VwGH 2000/04/0054

VwGH2000/04/005412.12.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, in der Beschwerdesache der G Gesellschaft für Wassertechnik Gesellschaft m.b.H. & Co. KG in L, vertreten durch Dr. Karl Bollmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 8. September 1999, Zl. Senat-AB-99-015, betreffend Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers im Vergabeverfahren (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Guntramsdorf, 2353 Guntramsdorf, Rathausplatz 1, vertreten durch Beck & Krist, Rechtsanwälte Partnerschaft, 2340 Mödling, Freiheitsplatz 8), den Beschluss gefasst:

Normen

BVergG 1997 §15 Z15;
BVergG 1997 §54 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
LVergG NÖ 1995 §13 Abs1;
LVergG NÖ 1995 §17 Abs1;
LVergG NÖ 1995 §24 Abs2;
LVergG NÖ 1995 §24 Abs3;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
BVergG 1997 §15 Z15;
BVergG 1997 §54 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
LVergG NÖ 1995 §13 Abs1;
LVergG NÖ 1995 §17 Abs1;
LVergG NÖ 1995 §24 Abs2;
LVergG NÖ 1995 §24 Abs3;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. September 1999 hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich den Antrag der Beschwerdeführerin, die ausdrückliche Entscheidung, hilfsweise die implizite Entscheidung der Marktgemeinde Guntramsdorf, mit welcher im Ausschreibungsverfahren über das Bauvorhaben ABA Guntramsdorf BA 07+08, Neuerrichtung der ARA Guntramsdorf, Neuerrichtung des Hauptpumpwerkes, Art der Leistungen "maschinelle Ausrüstung", auch bezeichnet "maschinelle Ausrüstungen und Installationen", ident mit "Maschinen zur Reinigung von Abwasser, Installateurarbeiten und Verlegung von Abwasserleitungen", die Anbote der Mitbieter M. GesmbH, A. GesmbH und Einzelunternehmen G. zur Wahl für den Zuschlag zugelassen und nicht ausgeschieden wurden, für nichtig zu erklären, gemäß §§ 24, 25, 27 und 28 des NÖ Vergabegesetzes, LGBl. 7200-2, abgewiesen.

Die belangte Behörde stellte u. a. fest, dass die unmittelbar nach Ende der Ausschreibungsfrist am 1. Juni 1999 erfolgte Angebotsprüfung nach dem Bestbieterprinzip folgende Reihung der Bieter zum Ergebnis gehabt habe:

  1. 1. M. GesmbH
  2. 2. A. GesmbH
  3. 3. Einzelunternehmen G.

    Sie führte detailliert aus, weshalb die Auftraggeberin die Anbote dieser Bieter zu Recht nicht ausgeschieden habe.

    Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

    Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem "Recht auf Nichtigerklärung einer im Zuge des Vergabeverfahrens ergangenen Entscheidung eines Auftraggebers, wenn sie im Widerspruch zu den Bestimmungen des NÖ Vergabegesetzes oder den hiezu erlassenen Verordnungen steht und für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist (§ 27 Abs. 1 Z. 1 und 2 NÖ Vergabegesetz)" verletzt.

    Als weitere "Beschwerdepunkte" führt die Beschwerdeführerin an: Exaktheit der Ausschreibung, insbesondere Spezifikation der für erforderlich erachteten Nachweise und Zuschlagskriterien; ordnungsgemäße Ausschreibung durch Anführung von Bestimmungen über die Zulässigkeit von Subunternehmerleistungen in den Ausschreibungsunterlagen; Verpflichtung der vergebenden Stelle, vor Wahl des Angebotes für den Zuschlag, Angebote, die den Ausschreibungsbestimmungen widersprechen, fehlerhafte und unvollständige Angebote auszuscheiden; Verpflichtung des Auftraggebers zur Ausscheidung nicht rechtsgültig unterfertigter Angebote; Verpflichtung zur Ausscheidung von Anboten, in welchen jene wesentlichen Teilleistungen nicht bekanntgegeben sind, die der Bieter an Subunternehmer weiterzugeben beabsichtigt, und solcher Anbote, in welchen nicht die jeweils in Frage kommenden (Sub-)Unternehmer genannt sind; Verpflichtung des Auftraggebers, Angebote von Bietern unverzüglich auszuscheiden, bei welchen die Befugnis oder die technische Leistungsfähigkeit oder die Zuverlässigkeit nicht gegeben ist.

    In den Rechten auf "Exaktheit der Ausschreibung" und auf "ordnungsgemäße Ausschreibung" konnte die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt werden, wurde doch damit nicht über den Inhalt der Ausschreibung abgesprochen. Soweit die Beschwerdeführerin die Verpflichtung der Auftraggeberin zur Ausscheidung nicht entsprechender Angebote ins Treffen führt, macht sie keinen eigenen Beschwerdepunkt geltend, sondern Gründe dafür, warum ihrer Meinung nach die vor der belangten Behörde angefochtenen Entscheidungen der Auftraggeberin für nichtig zu erklären gewesen wären.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob durch den angefochtenen Bescheid irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei verletzt wurde, sondern nur, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptet (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa den Beschluss vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/18/0083).

    Für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist ausschlaggebend, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in dem von ihm geltend gemachten subjektiven Recht (noch) verletzt sein kann. Es entspricht ständiger hg. Judikatur, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht zu einer bloß abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit berufen ist. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt dann nicht vor, wenn eine Entscheidung lediglich über theoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (vgl. etwa die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 415 zitierte Judikatur).

    Nach dem in den Gegenschriften der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei nicht bestrittenen Beschwerdevorbringen wurde im gegenständlichen Vergabeverfahren der Zuschlag - vor Beschwerdeerhebung - bereits erteilt.

    Durch das Vergabeverfahren soll sichergestellt werden, dass nach Durchführung eines freien und lauteren Wettbewerbs unter Gleichbehandlung aller Bieter der Zuschlag an den Bestbieter erteilt wird (vgl. Elsner, Vergaberecht (1999), Seite 1). Alle anderen Entscheidungen im Vergabeverfahren dienen diesem Zweck. Gemäß § 13 Abs. 1 NÖ Vergabegesetz iVm § 15 Z. 15 Bundesvergabegesetz ist der Zuschlag die an den Bieter abgegebene schriftliche Erklärung, sein Angebot anzunehmen. Sobald der Bieter diese Erklärung erhält, kommt das privatrechtliche Vertragsverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Bieter zustande (§ 17 Abs. 1 NÖ Vergabegesetz iVm § 54 Abs. 1 Bundesvergabegesetz). Durch die Erteilung des Zuschlags an einen Bieter ist somit klargestellt, dass alle anderen Bieter nicht zum Zug kommen. Der Zuschlag kann nicht im Rahmen der Vergabekontrolle beseitigt werden. Selbst die - gemäß § 24 Abs. 2 NÖ Vergabegesetz aber nur bis zur Zuschlagserteilung mögliche - Nichtigerklärung von für den Ausgang des Vergabeverfahrens relevanten Entscheidungen des Auftraggebers könnte nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlages führen.

    Aus diesem Grund fehlte es der Beschwerdeführerin hinsichtlich des geltend gemachten Rechtes auf Nichtigerklärung einer im Zuge des Vergabeverfahrens ergangenen Entscheidung des Auftraggebers bereits im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde am Rechtsschutzbedürfnis.

    Gemäß § 24 Abs. 3 NÖ Vergabegesetz ist der Unabhängige Verwaltungssenat nach Zuschlagserteilung oder nach Abschluss des Vergabeverfahrens (lediglich) zuständig, festzustellen, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Gesetz oder die hiezu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde. In einem solchen Verfahren ist der Unabhängige Verwaltungssenat ferner zuständig, auf Antrag des Auftraggebers festzustellen, ob ein übergangener Bewerber oder Bieter auch bei Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes und der hiezu ergangenen Verordnungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte.

    Der Umstand, dass - wie die Beschwerdeführerin geltend macht -

in dem über ihren Antrag nach Zuschlagserteilung eingeleiteten Feststellungsverfahren gemäß § 24 Abs. 3 NÖ Vergabegesetz die Rechtswidrigkeit der auch vorliegend gegenständlichen Entscheidungen des Auftraggebers zu beurteilen ist, kann nichts daran ändern, dass die Beschwerdeführerin durch die nicht erfolgte Beseitigung dieser Entscheidungen aus den dargestellten Gründen nicht in dem von ihr geltend gemachten Recht verletzt werden kann. Im Übrigen ist dazu auszuführen, dass die nicht erfolgte Ausscheidung der Angebote von Bietern, denen in der Folge ohnehin der Zuschlag nicht erteilt worden ist, nicht dazu führen kann, dass der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde.

Da die Beschwerde bereits aus den dargestellten Gründen wegen Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 3 gebildeten Senat - zurückzuweisen war, kann dahinstehen, ob es sich bei der lediglich in der - offenbar in der Niederschrift über die Prüfung gemäß § 17 Abs. 1 NÖ Vergabegesetz iVm § 50 Abs. 1 Bundesvergabegesetz enthaltenen - "Reihung" der Bieter zum Ausdruck gekommenen Nicht-Ausscheidung von Angeboten um eine der Nachprüfung zugängliche "Entscheidung" des Auftraggebers handelt.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. Dezember 2001

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