Normen
StbG 1985 §10 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §11 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §11 idF 1998/I/124;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Bescheid vom 9. März 2000 wies die Steiermärkische Landesregierung (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft und das Ansuchen um Erstreckung der Verleihung auf seine Gattin M.M.T. und das gemeinsame Kind M. "gemäß § 10 Abs. 1 i.V.m. §§ 11, 16, 17 Abs. 1 Z 1 und 18 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985" ab.
Der am 11. Oktober 1964 in Kairo, Ägypten, geborene Beschwerdeführer sei erstmals am 5. Juni 1989 "im Bundesgebiet zur Anmeldung" gelangt. Mit Eingabe vom 7. Juni 1999 habe er um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft unter gleichzeitiger Erstreckung auf seine Ehegattin und die gemeinsamen Kinder angesucht.
Das Arbeitsmarktservice habe in einer Stellungnahme mitgeteilt, dass aus der Sicht des Arbeitsmarktes das Ansuchen um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht befürwortet werde.
Aus der Versicherungszeitenbestätigung des Beschwerdeführers sei zu entnehmen, dass er in einem Zeitraum vom 28. August 1990 bis 10. November 1999 bei 26 verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt gewesen und in dem selben Zeitraum 15,5 Monate keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen sei. Allein im Jahr 1999 habe der Beschwerdeführer sieben verschiedene Arbeitgeber gehabt.
Zur Stellungnahme aufgefordert habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen angeführt, dass der häufige Arbeitsplatzwechsel teilweise auf den Wohnsitzwechsel zurückzuführen sei, aber auch auf die Tatsache, dass er oft nur Vertretungs- bzw. Aushilfejobs angenommen habe.
Auf Grund des oben angeführten Sachverhaltes, insbesondere auf Grund der zahlreichen Arbeitgeberwechsel, sei zu erkennen, dass die persönliche und berufliche Integration des Beschwerdeführers noch nicht in ausreichendem Maße gegeben bzw. abgeschlossen sei und somit die Ermessensentscheidung nicht zu Gunsten des Antragstellers getroffen werden könne. Davon ausgehend sei auch der Antrag auf Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 18 StbG abzuweisen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
1. Zunächst ist festzustellen, dass der einleitend sowohl im Spruch als auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides wortgleich wiedergegebene Satz, dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 7. Juni 1999 um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und Erstreckung der Verleihung auf seine Ehegattin und die gemeinsamen Kinder angesucht habe, auf einer aktenwidrigen Sachverhaltsannahme beruht. Tatsächlich hat der Beschwerdeführer mit seinem Antrag vom 7. Juni 1999 um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und um Erstreckung der Verleihung auf seine Ehegattin und das gemeinsame Kind Marco, geboren am 24. Oktober 1997, angesucht. Mit einem weiteren Antrag vom 27. Dezember 1999 hat der Beschwerdeführer um Erstreckung "unseres Antrages auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft auf unseren Sohn Martin, geboren am 24. November 1999" angesucht. Dessen ungeachtet scheint auf dem in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen ursprünglichen Antrag - mit einer anderen Handschrift geschrieben - das minderjährige Kind Martin, geboren am 24. November 1999 in Graz auf, welches somit nach der Stellung des ursprünglichen Verleihungsantrages geboren und offensichtlich nachträglich auf dem im Verwaltungsakt erliegenden Antragsschreiben eingetragen worden ist.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides, wonach das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der Staatsbürgerschaft und das Ansuchen um Erstreckung der Verleihung auf seine Gattin M.M.T. und das gemeinsame Kind Marco, abgewiesen wird, lässt den erwähnten Antrag vom 27. Dezember 1999 unerledigt.
2. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides nur auf die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes - StbG ausdrücklich Bezug genommen. Sie erachtete diese Verleihungsvoraussetzung im Hinblick auf die (durchgehende) Meldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit 5. Juni 1989 als erfüllt, ungeachtet des Umstandes, dass § 10 Abs. 1 Z 1 StbG fordert, dass der Staatsbürgerschaftswerber seinen Hauptwohnsitz seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet haben muss, während die belangte Behörde lediglich festgestellt hat, dass der Beschwerdeführer "im Bundesgebiet zur Anmeldung gelangt sei".
Erkennbar ging die belangte Behörde weiter davon aus, dass
auch die Einbürgerungserfordernisse des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 StbG
gegeben seien. Sie stützte die Abweisung des Ansuchens jedoch
darauf, dass sie das ihr bei Vorliegen aller
Verleihungsvoraussetzungen eingeräumte Ermessen im Hinblick auf
§ 11 StbG nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers üben könnte.
§ 11 StbG in der Fassung der
Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998, BGBl. I Nr. 124, lautet:
"§ 11. Die Behörde hat sich unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des Fremden bei der Ausübung des ihr im § 10 eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Ausmaß der Integration des Fremden leiten zu lassen."
Die belangte Behörde hat ihre Ermessensentscheidung ausschließlich damit begründet, dass die persönliche und berufliche Integration des Beschwerdeführers "insbesondere auf Grund der zahlreichen Arbeitgeberwechsel ... noch nicht in ausreichendem Maße gegeben bzw. abgeschlossen" sei. Indem die belangte Behörde auf die persönliche und berufliche Integration des Beschwerdeführers abstellte, ist sie den jedenfalls seit der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 das StbG kennzeichnenden Ordnungsvorstellungen grundsätzlich gerecht geworden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2000/01/0258).
Die bloße Annahme der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von etwa neun Jahren bei 26 verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt gewesen sei, übersieht aber zunächst - wie der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme im Verwaltungsverfahren und in der Beschwerde hervorhebt und den vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere der Versicherungszeitenbestätigung zu entnehmen ist -, dass es durchaus längere Zeiten einer durchgehenden Beschäftigung bei einem Arbeitgeber gegeben hat; etwa vom 20. August 1990 bis zum 21. Juli 1994, vom 15. August 1994 bis zum 17. Mai 1997, annähernd gleichzeitig vom 10. Oktober 1994 bis zum 7. März 1997, und vom 15. Februar 1998 bis zu dem von der belangten Behörde bewerteten "Endpunkt" (10. November 1999). Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, dass es sich bei den verschiedenen, zum Teil kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen um zusätzliche ("Zweit-") Beschäftigungen gehandelt habe, welche neben den Hauptbeschäftigungen (welche wohl teilweise lediglich geringfügige Beschäftigungen gewesen seien) bestanden hätten, geht die belangte Behörde nicht ein.
Weiter lässt die behördliche Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 28. August 1990 bis 10. November 1999 während eines Zeitraumes von zusammen 15,5 Monaten "keiner geregelten Beschäftigung" nachgegangen sei, die während eines Teiles dieses Zeitraumes gegebene (wenn auch geringfügige) längerdauernde Hauptbeschäftigung des Beschwerdeführers außer Betracht.
Letztlich kommt es auf diese Verfahrensfehler hier aber gar nicht an. Denn der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass ein häufiger Arbeitsplatzwechsel - auch in Verbindung mit (gänzlichem) Fehlen einer geregelten Beschäftigung während eines Teilzeitraumes von 15,5 Monaten während des hier zu beurteilenden Gesamtzeitraumes - als Grundlage für eine im Sinne der hier anzuwendenden Vorschrift gelegenen Ermessensübung zum Nachteil des Beschwerdeführers wegen dessen unzureichender beruflicher Integration (ein Bezug zur persönlichen Integration ist überhaupt nicht erkennbar) in Frage käme, zumal die belangte Behörde nicht unter Bezugnahme auf die jeweils branchenüblichen Verhältnisse darlegt, dass aus dem häufigen Arbeitsplatzwechsel auf eine mangelnde Bewährung des Beschwerdeführers auf dem Arbeitsmarkt zu schließen sei. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 2. Oktober 2001
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