VwGH 99/15/0018

VwGH99/15/001827.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde der M GmbH in E, vertreten durch Dr. Klaus Estl, Rechtsanwalt in Salzburg, Schanzlgasse 4a, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 30. November 1998, Zl. AO 670/1-8/98, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer der Jahre 1993 bis 1995, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs2;
BAO §303 Abs1 litb;
BAO §303 Abs2;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs2;
BAO §303 Abs1 litb;
BAO §303 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit den unter der Bezeichnung "Vorsteuerschwindel des Werner Rydl" durch zahlreiche Medienberichte und Publikationen in der Öffentlichkeit bekannten Vorgängen.

Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Mai 2001, 98/15/0028, wurde eine Beschwerde der auch nunmehr beschwerdeführenden GmbH betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide 1993 bis 1995 vom 4. Juli 1996 wegen Verspätung und Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erledigt. Die gegen den - damals - angefochtenen Bescheid vom 23. Dezember 1994, RV/036-08/03/97, erhobene Beschwerde wurde betreffend Zurückweisung der Berufung mit Beschluss zurückgewiesen und betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Erkenntnis als unbegründet abgewiesen.

Nach dem nunmehr angefochtenen Bescheid stellte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 19. Dezember 1997 einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommen- (gemeint wohl: Körperschaft-) und Umsatzsteuer für die Jahre 1993 bis 1995. Zur Begründung sei in diesem Antrag ausgeführt worden, dass durch die zusammen mit dem Antrag vorgelegten Gutachten, welche der Beschwerdeführerin am 7. Oktober und am 19. September 1997 zugekommen seien, für die strittigen Veranlagungsjahre neue Tatsachen und Beweismittel hervorgekommen seien, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Beschwerdeführerin nicht hätten geltend gemacht werden können. Die Beschwerdeführerin habe in den Verfahren betreffend die Veranlagungsjahre 1993 bis 1995 keine Möglichkeit gehabt, diese Gutachten vorzulegen, "dies nicht zuletzt deshalb, weil all die in diesem Antrag genannten Umstände für die Antragstellerin erstmals 1997 bekannt geworden seien, worauf sie auch sofort den Antrag zur Begutachtung der Warenproben gegeben hätte, weil sich erst im Laufe des Jahres 1997 für die Antragstellerin herausgestellt hätte, dass dies eine wesentliche Tatsache und letztlich auch ein wesentliches Beweismittel dafür sei, dass sie durch die Finanzbehörden gesetzwidrig behandelt worden sei, weil erst durch die nunmehr vorliegenden Gutachten die Qualität der gehandelten Waren, insbesondere auch die Werthaltigkeit der gehandelten Waren beweisbar sei".

Zu den einzelnen Geschäftsfällen sei im Antrag - so die belangte Behörde weiter im angefochtenen Bescheid - ausgeführt worden, betreffend "Gelee Royal" sei die Beschwerdeführerin im Zeitraum Mai bis August 1993 mit dem Export an eine Gesellschaft in Brasilien befasst gewesen. Sie habe bereits anlässlich der ersten Lieferung von ihrem Lieferanten ein Warenmuster samt Expertise erhalten. Diesem ersten Warenmuster samt Expertise seien dann im Zusammenhang mit einzelnen Lieferungen über ausdrückliches Ersuchen der Beschwerdeführerin weitere Muster gefolgt. Diese Muster entstammten den ersten vier Lieferungen mit den Chargen-Nummern 15443, 15445, 15438 und 15470. Über diese Proben lege die Beschwerdeführerin nunmehr ein Gutachten des Dipl.Ing. H.F. vom 22. Juli 1997 vor, durch das die gegenständlichen Muster als Gelee Royal identifiziert würden. Dieses Gutachten würde somit mit dem unter dem 20. Dezember 1994 vom Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik erstellten Gutachten übereinstimmen. Dieses Forschungsinstitut habe ein Gutachten über Proben von Gelee Royal erstellt, welche am 24. Oktober 1994 gezogen worden seien. Dieses Gutachten sei von der U. GmbH in Auftrag gegeben worden. Nach dem heutigen Informationsstand sei der die U. GmbH versorgende Lieferant derselbe gewesen, der auch den Lieferanten der Beschwerdeführerin beliefert habe, sodass von einer Identität des gelieferten Produktes ausgegangen werden könne. Beide Gutachten würden somit beweisen, dass die von der Beschwerdeführerin gekauften Waren tatsächlich Gelee Royal seien. Zur betreffend "Wasserfilter Aqua-Save" von der Finanzbehörde in Frage gestellten Warenidentität hinsichtlich Lieferung der Wasserfilter lege die Beschwerdeführerin nunmehr ein von Dipl. Ing. H.W. in Zusammenarbeit mit Dipl. Ing. K.F. erstattetes Gutachten vom 2. Oktober 1997 vor. Auch bei diesem Geschäftsfall habe die Beschwerdeführerin schon aus dem Gebot der kaufmännischen Sorgfalt heraus jeweils Warenproben gezogen und seien ihr diese auch von den Lieferanten zur Verfügung gestellt worden. Die Untersuchung von nur drei repräsentativen Würfeln habe ergeben, dass ... "die untersuchten Materialien daher auch den in den Fakturen angegebenen Waren und Werten entsprechen". "Elektrodenmaterial" habe die Beschwerdeführerin im Zeitraum Dezember 1993 bis Februar 1994 nach Brasilien exportiert. Mit Schreiben vom 24. März 1994 habe die Beschwerdeführerin selbst ihren Lieferanten um Übermittlung von Warenmustern ersucht, die von der Lieferfirma auch umgehend übersendet worden seien. Diese Warenmuster, nämlich Schleifstaub von Kathodenmaterial und Kernbohrspäne vom Anodenmaterial seien im Oktober 1997 sachverständig analysiert und dabei festgestellt worden, dass es sich um reines Platin bzw. reines Aluminium handle. Die nunmehr vorgelegten Gutachten würden daher die Werthaltigkeit der gehandelten Produkte beweisen. Im Jahr 1995 habe die Beschwerdeführerin mit "Parfumölen" gehandelt, die sie an verschiedene österreichische Exporteure geliefert habe. Bereits vor Beginn der Lieferungen sei ein Gutachten zwecks Prüfung der Qualität der Öle eingeholt worden. Darüber hinaus seien im Beisein der Exporteure aus jeder Lieferung Proben gezogen worden. Aus der nunmehr vorgelegten Stellungnahme des Dipl. Ing. H.F. vom 15. September 1997 zum Gutachten der Universität Wien vom 9. Februar 1996 ergebe sich, dass das genannte Gutachten nicht geeignet sei, die Qualität der gehandelten Produkte in Frage zu stellen, weil es mangels korrektem Befund und Fehler bei der Untersuchung nicht schlüssig sei. Diese Einsicht habe sich für die Antragstellerin erst mit der Stellungnahme des Dipl. Ing. H.F. ergeben.

In der Folge hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, dass auf Grund eines am 24. Juni 1998 gestellten Devolutionsantrages die Entscheidungspflicht nach § 311 Abs. 2 BAO auf sie übergegangen sei.

Zur Beurteilung des Wiederaufnahmeantrages nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO führte die belangte Behörde aus, Voraussetzung sei, dass der Wiederaufnahmegrund im abgelaufenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht worden sei. Hätte die Partei über denselben Gegenstand bereits im abgeschlossenen Verfahren ein Sachverständigengutachten erwirken können, liege im neu vorgebrachten Gutachten nicht ein ohne Verschulden neu hervorgekommenes Beweismittel vor. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die Beurteilung von Tatsachen, die im vorangehenden, nämlich im wiederaufzunehmenden Verfahren, den Sachverhalt gebildet hätten, seien keine "Tatsachen" im Sinn der zitierten Gesetzesbestimmung. Die Beschwerdeführerin sei der Ansicht, durch die nunmehr vorgelegten Gutachten würde die Tatsache neu hervorkommen, dass die gelieferten Waren den in den Rechnungen ausgewiesenen Produkten entsprochen hätten. Das Hervorkommen von Gründen, die betreffend den vorgelegenen Sachverhalt eine anders geartete Beweiswürdigung als im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zur Folge haben könnten, bilde bei gleicher Tatsachenlage noch keinen Wiederaufnahmegrund. Selbst wenn man sich aber der Auffassung der Beschwerdeführerin anschließe sollte, dass durch die Gutachten aus dem Jahr 1997 Tatsachen neu hervorgekommen seien, könnte dem Antrag auf Verfahrenswiederaufnahme aus den folgenden Gründen dennoch kein Erfolg zukommen:

Betreffend "Gelee Royal" könnten beide im Wiederaufnahmeantrag genannten Gutachten nur darüber Aufschluss geben, dass die darin angeführten Proben mit den angeführten Chargennummern als Gelee Royal identifiziert worden seien. Die Beschwerdeführerin habe jedoch keinen Beweis dafür erbracht, dass die untersuchten Proben tatsächlich aus Warenlieferungen der Beschwerdeführerin an die brasilianische Firma stammten. Weder in den Ausgangsrechnungen noch in den vom Lieferanten ausgestellten Eingangsrechnungen seien Chargennummern angegeben. Auch im Schriftverkehr zu den Gelee Royal - Lieferungen sei von Warenmustern keine Rede. Im Zuge der UVA-Prüfung sei mit dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und dessen Bruder am 7. Jänner 1994 eine Niederschrift aufgenommen worden. Auf die Frage des Prüfers, ob über die Ware Gelee Royal Muster oder Unterlagen vorgelegt werden könnten, sei geantwortet worden, es "können keine Muster vorgelegt werden, weil diese nicht länger haltbar wären". Selbst wenn die mit Gutachten vom 22. Juli 1997 untersuchten Proben tatsächlich aus den genannten Lieferungen stammen sollten, wogegen die angeführten Argumente sprächen, könne das jetzt vorgelegte Gutachten nicht als Beweismittel über eine neu hervorgekommene Tatsache angesehen werden, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht habe geltend gemacht werden können. Die Beschwerdeführerin habe keinerlei Gründe dargelegt, warum sie gehindert gewesen sein sollte, ein diesbezügliches Gutachten im abgeschlossenen Verfahren vorzulegen. Auch das Gutachten des Forschungsinstitutes für Chemie und Technik vom 20. Dezember 1994 könne schließlich keinen Beweis über die Qualität der von der Beschwerdeführerin gelieferten Waren abgeben. Die Beschwerdeführerin sehe offenbar eine neue Tatsache darin, dass "nach heutigem Informationsstand der die Fa. U. GmbH mit Gelee Royal versorgende Lieferant derselbe gewesen sei, der auch B.J. beliefert hätte, sodass von einer Identität des gelieferten Gelee Royal ausgegangen werden könnte". Die Beschwerdeführerin gebe damit selbst zu erkennen, dass es sich nicht um einen Beweis, sondern um eine Vermutung handle, zumal die mit dem gegenständlichen Gutachten untersuchten Proben am 24. Oktober 1994 gezogen worden seien, während die Beschwerdeführerin im Zeitraum Mai bis August 1993 mit Gelee Royal gehandelt habe. Auch für das zum "Wasserfilter Aqua-Save" vorgelegte Gutachten gelte, dass es nur Beweis über die untersuchten Proben führen könne. Dass die untersuchten Proben tatsächlich aus Lieferungen der Beschwerdeführerin stammten, werde lediglich behauptet und ein Beweis dafür nicht einmal angeboten. Die Behauptung stehe jedenfalls im Widerspruch zu den Aussagen des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin und dessen Bruders im bereits erwähnten UVA-Prüfungsverfahren. Diese Personen hätten am 7. Jänner 1994 zu Protokoll gegeben, sie hätten die Waren selbst nicht gesehen und könnten auch keine Muster vorlegen. Selbst wenn die nunmehr untersuchten Proben aus Lieferungen der Beschwerdeführerin stammen sollten, stelle sich die Frage, warum die nunmehr vorgelegten Gutachten nicht im abgeschlossenen Verfahren geltend gemacht worden seien. Die Beschwerdeführerin gebe keine konkreten Hinweise darauf, warum sie im abgeschlossenen Verfahren verhindert gewesen sei, ein solches Gutachten oder zumindest die Warenproben vorzulegen. Von einem fehlenden Verschulden könne daher nicht gesprochen werden. Auch dieses Gutachten sei damit nicht geeignet, einen tauglichen Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens abzugeben. Betreffend "Elektrodenmaterial" habe die Beschwerdeführerin im Zuge der im Jahr 1994 durchgeführten UVA-Prüfung dem Prüfer zwei Elektrodenstäbe zur Verfügung gestellt, die aus Lieferungen der F GmbH stammten. Der Prüfer habe diese Proben der Technischen Untersuchungsanstalt übersandt. In dem Gutachten vom 8. April 1994 sei festgestellt worden, dass die Stäbe aus einer Aliminiumlegierung bestünden und als Elektroden nicht verwendbar seien. Von Schleifstaub bzw. Kernbohrspänen, die als Warenmuster ebenfalls einer Untersuchung unterzogen werden könnten, sei im damaligen Prüfungsverfahren keine Rede gewesen. Wenn die Beschwerdeführerin tatsächlich - wie behauptet - im März 1994 Warenmuster erhalten habe, hätte über diese schon im abgeschlossenen Verfahren ein Gutachten vorgelegt werden können. Die Beschwerdeführerin bringe keine Argumente dafür vor, warum sie im abgeschlossenen Verfahren daran gehindert gewesen sei. Im neu vorgebrachten Gutachten sei somit ein nicht ohne Verschulden neu hervorgekommenes neues Beweismittel zu sehen. Hinsichtlich "Parfumöle" erfülle eine neu zustandegekommenes Beweismittel, wie die Stellungnahme des Dipl. Ing. H.F. vom 15. September 1997, mit dem erwiesen werden solle, dass ein im abgeschlossenen Verfahren verwendetes Gutachten nicht schlüssig sei, nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 303 Abs. 1 lit. b BAO. Nur wenn ein Sachverständiger Tatsachen, die sich im Zeitraum ereignet hätten, für den der inzwischen in Rechtskraft erwachsene Bescheid erlassen worden sei, nachträglich aufdecken, erkennen oder feststellen sollte, könnte solche neuen Befundergebnisse gegebenenfalls einen Wiederaufnahmegrund darstellen. Die vorgelegte Stellungnahme vom 15. September 1997 sei daher ebenfalls nicht geeignet, einen Wiederaufnahmegrund zu bilden.

Zur Frage des Verschuldens führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid schließlich zusammenfassend aus, seien Tatsachen oder Beweismittel bekannt gewesen oder hätten sie der Partei bei gehöriger Aufmerksamkeit bekannt sein müssen, könnten diese nicht nachträglich im Wege der Wiederaufnahme Berücksichtigung finden. Wenn die Beschwerdeführerin behaupte, über Warenproben zu verfügen, die aus von ihr getätigten Lieferungen im Zeitraum 1993 bis 1995 stammten, und Gutachten darüber im abgeschlossenen Verfahren nicht vorgelegt bzw. angeboten habe, so könne von einem fehlenden Verschulden nicht ausgegangen werden. Dem Wiederaufnahmeantrag fehle eine schlüssige Darstellung, warum die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit gehabt habe, diese Gutachten früher vorzulegen. Als Begründung werde lediglich angeführt, dass "alle die in diesem Antrag genannten Umstände für die Antragstellerin erstmals 1997 bekannt geworden sind". Was dabei konkret gemeint sei, bleibe "im Dunklen, zumal der Antrag in erster Linie eine Sachverhaltsdarstellung der von der Antragstellerin in den Jahren 1993 bis 1995 durchgeführten Geschäfte ist". Was dabei der Beschwerdeführerin erst 1997 bekannt geworden sein solle, sei völlig unklar. Da der Wiederaufnahmewerber bezüglich der Voraussetzung des fehlenden Verschuldens behauptungs- und beweispflichtig sei, die Behauptungen jedoch nicht schlüssig seien und ein Beweis darüber gar nicht geführt worden sei, sei auch aus diesem Grund dem Antrag auf Verfahrenswiederaufnahme der Erfolg zu versagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor Einfügung des § 303a BAO durch das BGBl I 28/1999) ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen ist der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß Abs. 1 binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Dass eine Verfahrenswiederaufnahme nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO nur unter bestimmten Voraussetzungen zu erfolgen hat, deren Vorliegen vom Wiederaufnahmewerber aus eigenem Antrieb in seinem Antrag konkretisiert und schlüssig darzulegen ist (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1995, 93/13/0161), scheint die Beschwerdeführerin bereits in ihrem Antrag vom 19. Dezember 1997 zu übersehen, in dem sie eingangs die Auffassung vertritt, dass - entsprechend der unter Vorlage entsprechender Beweismittel erfolgten Schilderung des Ablaufes der einzelnen Geschäftsfälle - die Vorsteuerabzugsberechtigung gemäß den Bestimmungen den UStG vorliege und "daher schon aus diesem Grunde die Wiederaufnahme der Abgabenverfahren zu erfolgen hat". Auch fällt zur Beschwerde auf, dass sie sich nicht hinreichend mit der Begründung des angefochtenen Bescheides auseinander setzt. So wird in der Beschwerde u.a. behauptet, dass die, bei richtiger Qualifikation, neu entstandenen Tatsachen oder Beweismittel für sich allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid, nämlich einen Bescheid, der die Vorsteuerabzugsberechtigung anerkennt, herbeigeführt hätten, "bestreitet nicht einmal die belangte Behörde". Dabei geht die Beschwerdeführerin darüber hinweg, dass sich die belangte Behörde auch unter Bezugnahme auf die verschiedenen Geschäftsfälle (Produktgruppen) damit beschäftigt hat, dass selbst unter der Annahme, durch die Gutachten aus dem Jahr 1997 seien Tatsachen neu hervorgekommen, dem Wiederaufnahmeantrag kein Erfolg zukommen könnte. Wenn die Beschwerde diese im Einzelnen auch nachvollziehbar dargestellten Überlegungen unbestritten lässt, kann bereits deshalb keine Rechtswidrigkeit in der Beurteilung durch die belangte Behörde erkannt werden. Auch ist nicht ersichtlich, inwiefern etwa eine betreffend "Parfumöle" vorgelegte Stellungnahme des Dipl. Ing. H.F. vom 15. September 1997, mit der lediglich an einem im abgeschlossenen Verfahren verwerteten Gutachten vom 9. Februar 1996 Kritik geübt wurde, ein Neuhervorkommen von Tatsachen im Sinn des in Rede stehenden Wiederaufnahmetatbestandes bekunden könnte.

Im Übrigen hat es die belangte Behörde zur Ablehnung des Wiederaufnahmeantrages insgesamt als wesentlich erachtet, dass die Beschwerdeführerin zur Frage des fehlenden Verschuldens kein ausreichendes Vorbringen erstattet hat. Der belangten Behörde ist in ihrer in der Gegenschrift vertretenen Ansicht Recht zu geben, dass die floskelhafte Wiederholung der auf mangelndes Verschulden hindeutenden Ausführungen im Wiederaufnahmeantrag den auch bestimmt ausgeführten Verschuldensvorwurf im angefochtenen Bescheid vor allem in Hinblick auf eine verspätete Gutachtens- bzw. Probenvorlage nicht zu entkräften vermag. Warum die Beschwerdeführerin in den Verfahren betreffend die Veranlagungsjahre 1993, 1994 und 1995 keine Möglichkeit gehabt habe, die "antragsgegenständlichen Gutachten" vorzulegen, wird von der Beschwerdeführerin damit zu erklären versucht, weil "all die im Wiederaufnahmeantrag genannten Umstände für die Antragstellerin erstmals 1997 bekannt geworden sind." Warum dieses verspätete Bekanntwerden aber ohne Verschulden der Beschwerdeführerin erfolgt bzw. die Gutachtenseinholung nicht früher möglich gewesen sein sollte, lässt die Beschwerde offen. Ebenso erklärt sie nicht, warum sich etwa "erst im Laufe des Jahres 1997 für die Antragstellerin herausgestellt hat", dass die Begutachtung der Warenprobenmuster eine "wesentliche Tatsache und letztlich auch ein wesentliches Beweismittel" sei.

Die Beschwerde vermag somit insgesamt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Ob die belangte Behörde den Antrag bei Vorliegen inhaltlicher Mängel laut Beschwerde richtigerweise hätte zurückweisen (und nicht abweisen) müssen, kann schon deshalb dahingestellt bleiben, weil dies in Bezug auf eine Rechtsverletzungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin nicht von Bedeutung ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1993, 91/13/0099). Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Juni 2001

Mag. Meinl

Mag. Zehetner

Für die Richtigkeit

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