VwGH 99/19/0136

VwGH99/19/013617.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerden 1. der 1994 geborenen S L und 2. der 1972 geborenen A L, beide in Wien, beide vertreten durch Mag. L, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 5. März 1999, Zlen. 1. 309.190/3-III/11/98 und 2. 309.190/2-III/11/98, jeweils betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §19 Abs1;
AsylG 1997 §19;
Aufenthaltsrecht Kosovo-Albaner Nov 1999/II/461 §2;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §23 Abs5;
FrG 1997 §28 Abs5;
FrG 1997 §8 Abs1;
FrG 1997 §8 Abs3;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
NLV 1999 §3 Abs9 Z5;
AsylG 1997 §19 Abs1;
AsylG 1997 §19;
Aufenthaltsrecht Kosovo-Albaner Nov 1999/II/461 §2;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §23 Abs5;
FrG 1997 §28 Abs5;
FrG 1997 §8 Abs1;
FrG 1997 §8 Abs3;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
NLV 1999 §3 Abs9 Z5;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Tochter der Zweitbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerinnen sind Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien und gehören nach ihren Behauptungen im Verwaltungsverfahren der albanischen Volksgruppe im Kosovo an. Mit am 31. Jänner 1997 bei der österreichischen Botschaft in Budapest überreichten Eigaben beantragten die Beschwerdeführerinnen die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck des Familiennachzuges zu ihrem in Österreich aufhältigen Vater bzw. Ehegatten.

Diese gemäß § 112 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) nach dessen Inkrafttreten als solche auf Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen gewerteten Anträge wurden mit den angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde vom 5. März 1999 gemäß § 28 Abs. 5 FrG 1997 abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden nach Wiedergabe des § 8 Abs. 1 und 3 FrG 1997 im Wesentlichen gleichlautend aus, die Beschwerdeführerinnen seien während der Anhängigkeit ihres Berufungsverfahrens am 4. Oktober 1998 unrechtmäßig nach Österreich eingereist und hätten am 8. Oktober 1998 Asylanträge gestellt. Die Beschwerdeführerinnen hätten hiedurch ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 1997 erworben. Gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 seien Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Diese Bestimmung setze nicht nur voraus, dass der Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet gestellt werde, sondern auch, dass die Entscheidung über den Antrag grundsätzlich vom Ausland aus abgewartet werde.

§ 28 Abs. 5 letzter Satz FrG 1997 besage, dass vorläufig aufenthaltsberechtigte Fremde keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel benötigten. Bei der Ausübung des ihr vom Gesetz eingeräumten Ermessens habe die belangte Behörde vom Zweck sowie von der Dauer des geplanten Aufenthaltes des Fremden ausgehend, auf seine persönlichen Verhältnisse, auf öffentliche Interessen und auf die besonderen Verhältnisse im Land des beabsichtigten Aufenthaltes Bedacht zu nehmen. Es bestehe ein "immenses" öffentliches Interesse an einer geordneten Handhabung fremdenrechtlicher Bestimmungen. Die Versagung der beantragten Niederlassungsbewilligung sei auch aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt, weil die öffentlichen Interessen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerinnen überwögen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auf Grund ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

§ 14 Abs. 2, § 23 Abs. 7, § 28 Abs. 5 sowie § 29 Abs. 1 und 4 FrG 1997 lauten (auszugsweise):

"§ 14. ...

(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen.

...

§ 23. ...

(7) Auf Grund einer Mitteilung der Asylbehörde gemäß § 14 Abs. 4 des Asylgesetzes 1997 hat die Behörde dem Fremden ungeachtet des § 28 Abs. 5 wegen Eintrittes eines Endigungsgrundes (Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention) von Amts wegen eine weitere Niederlassungsbewilligung unbefristet zu erteilen, die für jeglichen Aufenthaltszweck gilt.

...

§ 28. ...

(5) Fremde, denen in Österreich Asyl gewährt wird, genießen Sichtvermerksfreiheit. Fremde, die sonst auf Grund der Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind, benötigen hiefür keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel.

...

§ 29. (1) Für Zeiten eines bewaffneten Konfliktes oder sonstiger die Sicherheit ganzer Bevölkerungsgruppen gefährdender Umstände kann die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates mit Verordnung davon unmittelbar betroffenen Gruppen von Fremden, die anderweitig keinen Schutz finden (Vertriebene), ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet gewähren.

...

(4) Wird infolge der längeren Dauer der in Abs. 1 genannten Umstände eine dauernde Integration erforderlich, kann in der Verordnung festgelegt werden, dass bestimmte Gruppen der Aufenthaltsberechtigten einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung wirksam im Inland stellen können und dass ihnen die Niederlassungsbewilligung trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 4 erteilt werden kann."

In Art. I der am 27. April 1999 ausgegebenen Verordnung der Bundesregierung, mit der das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner geregelt und die Niederlassungsverordnung 1999 geändert wird, BGBl. II Nr. 133/1999, wird, gestützt auf § 29 FrG 1997 bestimmten Gruppen von Kosovo-Albanern ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht bis 31. Dezember 1999 zuerkannt.

Für die vor dem 15. April 1999 eingereisten Fremden bestimmt § 2 dieser Verordnung:

"§ 2. Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, die glaubhaft machen, Kosovo-Albaner zu sein, sowie deren Ehegatten und minderjährigen Kindern, die vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sind, infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in ihre Heimat zurückkehren und anderweitig keinen Schutz vor Verfolgung finden können, kommt ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu. Dies gilt nicht für Fremde, die sonst ein Aufenthaltsrecht haben."

Mit Art. II dieser Verordnung wurde die Niederlassungsverordnung 1999, BGBl. II Nr. 424/1998 u.a. dadurch geändert, dass dem § 3 Abs. 9 eine Z. 5 angefügt wurde, so dass dieser auszugsweise lautete wie folgt:

"(9) Im Jahr 1999 dürfen in Wien höchstens 3.000 quotenpflichtige Niederlassungsbewilligungen erteilt werden, hievon

...

5. 100 Niederlassungsbewilligungen für Ehegatten und minderjährige Kinder bereits im Bundesgebiet niedergelassener Fremder, die vor dem 15. April 1999 einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gestellt haben, über den mangels zur Verfügung stehender Bewilligungen noch nicht entschieden ist, die aus dem Kosovo vertrieben sind und keinen anderweitigen Schutz finden können, sofern entweder der niedergelassene Fremde oder diese Angehörigen als Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien glaubhaft machen, Kosovo-Albaner zu sein."

Gemäß § 6 Abs. 2 der Niederlassungsverordnung 1999 trat § 3 in der Fassung der vorzitierten Verordnung mit 1. Mai 1999 in Kraft.

Der Annahme der belangten Behörde die Beschwerdeführerinnen seien bei Bescheiderlassung nach dem AsylG 1997 zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt gewesen, wird in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Vor dem Hintergrund der im Verwaltungsakt ersichtlichen Bescheinigung des Bundesasylamtes über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung der Beschwerdeführerinnen vom 17. Dezember 1998 bis 17. März 1999 und der Zustellung der angefochtenen Bescheide vor diesem Zeitpunkt (am 11. bzw. am 16. März 1999) begegnet diese Annahme auch keinen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes.

Wie im hg. Erkenntis vom 4. Februar 2000, Zl. 98/19/0317, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt wurde, führt der Umstand, dass ein Fremder nach dem Asylgesetz 1997 zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist, nicht zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 5 FrG 1997 an ihn. Die belangte Behörde wertete daher die Anträge der Beschwerdeführerinnen vom 31. Jänner 1997 auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen zutreffend in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 112 FrG 1997 als solche auf Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen.

Die Beschwerdeführerinnen vertreten nun die Auffassung, § 28 Abs. 5 FrG 1997 biete keine Grundlage für die Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung. Insbesondere räume § 28 Abs. 5 letzter Satz FrG 1997 keine Niederlassungsrechte ein.

Diesem Beschwerdevorbringen ist das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 98/19/0276, entgegenzuhalten, wonach das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 5 zweiter Satz FrG 1997 einen Versagungsgrund bildet, welcher zur Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung führt. Die Berechtigung zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet nach dem Asylgesetz 1997 schließt also die Möglichkeit der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus. In dem zitierten Erkenntnis führt der Verwaltungsgerichtshof für diese Auslegung im Wesentlichen drei Gründe ins Treffen:

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