VwGH 2000/17/0168

VwGH2000/17/016812.10.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der Bundespensionskasse AG in Wien, vertreten durch H & S Partnerschaft von Rechtsanwälten in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 30. Juni 2000, Zl. 23 3734/12-V/14/00, betreffend Auftrag gemäß § 33 Abs. 6 Z. 1 des Pensionskassengesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
PKG 1990 §33 Abs6 Z1;
VVG §1 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §59 Abs1;
PKG 1990 §33 Abs6 Z1;
VVG §1 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Finanzen) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Durchführung eines pensionskassenaufsichtsrechtlichen Verfahrens erließ die belangte Behörde am 30. Juni 2000 einen Bescheid folgenden Inhaltes:

"Bescheid

Laut Schreiben vom 17. Mai 2000 werden von der Bundespensionskasse AG für jeden Monat ab Jänner 2000 a-conto-Zahlungen entgegengenommen und veranlagt. Laut Schreiben vom 21. Juni 2000 wurde Mitte Juni 2000 die Verwaltung der Bundespensionskasse AG neuerlich ausgeschrieben. Weiters wird angegeben, dass der Pensionskassenvertrag mit dem Arbeitgeber sobald als möglich abgeschlossen werden soll.

Es werden somit

"§ 33. ...

...

(6) Liegt eine Konzessionsvoraussetzung gemäß § 9 nach Erteilung der Konzession nicht mehr vor oder verletzt eine Pensionskasse Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung, des Pensionskassenvertrages oder eines Bescheides des Bundesministers für Finanzen (Pensionskassenaufsicht), so hat der Bundesminister für Finanzen

1. der Pensionskasse unter Androhung einer Zwangsstrafe aufzutragen, den rechtmäßigen Zustand binnen jener Frist herzustellen, die im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Aufgaben und im Interesse der Leistungsberechtigten angemessen ist;"

§ 59 AVG lautet (auszugsweise):

"§ 59. (1) Der Spruch hat die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. ...

(2) Wird die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen, so ist im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen."

Die Beschwerdeführerin erachtet den angefochtenen Bescheid unter anderem deshalb für rechtswidrig, weil sein Spruch unbestimmt sei. Diesem sei nämlich nicht zu entnehmen, welche Handlungen die Beschwerdeführerin zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes zu setzen habe. Insbesondere werde zwischen dem Auftrag gemäß § 33 Abs. 6 Z. 1 PKG und dem vorangegangenen Bescheidtext kein Konnex hergestellt. Der in Rede stehende Auftrag erschöpfe sich in einer unreflektierten Wiedergabe des Gesetzeswortlautes. Die Behörde dürfe sich aber nicht auf einen - ohne weitere Konkretisierung erfolgenden - Verweis auf bestehende gesetzliche Verpflichtungen begnügen, wie bei Raschauer, ZfV 1997, 437, dargelegt werde. Um dem an einen Vollstreckungstitel gestellten Bestimmtheitserfordernis zu genügen, müsse der Spruch des Bescheides insbesondere auch die aufgetragene Leistung deutlich erkennen lassen. Hiebei sei "Bestimmtheit" und nicht bloß "Bestimmbarkeit" gefordert. So habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 1989, Zl. 85/05/0150 = ZfVB 1990/6/2431, ausgesprochen, ein Spruch, wonach "konsenswidrige Herstellungen zu beseitigen und die konsenslosen Herstellungen zu sanieren" seien, sei inhaltslos. Gleiches gelte für den Auftrag "die erforderlichen Instandhaltungsarbeiten ... im Ort Y vorzunehmen". Die belangte Behörde hätte daher konkret anführen müssen, in Befolgung welcher gesetzlicher Bestimmungen und durch welche Maßnahmen die Beschwerdeführerin einen nach diesen Bestimmungen rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen habe. Auch die bloße Feststellung von Gesetzesverletzungen, wie sie im Spruch des angefochtenen Bescheides erfolge, entspreche dem Bestimmtheitsgebot nicht, weil daraus noch keine konkreten Handlungspflichten ableitbar seien, wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis vom 19. Dezember 1989 ausgeführt habe. Jedenfalls bei der hier in Rede stehenden unvertretbaren Leistung sei es unzulässig, offen zu lassen, welche Maßnahmen der Bescheidadressat zur Zielerreichung vorzunehmen habe.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Gemäß Art. II Abs. 4 EGVG hatte die belangte Behörde vorliegendenfalls die Bestimmungen des AVG anzuwenden.

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze zu erledigen. Die in dieser Bestimmung geforderte Deutlichkeit bedeutet für Leistungsbefehle - um einen solchen handelt es sich im Beschwerdefall - Bestimmtheit, nicht bloß Bestimmbarkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1999, Zl. 98/03/0320). Die durch den Bescheidspruch auferlegte Verpflichtung muss demnach so bestimmt gefasst werden, dass nötigenfalls eine Durchsetzung im Weg der Zwangsvollstreckung möglich ist (vgl. Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E. 62 zu § 59 AVG). Andererseits muss dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben werden, dem Leistungsauftrag zu entsprechen (vgl. a.a.O., E. 63 zu § 59 AVG).

Das aus § 59 AVG abzuleitende Bestimmtheitsgebot hat auch für Leistungsbescheide Gültigkeit, die - wie hier - eine unvertretbare Leistung auferlegen und daher durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu vollstrecken sind (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, E. 14 und 15 zu § 5 VVG wiedergegebene Rechtsprechung). Es ist gerade im Bereich der Auferlegung unvertretbarer Leistungen von besonderer Bedeutung (vgl. Raschauer, Fragen der Verwaltungsvollstreckung, ZfV 1997, 443).

Genügt ein Bescheid dem Bestimmtheitsgebot des § 59 AVG nicht, so belastet ihn dies mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1996, Zl. 93/07/0173, sowie das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 15. September 1999). Es kann vorliegendenfalls dahingestellt bleiben, ob es - wie die Beschwerdeführerin meint - bei der Auferlegung unvertretbarer Leistungen unzulässig ist, offen zu lassen, welche Maßnahmen der Bescheidadressat zur Zielerreichung ergreifen kann. Selbst wenn man diese Auffassung nicht teilen würde, wäre die bescheiderlassende Behörde jedenfalls verhalten, bestimmt anzugeben, welcher Zustand (bzw. welche mehrere mögliche Zustände) bezogen auf den Einzelfall als rechtmäßig angesehen werden können. Keinesfalls kann sich die belangte Behörde darauf zurückziehen, die Herstellung des "rechtmäßigen Zustandes" aufzutragen, weil damit keine Konkretisierung des Gesetzesauftrages durch den Rechtsanwender erfolgt.

Dem solcherart verstandenen Konkretisierungsgebot konnte hier aber auch nicht allein dadurch entsprochen werden, dass der abstrakt gefasste jeweilige Wortlaut der von der belangten Behörde als verletzt erachteten Gesetzesbestimmungen (hier des § 1 Abs. 2, des § 15 Abs. 1 und des § 18 Abs. 1 PKG) wiedergegeben wird. Auch wenn man den gemäß § 33 Abs. 6 Z. 1 PKG erteilten Auftrag wohl im Zusammenhang mit dem vorangehenden Absatz des Bescheides zu lesen hat, liegt nach dem Vorgesagten ein ausreichend konkretisierter Auftrag nicht vor. Dies erhellt jedenfalls schon daraus, dass der Bescheid in seiner Gesamtheit nicht deutlich erkennen lässt, ob die belangte Behörde die Beschwerdeführerin nun zur Aufnahme nicht näher präzisierter (weiterer) Pensionskassengeschäfte verhalten will, oder aber, ob sie allenfalls auch die Rückgewährung der hereingenommenen a-conto-Zahlungen als Herstellung des "rechtmäßigen Zustandes" ansehen würde. Für die letztgenannte Deutung könnte etwa der Umstand sprechen, dass die belangte Behörde von einer "Wiederherstellung" des rechtmäßigen Zustandes spricht, die Beschwerdeführerin aber unstrittig - sieht man von der Hereinnahme von Zahlungen ab - bislang noch keine Tätigkeit in Richtung der §§ 1 Abs. 2, 15 Abs. 1 oder 18 Abs. 1 PKG entfaltet hat.

Der gemäß § 33 Abs. 6 Z. 1 PKG ergangene Auftrag, den "rechtmäßigen Zustand" bis 20. Oktober 2000 "wiederherzustellen", erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig.

Die beiden einleitenden Absätze des angefochtenen Bescheides sind, wie oben bereits dargelegt, nicht als in einem selbstständigen Bescheidpunkt getroffene Feststellungsakte, sondern als der Erläuterung des gemäß § 33 Abs. 6 Z. 1 PKG erteilten Auftrages dienende Spruchelemente zu deuten, weil die von der belangten Behörde als Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides allein angegebene Bestimmung des § 33 Abs. 6 Z. 1 PKG keine Ermächtigung für die Erlassung von Feststellungsbescheiden enthält und der angefochtene Bescheid auch keine Ausführungen darüber enthält, dass die Erlassung eines derartigen Feststellungsbescheides (ungeachtet des gleichzeitigen Auftrages zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes) im öffentlichen Interessen oder im rechtlichen Interesse der Partei gelegen wäre. Die Ausführungen in den beiden einleitenden Absätzen des angefochtenen Bescheides sind daher von der aufgezeigten Rechtswidrigkeit mitumfasst.

Schließlich ist die Beschwerdeführerin auch im Recht, wenn sie den im letzten Absatz des Spruches des angefochtenen Bescheides enthaltenen Auftrag über den Fortgang des Ausschreibungsverfahrens "laufend zu berichten" als zu unpräzise rügt. Die Zeitabstände, innerhalb deren jeweils Berichte zu erstellen sind, hätte die Behörde nach Zeiteinheiten zu präzisieren gehabt. Schließlich wäre die Auferlegung der Berichtspflicht unter Anführung der entsprechenden Rechtsgrundlagen auch nachvollziehbar zu begründen gewesen.

Damit erweist sich aber auch der nicht in einzelne Bescheidpunkte teilbare letzte Satz des Spruches mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Bemerkt wird weiters, dass die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides eine Frist bis 1. Jänner 2001 zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes als angemessen bezeichnet, während sie im Bescheidspruch eine solche bis 20. Oktober 2000 setzte. Insofern ist der angefochtene Bescheid auch mit einem Begründungsmangel behaftet.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. Oktober 2000

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