VwGH 93/15/0068

VwGH93/15/006822.1.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der W GmbH in G, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 2. Februar 1993, B 21-4/91, betreffend Nachforderung von Lohnsteuer für die Jahre 1985 bis 1989, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §68 Abs1;
EStG 1988 §68 Abs1;
EStG 1988 §68 Abs2;
EStG 1972 §68 Abs1;
EStG 1988 §68 Abs1;
EStG 1988 §68 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin übt in der Rechtsform einer GmbH die Gewerbe des Werbeberaters und Werbungsmittlers aus, wobei sie im Streitzeitraum fünf Arbeitnehmer beschäftigte.

Im Zug einer die Streitjahre umfassenden Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer ua fest, aus den vorgelegten Lohnkonten ergebe sich, der zu 25 % an der Beschwerdeführerin beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer WM habe an fast allen Sonn- und Feiertagen Überstunden geleistet. Auch an Wochentagen seien von WM Überstunden geleistet worden. Die steuerfrei belassenen Überstundenzuschläge hätten für die an Sonn- und Feiertagen geleisteten Überstunden im Jahr 1985 60.616,20 S, in den Jahren 1986 bis 1988 je 60.840 S und im Jahr 1989 59.280 S betragen. Die mit 15 % besteuerten Überstundenzuschläge hätten für die an Wochentagen geleisteten Überstunden im Jahr 1986

21.567.27 S, im Jahr 1987 39.153,26 S, im Jahr 1987 30.200,08 S und im Jahr 1988 23.340,07 S betragen. Die zeitliche Lagerung der von WM geleisteten Überstunden sei aus den vorgelegten Lohnkonten nicht ersichtlich. Die zu 75 % an der Beschwerdeführerin beteiligte Gattin des WM (in der Folge nur: Gattin), die die von der Beschwerdeführerin ausbezahlten Löhne verrechne, habe erklärt, sie habe aus den von WM bzw fallweise auch von ihr geführten Terminkalendern die von WM geleisteten Überstunden in Monatszusammenstellungen aufgezeichnet, die die Grundlage für die Abrechnung der Überstunden dargestellt hätten. Wie sich aus einem Vergleich der in der Folge vorgelegten Terminkalender mit den Monatszuammenstellungen ergeben habe, stimmten die Eintragungen in den Terminkalendern mit denen in den Monatszusammenstellungen zum Großteil nicht überein. Der Prüfer gelangte daher zur Ansicht, die von der Beschwerdeführerin als steuerfrei bzw steuerbegünstigt behandelten Überstundenzuschläge seien mangels ordnungsmäßiger Aufzeichnung der Anzahl und der zeitlichen Lagerung der von WM geleisteten Überstunden nicht nach § 68 EStG 1972 bzw 1988 begünstigt, sondern mit dem Normalsteuersatz zu besteuern.

Das Finanzamt schloß sich den Ausführungen des Prüfers an und zog die Beschwerdeführerin für Lohnsteuer bescheidmäßig zur Haftung heran, wobei es zur Begründung auf den Bericht über die Lohnsteuerprüfung und die hiezu übermittelten Beilagen verwies.

Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, die Terminkalender seien "nicht grundlegend als Überstundenaufzeichnungsgrundlage herangezogen" worden, sondern seien "darin vorwiegend die auswärtigen Termine und somit die Reisetätigkeit" des WM erfaßt worden. Überstunden seien auch ohne Reisetätigkeit angefallen, somit in ihrem Büro verrichtet worden. Die von WM geleisteten Überstunden seien in den Monatszusammenstellungen erfaßt, weswegen sowohl deren Anzahl als auch deren zeitliche Lagerung ordnungsmäßig festgehalten worden sei.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt der Beschwerdeführerin vor, die Begünstigung von Überstundenzuschlägen komme nur in Betracht, wenn die genaue Anzahl und die zeitliche Lagerung tatsächlich geleisteter Überstunden sowie die genaue Höhe der dafür über den sonstigen Lohn hinaus bezahlten Zuschläge feststehe. Für die Inanspruchnahme der Begünstigung sei daher ein exakter Nachweis über die genaue Anzahl und die zeitliche Lagerung der vom jeweiligen Arbeitnehmer konkret geleisteten Überstunden zu erbringen. Dieser Nachweis könne nur durch zeitnah erstellte Aufzeichnungen erbracht werden, aus denen hervorgehe, an welchen Tagen und zu welchen Stunden der jeweilige Arbeitnehmer Überstunden geleistet habe. Da die von der Beschwerdeführerin im Zug der Lohnsteuerprüfung vorgelegten Unterlagen diesen Erfordernissen nicht entsprächen - insbesondere stimmten die Eintragungen in den Terminkalendern mit denen in den als Berechnungsgrundlage für die Lohnsteuer vorgelegten Monatszusammenstellungen hinsichtlich der von WM geleisteten Überstunden nicht überein - sei kein ordnungsmäßiger Nachweis für die von WM geleisteten Überstunden erbracht worden.

Ohne auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung einzugehen, wiederholte die Beschwerdeführerin ihr bisheriges Vorbringen im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie zur Begründung unter Hinweis auf die hg Rechtsprechung im wesentlichen ausführte, wie sich aus den Ausführungen der die ausbezahlten Löhne der Beschwerdeführerin verrechnenden Gattin ergebe, stellten die Terminkalender die Grundlage für die Berechnung der von WM geleisteten Überstunden dar. Diese Terminkalender und nicht die auf diese basierenden Monatszusammenzustellungen seien für die Lösung der Frage, ob die Überstunden ordnungsmäßig aufgezeichnet worden seien, relevant. Die Terminkalender enthielten keine Angaben, die zweifelsfrei sowohl die von WM geleisteten Arbeitszeiten (Normalstunden und Überstunden) als auch deren zeitliche Lagerung erkennen ließen. Vielmehr enthielten sie - dem Zweck von Terminkalendern entsprechend - Eintragungen über vereinbarte Termine, wobei aus diesen Eintragungen nicht ersichtlich sei, ob es sich hiebei um berufliche oder private Termine gehandelt habe. Die Terminkalender stellten somit keinen geeigneten Nachweis für die Anzahl und die zeitliche Lagerung der von WM geleisteten Überstunden dar. Umso weniger könnten die auf diesen Terminkalendern basierenden weiteren Monatszusammenstellungen als ordnungsmäßige Aufzeichnungen für die von WM geleisteten Überstunden angesehen werden. Überdies stimmten die Eintragungen in den Terminkalendern mit denen in den Monatszusammenstellungen nicht überein, obwohl die Gattin behauptet habe, die Terminkalender bildeten mit den Monatszusammenstellungen die Grundlage für die Abrechnung der Überstunden. Die Beschwerdeführerin habe im Berufungsverfahren zu diesen ihr vorgehaltenen Diskrepanzen weder Stellung genommen, noch die Nichtübereinstimmung dieser Unterlagen aufgeklärt. Die WM ausbezahlten Überstundenzuschläge seien daher mangels Nachweises der Anzahl und der zeitlichen Lagerung der Überstunden mit dem Normalsteuersatz zu besteuern.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht, nicht zur Haftung für Lohnsteuer herangezogen zu werden, verletzt, wobei sie sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des angefochtenen Bescheides geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Aus der Bestimmung des § 68 Abs 3 EStG 1972 hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung abgeleitet, daß die Begünstigung von Überstundenzuschlägen nur in Betracht kommt, wenn die genaue Anzahl und die zeitliche Lagerung aller im einzelnen tatsächlich geleisteten Überstunden und die genaue Höhe der dafür über den sonstigen Lohn hinaus mit den Entlohnungen für diese Überstunden bezahlten Zuschläge feststehen, wobei vom erstgenannten dieser beiden Erfordernisse nur dann abgesehen werden kann, wenn eine klare, nach der Sachlage wirtschaftlich fundierte und daher steuerlich anzuerkennende Vereinbarung über eine Pauschalabgeltung der Überstunden in bestimmter Höhe getroffen worden ist. Durch das Einkommensteuergesetz 1988 in seiner für das Jahr 1989 geltenden Fassung hat sich die Rechtslage nur dahin geändert, daß noch die Notwendigkeit hinzukommt, auch zwischen "Normalüberstunden" (Überstunden zu Tagesarbeitszeiten an Wochentagen) und sogenannten qualifizierten Überstunden (Überstunden an Sonn- und Feiertagen und in der Nachtzeit) zu unterscheiden, weil § 68 Abs 1 EStG 1988 neben den auf fünf Stunden eingeschränkten begünstigten "Normalüberstunden" (vgl § 68 Abs 2 EStG 1988) eine eigene Begünstigung normiert (vgl das hg Erkenntnis vom 24. September 1996, 94/13/0237, mwA). Da im Beschwerdefall keine Vereinbarung über eine Pauschalabgeltung der Überstunden in bestimmter Höhe getroffen worden ist, kommt dem Nachweis jeder einzelnen von WM tatsächlich geleisteten Überstunde entscheidendes Gewicht zu.

Unter Wiederholung des Berufungsvorbringens wird in der Beschwerde behauptet, die Terminkalender seien "nicht grundlegend als Überstundenaufzeichnungsgrundlage herangezogen" worden, sondern seien "darin vorwiegend die auswärtigen Termine und somit die Reisetätigkeit des WM erfaßt" worden. Überstunden seien auch ohne Reisetätigkeit angefallen, somit im Büro der Beschwerdeführerin verrichtet worden. Tatsächlich gehe die zeitliche Lagerung und die Anzahl der von WM geleisteten Überstunden aus den dem Prüfer vorgelegten Monatszusammenstellungen hervor.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Wie sich aus der im Zug der Lohnsteuerprüfung zu Protokoll genommenen Erklärung der Gattin ergibt, basiert die Abrechnung der von WM geleisteten Überstunden auf den Terminkalendern. Nachdem der Prüfer festgestellt hatte, die Eintragungen in den Terminkalendern stimmten mit denen in den Monatszusammenstellungen nicht überein, ist im Berufungsverfahren behauptet worden, die Terminkalender seien "nicht grundlegend als Überstundenaufzeichnungsgrundlage herangezogen" worden, ohne hiebei darzutun, auf Grund welcher ordnungsmäßiger Aufzeichnungen die genaue Anzahl und zeitliche Lagerung aller im einzelnen von WM tatsächlich geleisteten Überstunden festgestellt worden sei. Denn daß die von der Gattin verfaßten Monatszusammenstellungen nicht die Wirklichkeit widerspiegeln, hat bereits der Prüfer festgestellt. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund der Feststellungen des Prüfers und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren in freier Beweiswürdigung zu dem Schluß gelangt ist, daß die genaue Anzahl und die zeitliche Lagerung aller im einzelnen von WM tatsächlich geleisteten Überstunden nicht feststellbar ist, weswegen die Überstundenzuschläge nicht nach § 68 EStG 1972 bzw 1988 begünstigt zu besteuern waren.

Was die Behauptung der Beschwerdeführerin betrifft, es sei ihr die mangelnde Übereinstimmung der Eintragungen in den Terminkalendern mit denen in den Monatszusammenstellungen nicht konkret vorgehalten worden, genügt es, auf die der Beschwerdeführerin übermittelten Beilagen zum Bericht über die Lohnsteuerprüfung hinzuweisen, in denen tageweise in 54 von 74 Fällen, somit überwiegend, auf die mangelnde Übereinstimmung der eben genannten Unterlagen verwiesen wird. Es wäre daher Sache der Beschwerdeführerin gewesen, im Verwaltungsverfahren konkrete Einwendungen gegen die Feststellungen des Prüfers zu erheben. Die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt daher nicht vor, wobei noch zu bemerken ist, daß die Beschwerdeführerin auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung, die als Bedenkenvorhalt anzusehen ist, nicht eingegangen ist.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

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