Normen
Dubliner Übk 1997 Art3 Abs4;
VwRallg;
Dubliner Übk 1997 Art3 Abs4;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundeskanzleramt) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 9. August 1999 einen Asylantrag, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16. September 1999 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen wurde, wobei ausgesprochen wurde, dass Frankreich gemäß § 5 Abs. 2 des Übereinkommens von Dublin vom 15. Juni 1990, BGBl. III Nr. 165/1997, (DÜ) zur Prüfung des Asylantrages zuständig sei und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. November 1999 wurde die dagegen erhobene Berufung abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2000 legte die belangte Behörde die Kopie eines Schreibens des Bundesministeriums für Inneres, Außenstelle Traiskirchen, vor, in dem ausdrücklich die "Zurückziehung des Asylantrages/Berufung", unterfertigt vom Beschwerdeführer fest gehalten ist und die den Hinweis enthält, dass der Beschwerdeführer beabsichtige am 24. Mai 2000 auszureisen. Dieser Erklärung waren Kopien einer Buchungs- bzw. Ausreisebestätigung der "International Organization for Migration" beigelegt.
Der Vertreter des Beschwerdeführers gab zu diesem Schreiben keine Stellungnahme innerhalb der ihm gesetzten Frist ab.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster SatzVwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides
- im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof
- eingetreten ist (vgl. dazu den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980 darlegte, zum Beispiel auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. unter vielen den hg. Beschluss vom 23. Februar 1996, Zl. 95/17/0026). Ob in letzterem Sinne das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Kriterien zu prüfen; er ist nicht an die Erklärung des Beschwerdeführers gebunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061).
Der Verwaltungsgerichtshof geht - gestützt auf die Mitteilung der belangten Behörde vom 28. Juni 2000 und die beigelegten unbedenklichen Urkunden - davon aus, dass der Beschwerdeführer am 24. Mai 2000 in Traiskirchen eine an das Bundesministerium für Inneres gerichtete Erklärung unterschrieben hat, mit welcher er "seinen Asylantrag bzw. die Berufung zurückgezogen" hat, und am gleichen Tag ausgereist ist. Eine gegenteilige Behauptung stellte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nicht auf, weshalb vom Zutreffen der genannten Mitteilung der belangten Behörde ausgegangen wird.
Der Beschwerdeführer hat dadurch unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sein rechtliches Interesse an einer Entscheidung über seine Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid weggefallen ist. Im Hinblick darauf und auf die in der Parteienerklärung genannte Auswanderung des Beschwerdeführers (in die USA) ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich, welche Bedeutung der Erledigung der Beschwerde noch zukommen und welches rechtliche Interesse der Beschwerdeführer an der Sacherledigung des Verwaltungsgerichtshofes in der vorliegenden Beschwerdesache noch haben sollte.
Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 ist bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei einer Beschwerde nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.
Berücksichtigte man den nachträglichen Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der vorliegenden Beschwerde nicht, so ist davon auszugehen, dass die Beschwerde abzuweisen gewesen wäre.
Gemäß Artikel 3 Absatz 4 DÜ hat jeder Mitgliedstaat unter der Voraussetzung, dass der Asylbewerber diesem Vorgehen zustimmt, das Recht, einen von einem Ausländer gestellten Asylantrag auch dann zu prüfen, wenn er auf Grund der in diesem Übereinkommen definierten Kriterien nicht zuständig wäre.
Der Beschwerdeführer, der in der Beschwerde weder die Zuständigkeit Frankreichs zur Prüfung seines Asylantrages bestreitet noch eine ihm dort drohende menschenrechtswidrige Behandlung oder einen Verstoß gegen das Refoulement - Verbot geltend macht, bekämpft die Zurückweisung seines Asylantrages gemäß § 5 AsylG ausschließlich mit dem Argument, dass die belangte Behörde prüfen hätte müssen, ob Österreich aus humanitären Gründen gemäß Art. 3 Abs. 4 DÜ vom Recht Gebrauch mache, den gegenständlichen Asylantrag inhaltlich zu prüfen, obgleich Österreich nach den im Übereinkommen definierten Kriterien dafür nicht zuständig sei.
Aus Artikel 3 Abs. 4 DÜ erfließt dem Antragsteller nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aber kein subjektiv-öffentliches Recht dahin, dass ein nach den Zuständigkeitskriterien des DÜ für die Prüfung des Asylantrages nicht zuständiges Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrages übernimmt; diese Bestimmung richtet sich ausschließlich an die Mitgliedstaaten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0419, sowie vom 3. Mai 2000, Zl. 99/01/0090). Durch die Nichtanwendung dieser Bestimmung konnte der Beschwerdeführer somit in keinem Recht verletzt werden.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 58 Abs. 2 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. September 2000
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