VwGH 96/13/0029

VwGH96/13/002925.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. Jänner 1996, GZ. GA 8 - 1746/94, betreffend u.a. Haftung für Lohnsteuer der Jahre 1989 bis 1992, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §68 Abs1;
EStG 1988 §68 Abs2;
EStG 1988 §68 Abs4;
EStG 1988 §68 Abs1;
EStG 1988 §68 Abs2;
EStG 1988 §68 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war - zumindest in den Streitjahren 1989 bis 1992 - Rechtsanwalt in Wien. Für die Zeit vom 1. Jänner 1989 bis 31. Dezember 1992 fand bei ihm eine Lohnsteuerprüfung statt.

Mit der Begründung, dass für die Gewährung von steuerfreien Überstundenzuschlägen (100 %) ordnungsgemäße Aufzeichnungen erforderlich seien, aus denen die Trennung von Normalarbeitszeit und Überstunden eindeutig ersichtlich ist, und dass dieser Aufzeichnungspflicht nicht nachgekommen worden sei, wenn die Überstunden nur für einzelne Tage ausgewiesen seien, zog das Finanzamt mit Bescheid vom 25. Jänner 1994 den Beschwerdeführer u. a. zur Haftung für Lohnsteuer-Fehlberechnungen in Höhe von S 38.104,-- heran.

Mit der dagegen erhobenen Berufung übermittelte der Beschwerdeführer "händische Aufstellungen für die Jahre 1989 bis 1991, woraus die Überstunden, welche im Kalender von Frau M. (der Angestellten des Beschwerdeführers, deren Überstunden den Streitgegenstand bildeten) verzeichnet seien, zu ersehen seien."

Da das Finanzamt die "Unterlage" für das Jahr 1992 nicht zurückgeschickt habe, habe der Beschwerdeführer diese Aufstellung für 1992 nicht anfertigen können. Wie das Finanzamt ersehen könne, würden die verrechneten Stunden von den aufgezeichneten Stunden nur unwesentlich abweichen, weil die Stunden in der Lohnverrechnung pauschal gerechnet worden seien und Frau M. der Meinung gewesen sei, dass auch die am Samstag und Freitag geleisteten Stunden mit 100 % zu rechnen wären. Die normale Arbeitszeit von Frau M. gehe von 9 bis 18 Uhr von Montag bis Donnerstag und von 9 bis 13 Uhr am Freitag. Sohin sei aus den Aufzeichnungen klar ersichtlich, wann die Überstunden anfingen. Das Argument (sc. des Finanzamtes), dass die Aufzeichnungen nicht ordnungsgemäß wären, könne der Beschwerdeführer nicht anerkennen. Er stellte den Antrag auf nachvollziehbare Neuberechnung der Lohnsteuer für die Jahre 1989 bis 1992.

Im weiteren Verwaltungsverfahren forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, die Überstundenaufzeichnungen der Frau M. hinsichtlich der Jahre 1988 und 1992 vorzulegen (die Aufzeichnungen für das Jahr 1988 seien aus Vergleichsgründen bedeutsam) und - weil aus den bislang vorgelegten Kalenderaufzeichnungen hervorginge, dass die an Sonntagen erbrachten Arbeitsleistungen gegenüber den an Wochentagen erbrachten Überstunden bei weitem überwiegen, wie wohl in den meisten Fällen auch der Freitag Nachmittag, in allen Fällen aber der Samstag zur Überstundenleistung zur Verfügung gestanden wäre - darzulegen, weshalb sich regelmäßig die betriebliche Notwendigkeit ergeben habe, dass Frau M. Arbeitsleistungen an Sonntagen zu erbringen hatte. Diese Aufforderung beantwortete der Beschwerdeführer mit dem Hinweis, dass er Aufzeichnungen für 1988 nicht vorlegen könne, weil Frau M. erst 1989 in seine Kanzlei eingetreten sei. Im Übrigen schilderte er die Tätigkeiten der Frau M. und die - aus seiner Sicht - gegebene betriebliche Notwendigkeit der Überstundenleistung "in dieser Form".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Die belangte Behörde sah den Nachweis jeder einzelnen erbrachten Überstunde als nicht gegeben, ebenso wenig den Nachweis des betrieblichen Erfordernisses für das "Ableisten derartiger Arbeitszeiten" an Sonntagen. "Dem Finanzamt" könne "daher nicht entgegengetreten werden, wenn es die in Rede stehenden Aufzeichnungen zum Nachweis für geleistete Überstunden als ungeeignet angesehen hat und eine entsprechende Nachversteuerung vornahm".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 sehen (unter anderem) für Überstundenzuschläge eine begünstigte Besteuerung vor. Als Überstunde gilt jede über die Normalarbeitszeit hinaus geleistete Arbeitsstunde (§ 68 Abs. 4 EStG 1988). Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus in ständiger Rechtsprechung abgeleitet, dass die Begünstigung von Überstundenzuschlägen nur in Betracht kommt, wenn die genaue Anzahl und die zeitliche Lagerung aller im Einzelnen tatsächlich geleisteten Überstunden und die genaue Höhe der dafür über den sonstigen Lohn hinaus mit den Entlohnungen für diese Überstunden bezahlten Zuschläge feststehen, wobei vom erstgenannten dieser beiden Erfordernisse (dem Feststehen der genauen Anzahl und der zeitlichen Lagerung aller tatsächlich geleisteten Überstunden) nur dann abgesehen werden kann, wenn eine klare, nach der Sachlage wirtschaftlich fundierte und daher steuerlich anzuerkennende Vereinbarung über eine Pauschalabgeltung der Überstunden in bestimmter Höhe getroffen worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1997, Zl. 93/15/0068).

Eine steuerlich anzuerkennende "Überstundenpauschalierung" wird für den Beschwerdefall nicht behauptet. Es kommt also die Steuerbegünstigung für Überstundenzuschläge nur in Frage, wenn die genaue Anzahl und die zeitliche Lagerung tatsächlich geleisteter Überstunden feststünden. Die Aufzeichnungen des Beschwerdeführers geben unbestritten keine Auskunft über die zeitliche Lagerung der Arbeitsstunden. Der Beschwerdeführer behauptet lediglich im Verwaltungsverfahren, die "Normalarbeitszeit" der betreffenden Angestellten wäre von Montag bis Donnerstag zwischen 9 und 18 Uhr und am Freitag zwischen 9 und 13 Uhr gelegen.

Wenn auch die Form des Nachweises von Überstunden im Gesetz nicht festgelegt ist, wird - wie im Beschwerdefall - bei einer Vielzahl von Überstunden in mehreren Jahren der Nachweis in aller Regel nur durch zeitnah erstellte Aufzeichnungen erbracht werden können, aus denen hervorgeht, an welchem Tag und zu welchen Tagesstunden der einzelne Arbeitnehmer die Überstunden leistete. Nachträgliche Rekonstruktionen der zeitlichen Lagerung der Überstunden können diese Aufzeichnungen im Allgemeinen nicht ersetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 90/14/0029). Wenn die belangte Behörde den vorgelegten Kalenderaufzeichnungen Beweiskraft abspricht, weil aus ihnen weder hervorgehe, wer dieselben verfasst habe bzw. wen sie betreffen, und auch nicht ersichtlich sei, ob bestimmte Zeitangaben (z.B. Sonntag 9 bis 18 Uhr) Überstundenleistungen darstellen, weil diese Kalenderaufzeichnungen auch private Eintragungen mit Zeitangaben aufwiesen und daher bestimmte Zeitangaben allein auf Überstundenleistungen nicht abstellten, und weil zudem die Kalenderaufzeichnungen für 1992, soweit sie Überstundenleistungen betreffen sollten, im Widerspruch zu den im "Urlaubsplan 1992" enthaltenen Zeitangaben stünden, erweist sich diese Beweiswürdigung der belangten Behörde im Ergebnis als nicht unschlüssig. Im Hinblick auf die von der belangten Behörde aufgezeigten Ungereimtheiten bedurfte es im Beschwerdefall keiner weiteren Sachaufklärungen.

Davon ausgehend erübrigt sich, auf die Frage des betrieblichen Erfordernisses für das Ableisten der Überstunden zu bestimmten Zeiten einzugehen.

Die Beschwerde rügt weiters, dass die belangte Behörde eine "nachvollziehbare Berechnung" der Lohnsteuer für die Streitjahre unterlassen hat; sie hätte feststellen müssen, welche unrichtig versteuerten Vorteile der (angefochtene) Bescheid betrifft, welche Überstunden anzuerkennen und welche nicht anzuerkennen wären.

Die Beschwerde zeigt nicht auf, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde hätte kommen können. Sie legt nicht dar, worin eine Unrichtigkeit der abgabenbehördlichen Berechnung gelegen sein könnte. Dem Beschwerdevorbringen ist entgegenzuhalten, dass nach der im Sinne der vorstehenden Ausführungen nicht als rechtswidrig zu erkennenden Auffassung der belangten Behörde sämtliche vom Beschwerdeführer begünstigt behandelte Überstundenzuschläge der Lohnsteuer zu unterziehen sind.

Da die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sohin nicht aufzeigt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. April 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte