Normen
FrG 1997 §112;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs3;
FrPolG 1954 §2 Abs2;
PaßG 1969 §24 Abs1 lita;
FrG 1997 §112;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs3;
FrPolG 1954 §2 Abs2;
PaßG 1969 §24 Abs1 lita;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte mit am 29. September 1997 zur Post gegebenen Schreiben seines Rechtsvertreters beim Magistrat der Stadt Wien einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, in eventu eines Sichtvermerkes. Dieser Antrag wurde vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 18. März 1998 mangels einer Antragstellung vor der Einreise vom Ausland aus gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) "zurückgewiesen" (gemeint: abgewiesen). Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei noch nie in Österreich niedergelassen gewesen, habe aber trotzdem seinen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung vom Inland aus gestellt.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er lebe seit 1987 in Österreich und sei zum Aufenthalt berechtigt gewesen, weil er mit einer Österreicherin verheiratet gewesen sei.
Der Bundesminister für Inneres wies die Berufung mit Bescheid vom 18. November 1998 gemäß § 14 Abs. 2, § 10 Abs. 2 Z. 3 und § 31 Abs. 1 FrG 1997 ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, auf Grund der vorliegenden Aktenlage sei ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer von der Bundespolizeidirektion Wien von 1979 bis 1988 Sichtvermerke für die Republik Österreich erteilt worden seien, weil er auf den entsprechenden Antragsformularen angegeben habe, im Bundesgebiet einem Studium nachzugehen. Am 28. April 1993 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht, die Ehe sei jedoch am 30. Mai 1996 geschieden worden. Sämtliche seiner Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung seien mangels Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland oder wegen unerlaubten Aufenthalts im Bundesgebiet abgewiesen worden. Es stehe auf Grund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers fest, dass er sich seit dem 30. März 1988, also seit mehr als zehn Jahren, unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte und nach Angaben seines rechtsfreundlichen Vertreters auch einer Erwerbstätigkeit nachgehe. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begäben bzw. dort aufhielten, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Aus der vorliegenden Aktenlage gehe eindeutig hervor, dass der Beschwerdeführer sich zum Zeitpunkt seiner Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten habe. Da sein Antrag als Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu werten sei, hätte er diesen Antrag vom Ausland aus stellen müssen, weil er die für die Inlandsantragstellung genannten Voraussetzungen gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 nicht erfülle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die maßgeblichen Bestimmungen des FrG 1997 lauten (auszugsweise):
"§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit dem selben Zweckumfang zu erteilen. ...
...
§ 112. Verfahren zur Erteilung eines Sichtvermerkes sowie Verfahren zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, oder gemäß der §§ 113 und 114 anhängig werden, sind nach dessen Bestimmungen - je nach dem Zweck der Reise oder des Aufenthaltes - als Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels oder als Verfahren zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels oder eines weiteren Aufenthaltstitels fortzuführen. ..."
§ 24 Abs. 1 und § 26 Abs. 1 und 2 des Passgesetzes, BGBl. Nr. 422/1969, lauteten (auszugsweise):
"§ 24. (1) Sichtvermerke werden erteilt als
a) gewöhnliche Sichtvermerke
oder
b) Dienstsichtvermerke ...
oder
c) Diplomatensichtvermerke ...
...
§ 26. (1) Sichtvermerke können für eine einmalige Einreise oder für mehrmalige Einreisen erteilt werden. Die im Inland mit der Erteilung von Sichtvermerken betrauten Behörden können Fremden während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet Sichtvermerke für die einmalige Wiedereinreise oder für mehrmalige Wiedereinreisen erteilen.
(2) Die Behörde kann die Gültigkeitsdauer von Sichtvermerken befristen und in den Sichtvermerken bestimmte Grenzübergänge, Reisewege sowie Reiseziele vorschreiben.
..."
Der Verwaltungsgerichtshof hat im hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zlen. 98/19/0195, 0196, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass er entsprechend der dem § 23 Abs. 1 FrG 1997 zu Grunde liegenden Kriterien den § 112 FrG 1997 dahingehend interpretiere, dass ein am 1. Jänner 1998 anhängiges Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung dann als Verfahren zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung fortzuführen ist, wenn der Antragsteller bereits über einen Aufenthaltstitel verfügte, der ihm nach den damals geltenden Bestimmungen gestattete, sich im Bundesgebiet auf Dauer niederzulassen, und er nach Ablauf der Gültigkeitsdauer desselben im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen blieb. Im Geltungszeitraum des Passgesetzes 1969 und des Fremdenpolizeigesetzes 1954, in welchem nach den Feststellungen der belangten Behörde die dem Beschwerdeführer erteilten Sichtvermerke ausgestellt wurden, hätte ein gewöhnlicher Sichtvermerk gemäß § 24 Abs. 1 lit. a des Passgesetzes 1969, auch wenn seine Gültigkeitsdauer befristet war, in Ermangelung sonstiger Einschränkungen betreffend Grenzübergänge, Reisewege oder Reiseziele grundsätzlich zur dauernden Niederlassung im Bundesgebiet im nunmehrigen Verständnis des FrG 1997 berechtigt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wäre die Behandlung des Antrages des Beschwerdeführers als solcher auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn die auch im angefochtenen Bescheid erwähnten Sichtvermerke, die dem Beschwerdeführer ausgestellt worden waren, derart kurz bemessen gewesen wären, dass die Annahme, sie hätten zur Niederlassung auf Dauer berechtigt, von vornherein auszuschließen wäre. So ist die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung regelmäßig dann ausgeschlossen, wenn die Geltungsdauer eines vor dem 1. Jänner 1993 erteilten gewöhnlichen Sichtvermerkes sechs Wochen nicht überschreitet und in der Folge auch keine weiteren damit in zeitlichen Zusammenhang zu bringenden Berechtigungen zum Aufenthalt erteilt wurden (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999).
Diesbezügliche Feststellungen zur Art der dem Beschwerdeführer ausgestellten Sichtvermerke hat die belangte Behörde jedoch, ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht, unterlassen. Es sei in diesem Zusammenhang aber erwähnt, dass auf der Grundlage des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsaktes (vgl. OZl. 59) hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die dem Beschwerdeführer ausgestellten Sichtvermerke gewöhnliche Sichtvermerke von mehrmonatiger Dauer waren.
Hätte sich aber ergeben, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines hiezu berechtigenden Titels zunächst rechtmäßig in Österreich auf Dauer niedergelassen war und sodann - wovon auch die belangte Behörde ausgeht - ununterbrochen im Bundesgebiet verblieben wäre, so wäre das gegenständliche Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers als solches auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels, und zwar einer weiteren Niederlassungsbewilligung, fortzuführen gewesen. Selbst bei Vorliegen von Versagungsgründen wäre die belangte Behörde daher nicht ermächtigt gewesen, den Antrag des Beschwerdeführers abzuweisen, sondern wäre verpflichtet gewesen, nach den Bestimmungen der §§ 12 Abs. 3 und 15 FrG 1997 vorzugehen.
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. März 2000
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