VwGH 99/18/0019

VwGH99/18/00197.8.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des KM, (geboren 19. Jänner 1969), in Wien, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. Dezember 1998, Zl. SD 429/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
FrG 1993 §36 Abs2 Z2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
FrG 1993 §36 Abs2 Z2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 9. Dezember 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Nach der Aktenlage befindet sich der Beschwerdeführer seit 1992 in Österreich und habe zunächst über zwei Sichtvermerke und im Anschluss daran über eine Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der selbständigen Erwerbstätigkeit, zuletzt gültig bis 14. März 1996, verfügt. Ab diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer über keinen weiteren Aufenthaltstitel für Österreich verfügt. Er sei zunächst als Geschäftsführer der Firma B. GesmbH, welche ein Cafe in Wien 2 betrieben habe, tätig gewesen. Ende 1993 sei der Beschwerdeführer erstmals wegen des Verdachtes der Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zur Anzeige gebracht worden. In weiterer Folge sei er im Jahr 1996 vom magistratischen Bezirksamt für den 2. Bezirk unter den Zlen. S... sowie S... jeweils wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) zu einer Geldstrafe von (jeweils) S 10.000,-- rechtskräftig bestraft worden. 1997 seien zwei weitere rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertretung des AuslBG zu jeweils S 20.000,-- erfolgt. Überdies weise der Beschwerdeführer eine Vielzahl weiterer Verwaltungsübertretungen, wie etwa nach der Gewerbeordnung, dem ASVG, dem Bazillenausscheidergesetz und dem Wiener Veranstaltungsgesetzes auf. Dazu komme noch, dass er im Jahr 1994 vom Bezirksgericht Josefstadt wegen des Vergehens der Urkundenfälschung rechtskräftig verurteilt worden sei und er auch einige Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967 aufweise.

Der Beschwerdeführer bringe nun vor, dass er zwar die Tatbestände im Hinblick auf die Übertretungen des AuslBG in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt hätte, jedoch sein Schuldgehalt ein wesentlich geringerer gewesen wäre, da er sich in einer "wirtschaftlich miserablen Situation" befunden hätte. Auf Grund des Umstandes, dass er immer versucht hätte, die über ihn verhängten Geldstrafen zu bezahlen, und er nunmehr Geschäftsführer bei der Firma H. Bau GesmbH wäre und (gemeint: seither) keine Verfehlungen setzen würde, wäre gegenwärtig eine positive Zukunftsprognose für ihn zu stellen.

Auf Grund der zahlreichen Übertretungen nach dem AuslBG, welche schwer wiegende Verwaltungsübertretungen im Sinn des FrG darstellten, sei die Erstbehörde aber zu Recht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt sei. Aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung und des wirtschaftlichen Wohles des Landes (Art. 8 Abs. 2 EMRK) komme der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG ein sehr hoher Stellenwert zu. Gegen dieses maßgebliche öffentliche Interesse habe der Beschwerdeführer durch das seinen zahlreichen Bestrafungen nach dem genannten Gesetz zugrundeliegende Fehlverhalten gravierend verstoßen. Mit dem Argument, er wäre nun nicht mehr Geschäftsführer des besagten Cafes und hätte seither keine Übertretung nach dem AuslBG begangen, sei für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Zum einen sei der seit seiner letzten rechtskräftigen Bestrafung verstrichene Zeitraum zu kurz, um eine (wesentliche) Minderung oder gar einen Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für das genannte maßgebliche öffentliche Interesse annehmen zu können. Zum anderen lasse sich auch im Hinblick auf die in den wiederholten Gesetzesverstößen zum Ausdruck kommende Neigung des Beschwerdeführers zu einschlägigen strafbaren Handlungen nicht ableiten, dass ein Verstoß gegen das AuslBG seitens des Beschwerdeführers in Bezug auf ein anderes Unternehmen, wie in seinem Fall als Geschäftsführer der H. Bau GesmbH, ausgeschlossen wäre.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers beeinträchtigten seine zahlreichen Verstöße gegen das AuslBG sowie auch seine zahlreichen Übertretungen der österreichischen Rechtsordnung die öffentliche Ordnung im hohen Maße, sodass vorliegend (auch) die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. In einem solchen Fall seien die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unter dem Vorbehalt der §§ 37 und 38 FrG gegeben. Auf Grund des langjährigen inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers und im Hinblick darauf, dass sein Bruder und sein Onkel in Österreich lebten, liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in sein Privat- und Familienleben vor. Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grunde des § 37 FrG zu bejahen und zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele als dringend geboten zu erachten. Zur Frage der Interessenabwägung im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG müsse zunächst darauf hingewiesen werden, dass die Dauer der Niederlassung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet keineswegs so lange sei, dass dieser Umstand der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Sinn des § 38 Abs. 2 Z. 2 iVm § 35 Abs. 2 FrG entgegenstehen würde. Gleichzeitig sei auch zu berücksichtigen, dass der aus der bisherigen Aufenthaltsdauer ableitbaren Integration des Beschwerdeführers insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als die dafür erforderliche soziale Komponente durch das oben dargestellte strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erheblich gemindert werde. Überdies verfüge der Beschwerdeführer seit 1996 über keinen Aufenthaltstitel für Österreich. Diesen - solcherart geschmälerten - privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers stünden die bereits genannten - hoch zu veranschlagenden - öffentlichen Interessen, insbesondere jenes an der Aufrechterhaltung eines geordneten Arbeitsmarktes, entgegen. Bei der Abwägung dieser Interessen sei die belangte Behörde zur Auffassung gelangt, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als die gegenteiligen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Vor diesem Hintergrund könne ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden. Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betreffe, so erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung auch nach Auffassung der belangten Behörde gerechtfertigt. In Anbetracht des aufgezeigten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung dieser Maßnahme maßgeblichen Grundes, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der Kontakt zu seinem ehemaligen Heimatland wäre völlig abgebrochen und es herrschte dort eine Kriegssituation, sodass im Falle einer Abschiebung sein Leben gefährdet wäre, komme im vorliegenden Zusammenhang insofern keine rechtliche Relevanz zu, als mit dem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen werde, wohin der Beschwerdeführer auszureisen habe oder dass er allenfalls abgeschoben werde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde lässt die im angefochtenen Bescheid festgestellten rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen sowie die dort genannte rechtskräftige gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers unbestritten. In Anbetracht der vier festgestellten Bestrafungen wegen - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten auf § 28 Abs. 1 lit. a Z. 1 AuslBG gestützten und daher als schwer wiegend zu wertenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. März 2001, Zl. 98/18/0125) - Übertretungen des AuslBG ist die Auffassung der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG gegeben seien, nicht als rechtsirrig zu erkennen. Diese vier Bestrafungen wegen Übertretung des AuslBG erfolgten somit deswegen, weil der Beschwerdeführer entgegen dem § 3 leg.cit. einen Ausländer beschäftigte, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden war. Mit seinem (erkennbar) gegen das Gerechtfertigtsein der Annahme nach § 36 Abs. 1 FrG gerichteten Vorbringen, er sei bei dem diesem zu Grunde liegenden Fehlverhalten "auf Grund besonderer Umstände in das Verhalten von strafbaren Handlungen geraten" und dabei "unter wirtschaftlichem Druck gestanden", vermag der Beschwerdeführer an der Rechtskraft dieser behördlichen Entscheidungen nichts zu ändern, weshalb er mit diesem Vorbringen nicht aufzeigt, dass für seinen Fall § 36 Abs. 1 FrG nicht zum Tragen käme. Vielmehr ist es angesichts des im angefochtenen Bescheid dargestellten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers, insbesondere der ihm anzulastenden gravierenden Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG (vgl. etwa das zum Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992 ergangene, aber auch vorliegend einschlägige hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 1997, Zl. 97/18/0544), nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtete. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die besagten Übertretungen seien im Wesentlichen mit dem Betrieb eines Kaffeehauses im Zusammenhang gestanden, den er aufgegeben habe, und er habe sich auf seinem neuen Arbeitsplatz wohl verhalten, lässt sich im Hinblick auf die in den wiederholten Gesetzesverstößen zum Ausdruck kommende Neigung des Beschwerdeführers zu einschlägigen strafbaren Handlungen nicht ableiten, dass ein Verstoß gegen das AuslBG seitens des Beschwerdeführers in Bezug auf ein anderes Unternehmen ausgeschlossen wäre (vgl. wiederum das zitierte hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 1997), zumal die (unstrittig) in zwei aufeinanderfolgenden Jahren erfolgten vier Bestrafungen wegen Übertretung des AuslBG eine besondere Achtlosigkeit des Beschwerdeführers gerade bezüglich der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erkennen lassen. Der Hinweis, der Beschwerdeführer habe sämtliche Strafen bezahlt, vermag schon angesichts der im angefochtenen Bescheid festgehaltenen (unbestrittenen) Vielzahl von Straftaten des Beschwerdeführers über einen längeren Zeitraum hinweg an dem Ergebnis betreffend die Beurteilung nach § 36 Abs. 1 FrG ebenfalls nichts zu ändern.

2.1. Der Beschwerdeführer bekämpft die von der Behörde im Grunde des § 37 Abs. 2 FrG getroffene Beurteilung. Er sei auf Grund seines sechsjährigen Aufenthalts in Österreich integriert, "auf Grund seiner nunmehrigen Arbeitstätigkeit wirtschaftlich als auch familiär gefestigt" und habe sich nach Wegfall des Kaffeehausbetriebes bis zum heutigen Zeitpunkt wohl verhalten. Die Tatsache seiner langjährigen Integration im Inland indiziere "einen Abbruch der Lebenssituation im ehemaligen Heimatland".

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. In Anbetracht des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in der Dauer von etwa sechs Jahren und im Hinblick auf die unbestrittenen Feststellungen, dass der Bruder und der Onkel des Beschwerdeführers in Österreich lebten, hat die belangte Behörde zutreffend die Auffassung vertreten, dass mit der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei. Ebenso zutreffend ist sie aber zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Maßnahme nicht nur - was die Beschwerde nicht in Zweifel zieht - nach § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten, sondern auch nach der gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchzuführenden Interessenabwägung zulässig sei. Das Gewicht seiner persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich wird nämlich dadurch maßgeblich relativiert, dass die für diese Integration maßgebliche soziale Komponente durch die (unbestrittene) Vielzahl der Straftaten des Beschwerdeführers erheblich gemindert wird. Diese solcherart relativierten persönlichen Interessen vermögen das - mit der Behörde hoch zu veranschlagende - öffentliche Interesse an der Verhängung des vorliegenden Aufenthaltsverbotes (vgl. dazu oben II.1.) nicht aufzuwiegen.

3. Schließlich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die zehnjährige Befristung des Aufenthaltsverbotes. Nach der hg. Rechtsprechung ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarer Weise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Wie dargestellt hat der Beschwerdeführer eine Vielzahl von Verwaltungsübertretungen - darunter vier schwer wiegende Übertretungen des AuslBG - gesetzt. Von daher kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, dass der Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe nicht vor Ablauf der festgesetzten Gültigkeitsdauer erwartet werden kann.

4. Aus den dargestellten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 7. August 2001

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