VwGH 2000/03/0093

VwGH2000/03/009315.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der J. B GmbH in B, Luxemburg, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 14. Oktober 1999, Zl. UVS-5/10.492/2-1999, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §17 Abs3;
VStG §32 Abs2;
ZustG §25 Abs1;
ZustG §8 Abs1;
VStG §17 Abs3;
VStG §32 Abs2;
ZustG §25 Abs1;
ZustG §8 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 2. Februar 1999 erstattete die Zollwachabteilung Salzburg gegen MK als Lenker eines näher bezeichneten LKWs eine an den Magistrat Salzburg gerichtete Anzeige wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995. Daraus ging - u.a. - hervor, dass von einem Organ der Zollwachabteilung Salzburg gemäß § 37a Abs. 2 Z. 2 VStG eine vorläufige Sicherheit von S 20.000,-- eingehoben wurde. Diese wurde mit "Bescheid" des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 4. März 1999 gemäß § 37a Abs. 5 in Verbindung mit § 37 Abs. 5 VStG für verfallen erklärt.

Die gegen diesen "Bescheid" erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid "mangels Parteistellung" als unzulässig zurückgewiesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 29. Februar 2000, B 1955/99, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass sich der erstinstanzliche Bescheid an MK gerichtet habe und "durch Hinterlegung im Amt (Magistrat Salzburg)" zugestellt worden sei. Diese Aussage findet in den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens insofern Deckung, als der erwähnte erstinstanzliche Bescheid bei der Bezeichnung des Bescheidadressaten MK eine offenkundig die Zustellung betreffende Anordnung "DURCH HINTERLEGUNG IM AMTE" enthält. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, dass K - ein slowakischer Staatsbürger - im Bundesgebiet nicht regelmäßig aufhältig sei und hier über keine zustellfähige Abgabestelle verfüge. Weiters bestehe mit der Republik Slowakei kein Verwaltungsübereinkommen, das eine rechtsgültige Zustellung behördlicher Schriftstücke oder etwa eine Einvernahme im Rechtshilfeweg ermögliche.

Bei diesem Sachverhalt ist zu prüfen, ob der in Rede stehende Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 4. März 1999 durch rechtswirksame Zustellung in Rechtswirksamkeit getreten ist. Ein schriftlicher Bescheid, der nicht rechtswirksam zugestellt und damit nicht erlassen wurde, ist nämlich rechtlich nicht existent geworden (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1110, angeführte Judikatur).

Die von der erstinstanzlichen Behörde vorgenommene Zustellung durch "Hinterlegung im Amte" gründet sich offenbar auf § 8 Abs. 2 Zustellgesetz. Nach dieser Bestimmung ist, wenn eine Mitteilung nach Abs. 1 unterlassen wird, soweit die Verwaltungsvorschriften nichts anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann. § 8 Abs. 1 Zustellgesetz sieht vor, dass eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen hat.

Das in der zuletzt angeführten Bestimmung normierte Tatbestandserfordernis, dass die Partei "während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat," ihre bisherige Abgabestelle ändert, setzt die Kenntnis der Partei von einem anhängigen Verfahren voraus. Das bedeutet im Falle eines Verwaltungsstrafverfahrens, dass dieses durch eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG eingeleitet wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0078) und dass die Partei (der Beschuldigte) von der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens Kenntnis erlangt hat.

Im Beschwerdefall wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen MK nach Ausweis der Verwaltungsstrafakten zwar durch die als erste Verfolgungshandlung anzusehende Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. Februar 1999 eingeleitet. Eine Annahme, dass MK von diesem Verwaltungsstrafverfahren Kenntnis erlangt hat, wäre unschlüssig, weil ihm weder die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. Februar 1999 noch die weitere vom 24. Februar 1999 zugestellt werden konnte. Eine Zustellung nach § 8 Abs. 2 Zustellgesetz kam somit im Beschwerdefall nicht in Betracht.

Gemäß § 37a Abs. 5 VStG wird die vorläufige Sicherheit - u.a. - frei, wenn nicht binnen drei Monaten gemäß § 37 Abs. 5 der Verfall ausgesprochen wird. Nach letzterer Bestimmung kann die Sicherheit für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe als umöglich erweist. § 17 ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 17 Abs. 3 VStG kann, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden kann, auf den Verfall selbstständig erkann werden, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung solcher Bescheide kann auch durch öffentliche Bekanntmachung bewirkt werden.

Die durch letztere Bestimmung für zulässig erklärte Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung bezieht sich auf

§ 25 Zustellgesetz. Nach dessen Abs. 1 können Zustellungen an Personen, deren Abgabestelle unbekannt ist oder an eine Mehrheit von Personen, die der Behörde nicht bekannt sind, wenn es sich nicht um ein Strafverfahren handelt, kein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und nicht gemäß § 8 vorzugehen ist, durch Anschlag an der Amtstafel, dass ein zuzustellendes Schriftstück bei der Behörde liegt, vorgenommen werden. Findet sich der Empfänger zur Empfangnahme des Schriftstückes (§ 24) nicht ein, so gilt, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, die Zustellung als bewirkt, wenn seit dem Anschlag an der Amtstafel der Behörde zwei Wochen verstrichen sind.

Die in § 25 Abs. 1 Zustellgesetz enthaltene, Strafverfahren betreffende Einschränkung der Anwendbarkeit dieser Bestimmung wird durch § 17 Abs. 3 letzter Satz VStG als lex specialis für den dort geregelten Fall aufgehoben.

Zu einer Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung im Sinne des § 17 Abs. 3 letzter Satz VStG in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Zustellgesetz ist es im Beschwerdefall nach der Aktenlage nicht gekommen, fehlt doch jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der erforderliche Anschlag an der Amtstafel vorgenommen wurde.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass der "Bescheid" des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 4. März 1999 mangels rechtswirksamer Zustellung nicht rechtlich existent geworden ist. Durch diese Erledigung wurde die Beschwerdeführerin daher keinesfalls in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.

Die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin erfolgte somit im Ergebnis zu Recht, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. November 2000

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