VwGH 99/20/0085

VwGH99/20/008522.11.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. Reinhard Anderle, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Jahnstraße 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 13. Jänner 1999, Zl. St-225-2/98, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Normen

StGB §107 Abs1;
StGB §107 Abs2;
StGB §125;
StGB §126 Abs1 Z5;
StGB §15;
StGB §269 Abs1;
StGB §83 Abs1;
StGB §84 Abs2 Z4;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §20 Abs1;
WaffG 1996 §50 Abs1;
WaffG 1996 §58 Abs2;
StGB §107 Abs1;
StGB §107 Abs2;
StGB §125;
StGB §126 Abs1 Z5;
StGB §15;
StGB §269 Abs1;
StGB §83 Abs1;
StGB §84 Abs2 Z4;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §20 Abs1;
WaffG 1996 §50 Abs1;
WaffG 1996 §58 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach verbot dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 24. September 1998 gemäß § 12 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997 (WaffG), den Besitz von Waffen und Munition und führte begründend aus, anlässlich einer waffenrechtlichen Überprüfung in der gemeinsamen Wohnung des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin (die mit Bescheid vom gleichen Tag mit einem Waffenverbot belegt worden war: vgl. hiezu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/20/0400) sei am 26. August 1998 eine halbautomatische Langwaffe, nämlich das Kleinkalibergewehr "Lakefield, Nr. 64B22", vorgefunden und beschlagnahmt worden. Der Beschwerdeführer habe angegeben, diese Waffe am 31. März 1997 von seiner Frau, die diese Waffe in die Ehe eingebracht habe, erworben zu haben. Der Beschwerdeführer habe es unterlassen, die halbautomatische und daher seit dem Inkrafttreten des Waffengesetzes 1996 per 1. Juli 1997 genehmigungspflichtige Schusswaffe innerhalb der gesetzlichen Übergangsfrist bis 30. Juli 1998 bei der Behörde anzumelden und um eine Waffenbesitzkarte für deren rechtmäßigen Besitz anzusuchen. Außerdem sei die angegebene Schusswaffe dadurch äußerst mangelhaft verwahrt worden, dass sie im Schlafzimmer in einem unversperrten Holzschrank anderen Personen - insbesondere den Kindern des Beschwerdeführers - leicht zugänglich gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine als Einspruch bezeichnete Berufung, in der er vorbrachte, er sei auf die - im Bezug auf die Genehmigungspflichtigkeit der genannten Waffe - geänderte Gesetzeslage nicht aufmerksam gemacht worden. Er bestritt ferner, dass die Schusswaffe mangelhaft verwahrt gewesen sei und bot zum Beweis Fotos mit einer Situationsbeschreibung an.

Im Zuge der von der belangten Behörde im Berufungsverfahren vorgenommenen Ermittlungen stellte sich heraus, dass der Beschwerdeführer mittlerweile mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Neufelden vom 19. November 1998 zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt worden war (§ 50 Abs. 1 WaffG). Das Gericht hatte festgestellt, dass der Beschwerdeführer die genannte genehmigungspflichtige Schusswaffe seit dem "31. März 1997" ohne behördliche Bewilligung besessen habe. In diesem Verfahren hatte sich der Beschwerdeführer damit verteidigt, dass er die Waffe von seiner Frau zwar erworben, mittlerweile aber an "ein Familienmitglied weiterveräußert" habe. Den Namen dieses Familienmitglieds nenne er jedoch nicht, und wo dieses Familienmitglied wohne, sage er auch nicht. Das Bezirksgericht übermittelte den Strafakt am 27. November 1998 an die (erstinstanzliche) Behörde mit dem Bemerken, der Beschwerdeführer habe sich ziemlich provozierend verantwortet und gemeint, der Staatsanwalt habe keine Beweise und das Ganze sei überhaupt lächerlich. Nach dem Eindruck des Richters nehme der Beschuldigte weder das Gericht noch sein Verfahren ernst. Es scheine auch so zu sein, dass seine Frau das machen müsse, was er anschaffe. Es wäre daher verwunderlich, wenn die Frau dem Beschwerdeführer den Zugang zu Waffen, die im Haus verwahrt seien, verwehren könne.

Mit Urteilen des Landesgerichtes Linz vom 21. August 1992 und vom 2. April 1993 war der Beschwerdeführer zwei mal wegen des Vergehens des (versuchten) Widerstandes gegen die Staatsgewalt (§ 269 Abs. 1 StGB) sowie (mit dem erstgenannten Urteil) wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung und (mit dem zweitgenannten Urteil) wegen schwerer Körperverletzung zu bedingten Geldstrafen verurteilt worden. Ferner war der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 10. Dezember 1992 wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung (§ 107 Abs. 1 und 2 StGB) zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden.

In ihrer Stellungnahme vom 11. Dezember 1998 führte die Verkehrsrechtsabteilung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach (auch im Zusammenhang mit diesen Verurteilungen) aus, der Beschwerdeführer habe sich am 31. Oktober 1991 (im Zuge einer Amtshandlung im Sinne des § 73 Abs. 1 KFG) seiner Festnahme widersetzt und versucht, gegen den Wachzimmerkommandanten tätlich vorzugehen. Vom Beschwerdeführer sei in der Sicherungszelle des Polizeigefangenenhauses ein Sicherungsbügel heruntergerissen worden (was zur oben erwähnten ersten Verurteilung geführt habe). Der medizinische Sachverständige habe im Zuge dieses Verfahrens eine Befristung der Lenkerberechtigung auf drei Monate vorgeschlagen. Als Begründung sei Neigung zu aggressivem Verhalten angeführt worden. Bei einer zweiten amtsärztlichen Begutachtung habe der Sachverständige (auch wegen "leicht aggressiven Verhaltens" eine Befristung (der Lenkerberechtigung) auf ein Jahr vorgeschlagen. Am 2. September 1992 sei der - zur Tatzeit nach eigenen Angaben stark alkoholisierte - Beschwerdeführer wegen gefährlicher Drohung gegen Sicherheitswachebeamte festgenommen worden (was zur oben erwähnten Verurteilung vom 10. Dezember 1992 geführt habe). Der Amtssachverständige habe in seinem Gutachten wegen "Aggressivität, manischer Züge und Selbstüberschätzung" die Nichteignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausgesprochen. Am 1. Dezember 1992 sei der Beschwerdeführer wegen "Störung der Ordnung" in das Polizeigefangenenhaus Linz eingeliefert worden. Dort habe er (unter Alkoholeinfluss) zu randalieren begonnen und sei gegen zwei Sicherheitswachebeamte tätlich vorgegangen (dies habe zur oben erwähnten Verurteilung vom 2. April 1993 wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt und wegen schwerer Körperverletzung geführt). Nach einem Gutachten des Primarius Dr. Felix F. vom 16. Juli 1993 neige der Beschwerdeführer auch unter geringen Mengen von Alkohol zu Aggressionsausbrüchen aus vergleichsweise geringfügigen Anlässen, die im nüchternen Zustand und unter starkem sozialen Druck mühsam kontrolliert würden.

Die belangte Behörde räumte dem Beschwerdeführer insbesondere zu diesem Bericht mit Schreiben vom 23. Dezember 1998 die Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Der Beschwerdeführer äußerte sich in seinem Schreiben vom 4. Jänner 1999 dazu u.a. wie folgt:

"Von den mit Unterbrechungen mehr als 2 Jahre dauerndem Führerscheinentzug war aus meiner Sicht nur ein Monat wegen der Verweigerung des Alkotestes rechtens.

Die übrigen Führerscheinentzüge hätte mich beinahe in den finanziellen Ruin getrieben. Nach einer Unterredung mit Hrn. Dr. P. (BH Rohrbach) wurde mir wie aus dem letzen Absatz des Schreibens ersichtlich ist eine unbefristete Lenkerberechtigung ausgestellt. Damit sind laut Zusage von Hrn. Dr. P. alle Vorwürfe bereinigt, und ich werde mich in Zukunft an das mir von ihm gebotene Stillschweigen halten.

Zu den angeführten Verurteilungen ist folgendes festzustellen. In den mir vorgeworfenen Punkten habe ich mich aber nie schuldig bekannt. Ich wurde immer in erster Instanz ohne Rechtsbeistand auf Grund von Zeugenaussagen zu bedingten Geldstrafen verurteilt.

Daraus kann kein Beginn einer Entrechtung gemacht werden, die nicht vor meiner Frau und im Endeffekt auch nicht vor meinen Kindern halt machen wird. Es ist bekannt, daß die Rechte der Menschen gewollt sind, und daß es ein Verbrechen ist sich nicht dagegen zu wehren.

Zu den ungeheuerlichen Aussagen der Gendarmerie ist zu sagen, daß diese von Einzelpersonen absichtlich falsch informiert wird.

Ich bitte Sie um eine unvoreingenommene Sichtweise und verlange die sofortige Aufhebung des wegen 'Gefahr in Verzug' verhängten Waffenverbotes."

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 WaffG keine Folge und traf folgende Feststellungen:

"Sie weisen insgesamt 4 rechtskräftige gerichtliche Verurteilungen auf, und zwar

1. durch das Landesgericht Linz mit Urteil vom 21.8.1992, Zahl 28 EVr 2342/91, u.a. wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt (§§ 15, 269/1 StGB) und schwerer Sachbeschädigung (§§ 125, 126 Abs. 1 Zi. 5 StGB) zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen.

2. Das Landesgericht Linz hat sie ferner mit Urteil vom 10.12.1992, Zahl 28 EVr 2079/92, wegen Vergehens der gefährlichen Drohung (§§ 107 Abs. 1 und 2 StGB) zu einer bedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt, und weiters

3. mit Urteil vom 2.4.1993, Zahl 28 EVr 173/93, wiederum wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt (§§ 15 , 269/1 StGB) und Vergehens der schweren Körperverletzung (§§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 2 Zi. 4 StGB) zu einer bedingten Geldstrafe von 80 Tagessätzen.

Ferner hat Sie das Bezirksgericht Neufelden mit Urteil vom 19.11.1998, AZ U 69/98s, wegen Vergehens nach § 50 Abs. 1 des Waffengesetzes zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt, weil Sie seit 31.3.1997 eine genehmigungspflichtige Langwaffe und ein Kleinkalibergewehr (Marke 'Lakefield Nr. 64 B 22') ohne behördliche Bewilligung besessen hätten."

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass allen drei Verurteilungen durch das Landesgericht Linz Delikte mit Aggressionstendenz zu Grunde lägen (Widerstand gegen die Staatsgewalt, Sachbeschädigung, gefährliche Drohung). Schon dies rechtfertige die Annahme, dass der Beschwerdeführer, wäre er im Besitz von Waffen, durch deren missbräuchliches Verwenden Leben oder Gesundheit von Menschen gefährden könnte. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer sich über waffengesetzliche Bestimmungen hinweggesetzt habe. Das Waffenverbot stehe daher mit den gesetzlichen Bestimmungen in Einklang, wobei es sich erübrige, darauf einzugehen, ob der Beschwerdeführer die in seinem Besitz stehenden Schusswaffen sicher verwahre oder nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2

VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 12 Abs. 1 WaffG 1996 lautet:

"Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient die Verhängung eines Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung (somit jedenfalls eines "gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauches") von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger ("missbräuchlicher") Gebrauch gemacht werden könnte. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. u.a die Erkenntnisse vom 25. März 1999, Zl. 98/20/0279, und vom 25. Jänner 2001, Zl. 2000/20/0153). Eine schon erfolgte missbräuchliche Verwendung von Waffen ist nicht Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1999, Zl. 98/20/0020, mit weiteren Nachweisen; seither etwa auch das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 98/20/0191).

Die belangte Behörde leitet die genannte Besorgnis im vorliegenden Fall nicht nur aus den (ungetilgten) gerichtlichen Verurteilungen wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, gefährlicher Drohung, schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung ab, sondern auch aus der während des Verwaltungsverfahrens erfolgten weiteren Verurteilung wegen des unbefugten Besitzens einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe (vgl. § 20 Abs. 1 WaffG und die dazugehörige Übergangsbestimmung § 58 Abs. 2 WaffG, wonach der Besitz einer halbautomatischen Schusswaffe der Behörde bis zum 1. Juli 1998 anzuzeigen gewesen wäre). Der Beschwerdeführer hat zu den oben wiedergegebenen Ermittlungsergebnissen über die den Verurteilungen zu Grunde liegenden Sachverhalte und sein Verhalten bzw. seine Verantwortung im jüngsten Gerichtsverfahren nur vorgebracht, er habe sich nie schuldig bekannt. Die belangte Behörde hatte daher auch ohne weitere Ermittlungen zu (allenfalls in den genannten Urteilen nicht Niederschlag findenden) Einzelheiten der strafrechtswidrigen Handlungen des Beschwerdeführers auf Grund der Bindungswirkung einer strafrechtlichen rechtskräftigen Verurteilung davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die zugrundeliegenden Taten begangen hat (vgl. die Erkenntnisse vom 10. Oktober 1996, Zl. 95/20/0326, vom 10. Juli 1997, Zl. 95/20/0108, und vom 21. September 2000, Zl. 98/20/0191). Wenn die belangte Behörde aus Art und Zahl der nach wie vor ungetilgten Verurteilungen mit Rücksicht darauf, dass den ersten drei Verurteilungen jeweils Delikte mit deutlicher Aggressionstendenz zugrunde lagen, und unter Bedachtnahme darauf, dass der Beschwerdeführer sich auch danach nicht wohlverhalten hatte, sondern neuerlich - diesmal nach dem WaffG - straffällig geworden war, ableitete, er könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden, so ist dem unter Anlegung des nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebotenen strengen Maßstabes nicht entgegen zu treten. Auf den von der Beschwerde als "ganz besonderen Mangel" hervorgehobenen Umstand "der fehlenden Beschreibung der Art der Verwahrung der beiden genannten Waffen" kommt es dabei nicht an, weil die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht auf eine mangelhafte Verwahrung von Waffen durch den Beschwerdeführer stützte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. November 2001

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