Feistritzbaches wasserdicht zu verschließen, sodass keine bloß mechanisch gereinigten Wässer in den Feistritzbach gelangten. Eine wasserrechtliche Bewilligung der aktuellen Einleitung könne aus technischer Sicht "nicht gestattet" werden.
Mit Schreiben vom 28. April 1999 teilte die beschwerdeführende Partei mit, dass mit der Projektierung einer kommunalen Abwasserbeseitigungsanlage auch für die Objekte Bründlweg 3 und Bründlweg 5 im Jahre 2000 begonnen würde. Die Fertigstellung sei 2002 zu erwarten. Mit Schreiben vom 9. August 1999 teilte sie weiters mit, dass der Bründlwegkanal ursprünglich als Regenwasserkanal errichtet worden sei und es dafür keine baubehördliche Bewilligung gäbe.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 29. September 1999 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für den bestehenden Mischwasserkanal Bründlweg abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass "der Kanal" (gemeint: die Einleitung solcher Abwässer über den Kanal) nicht dem Stand der Technik entspreche.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, im Bescheid sei der Stand der Technik nicht näher angeführt worden. Ferner seien Grenzwerte für die Beurteilung der Frage, ob eine Wasserbeeinträchtigung vorläge, nicht festgestellt worden und im Übrigen habe die Behörde das bereits beschlossene Konzept für die Erstellung einer Abwasserbeseitigungsanlage nicht berücksichtigt.
Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Gutachten ihres wasserbautechnischen Sachverständigen ein, welcher davon ausging, dass eine mechanische Reinigung durch eine Dreikammeranlage vor Einleitung in den Feistritzbach als Vorfluter angesichts der weit geringeren Reinigungsleistung und der Nichterreichbarkeit der (näher dargestellten) einzuhaltenden Ablaufwerte nicht dem Stand der Technik entspräche. In Hinblick auf die guten Vorflutverhältnisse und in Anbetracht dessen, dass die Errichtung einer biologischen Kleinkläranlage für die beiden eingeleiteten Objekte für einen Zeitraum von lediglich zwei Jahren einen unverhältnismäßigen hohen wirtschaftlichen Aufwand darstellen würde, könne allenfalls ein befristeter Weiterbestand bis zur Erstellung des bereits angeführten Abwasserkanals befürwortet werden.
In einer Stellungnahme vom 28. Juli 2000 teilte die beschwerdeführende Partei der belangten Behörde mit, die Vorbereitungen zur Errichtung der Abwasserbeseitigungsanlage seien bereits angelaufen und mit einem Anschluss der Objekte, die von der ersten Ausbaustufe erfasst wären, sei bis zum Jahre 2002 bzw. 2003 zu rechnen. Die Berufungsanträge würden aufrecht erhalten, in eventu werde zudem beantragt, die wasserrechtliche Bewilligung für den bestehenden Mischwasserkanal befristet bis Ende Juni 2003 zu erteilen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich darauf, dass die bestehende Anlage gemäß § 12a Abs. 2 WRG nicht dem Stand der Technik entspräche. Zwar gälten gemäß § 33g Abs. 1 WRG (in der Fassung der WRG-Novelle 1999) die Anlagen der Objekte Bründlweg 3 und Bründlweg 5 als befristet bewilligt, da sie bereits vor dem 1. Juli 1990 bestanden hätten und ordnungsgemäß betrieben würden. Die Bewilligungsfiktion des § 33g WRG sei jedoch unabhängig von der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung für den Mischwasserkanal zu sehen. Es sei offenkundig, dass mechanische Kläranlagen nicht dem Stand der Technik entsprächen. Es bestehe derzeit noch keine Abwasseremissionsverordnung für Objekte wie die gegenständlichen, daher sei zur Beurteilung des Standes der Technik vom Sachverständigen in diesem Fall die ÖNORM B2502, die Allgemeine Abwasseremissionsverordnung und der Entwurf der 2. kommunalen Abwasseremissionsverordnung heranzuziehen gewesen. Der Sachverständige sei dabei zum Ergebnis gelangt, dass der Stand der Technik im vorliegenden Fall nicht erreicht werde. Eine befristete Hinnahme des gegebenen Zustandes gemäß § 33b Abs. 10 WRG komme nicht in Frage, da keine nach § 33b Abs. 3 WRG verordneten Emissionswerte anwendbar seien. Eine Ausnahme gemäß § 12a Abs. 2 zweiter Satz WRG lediglich aus wirtschaftlichen Gründen komme ebenfalls nicht in Betracht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Partei bringt vor, eine mechanische Kläranlage entspreche tatsächlich nicht mehr dem Stand der Technik. Im konkreten Fall wäre es jedoch geboten gewesen zu überprüfen, welche konkreten Auswirkungen die Einleitung der Abwässer auf den Vorfluter habe. Zwar seien die Ausführungen des Amtssachverständigen für sich genommen sicherlich richtig, jedoch habe eine detaillierte Untersuchung bzw. Messung der tatsächlichen Gegebenheiten an Ort und Stelle nachweislich gefehlt. Die belangte Behörde habe auch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unterlassen, in deren Rahmen der Aufwand, der den Verpflichteten treffe, berücksichtigt hätte werden müssen. Die belangte Behörde habe sich auch nicht damit auseinandergesetzt, ob nicht nur eine geringfügige Einwirkung und daher keine Bewilligungspflicht nach § 32 WRG vorliege. Schließlich treffe es nicht zu, dass § 12a Abs. 2 WRG keine Ausnahme vom Stand der Technik enthalte; dieser stelle keinen Wert für sich dar und sei im jeweiligen Sachzusammenhang zu messen. Dies bedeute aber, dass in Ausnahmefällen auch zu Gunsten "veralteter Technik" vorgegangen werden könne. Schließlich müsse sich nach Ansicht der Beschwerdeführerin die Bewilligungsfiktion des § 33g WRG auch auf den Kanal selbst beziehen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des WRG 1959 in der Fassung der WRG-Novelle 1999, BGBl. I Nr. 155/1999, lauten:
"§ 12a. (1) Der Stand der Technik im Sinne dieses Bundesgesetzes ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer Verfahren, Einrichtungen, Bau- und Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen, Bau- oder Betriebsweisen heranzuziehen.
(2) Der Stand der Technik ist bei allen diesem Bundesgesetz unterliegenden Wasserbenutzungen, Maßnahmen und Anlagen einzuhalten. Die Behörde kann auf Antrag Ausnahmen vom Stand der Technik zulassen, soweit der Schutz der Gewässer dies erfordert oder gestattet.
§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere
a) die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen,
...
(6) Auf Einwirkungen, Maßnahmen und Anlagen, die nach Abs. 1 bis 4 bewilligt werden, finden die für Wasserbenutzungen (Wasserbenutzungsanlagen) geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß Anwendung.
...
§ 33g. (1) Abwasserreinigungsanlagen mit Ableitung oder Versickerung kommunaler Abwässer mit einem maximalen täglichen Schmutzwasseranfall von kleiner oder gleich 10 EGW60, die am 1. Juli 1990 bestanden haben, gelten als bewilligt (§ 32), wenn sie nachweislich ordnungsgemäß betrieben und instandgehalten werden. Diese Bewilligung endet, sofern die Frist nicht durch Verordnung nach Abs. 2 verlängert wird, am 31. Dezember 2005 längstens aber mit Inkrafttreten einer Maßnahmenverordnung gemäß § 33f für die in einem betroffenen Gebiet liegenden Anlagen. Auf solche Anlagen findet § 33c keine Anwendung. Bei der Auflassung solcher Anlagen sind die zur Vermeidung von Gewässerverunreinigungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen; die §§ 27 und 29 sind nicht anzuwenden.
(2) Ist nach verlässlichen konkreten Planungen oder Rechtsvorschriften der Gemeinde, eines Verbandes oder des Landes der Anschluss an eine öffentliche Kanalisation zu erwarten, kann der Landeshauptmann mit Verordnung die Bewilligungsdauer für Anlagen im Einzugsgebiet der geplanten öffentlichen Kanalisation unter Bedachtnahme auf die wasserwirtschaftlichen Erfordernisse und wasserrechtlich besonders geschützten Gebiete (§§ 34, 35, 37, 48 Abs. 2 und 54) bis zu folgendem Zeitpunkt verlängern:
in Gemeinden, in denen Abwasser über eine Abwasserreinigungsanlage bis 2000 EW60 entsorgt werden soll, bis längstens 31. Dezember 2012.
Ist der Anschluss an eine öffentliche Kanalisation vor Ablauf der in Abs. 1 und 2 genannten Fristen möglich, endet die Bewilligung, sobald diese Anschlussmöglichkeit besteht.
..."
In der Beschwerde wird die Bewilligungspflicht "des Mischwasserkanals" unter Hinweis auf die Geringfügigkeit der Einwirkung bzw. auf die Bewilligungsfreiheit nach § 33g WRG bestritten.
Vorauszuschicken ist, dass sich eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht nicht auf "den Kanal" als solchen, sondern auf die nach § 32 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a WRG bewilligungspflichtige Einbringung von Stoffen in flüssigem Zustand in Gewässer (Feistritzbach) mit den dafür erforderlichen Anlagen (Kanal) bezieht.
Die Bewilligungspflicht gemäß § 32 WRG 1959 ist immer dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachhaltigen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass es dem natürlichen Lauf der Dinge entspricht, dass bei der Einbringung von nur durch eine mechanische Kläranlage vorgereinigten häuslichen Abwässern in einen Bach mit nachteiligen Wirkungen nicht bloß geringfügiger Art zu rechnen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Mai 1993, Zl. 91/07/0164 mwN, und vom 20. Juli 1995, Zl. 95/07/0044). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, wo zu den solcherart gereinigten häuslichen Abwässern Straßenbegleitabwässer und Regenwasser treten.
Für die Einleitung dieser "Mischabwässer" (Regenwasser, Straßenbegleitabwässer und häusliche Abwässer) über den verfahrensgegenständlichen Kanal in den Vorfluter kann auch die Bewilligungsfiktion des § 33g WRG nicht ins Treffen geführt werden. So ist weder erkennbar, dass - bezogen auf die verfahrensgegenständlichen Mischwässer - eine (gemeinsame) "Abwasserreinigungsanlage" bestünde noch worin bei dieser über einen unbewilligten Kanal erfolgten Einleitung der Mischabwässer der "nachweislich ordnungsgemäße Betrieb und die Instandhaltung" liegen sollte.
In der Beschwerde wird nicht bestritten, dass ein Teil der über den Kanal in den Feistritzbach eingeleiteten Mischabwässer, nämlich die häuslichen Abwässer, lediglich (über Dreikammerkläranlagen) mechanisch gereinigt werden. Dass eine Reinigung durch eine mechanische Kläranlage nicht (mehr) dem Stand der Technik und die Qualität dieses Abwassers nicht den bei einer Reinigung nach dem Stand der Technik erreichbaren Ablaufwerten entspricht, ist offenkundig (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1993, Zl. 91/07/0164, mit ausführlicher Begründung); eine weitergehende Untersuchung vor Ort, wie von der beschwerdeführenden Partei gefordert, war daher nicht notwendig.
Der Stand der Technik ist aber nach § 12a Abs. 2 WRG kein unabdingbares Erfordernis einer wasserrechtlichen Genehmigung. Vielmehr kann die Behörde nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung Ausnahmen vom Stand der Technik zulassen, soweit der Schutz der Gewässer dies erfordert oder gestattet.
§ 12a Abs. 2 WRG 1959 entstammt der WRG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 74. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu
§ 12a Abs. 2 (321 Blg NR XX. GP 11) heißt es:
"Hier wird - den Intentionen des Gesetzgebers der WRG-Nov. 1990 folgend - klargestellt, dass der Stand der Technik im WRG ganz allgemein als Mindeststandard für die Beurteilung von Vorhaben gilt; er stellt dabei aber keinen Wert an sich dar, sondern ist an seiner im jeweiligen Sachzusammenhang gegebenen Bedeutung für den Schutz der Gewässer zu messen. Daher sind Abweichungen vom Stand der Technik dann erlaubt, wenn der Schutz der Gewässer dies zulässt oder wenn strengere Anforderungen notwendig erscheinen (vgl. z.B. § 33b Abs. 6)."
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Stellungnahme vor der Berufungsbehörde zwar die in der Berufung gestellten Anträge (auf wasserrechtliche Bewilligung der Einleitung von Mischabwässern über den Kanal) aufrecht erhalten, allerdings ausdrücklich - vor dem Hintergrund des ihr übermittelten Gutachtens des wasserbautechnischen Sachverständigen der Berufungsbehörde, wonach die Anlage zwar nicht dem Stand der Technik entspreche, aber die Möglichkeit einer befristeten Toleranz des vorgefundenen Zustandes bestehe - zudem "in eventu" den Wunsch geäußert, es möge ihr eine befristete Bewilligung bis Juni 2003 erteilt werden.
Dieser Antrag ist als Antrag auf eine Ausnahme vom Stand der Technik im Sinne des § 12a Abs. 2 zweiter Satz WRG zu verstehen (vgl. zu einem ähnlichen Fall das hg. Erkenntnis vom 23. November 2000, Zl. 2000/07/0243). Ziel dieses Antrages ist die Erteilung der Bewilligung des dem verfahrensgegenständlichen Antrag zugrunde liegenden Projektes mit der Maßgabe, dass diese Bewilligung trotz Widerspruches zum Stand der Technik erteilt werde. Ein solcher Antrag auf eine Ausnahme vom Stand der Technik im Sinne des § 12a Abs. 2 zweiter Satz WRG stellt daher keinen neuen Bewilligungsantrag dar; er eröffnet vielmehr die - der Behörde sonst nicht offen stehende - Möglichkeit, bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen ein Projekt entgegen der Vorschrift des § 12a Abs. 2 erster Satz WRG zu bewilligen. Ein solcher Antrag auf Ausnahme vom Stand der Technik kann in jeder Phase des Verfahrens, somit auch - wie im vorliegenden Fall - während des Berufungsverfahrens gestellt werden. Die "Sache" des Berufungsverfahrens wird durch eine derartige Antragstellung nicht überschritten.
Der Antrag im Sinne des § 12a Abs. 2 zweiter Satz WRG wurde während des Berufungsverfahrens "in eventu", also für den Fall der Abweisung des auf Erteilung einer (unbefristeten) wasserrechtlichen Bewilligung gerichteten Berufungsantrages gestellt. Im Spruch des angefochtenen Bescheides wird auf den "Eventualantrag" zwar nicht ausdrücklich Bezug genommen; die belangte Behörde hat sich aber in der Begründung des angefochtenen Bescheides erkennbar auch mit dem Eventualantrag auf Erteilung einer befristeten Bewilligung (nach § 12a Abs. 2 zweiter Satz WRG) befasst, geht doch aus dem letzten Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides hervor, § 12a Abs. 2 WRG sehe eine ausnahmsweise Bewilligung "aus wirtschaftlichen Gründen" nicht vor. Es ist daher davon auszugehen, dass die belangte Behörde mit der Abweisung der Berufung den Bewilligungsantrag, auch soweit er eventualiter auf Erteilung einer befristeten Bewilligung gerichtet war, abgewiesen hat.
§ 12a Abs. 2 zweiter Satz WRG ermöglicht eine Ausnahme von der im ersten Satz dieses Absatzes ausgesprochenen Verpflichtung der Einhaltung des Standes der Technik, "soweit der Schutz der Gewässer dies erfordert oder gestattet." Dass der Schutz der Gewässer eine solche Ausnahme im gegenständlichen Fall gestattet, geht nun aus dem Gutachten des von der Berufungsbehörde beigezogenen Sachverständigen hervor, der davon spricht, dass aus fachlicher Sicht "aufgrund der o.g. Sachverhalte (einerseits günstige Vorfluterverhältnisse, andererseits aber grundsätzlich notwendige biologische Reinigung der Abwässer) ein bis zur Anschlussmöglichkeit an die zentrale Abwasserreinigungsanlage (bis Ende 2002) befristeter Weiterbestand der gegenständlichen Situation akzeptiert werden könne."
Es trifft zwar zu, dass im vorliegenden Fall der Weiterbestand der gegenständlichen, nicht dem Stand der Technik entsprechenden Situation auch vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Gesichtspunkte (unverhältnismäßig hoher wirtschaftlicher Aufwand bei einer Nachrüstung) als tolerabel erachtet wurde und dass § 12a Abs. 2 zweiter Satz WRG auf solche Gründe nicht abstellt. Nach dieser Bestimmung hängt die Möglichkeit einer Ausnahmebewilligung allein davon ab, ob der Schutz der Gewässer eine solche Ausnahme zulässt (oder erfordert). Trifft diese Voraussetzung - auf Grundlage sachverständiger Äußerungen - aber zu, ist es ohne Bedeutung und kann auch nicht zum Nachteil gereichen, wenn zusätzlich wirtschaftliche Gründe für die Erteilung einer solchen Bewilligung sprechen.
Gestattet aber der Schutz der Gewässer (hier: wegen der günstigen Vorflutverhältnisse) eine befristete, nicht dem Stand der Technik entsprechende Einleitung mangelhaft gereinigter Abwässer, entspricht eine Abweisung des Antrages (allein) wegen Widerspruches zum Erfordernis der Einhaltung des Standes der Technik nicht dem Gesetz.
Dadurch, dass die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage vom Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 12a Abs. 2 zweiter Satz WRG ausging, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den begehrten Ersatz von Stempelgebühren; die Gemeinden sind im Rahmen ihres öffentlichrechtlichen Wirkungskreises von der Entrichtung von Gebühren gemäß § 2 Abs. 2 Gebührengesetz 1957 befreit.
Wien, am 13. Dezember 2001
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)