VwGH 2000/16/0310

VwGH2000/16/03109.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des H in T, vertreten durch Weiss-Tessbach, Rechtsanwälte OEG in Wien 1, Rotenturmstraße 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Juli 1999, Zl. RV 84-09/11/99, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

GebG 1957 §25 Abs1;
GebG 1957 §25 Abs2;
GebG 1957 §9 Abs2;
VwRallg;
GebG 1957 §25 Abs1;
GebG 1957 §25 Abs2;
GebG 1957 §9 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer schloss mit einer im Vertrag näher bezeichneten Gutsverwaltung am 22. Februar bzw. 13. März 1996 einen Pachtvertrag ab. Der Vertrag wurde in dreifacher Ausfertigung errichtet und am 17. April 1996 dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien angezeigt.

Dieses Finanzamt setzte mit Bescheid vom 29. August 1996 die Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG und gemäß § 25 Abs. 2 GebG idF der Nov. BGBl. Nr. 668/1976 für eine ausgefertigte Gleichschrift jeweils gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig fest.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit der Begründung, die volle Hundertsatzgebühr für die Gleichschrift sei bei Anlegung des in § 9 Abs. 2 GebG enthaltenen Maßstabes nicht gerechtfertigt. Der Vertrag sei nur zwei Tage verspätet angezeigt worden, er sei unbescholten und die Verkürzung der Gebührenschuld sei ohne Vorsatz erfolgt.

Mit Berufungsvorentscheidung wies das genannte Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte aus, die Urkunden seien dem Finanzamt verspätet vorgelegt worden und die Anlegung des in § 9 Abs. 2 GebG enthaltenen Maßstabes sei nicht möglich, weil keine Vorschreibung einer Gebührenerhöhung vorliege.

Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte vor, dass es sich bei § 25 Abs. 2 GebG idF BGBl. Nr. 668/1976 um eine Strafbestimmung handle, die wegen Exzessivität verfassungswidrig sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, die Monatsfrist des § 25 Abs. 2 GebG sei nicht gewahrt worden und die Ausführungen zu § 9 Abs. 2 GebG gingen ins Leere. Die Nichteinhaltung von Anzeigefristen führe für Gleichschriften lediglich zur Verwirkung der Gebührenfreiheit, nicht aber zu einer zusätzlichen Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 2 GebG.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 6. März 2000, B 1502/99-3, ab, und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 25 Abs. 2 GebG verletzt und macht Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 lit. a GebG entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird, bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung.

Werden über ein Rechtsgeschäft mehrere Urkunden errichtet, so unterliegt nach § 25 Abs. 1 GebG jede dieser Urkunden den festen und den Hundertsatzgebühren.

Gemäß § 25 Abs. 2 GebG, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 668/1976, ist dann, wenn von einer Urkunde Gleichschriften (Duplikate, Triplikate usw.) ausgefertigt werden, die Hundertsatzgebühr auf Grund jener Gleichschriften nur einmal zu entrichten, die dem Finanzamt innerhalb eines Monats nach dem Entstehen der Gebührenschuld vorgelegt werden. Das Finanzamt hat auf allen Gleichschriften zu bestätigen, dass die betreffende Schrift eine Gleichschrift ist und die Gebühr für eine Gleichschrift und mit welchem Betrag in Stempelmarken entrichtet oder die Gebührenanzeige erstattet wurde.

Gemäß § 9 Abs. 2 GebG idF BGBl. Nr. 80/1987 kann das Finanzamt zur Sicherung der Einhaltung der Gebührenvorschriften bei nicht ordnungsgemäßer Entrichtung oder nicht ordnungsgemäßer Gebührenanzeige bei den im Abs. 1 genannten Gebühren zusätzlich eine Erhöhung bis zu 50 vH, bei den anderen Gebühren eine Erhöhung bis zum Ausmaß der verkürzten (gesetzmäßigen) Gebühr erheben. Bei Festsetzung dieser Gebührenerhöhung ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem Gebührenschuldner bei Beachtung dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Gebührenpflicht einer Schrift oder eines Rechtsgeschäftes zugemutet werden konnte, ob eine Gebührenanzeige geringfügig oder beträchtlich verspätet erstattet wurde sowie, ob eine Verletzung der Gebührenbestimmungen erstmalig oder wiederholt erfolgt ist.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die Gebühr nach § 25 Abs. 2 GebG finde in dem Fall keine Anwendung, in dem bereits die Anzeige der Urschrift nicht innerhalb der in § 31 Abs. 1 GebG vorgesehenen Monatsfrist erfolgt sei. In diesem Fall könnte für eine nicht ordnungsgemäße Gebührenanzeige allenfalls die Sanktion des § 9 Abs. 2 GebG zur Anwendung kommen.

Damit verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. April 1991, Zl. 91/15/0039), hängt die Frage, ob die Hundertsatzgebühr für eine Gleichschrift zu entrichten ist oder nicht, allein davon ab, ob die betreffende Gleichschrift innerhalb eines Monates nach dem Entstehen der Gebührenschuld vorgelegt worden ist oder nicht; nur die Einhaltung dieser Frist ist wesentlich. Die Anordnung der Gebührenpflicht für Gleichschriften stellt auch keine pönale Konsequenz für nicht rechtzeitig vorgelegte Gleichschriften dar, sondern ist vielmehr eine der Ordnung dienende, sachlich begründete Maßnahme (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. September 1997, Zl. 97/16/0231).

Im Beschwerdefall wurde keine Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 2 GebG vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer begehrt mit der Übertragung des von ihm abgeleiteten "Maßstabes" bei der Gebührenerhöhung auf § 25 Abs. 2 GebG eine analoge Auslegung dieser Bestimmung. Diesbezüglich fehlt jedoch die dafür als Voraussetzung erforderliche planwidrige Lücke in dieser Bestimmung.

Da im Beschwerdefall die Vertragsurkunden am 22. Februar bzw. 13. März 1996 unterfertigt wurden und damit gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 lit. a GebG die Gebührenschuld unbestritten am 13. März 1996 entstanden ist, hätte es für die in Rede stehende Gebührenbefreiung der Vorlage der Gleichschrift an das Finanzamt innerhalb der Monatsfrist des § 25 Abs. 2 GebG bedurft. Auch wenn die Frist, wie im Beschwerdefall nur um zwei Tage überschritten wurde, ist die Gebührenfreiheit nach dieser Bestimmung durch Fristablauf verwirkt.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG - durch einen im Hinblick auf die durch die Rechtsprechung klargestellte Rechtslage gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 9. November 2000

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