VwGH 2000/02/0078

VwGH2000/02/007818.5.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des GL in W, vertreten durch Dr. Ingo Riß, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neubaugasse 71, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 17. Jänner 2000, Zl. UVS- 03/V/9/20/1996/19, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 2. Februar 2001, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §14 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §62 Abs2;
AVG §67g Abs1 idF 1995/471;
AVG §67g Abs2 idF 1995/471;
AVG §14 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §62 Abs2;
AVG §67g Abs1 idF 1995/471;
AVG §67g Abs2 idF 1995/471;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid, mündlich verkündet am 20. Jänner 1997, schriftliche Ausfertigung vom 17. Jänner 2000, wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 6. September 1995 um 0.42 Uhr an einem näher bezeichneten Ort in Wien ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kfz gelenkt und das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet, indem das Fahrzeug nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten worden sei. Er habe dadurch § 38 Abs. 5 StVO verletzt, weshalb eine Strafe in Höhe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Stunden) verhängt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof erließ die belangte Behörde einen Berichtigungsbescheid vom 2. Februar 2001 des Inhaltes, dass die Tatzeit im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, welcher durch die Bestätigung durch den angefochtenen Bescheid vom 20. Jänner 1997 in der Schuldfrage auch Inhalt des Berufungsbescheides war, statt "6.9.1995 um 00.42 Uhr" richtig "6.9.1994 um 00.42 Uhr" zu lauten habe. Der Berichtigungsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am 7. Februar 2001 zugestellt.

Eine Beschwerde gegen diesen Berichtigungsbescheid an einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts wurde vom Beschwerdeführer nicht erhoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Überprüfung den angefochtenen Bescheid in der Fassung, die er durch einen Berichtigungsbescheid erhalten hat, zu Grunde zu legen (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens5, Seite 491, E 22a und c, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer rügt als Rechtswidrigkeit des Inhaltes, dass er zu einer Tat verurteilt worden sei, welche er am 6. September 1995 nicht begangen habe. Mit dem Berichtigungsbescheid vom 2. Februar 2001 wurde aber diesem Einwand der Boden entzogen.

Der Beschwerdeführer rügt des Weiteren, er habe keinen Ladungsverzicht in der am 18. Dezember 1996 fortgesetzten mündlichen Berufungsverhandlung abgegeben. Dem ist entgegenzuhalten, dass ein solcher Ladungsverzicht im Verhandlungsprotokoll vom 18. Dezember 1996 enthalten ist, der Beschwerdeführer auf derselben Seite persönlich unterschrieben hat, ihm eine Kopie der Vollschrift ausgehändigt wurde und er das Verhandlungsprotokoll nicht als unrichtig gerügt hat. Daher ist dieser geradezu mutwilligen Behauptung des Beschwerdeführers - von Beruf Rechtsanwalt - nicht zu folgen. Es bestehen somit keine Bedenken gegen die Vorgangsweise der belangten Behörde, den angefochtenen Bescheid in der zu diesem Zweck anberaumten mündlichen Verhandlung vom 20. Jänner 1997 auch in Abwesenheit des Beschwerdeführers zu verkünden.

Wenn der Beschwerdeführer rügt, die Bescheidverkündung hätte auch deshalb nicht erfolgen dürfen, weil "ein Ladungsverzicht der

erstinstanzlichen Behörde ... nicht aktenkundig" sei, übersieht er

- abgesehen von der Frage der Möglichkeit des Vorliegens einer Rechtsverletzung gegenüber dem Beschwerdeführer -, dass es hinsichtlich der erstinstanzlichen Behörde, welche Partei des Berufungsverfahrens war, nicht um einen Ladungsverzicht geht, sondern um den "Verzicht auf Teilnahme", welcher im Verkündungsprotokoll vom 20. Jänner 1997 aufscheint. Dass aber dieser Teilnahmeverzicht nicht erfolgt sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Der Beschwerdeführer stellt sich - aktenwidrig und in Verkennung des Inhaltes des § 67g AVG idF der hier anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 471/1995 - auf den Standpunkt, es habe keine tatsächliche Verkündung des bekämpften Bescheides stattgefunden. Denn § 67g Abs. 2 AVG regelt nicht die Verkündung eines Bescheides an sich, sondern nur eine Vereinfachung der Beurkundung der bereits erfolgten Verkündigung in Abweichung der Vorschrift des § 62 Abs. 2 AVG.

Des Weiteren rügt der Beschwerdeführer, in das Verkündungsprotokoll vom 20. Jänner 1997 seien den Spruch des verkündeten Bescheides betreffend zu einem nicht ersichtlich gemachten Zeitpunkt handschriftliche Ergänzungen eingefügt worden. Er führt den Einwand jedoch nicht näher aus. Der Verwaltungsgerichtshof kann darin schon auf Grund des § 14 Abs. 4 AVG, nach dem (erhebliche) Zusätze nur dann in einen Nachtrag aufzunehmen und abgesondert zu bestätigen sind, wenn sie von "Vernommenen" stammen, das sind Personen, die bei der Verhandlung anwesend waren und sich geäußert haben (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens5, Seite 184, E 6, wiedergegebene hg. Rechtsprechung), keine Rechtswidrigkeit erblicken. Handschriftliche Einfügungen in einem "Verkündungsprotokoll" in Textstellen, welche vom Verhandlungsleiter stammen, sind zulässig und als im Rahmen der Aufnahme dieses Protokolles beigesetzt anzusehen, wenn nichts Gegenteiliges hervorkommt.

Der Beschwerdeführer bringt des Weiteren vor, das "Verkündungsprotokoll vom 20.1. 1997", enthalte keine Begründung. Mit dieser Vorgangsweise sei er in seinem Recht darüber verletzt worden, dass die mündliche Verkündung den Akt der Bescheiderlassung darstelle, der die "Verfolgungsverjährungsfrist" beende und durch Bescheidausfertigung nicht abgeändert werden dürfe. Damit verkennt der Beschwerdeführer die Bedeutung der Begründung eines Bescheides (§§ 58 Abs. 2 und 60 AVG). Denn die Begründung eines Bescheides ist lediglich Information, nicht Norm; sie ist zwar im Zweifelsfall zur Interpretation des Spruchs heranzuziehen, darüber hinausgehende Verbindlichkeit kommt ihr jedoch nicht zu. Sie kann daher als solche auch nicht rechtskräftig werden und es macht eine unrichtige Begründung den Bescheid auch nicht jedenfalls rechtswidrig (vgl. auch Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2 (1998), Seite 1039, Anm. 1). Dass im vorliegenden Fall im Verkündungsprotokoll keine Begründung ausgeführt ist, hat sohin auf die rechtsgültige Erlassung des Bescheides durch mündliche Verkündung keinen Einfluss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 98/03/0243, mit welchem der Verwaltungsgerichtshof einen - wie hier - nur dem Spruch nach verkündeten Bescheid als rechtswirksam erlassen wertete, sowie auch das vom Beschwerdeführer selbst zitierte, in seinem Inhalt jedoch verkannte hg. Erkenntnis vom 18. November 1998, Zl. 98/03/0207).

Des Weiteren rügt der Beschwerdeführer, es sei ihm Existenz und Inhalt eines Aktenvermerks vom 12. Dezember 1996 über einen in Anwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführten Ortsaugenschein erst "nach Zustellung der Bescheidausfertigung" bekannt gegeben worden. Auch diese Behauptung ist aktenwidrig, denn im Verhandlungsprotokoll vom 18. Dezember 1996 (das vom Beschwerdeführer unterschrieben und welches nicht als unrichtig gerügt wurde) ist die Verlesung des Ergebnisses "des in einem Aktenvermerk festgehaltenen Lokalaugenscheines vom 11. Dezember 1996" vermerkt.

Abschließend bringt der Beschwerdeführer vor, es sei rechtswidrig, "die Bescheidbegründung nach Ablauf der Vollstreckungsverjährung gemäß § 31 Abs. 3 zweiter Satz VStG nachzutragen". Die Verkündung des gegenständlichen Bescheides mit Wirkung der rechtswirksamen Erlassung (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1995, Zl. 95/03/0007) erfolgte am 20. Jänner 1997, die Zustellung der schriftlichen Ausfertigung am 4. Februar 2000. Dem Beschwerdeführer ist zunächst dahingehend Recht zu geben, dass die dreijährige Vollstreckungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 3 zweiter Satz VStG sohin bei Zustellung der schriftlichen Bescheidausfertigung abgelaufen war. Die Verwaltungsverfahrensvorschriften enthalten aber kein Verbot einer solchen Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eines rechtswirksam verkündeten Bescheides.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Mai 2001

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