VwGH 98/05/0057

VwGH98/05/005720.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Dr. Perikles Christofidis in Wien, vertreten durch Dr. Clemens Schnelzer und Mag. Johann Juster, Rechtsanwälte in Zwettl, Landstraße 46, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 30. Jänner 1998, Zl. 8 B-BRM-123/1/1998, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde St.Veit/Glan, vertreten durch den Bürgermeister, 2. Barbara Schlintl in St.Veit/Glan, Stiegengasse 2), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Krnt 1996 §23 Abs1 lite;
BauO Krnt 1996 §23 Abs2;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauO Krnt 1996 §23 Abs5;
BauO Krnt 1996 §23 Abs1 lite;
BauO Krnt 1996 §23 Abs2;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauO Krnt 1996 §23 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte sei auf den Sachverhalt verwiesen, von dem der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 94/05/0126, ausgegangen ist, wobei der nunmehrige Beschwerdeführer damals Mitbeteiligter und der Rechtsvorgänger der nunmehrigen Zweitmitbeteiligten damals Beschwerdeführer war:

"Mit Antrag vom 1. Dezember 1992 begehrte der Beschwerdeführer die Erteilung der Baubewilligung für einen Zubau und eine Aufstockung des Werkstättengebäudes auf den Grundstücken Nr. 779/4 und .392/3, KG St. Veit an der Glan (Klagenfurter Straße 35).

Die Parzellen des Bauwerbers befinden sich nicht an der Verkehrsfläche K-Straße, sind aber mit dieser durch einen Servitutsweg verbunden. Die Parzelle 779/4 schließt L-förmig an die Parzelle .392/3 an, sodass in einem rechten Winkel die Parzelle 779/11 des mitbeteiligten Nachbarn umschlossen wird.

Auf Grund der Darstellung des Amtssachverständigen in der Verhandlung vom 18. Jänner 1993 muss davon ausgegangen werden, dass das nunmehr gegenständliche Projekt durch die beiden im Akt erliegenden Pläne der Firma Moser und Zemrosser (bezeichnet mit Änderungsplan 2) konkretisiert wird. Danach befindet sich auf der Parzelle .392/3 ein ebenerdiges Werkstättengebäude, welches unmittelbar an der Grenze zum Grundstück 779/11 errichtet ist; das Vorhaben betrifft ein nördlich angebautes, bisher ebenerdiges Gebäude, bestehend aus einem Heizraum, einem Montageraum und einem Spritz- und Trockenraum. Die letztgenannten beiden Räume setzen die Gebäudeflucht des Werkstättengebäudes an der Grundstücksgrenze fort, während der 7,5 m lange und 3,35 m breite Heizraum vorgelagert ist und somit die nordöstliche Gebäudeflucht an der Grundstücksgrenze zum Grundstück 779/11 (als kurzer Schenkel der Lförmigen Umschließung) angebaut ist. Nun soll einerseits eine Erweiterung in nordöstlicher Richtung um abermals 3,25 m, bezogen aber auf die Gesamtlänge des Gebäudes von 14,20 m erfolgen, in Höhe des Heizraumes ein Vorraum zusätzlich errichtet und das Gesamtgebäude in seiner vollen Ausdehnung (14,20 x 11,53 m) aufgestockt werden.

Zu diesem Bauansuchen kam es, weil der Beschwerdeführer nach einer schon vorher bewilligten Aufstockung (Bescheid des Bürgermeisters vom 22. Februar 1991), bezogen aber auf die ursprüngliche Grundfläche von 8,28 m x 14,20 m, anlässlich der Bauausführung eine nicht konsentierte Erweiterung in nördlicher Richtung um 3,25 m durchführte, was letztlich mittels Bescheid vom 21. September 1992 eine Baueinstellung zur Folge hatte."

Der Verwaltungsgerichtshof billigte damals die Abweisung des Bauansuchens durch die Verwaltungsbehörden schon deshalb, weil an der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken Nr. 779/4 und 779/11 (letzteres wohl richtig und im Folgenden: 779/1; dies ist insofern unerheblich, als die Grundstücke Nr. 779/1, 779/10 und 779/11 zur EZ. 1432 des Beschwerdeführers gehören) die Baulinie auf dem Grundstück des damaligen Beschwerdeführers um 3 m zurück gesetzt war und somit mit dem Vorhaben diese Baulinie überschritten werden sollte.

Nach Angaben des Beschwerdeführers - insoferne ist die Aktenvorlage unvollständig - habe der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 19. August 1996 der Zweitmitbeteiligten gemäß § 36 der Kärntner Bauordnung die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes durch Beseitigung der auf dem Grundstück Nr. 779/4 durchgeführtren konsenslosen Erweiterung in nördlicher Richtung um 3,25 m im Ausmaß von 3,25 m x 14,20 m über zwei Geschoße und Teile des Dachgeschoßes aufgetragen und diesbezüglich eine sechsmonatige Frist zur Ausführung gesetzt. Dieser Bescheid sei nach Maßgabe einer mit Bescheid der Berufungsbehörde berichtigten Fassung rechtskräftig.

Nunmehr gegenständlich ist das Ansuchen der Zweitmitbeteiligten vom 6. März 1997 um die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Zubaues und einer Aufstockung für Wohn- und Geschäftszwecke auf ihren beiden Grundstücken Nr. 779/4 und Nr. 329/3. Schon im Ansuchen verwies die Zweitmitbeteiligte darauf, dass infolge der rechtswirksamen Änderung des Bebauungsplanes für diesen Bereich nunmehr geschlossene Bebauungsweise bestehe.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom 6. August 1997 Einwendungen, die, da in weiterer Folge der Frage der Präklusion entscheidende Bedeutung zukommt, wörtlich wiedergegeben werden:

"Einwendungen werden wie folgt erhoben: die der Ladung zu Grunde liegenden Unterlagen wurden mir auf telefonisches Ersuchen in Kopie übermittelt. Dem Ansuchen der (Zweitmitbeteiligten) ist zu entnehmen, dass sie um Baubewilligung für die Errichtung eines Zubaues und einer Aufstockung für Wohn- und Geschäftszwecke ersucht hat. Dem Begriff Geschäftszwecke und auch nach Studium der Projektunterlagen, kann nicht entnommen werden um welche Geschäftszwecke es sich handelt und ob und in wieweit meine subjektiven öffentlichen Anrainerrechte beeinträchtigt werden. Das vorliegende Projekt ist nicht verhandlungsreif und entspricht nicht den von der Kärntner Bauordnung geforderten Ansprüchen. So wird das Fehlen des statischen Nachweises über die Bebaubarkeit der vorhandenen Gebäude gerügt; weiters, dass die Deckenauflagen im so genannten 'Schwarzbau' gefährdend sind. Altbau und 'Schwarzbau' sind in einem derart baulichen Zustand, dass hygienische Bedenken wegen massiven Schimmelpilzbefalles ebenso geltend gemacht werden wie die Durchfeuchtungsprobleme. Die konstruktive Baufälligkeit des Altbaues und 'Schwarzbaues' beeinträchtigen die Sicherheit und Gesundheit auf meinem Grundstück.

Über die Versorgung und Entsorgung wird im Projekt lapidar ausgeführt: Anschluss an Stadtgemeinde St.Veit/Glan bezw. städtisches Kanalnetz. Den Planunterlagen fehlen die Angaben über entsprechende Angaben sowie das Maß der Indirekteinleitung.

Die Beheizung soll über die zentrale Feuerungsanlage plus Kachelofen erfolgen. Nähere Angaben über die Leistung und die damit allenfalls verbundenen Belastungen fehlen. Die Baubehörde wird nochmals darauf hingewiesen, dass die bisherigen baulichen in Aussicht genommenen Räumlichkeiten bauordnungswidrig sind.

Das vorliegende mangelhafte Projekt sieht Öffnungen zur Grundgrenze vor, wogegen ich mich verwehre. Weiters ist nach Rücksprache mit Amtssachverständigen der Kärntner Landesregierung der vorliegende Plan auch deshalb mangelhaft, weil Kotierungen fehlen und eine falsche Parzellenbezeichnung erfolgt ist.

Bezüglich des Wintergartens/Terrasse im Obergeschoß wird die Baubehörde darauf hingewiesen, dass lt. vorliegendem Bauplan kein Ausgang vorgesehen ist.

Die Baubehörde wird darauf aufmerksam gemacht, dass sie zur Entgegennahme der Eingabe der (Zweitmitbeteiligten) vom 06.03.1997 gar nicht berechtigt war, da die Möglichkeit eine nachträgliche Baubewilligung zu beantragen nicht eingeräumt werden darf, wenn ein Beseitigungsauftrag existiert (Herstellung des rechtmäßigen Zustandes).

Es wird der Antrag gestellt, den gegenständlichen Antrag zurückzuweisen, in eventu abzuweisen bezw. ein gesetzeskonformes Projekt abzuverlangen."

Anlässlich der Bauverhandlung vom 8. August 1997 wurde festgestellt, dass das auf dem Grundstück Nr. 779/4 bestehende Objekt in nordöstlicher Richtung erweitert werde und zwar sei ein Stiegenhaus mit Diele und eine Terrasse vorgesehen und solle ein erstes Obergeschoss und ein Dachgeschoss zur Ausführung gelangen, wobei in diesen Obergeschossen je eine Wohneinheit vorgesehen sei.

Aus dem der Verhandlung zu Grunde gelegten Einreichplan ergibt sich, dass die Erweiterung des Objektes auf dem Grundstück Nr. 779/4 in nordöstlicher Richtung an der Grundgrenze zur Parzelle Nr. 779/1 des Beschwerdeführers um jene 6,6 m erfolgen soll, die schon den Gegenstand des im Vorerkenntnis genannten Bauansuchens (konsenswidriger Bestand 3,35 m, Erweiterung um 3,25 m) bildeten. Weiters ergibt sich aus dem Bauplan, dass auf dem auf Grundstück Nr. 392/3 bestehenden ebenerdigen Gebäudetrakt bis zu einem Abstand von 1,50 m zur Grundstücksgrenze eine Terrasse und ein Wintergarten errichtet werden sollen.

Der Amtssachverständige führte in der Verhandlung aus, dass das beantragte Bauvorhaben weder dem Flächenwidmungsplan noch dem Bebauungsplan widerspreche, weil die maximal zulässige Geschossanzahl von 3 und die maximale Geschossflächenzahl von 1,5 nicht überschritten würden und die geschlossene Bauführung an der Grundgrenze auf Grund der Bebauungsplanänderung vom 28. November 1996 zulässig sei.

Mit Bescheid vom 3. September 1997 erteilte der Bürgermeister der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde die Baubewilligung für das beantragte Vorhaben unter Zugrundelegung der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Pläne und der Baubeschreibung. Im Bescheid findet sich u.a. die Auflage, dass die östliche und südöstliche Außenwand als brandbeständige Wand (F 90) auszuführen sind und dass etwaige Verglasungen dieser Brandwiderstandsklasse entsprechen müssen.

Zu den Einwendungen des Beschwerdeführers wurde im Bescheid ausgeführt, dass subjektiv-öffentliche Nachbarrechte nicht geltend gemacht worden seien. Bezüglich der Öffnungen zur Grundgrenze wurde auf die genannte Auflage verwiesen. Die Bauwerberin sei auf Grund der rechtswirksamen Bebauungsplanänderung berechtigt gewesen, nachträglich um Erteilung der Baubewilligung anzusuchen; es könne nicht im Sinne des Baurechts sein, "einen Wiederherstellungsauftrag anzusetzen", wenn die Baumaßnahmen, welche Gegenstand dieses Wiederherstellungsauftrages seien, auf Grund der geänderten Rechtslage genehmigungsfähig seien.

Einer dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab der Stadtrat der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 23. Oktober 1997 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich. Entschiedene Sache liege nicht vor, weil sich die Rechtslage durch Änderung des Bebauungsplanes geändert habe, sodass sehr wohl nachträglich eine Baubewilligung erwirkt werden konnte.

In seiner dagegen erhobenen Vorstellung machte der Beschwerdeführer (erstmals) geltend, dass ein Heranrücken des Gebäudes an seine Grundstücksgrenze nicht zulässig sei. Durch die Errichtung einer Loggia (offenbar gemeint: Wintergarten) im Dachgeschoss sei der hemmende Brandabschluss nicht realisiert; weiters gehe eine Brandgefahr von Benützern der Loggia aus, wenn diese aus Unachtsamkeit ihre Zigaretten auf das Nachbargrundstück "verlieren".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Vorstellung als unbegründet ab. Sie verwies einerseits darauf, dass der Nachbar nur die ihm vom Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen könne, und andererseits nur rechtzeitig erhobene Einwendungen einen Rechtsanspruch auf Überprüfung des erstinstanzlichen Bescheides begründeten, wobei die Präklusion auch von der Vorstellungsbehörde zu beachten sei. Es könnten daher nur jene Einwendungen berücksichtigt werden, die der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 6. August 1997 erhoben habe.

Der Bebauungsplan (Altstadt-Kerngebiet) vom 22. Juni 1992 sei mit Verordnung vom 28. November 1996 abgeändert worden; die Genehmigung dieser Änderung durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Veit/Glan vom 26. Februar 1997 sei in der Kärntner Landeszeitung am 27. März 1997 kundgemacht worden. Auf Grund dieser Änderung der Rechtslage stehe dem Bauansuchen der Bauwerberin vom 6. März 1997 keine entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG entgegen. Ein Widerspruch zu diesem neuen Bebauungsplan sei in den Einwendungen vom 6. August 1997 nicht geltend gemacht worden. Eine im Nachbarinteresse gelegene Beeinträchtigung der Brandsicherheit komme nur dort in Betracht, wo wegen der Ausgestaltung des Bauvorhabens eine Brandbelastung anzunehmen sei, wobei Nachbarrechte nur dann verletzt werden, wenn durch den Bestand oder die konsensgemäße Benützung des geplanten Bauwerkes mit Einwirkungen auf die Nachbarschaft zu rechnen sei. Die befürchtete Brandgefahr durch die die geplante Loggia benützenden Personen sei nicht als Verletzung subjektivöffentlicher Nachbarrechte zu qualifizieren. Da die Kärntner Bauordnung die nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung für ein bereits errichtetes konsensloses bzw. konsenswidriges Bauvorhaben ermögliche, wenn das Vorhaben den gesetzlichen Voraussetzungen entspreche, sei auch im Falle des Vorliegens des rechtskräftigen Beseitigungsauftrages die Durchführung eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens zulässig.

In der dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf den gesetzlichen Richter, auf ein gesetzmäßiges Verfahren, auf Einhaltung der Vorschriften über die Bebauungsweise, auf Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften über die Ausnützbarkeit des Baugrundstückes, auf Einhaltung der Vorschriften über die Abstände von Bauvorhaben zu den Grundstücksgrenzen, auf Einhaltung der Bestimmung über die widmungsgemäße Verwendung eines Baugrundstückes, auf Einhaltung der Bestimmungen über die Lage eines Bauvorhabens, auf Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften über die Brandsicherheit, über den Immissionsschutz der Anrainer und auf gesetzmäßige Anwendung der Kärntner Bauordnung verletzt. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 lit. e Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62 (K-BO 1996), sind Parteien des Baubewilligungsverfahrens u.a. die Anrainer. Gemäß § 23 Abs. 2 K-BO 1996 sind Anrainer u.a. die Eigentümer (Miteigentümer) der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke und aller weiteren im Einflussbereich des Vorhabens liegenden Grundstücke. Anrainer im Sinne des Abs. 2 dürfen gemäß § 23 Abs. 3 K-BO 1996 gegen die Erteilung der Baubewilligung nur begründete Einwendungen dahingehend erheben, dass sie durch das Vorhaben in subjektivöffentlichen Rechten verletzt werden, die ihnen durch die Bestimmungen dieses Gesetzes, der Kärntner Bauvorschriften, des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes eingeräumt werden, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Schutz der Anrainer dienen. Einwendungen der Anrainer im Sinn des ersten Satzes können insbesondere gestützt werden auf Bestimmungen über

  1. a) die widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes;
  2. b) die Bebauungsweise;
  3. c) die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes;
  4. d) die Lage des Vorhabens;
  5. e) die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken;
  6. f) die Bebauungshöhe;
  7. g) die Brandsicherheit;
  8. h) den Schutz der Gesundheit der Anrainer;
  9. i) den Immissionsschutz der Anrainer.

    § 23 Abs. 5 K-BO 1996 sieht vor, dass dann, wenn eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde, bei Vorhaben nach § 1 Abs. 2 lit. c und d auch durch Verlautbarung in der Kärntner Landeszeitung kundgemacht wurde und die Anrainer im Sinn des § 16 Abs. 2 lit. d persönlich geladen wurden, im weiteren Verfahren über die Erteilung der Baubewilligung nur jene Anrainer Parteien bleiben, die spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinn des Abs. 3 und 4 erhoben haben.

    Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A). Das gilt auch für den Nachbarn, der im Sinne des § 23 Abs. 5 K-BO 1996 die Parteistellung behalten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 1999, Zl. 98/05/0063).

    Die Frage, ob eine bestimmte Einwendung wirksam und rechtzeitig in einem Bauverfahren erhoben wurde, ist gemäß § 42 Abs. 1 AVG zu beantworten. § 42 Abs. 1 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 158/1998 sieht vor, dass dann, wenn eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder auch durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung bekannt gemacht wurde, dies zur Folge hat, dass Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht wurden, keine Berücksichtigung finden und angenommen wird, dass die Beteiligten dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, zustimmen.

    Hat ein Nachbar keine rechtzeitigen Einwendungen erhoben, dann ist anzunehmen, dass er dem Vorhaben des Bauwerbers zustimmt. Die Berufungsbehörde, die Aufsichtsbehörde und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts haben dies zu beachten. Der "präkludierte Nachbar" hat sich seines Rechtes, Einwendungen zu erheben, begeben, die Folgen der Präklusion treten ein (Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 106 ff). Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer zur Verhandlung vom 8. August 1997 persönlich geladen; in der Ladung wurde das Projekt beschrieben und darauf hingewiesen, dass die auf die Verhandlung bezughabenden Pläne und sonstigen Beilagen zur Einsichtsnahme während der Amtsstunden im Gemeindeamt aufliegen. Weiters enthielt die Ladung die Belehrung, dass Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung beim Gemeindeamt oder während der Verhandlung vorgebracht werden, nicht berücksichtigt würden.

    Schon in ihrem Bauansuchen wies die mitbeteiligte Bauwerberin darauf hin, dass infolge der Änderung des Bebauungsplanes nunmehr die geschlossene Bebauungsweise möglich sei; der vorgelegte Lageplan weist ohne jeden Zweifel die beabsichtigte Bauführung unmittelbar an der Grenze zum Grundstück des Beschwerdeführers aus. Trotzdem hat der Beschwerdeführer in seinen Einwendungen vom 6. August 1997 weder die Bebauungsweise (§ 23 Abs. 3 lit. b K-BO 1996) noch die Abstände von den Grundstücksgrenzen (§ 23 Abs. 3 lit. e leg. cit) gerügt. Wenn er erstmals anlässlich der Vorstellung geltend macht, dass ein Heranrücken des Gebäudes an die Grundstücksgrenze nicht zulässig sei, musste die belangte Behörde die diesbezüglich eingetretene Präklusion beachten, sodass insoferne keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid gegeben ist.

    Allerdings hat der Nachbar das Recht, dass eine zu seinen Gunsten entschiedene Bausache nicht neuerlich aufgerollt wird; Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind wegen entschiedener Sache zurück zu weisen (siehe die Nachweise bei Hauer, a.a.O., 308 ff). Unabhängig davon, inwieweit das nunmehr vorliegende Projekt sich von dem mit Bescheid vom 25. Februar 1993 versagten Projekt unterscheidet (jedenfalls ist auch jetzt wieder ein Objekt mit den Außenmaßen 14,20 m x 11,53 m gegenständlich, wobei von der Breite von 11,53 m ein Bereich von 6,60 m an der Grundgrenze errichtet werden soll), schließt die Änderung der Rechtslage die Identität der Sache jedenfalls aus (siehe abermals Hauer, a.a.O., mit der ausführlichen Darlegung der gleichen Rechtsfrage im hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, Zl. 97/05/0146). Entschiedene Sache liegt nur dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (siehe die Nachweise bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren I2, 1417 f).

    Der Beschwerdeführer hat sich anlässlich seiner Einwendungen zwar nicht auf eine "entschiedene Sache" berufen, weil er nicht das ihm aus der Abweisung des Bauansuchens durch Bescheid vom 25. Februar 1993 erflossene Recht geltend gemacht hat. Trotzdem kann ihm Präklusion nicht entgegen gehalten werden, weil es keinen Unterschied macht, ob er sich unmittelbar auf den Versagungsbescheid oder auf den darauf gestützten Wiederherstellungsauftrag berufen hat.

    Allerdings liegt die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vor, weil tatsächlich eine Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Die mit Beschluss des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde beschlossene Änderung des Teilbebauungsplanes "Altstadt-Kerngebiet" wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Veit/Glan vom 19. März 1997 genehmigt; diese Genehmigung wurde in der Kärntner Landeszeitung vom 27. März 1997 kundgemacht. Das im § 26 GemeindeplanungsG geregelte Verfahren sieht in seinem Abs. 5 nur vor, dass die Genehmigung von der Bezirkshauptmannschaft in der Kärntner Landeszeitung kundzumachen ist, nicht aber, dass die gesamte Verordnung in dieser Form kundzumachen wäre. Hinsichtlich der gesamten Verordnung, also des rechtswirksamen Bebauungsplanes selbst, verweist § 26 Abs. 8 GemeindeplanungsG auf § 14 Abs. 3 leg. cit., wonach der genehmigte Flächenwidmungsplan beim Gemeindeamt zur allgemeinen Einsicht während der Amtsstunden aufzulegen ist. Eine Verletzung dieser Bestimmung wird aber nicht behauptet.

    Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen einer Änderung der Rechtslage insoferne, als sich durch die Neufassung des Bebauungsplanes (§ 6 Abs. 1) für die Beurteilung des vorliegenden Vorhabens nichts geändert hätte.

    Von einer geänderten Rechtslage, die es der Behörde verwehren würde, das neue Ansuchen wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, kann nur dann gesprochen werden, wenn sich nach Abweisung des ersten Ansuchens die gesetzlichen Vorschriften, die tragend für diese Entscheidung gewesen waren, so geändert haben, dass sie, hätten sie bereits früher bestanden, eine anders lautende Entscheidung ermöglicht hätten (siehe die Nachweise bei Walter-Thienel, a.a.O., 1421). Es ist daher zu prüfen, ob im früheren Verfahren eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre, hätte damals schon der Bebauungsplan in der Fassung vom 28. November 1996 gegolten.

    Die anlässlich der Abweisung des Bauansuchens bestehende Rechtslage auf Grund des Bebauungsplanes vom 22. Juni 1992 wurde im Vorerkenntnis wie folgt dargestellt:

    "Gemäß § 1 VO besteht der Bebauungsplan neben dem Verordnungstext aus der zeichnerischen Darstellung vom 22. Juni 1992, Pl. Nr. 4823. Der § 3 VO enthält Begriffsbestimmungen, wonach im Sinne dieser Verordnung zu verstehen sei:

    'f) Die geschlossene Bebauungsweise, wenn Gebäude unmittelbar aneinander (an einer oder mehreren Grundstücksgrenzen) zu errichten sind.

    g) Die offene Bebauungsweise, wenn Gebäude unter Einhaltung eines Abstandes zur Grundgrenze zu errichten sind.

    h) Baulinien sind Grenzlinien auf einem Baugrundstück, innerhalb derer Gebäude errichtet werden dürfen. ....'

    Die Regelung über die Bebauungsweise im § 6 VO lautet wie folgt:

'(1) Die Bebauungsweise wird durch die Baulinien in der zeichnerischen Darstellung geregelt. Innerhalb der von Baulinien begrenzten Flächen ist an Grundstücksgrenzen die offene Bebauungsweise auszuführen. Geschlossene Bebauungsweise ist an jenen Grundstücksgrenzen auszuführen, an denen bereits eine geschlossene Bebauungsweise besteht oder an gemeinsamen Grundstücksgrenzen, soferne übereinstimmende Bauanträge (bzw. Vorprüfungsanträge gemäß 4. Abschnitt Kärntner Bauordnung) für eine geschlossene Bebauungsweise vorliegen und die Interessen des Schutzes des Ortsbildes nicht entgegenstehen. Geschlossene Bebauungsweise besteht an jenen Grundstücksgrenzen, an denen bereits ein Gebäude unmittelbar angebaut wurde.

(2) ...

(3) ...' ".

Durch die Verordnung vom 28. November 1996 wurde § 6 Abs. 1 geändert und lautet jetzt wie folgt:

"(1) Die Bebauungsweise wird durch die Baulinien in der zeichnerischen Darstellung geregelt. Innerhalb der von Baulinien begrenzten Flächen ist an Grundstücksgrenzen die offene Bebauungsweise dann auszuführen, wenn sich auf dem Baugrundstück bereits Gebäude in offener Bebauungsweise befinden, oder wenn das Baugrundstück unbebaut ist. Geschlossene Bebauungsweise kann an jenen Baugrundstücken ausgeführt werden, auf denen sich bereits Gebäude in überwiegend geschlossener Bebauungsweise befinden. Nebengebäude bleiben dabei unberücksichtigt.

Die geschlossene Bebauungsweise kann weiters an gemeinsamen Grundstücksgrenzen, soferne übereinstimmende Bauanträge (Vorprüfungsanträge gemäß § 13 K-BO 1995) für eine geschlossene Bebauungsweise vorliegen und die Interessen des Schutzes des Ortsbildes nicht entgegenstehen, ausgeführt werden. Geschlossene Bebauungsweise besteht an jenen Grundstücksgrenzen, an denen bereits ein Gebäude unmittelbar angebaut wurde."

Der Verwaltungsgerichtshof interpretierte § 6 Abs. 1 VO alter Fassung dahingehend, dass dann, wenn eine Baulinie besteht, die - wie auch auf dem Baugrundstück Nr. 779/4 - gegenüber der Grundstücksgrenze um 3 m zurückversetzt ist, allein der erste Satz des § 6 Abs. 1 VO alter Fassung zur Anwendung kommt. Daher gelangte er wegen Überschreitung dieser Baulinie zum Ergebnis, dass das Vorhaben nicht bewilligungsfähig war und dass es nicht darauf ankam, ob der Konsens für den ersten Stock eines an die Grundstücksgrenze angebauten Gebäudes laut Baubewilligung vom 22. Februar 1991 den Tatbestand des unmittelbaren Anbaues an eine Grundstücksgrenze (§ 6 Abs. 1 letzter Satz VO alte Fassung) erfüllte.

Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers habe sich an dieser Baulinie nichts geändert. Allerdings gebietet die Aufgliederung des § 6 Abs. 1 VO neuer Fassung in zwei Unterabsätze auf Grund des Attributes "weiters" im zweiten Unterabsatz eine andere Betrachtungsweise. Damit wird nämlich unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass unabhängig von den Beschränkungen des ersten Unterabsatzes bei Vorliegen der im zweiten Unterabsatz genannten Voraussetzungen jedenfalls eine geschlossene Bebauungsweise ermöglicht wird bzw. sogar verpflichtend vorgesehen ist. Diesbezüglich wird in den vorgelegten Erläuterungen zum Bebauungsplan auf das Bestreben verwiesen, in der Altstadt aus ortsplanerischen Gründen die geschlossene Bauweise zu ermöglichen.

Die mit Bescheid vom 22. Februar 1991 genehmigte Bauführung sah die Aufstockung eines - rechtswidrigerweise - an der Grundstücksgrenze zum Beschwerdeführer errichteten Gebäudes vor. Diese rechtskräftige Baubewilligung deckte somit eine Bauführung unmittelbar an der Grundstücksgrenze, sodass in Anwendung des § 6 Abs. 1, zweiter Unterabsatz, letzter Satz VO neuer Fassung die geschlossene Bebauungsweise geboten war.

Davon ausgehend ist aber die Änderung der Rechtslage als entscheidungswesentlich anzusehen, sodass ein Nachbarrecht auf Beachtung der entschiedenen Sache durch den vorliegenden Bescheid nicht verletzt wurde.

Rechtzeitig hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, das Projekt sehe "Öffnungen zur Grundgrenze" vor, womit bei großzügiger Betrachtung eine Berufung auf die Bestimmungen über die Brandsicherheit (§ 23 Abs. 3 lit. g K-BO 1996) erkannt werden kann. Aus dem Bauplan ist ersichtlich, dass das auf dem Grundstück Nr. 779/4 errichtete Gebäude im ersten Obergeschoß an der Grundstücksgrenze ein Fenster aufweisen soll, wobei der Plan auf eine Brandschutzverglasung F 90 verweist.

§ 16 Abs. 5 Kärntner Bauvorschriften sieht vor, dass Außenwände als Brandwände auszubilden sind, wenn dies im Hinblick auf den Verwendungszweck oder die Lage der Gebäude, insbesondere im Hinblick auf ihre Lage an einer Grundstücksgrenze oder auf die Nähe von Grundstücksgrenzen im Interesse der Brandsicherheit erforderlich erscheint. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung müssen Brandwände brandbeständig hergestellt werden, Abs. 4 sieht vor, dass die Wirkung einer Brandwand im Hinblick auf die Brandsicherheit durch Öffnungen nicht aufgehoben oder beeinträchtigt werden darf. Weiters müssen Öffnungen in Brandwänden mit brandbeständigen, selbsttätigen Verschlüssen versehen sein.

Anlässlich der Bauverhandlung wurde von einem Vertreter des "Feuerwehrinspektorates" ausgeführt, dass bei planungs- und beschreibungsgemäßer Ausführung und bei Einhaltung der vorgeschlagenen (und im Bescheid normierten) Vorschreibungen gegen die Erteilung der Baubewilligung keine Einwände bestünden. Insoferne hat der Beschwerdeführer auch im weiteren Rechtsmittelverfahren und in der Beschwerde eine Rechtsverletzung nicht mehr geltend gemacht.

Seinem Vorbringen zur "Loggia" (er meint offenbar den Wintergarten, denn eine Loggia ist nicht projektsgegenständlich) muss hingegen Präklusion entgegen gehalten werden, weil insoferne keine Öffnung zur Grundgrenze vorgesehen ist; bezüglich des Wintergartens hat er in seinen Einwendungen vom 6. August 1997 nur vorgebracht, dass kein Ausgang vorgesehen sei. Es bedarf daher keines weiteren Eingehens auf die Frage, inwiefern vom Wintergarten oder der Terrasse Brandgefahr ausgehe.

Damit erwies sich die Beschwerde aber insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. April 2001

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