VwGH 2000/10/0043

VwGH2000/10/00433.7.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des A in Oberwart, vertreten durch Dr. Wolfgang Steflitsch, Mag. Wolfgang Steflitsch und Mag. Claus-Peter Steflitsch, Rechtsanwälte in Oberwart, Hauptplatz 14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 11. Februar 2000, Zl. 18.321/01-IA8/99, betreffend Rodungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
ForstG 1975 §17;
AVG §68 Abs1;
ForstG 1975 §17;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Februar 1987 war der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der Rodungsbewilligung für eine Teilfläche von 1.200 m2 aus dem Waldgrundstück Nr. 10.850 der KG Oberwart zum Zwecke der Errichtung eines Fischteiches mangels Vorliegens eines das Interesse an der Walderhaltung überwiegenden öffentlichen Interesses an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche abgewiesen worden.

Mit Eingabe vom 2. Juni 1997 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Oberwart (BH) neuerlich die Erteilung der Rodungsbewilligung, wobei er anführte, er habe auf ca. 1.000 m2 einen Fischteich errichtet.

Dieser Antrag wurde von der BH mit Bescheid vom 4. Juni 1997 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die dagegen an den LH und in weiterer Folge an die belangte erhobenen Berufungen blieben erfolglos.

Mit Schreiben vom 8. Juni 1998 gab die BH dem Beschwerdeführer bekannt, dass das Wiederbewaldungsverfahren eingeleitet werde und forderte ihn zu einer Stellungnahme auf.

Mit Eingabe vom 20. Juli 1998 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Erteilung der Rodungsbewilligung und brachte vor, es habe sich mittlerweile viel getan und es hätten sich demgemäß die Umstände erheblich verändert. Es habe sich inzwischen der "Fischereiverein zum Glück" gebildet. Nach § 2 der Vereinsstatuten sei Zweck des Vereines "die Aufklärung und Information der Öffentlichkeit über das Wesen der Fischerei zum Zweck der Erhaltung einer intakten Natur und biologischen Kreislaufes insbesonders durch Durchführung öffentlicher Vortragsveranstaltungen". Der Verein habe seine Tätigkeit bereits aufgenommen. In weiterer Folge werde die Vereinstätigkeit dahingehend ausgeweitet, dass am Vereinssitz zwecks Arterhaltung mit der Züchtung besonders seltener bzw. gefährdeter Süßwasserfischarten begonnen werde. Die Tätigkeiten des Vereins lägen im öffentlichen Interesse. Auf Grund dieses öffentlichen Interesses sei auch die Erhaltung des jetzigen Zustandes des Grundstückes Nr. 10.850, auf dem sich der Vereinssitz befinde, wichtig. Eine Wiederbewaldung würde das Ende für den Verein und dessen Tätigkeit bedeuten.

Die BH holte Stellungnahmen der Biologischen Station Neusiedler See in Illmitz ein.

Diese Einrichtung erklärte in einem Schreiben vom 25. Juli 1998, in naturnahen Waldgebieten könne von Seiten des Naturschutzes grundsätzlich nur der Errichtung von "Biotopen" ohne Folgenutzung (d.h. kein Fischbesatz, keine Umzäunung und keine Bauten) zugestimmt werden. Ein endgültiges Gutachten könne erst nach Vorliegen einer Rodungsbewilligung, eines positiven Wasserrechtsbescheides und eines positiven Gutachten des Amtssachverständigen für Landschaftsschutz abgegeben werden.

In einer weiteren Stellungnahme vom 23. Oktober 1998 erklärte die Biologische Station Neusiedler See, der Betrieb der Fischteichanlage und der Bestand der Hütte könne dem Vereinszweck dienen, sie seien aber für die Erfüllung des Vereinszweckes nicht erforderlich. Für Aufklärung und Information der Öffentlichkeit über das Wesen der Fischerei stünden sicher geeignetere Räumlichkeiten als eine Fischerhütte zur Verfügung (Schulen, Kulturzentren, etc.). Die Züchtung gefährdeter bzw. seltener Fischarten könne, wenn entsprechende Kaufbelege vorgelegt würden und die Zucht unter Anleitung fachlich qualifizierter Personen erfolge, nicht verhindert werden. Aus der Sicht des Natur- und Artenschutzes sei es jedoch sinnvoller, natürlich entstandene Gewässer in einem möglichst naturnahen Zustand zu erhalten, um dadurch gefährdeten Fischarten ausreichend Lebensraum und damit Überlebenschancen zu bieten.

In einer Stellungnahme dazu führte der Beschwerdeführer aus, die Frage der Erforderlichkeit und Notwendigkeit von Teichanlage und Hütte seien von der Behörde nicht zu beurteilen. Die zu klärende Frage sei vielmehr die Frage der überwiegenden Interessen. Die Biologische Station räume ein, dass sowohl Fischteichanlage als auch Hütte dem Vereinszweck dienen könnten. Es sei unerheblich, ob diese hiefür zwingend erforderlich seien. Lebensfern sei die Ansicht, für Aufklärung und Information der Öffentlichkeit über das Wesen der Fischerei stünden geeignetere Räumlichkeiten als eine Fischerhütte zur Verfügung.

Mit Bescheid vom 26. April 1999 wies die BH den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der Rodungsbewilligung für ein Teilstück des Grundstückes Nr. 10.850 im Ausmaß von 1.700 m2 ab.

Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, es bestünde kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Rodung. Für die Beurteilung, ob und mit welchem Gewicht das öffentliche Interesse an der nichtforstlichen Verwendung des gegenständlichen Waldbodens tatsächlich bestehe, seien entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers der Vereinszweck und die Anlagen zur Verwirklichung dieses Vereinszweckes im gleichen Maß von Bedeutung. Angesichts der Lage und Ausführung der Hütte, der Art der Erschließung des Waldgrundstückes und der gegebenen Nutzung der Teichanlage (Biotop) komme die Forstbehörde zum Ergebnis, dass das ins Treffen geführte öffentliche Interesse nicht bestehe. Die Hütte mit ihren sechs Sitzgelegenheiten sei schon im Hinblick auf die Anzahl der Vereinsmitglieder für öffentliche Informationsveranstaltungen ungeeignet. Auch seien die fehlenden Parkplätze am Vereinssitz sowie die äußerst schlecht befestigte Zufahrtsstraße zum Vereinssitz der Erfüllung des Rodungszweckes abträglich. Zudem sei nach der fachlichen Äußerung des Sachverständigen der Biologischen Station die Züchtung gefährdeter bzw. seltener Fischarten im bestehenden Biotop nicht sinnvoll. Das bisherige Verwaltungsgeschehen könne den Eindruck erwecken, dass die Bildung des "Fischereivereines zum Glück" deshalb vorgenommen worden sei, um für die bestehenden Anlagen auf dem Waldgrundstück eine Rechtfertigung aus forstrechtlicher Sicht zu erlangen.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit Bescheid vom 17. November 1999 gab der LH der Berufung keine Folge, änderte den erstinstanzlichen Bescheid jedoch dahingehend ab, dass der Rodungsantrag des Beschwerdeführers nach § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.

In der Begründung heißt es, als Rodungszweck sei sowohl in den früheren Rodungsanträgen als auch im jetzigen Verfahren die Errichtung eines Fischteiches bzw. eines Biotops angegeben worden. Der Rodungszweck sei nunmehr lediglich dahin gehend modifiziert worden, dass er einem Vereinszweck dienen solle. Diese Modifizierung sei aber ein unwesentlicher Nebenumstand, der offensichtlich darauf ausgerichtet sei, das rechtskräftig abgeschlossene Rodungsverfahren wieder aufzurollen. Insbesondere könne durch den vorgebrachten Rodungszweck ein öffentliches Interesse nicht begründet werden. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Erstbehörde werde verwiesen.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 11. Februar 2000 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

In der Begründung heißt es, sowohl die Fischerhütte als auch die Fischteichanlage bestünden bereits seit längerer Zeit und die jeweils geltend gemachten Rodungszwecke in den Rodungsverfahren aus den Jahren 1985 und 1997 seien jeweils ident. Geändert worden sei das Rodungsausmaß. Darüber hinaus sei im vorliegenden Rodungsverfahren der Rodungszweck der Fischteichanlage mit der Gründung eines Vereines begründet und versucht worden, damit das öffentliche Interesse nachzuweisen. Die belangte Behörde schließe sich dem Bescheid des LH an, wonach dieser neuerliche Rodungsantrag weiterhin den gleichen Rodungszweck verfolge. Bei der zwischenzeitigen Gründung des Vereines handle es sich um die Modifikation von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung in der Hauptsache unwesentlich seien. Selbst mit dem Verein, welcher lediglich privaten Interessen der Vereinsmitglieder dienen solle, habe der geltend gemachte Rodungszweck keine Änderung erfahren und liege auch nicht im öffentlichen Interesse. Damit erweise sich die vorgenommene Modifizierung des Rodungsausmaßes und die Tatsache, dass nunmehr zur Begründung der Aktivitäten auf der bereits bestehenden Fischteichanlage ein Verein gegründet worden sei, als eine nur unwesentliche, weil die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides nicht zulassende Änderung in den entscheidungswesentlichen Fakten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, es liege keine entschiedene Sache vor. Die Auffassung des LH und der belangten Behörde, es sei lediglich zu einer Modifizierung des Rodungszweckes gekommen, die einen unwesentlichen Nebenumstand darstelle, lasse außer Acht, dass seither der "Fischereiverein zum Glück" neu entstanden sei und dass dieser Verein auch tatsächliche Aktivitäten nach außen hin entfaltet habe. Es sei die Rodungsfläche erweitert worden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Die Zurückweisung eines Antrages gemäß § 68 Abs. 1 AVG kommt demnach nur dann in Betracht, wenn in der durch formell rechtskräftigen Bescheid bereits entschiedenen Verwaltungssache die Abänderung dieses Bescheides begehrt wird, nicht hingegen dann, wenn sich die die Verwaltungsrechtssache bestimmenden rechtlichen bzw. tatsächlichen Umstände verändert haben und daher nicht mehr dieselbe Sache wie die bereits entschiedene vorliegt. Die Sache verliert also ihre Identität, wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten bzw. in den die Entscheidung tragenden Normen wesentliche, das heißt die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderungen eintreten (vgl. z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1996, 95/10/0203, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer erblickt eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes in der Entstehung des "Fischereivereines zum Glück" und dessen Aktivitäten und in der Ausweitung der Rodungsfläche.

Diese Umstände stellen keine wesentliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes dar.

Die behaupteten Tätigkeiten des Vereins sind dem schon im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren geltend gemachten "Grundinteresse", nämlich der Ausübung der Fischerei auf dem in Rede stehenden Grundstück zuzuordnen und setzen diese Fischereiausübung notwendig voraus; insoweit handelt es sich lediglich um das Hinzutreten unwesentlicher Nebenumstände, die der Annahme der entschiedenen Sache nicht entgegenstehen.

Dass die bloße Änderung der Rodungsfläche am Vorliegen einer entschiedenen Sache nichts ändert, hat der Verwaltungsgerichtshof schon mehrmals ausgesprochen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1998, 97/10/0115, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Juli 2000

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte