VwGH 99/18/0341

VwGH99/18/034118.5.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag.iur. Mag.(FH) Schärf, über die Beschwerde der A C, (geb. am 14. Oktober 1954), vertreten durch Dr. Aleksa Paunovic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 17/20, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. August 1999, Zl. SD 669/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §40;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §36;
FremdenG 1997;
VwRallg;
AVG §40;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §36;
FremdenG 1997;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. August 1999 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine kroatische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Ehegatte der Beschwerdeführerin sei am 2. August 1999 auf einer Baustelle in Wien bei Außenputzarbeiten betreten worden. Im Zuge der Identitätsfeststellung habe er nicht nur seinen eigenen, sondern auch den Reisepass der Beschwerdeführerin vorgewiesen. Über Befragen habe er den Sicherheitswachebeamten eine Visitenkarte eines näher bezeichneten Restaurants in Wien übergeben, wo von den Beamten in weiterer Folge die Beschwerdeführerin angetroffen worden sei, als diese gerade Reinigungsarbeiten durchgeführt habe. Gegenüber den Beamten habe sie vorerst sinngemäß angegeben, dass ihr Gatte seit diesem Tag auf einer Baustelle und sie selbst seit einiger Zeit in dem Lokal für ca. drei bis vier Stunden als Reinigungskraft gegen ein Stundenentgelt von S 80,-- arbeiten würde. Vor der Bezirkspolizeidirektion Wien (der erstinstanzlichen Behörde) habe sie am 2. August 1999 zu Protokoll gegeben, zuletzt Mitte Juni über Spielfeld nach Österreich eingereist zu sein, um ihre Schwester zu besuchen. Zunächst wäre sie bei ihrer Schwester in Wien angemeldet gewesen, geschlafen hätte sie mit ihrem Ehegatten in einem anderen Wiener Gemeindebezirk. Sie hätte nicht gewusst, dass sie sich dort hätte anmelden müssen. Darüber hinaus habe sie angegeben, dass sie gewusst hätte, für die Arbeit einen Sichtvermerk zu benötigen, und habe sie darauf hingewiesen, dass sie bei ihrem letzten Aufenthalt in Österreich keiner Beschäftigung nachgegangen wäre. Anlässlich ihrer zuletzt erfolgten Einreise hätte sie DM 600,-- bei sich gehabt. Zur Zeit würde sie noch über S 400,-- verfügen, wobei sie in der Wohnung noch DM 300,-- hätte. Vor der erstinstanzlichen Behörde habe die Beschwerdeführerin am 4. August 1999 angegeben, am 20. Juni 1999 von Ungarn kommend mit dem Bus nach Österreich eingereist zu sein. Allerdings habe sie nunmehr bestritten, einer Beschäftigung nachgegangen zu sein. Sie habe neuerlich bestätigt, bei ihrer Einreise im Besitz von DM 600,-- gewesen zu sein, und habe weiters ausgeführt, derzeit über keine Barmittel mehr zu verfügen. Zudem wäre sie in Wien unangemeldet wohnhaft gewesen. Die Beschwerdeführerin sei daraufhin von der erstinstanzlichen Behörde wegen Übertretung des Meldegesetzes bestraft worden.

Auf Grund dieses Sachverhaltes sei die erstinstanzliche Behörde zu Recht von der Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin ausgegangen. Dem Fremden obliege es, der Behörde von sich aus (initiativ) die Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen. Das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin erschöpfe sich jedoch in polemischen Ausführungen wie etwa, dass Österreich ein Polizeistaat wäre und kroatische Staatsangehörige diskriminieren würde. Es werde zwar lapidar behauptet, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich nicht mittellos wäre, ohne jedoch einen entsprechenden Nachweis dafür zu erbringen. Es sei daher der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt und im Hinblick auf die mit der Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin verbundene Gefährdung der öffentlichen Ordnung die Erlassung des Aufenthaltsverbots - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. gerechtfertigt.

Da sich die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehegatten im Bundesgebiet aufgehalten habe und laut ihren Angaben vom 2. August 1999 ihre Schwester in Wien lebe, sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben auszugehen gewesen. Dieser Eingriff werde jedoch dadurch relativiert, dass sie nicht mit ihrer Schwester im gemeinsamen Haushalt lebe und gegen ihren Ehegatten ebenfalls ein Aufenthaltsverbot erlassen worden sei. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen sie sei daher dringend geboten und im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Die Beschwerdeführerin habe durch ihr bisheriges Verhalten dokumentiert, dass sie keine Bedenken habe, sich über die für sie maßgebenden - fremdenrechtlich bedeutsamen - österreichischen Rechtsvorschriften, wie etwa auch das Meldegesetz, hinwegzusetzen. Ihre Mittellosigkeit berge überdies die Gefahr, dass sie allenfalls durch strafbares Verhalten, wie etwa die Aufnahme einer unerlaubten Beschäftigung, ihren Lebensunterhalt finanzieren könnte.

Im Rahmen der nach § 37 Abs. 2 FrG gebotenen Interessenabwägung sei von dem etwa eineinhalb Monate langen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet auszugehen. In Anbetracht dieses kurzen Aufenthalts könne sie sich nicht mit Erfolg auf einen relevanten Grad ihrer Integration berufen. Darüber hinaus erführen auch ihre familiären Bindungen aus den vorgenannten Gründen eine beträchtliche Relativierung. Diesen - ohnehin nicht stark ausgeprägten - privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin stünden die genannten - hoch zu veranschlagenden - öffentlichen Interessen gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf ihre Lebenssituation wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

Da auch sonst keine besonderen, zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechenden Umstände gegeben seien, habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.

Gemäß Abs. 2 des § 36 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer laufenden Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, und entsprechend zu belegen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2000, Zl. 2000/18/0147, mwN).

2. Die Beschwerde bringt vor, die Beschwerdeführerin habe als kroatische Staatsangehörige das Recht, sich drei Monate lang in Österreich ohne einen Sichtvermerk aufzuhalten. Sie habe ihre hier lebende Schwester und Verwandte ihres Ehegatten besucht und sei im Besitz von DM 600,-- gewesen, welcher Betrag ausgereicht habe, um ihre Bedürfnisse zu decken, zumal ihre Angehörigen für Kost und Quartier aufgekommen seien. Darüber hinaus habe sie in dem im angefochtenen Bescheid genannten Restaurant lediglich ihre Verwandte besucht und dieser gefälligkeitshalber und unentgeltlich, ohne Wissen von deren Chef, geholfen, sodass auch der Vorwurf der Schwarzarbeit verfehlt sei.

3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

3.1. Laut der in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Anzeige der die Beschwerdeführerin in dem besagten Restaurant bei Reinigungsarbeiten betretenden Sicherheitswachebeamten vom 2. August 1999 habe die Beschwerdeführerin ihnen gegenüber angegeben, bereits seit einiger Zeit jeweils für etwa drei bis vier Stunden als Reinigungskraft zu arbeiten und für diese Tätigkeit S 80,-- pro Stunde zu bekommen. Bei ihrer weiteren Vernehmung durch die erstinstanzliche Behörde am selben Tag sagte die Beschwerdeführerin aus, zuletzt Mitte Juni (1999) mit dem Autobus über Spielfeld mit etwa DM 600,-- eingereist zu sein, um ihre in Wien lebende Schwester zu besuchen, und zur Zeit S 400,-- sowie in der Wohnung DM 300,-- zu haben. Weiters gab sie an: "Ich habe auch gewusst, dass ich für die Arbeit einen Sichtvermerk benötigt hätte. Aber was hätte ich machen sollen. Bei dem letzten Aufenthalt in Österreich bin ich keiner Arbeit nachgegangen."

Anlässlich ihrer fortgesetzten Vernehmung am 4. August 1999 bestritt sie zwar den Vorwurf des unrechtmäßigen Aufenthalts "bedingt durch eine Arbeitsaufnahme", sie gab jedoch (u.a.) zu Protokoll, bei ihrer Einreise DM 600,-- gehabt zu haben und jetzt keine Barmittel mehr zu besitzen. In ihrer gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung vom 10. August 1999 brachte sie vor, ihr würde mit dem Aufenthaltsverbot das Recht vorenthalten, sich drei Monate lang in Österreich ohne Sichtvermerk aufzuhalten, und sie sei tatsächlich nicht mittellos, ohne diese Behauptung jedoch näher zu konkretisieren.

Wenn die belangte Behörde auf Grund der vorzitierten Aussagen zur Überzeugung gelangte, dass die Beschwerdeführerin über keine Barmittel (mehr) verfügte, so hegt der Gerichtshof gegen diese Beweiswürdigung im Rahmen der ihm zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keine Bedenken.

3.2. Von daher begegnet die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin - die nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen (vgl. den erstinstanzlichen Bescheid, auf den im angefochtenen Bescheid verwiesen wird) am 20. Juni 1999 einreiste und sich auf das Recht zum sichtvermerksfreien Aufenthalt in der Dauer von drei Monaten beruft - den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachgewiesen habe, weshalb der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand, zumal sich weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde ein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass die Beschwerdeführerin am 4. August 1999 bzw. nach Verbrauch ihrer Barmittel Österreich verlassen wollte. Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die Beschwerdeführerin ohnedies freie Kost und Quartier gehabt habe, so tut sie nicht dar, dass die Beschwerdeführerin einen Rechtsanspruch auf solche Alimentationsleistungen gehabt habe, sodass auch dieses Vorbringen nicht zielführend ist (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 1. März 2001, Zl. 98/18/0085, mwN).

4. Im Hinblick auf die nach der hg. Rechtsprechung (vgl. dazu nochmals das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 98/18/0085) aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierende Gefahr strafbarer Handlungen und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtet hat.

Vor diesem Hintergrund braucht auf das Beschwerdevorbringen betreffend die Übertretung des Meldegesetzes durch die Beschwerdeführerin und betreffend den Vorwurf der Schwarzarbeit nicht weiter eingegangen zu werden, zumal die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Bestimmung des § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG ohnehin nicht herangezogen hat.

5. Selbst unter der von der belangten Behörde getroffenen Annahme, dass für die Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihre in Wien lebende Schwester mit dem Aufenthaltsverbot ein relevanter Eingriff in ihr Privat- und Familienleben verbunden sei, erscheint die vorliegende Maßnahme in Anbetracht der aus der Mittellosigkeit von Fremden resultierenden Gefahr (vgl. II.4.) im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG als dringend geboten. Angesichts der Kürze des Aufenthalts der Beschwerdeführerin in Österreich, die am 20. Juni 1999 in das Bundesgebiet eingereist ist und nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten: am 6. August 1999) abgeschoben worden ist, und im Hinblick darauf, dass auch gegen ihren Ehegatten ein Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. den Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf ihre Lebenssituation kein größeres Gewicht beigemessen hat als den gegenläufigen öffentlichen Interessen an der Beendigung ihres Aufenthalts.

6. Zur gerügten Verletzung des Grundsatzes der Mündlichkeit durch Unterlassung einer Berufungsverhandlung ist auszuführen, dass dieser Grundsatz im fremdenrechtlichen Verfahren nicht gilt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1998, Zl. 98/18/0117). Im Übrigen tut die Beschwerde nicht dar, warum eine mündliche Berufungsverhandlung - ausnahmsweise - notwendig gewesen wäre. Ebenso geht die weitere in der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei, ins Leere, hatte sie doch sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Gelegenheit, ihre Argumente ausführlich darzulegen, und führt die Beschwerde nicht aus, welches Vorbringen die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren noch ergänzend hätte erstatten wollen.

7. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Mai 2001

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