Normen
ABGB §1053;
ABGB §1080;
ABGB §1081;
ABGB §861;
BewG 1955 §4;
VwRallg;
ABGB §1053;
ABGB §1080;
ABGB §1081;
ABGB §861;
BewG 1955 §4;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine im Versandhandel tätige Gesellschaft m.b.H. Bei der von Oktober 1995 bis März 1996 vorgenommenen Buch- und Betriebsprüfung wurde unter Tz 33 unter anderem Folgendes festgehalten:
"Die Betriebsprüfung konnte sich der Argumentation des Unternehmens, jeder Umsatz sei ein 'unverbindlicher Kauf auf Probe', bei dem die Gefahr des Untergangs mit der Genehmigung durch den Käufer auf diesen übergeht, nicht anschließen. Der Zeitpunkt der Genehmigung wäre nach Ablauf der verbindlichen Rückgabefrist als aufschiebend bedingt anzusehen.
Die Betriebsprüfung erachtet den Übergang der Preisgefahr bei der Übergabe der Ware (spätestens ab Gebrauch der Ware) als verwirklicht. Die Preisgefahr geht an das Unternehmen nur mehr dadurch zurück, dass der Kunde die ungebrauchte Ware innerhalb der Probefrist zurücksendet (auflösend bedingter Kauf). Diese Beurteilung wird u.a. auch auf die Aussage der Geschäftsleitung während der Schlussbesprechung am 30.4.1996 gestützt, dass eine Ware, die nach Übernahme des Käufers bei diesem 'zufällig untergeht', bezahlt werden muss.
Die Betriebsprüfung erkennt grundsätzlich die Rückstellung für Warenretouren nicht als Schuldposition für die Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens an, kann sich aber der Argumentation anschließen, dass Waren im Wert von ca. 10 % der Rückstellung als auf dem Postweg befindlich bereits als Verbindlichkeit des Unternehmens anzusehen sind."
Das Finanzamt folgte der Betriebsprüfung und erließ nach Wiederaufnahme der abgeschlossenen Verfahren entsprechende Sachbescheide.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung - nach einer der Berufung teilweise stattgebenden Berufungsvorentscheidung und einem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz - nicht Folge. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens (im Erwägungsteil) Folgendes aus:
Strittig sei, ob der Umstand, dass die Beschwerdeführerin bis zum Versandkatalog Frühjahr/Sommer 1998 ihren Kunden ein 3-Wochen Umtausch- und Rückgaberecht (ab dem Herbst/Winter-Katalog 1998/99 abgeändert auf 2 Wochen) eingeräumt habe, eine für beide Vertragsteile verbindliche Nebenvereinbarung darstelle oder nicht.
Eine Nebenvereinbarung zu einem Vertrag komme grundsätzlich ebenso zustande, wie die Hauptvereinbarung selbst; die in Rede stehende aufschiebende Bedingung müsse daher im Schriftverkehr mit den Versandhandelskunden der Beschwerdeführerin nachweisbar und widerspruchslos vereinbart worden sein.
Im aktenkundigen Teil des Versand-Kataloges Frühjahr/Sommer 1998 seien folgende AGB und entscheidungswesentliche Rechte zu entnehmen:
"3 Wochen Umtausch- und Rückgaberecht: Alles, was Sie bestellen erhalten Sie zur unverbindlichen Ansicht zugesandt - ohne Kaufverpflichtung. Sie haben 3 Wochen (!) Zeit, sich zu entscheiden. Sind Sie nicht zufrieden, können Sie die Ware auf unsere Kosten zurückschicken.
Universal-Versand Kauf- und Lieferbedingungen:
- Unsere Kauf- und Lieferbedingungen gelten für alle schriftlichen und telefonischen Bestellungen und werden mit jeder Bestellung anerkannt.
- Jede Lieferung erfolgt ohne Nachnahme (Ausnahme sind Bestellscheine in per Postwurfsendung verbreiteten Sonderkatalogen).
- Zahlungsbedingungen: Bei Barzahlung ist die Zahlung des Rechnungsbetrages binnen 21 Tagen ab Rechnungsdatum fällig. Im Falle des Zahlungsverzuges werden wie bei Teilzahlungskauf 1,55 % Kreditgebühren p.M. kontokorrentmäßig berechnet.
- Teilzahlung: Bei Universal-Versand bis S 50.000,-- möglich
- bei Bestellungen bis S 3.000,-- beträgt die Anzahlung 10 %, bei Bestellungen über S 3.000,-- 20 %. (Weiters sind noch die Teilzahlungskosten, der Terminverlust, der Zahlungsverzug und die Übersicht dargestellt, was der Kunde bei einem Zahlungsverzug zu beachten und an Kosten zu tragen hat.)"
Die Beschwerdeführerin würde auf jeder Rechnung ihren Kunden folgende Vertragspunkte mitteilen:
- Das Fälligkeitsdatum (3 Wochen nach dem Rechnungsdatum).
- Der Eigentumsvorbehalt zu Gunsten von Universal-Versand (bis zur vollständigen Bezahlung der Waren).
- Der Rücksendeschein (verbunden mit der Rechnung) mit der Vereinbarung, in welchem Zustand sich die Retourware befinden muss und dass sie nur in der Originalverpackung retourniert werden kann."
Die belangte Behörde führte weiters aus, grundsätzlich könne jeder Vertrag mittels Nebenvereinbarung den verschiedenen Lebensumständen angepasst werden. Das Verfügungsgeschäft (Übertragung des Eigentums) erfolge laut Rechnungsbeleg bei der Beschwerdeführerin unter Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Bezahlung der Ware. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1957, Zl. 1164/54) seien die zu einer solchen Nebenbestimmung gelieferten Wirtschaftsgüter beim Erwerber zu erfassen. Das Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag im Versandhandel) beinhalte im gegenständlichen Fall keine aufschiebende Bedingung. Die im Versandkatalog abgedruckten Kauf- und Lieferbedingungen enthielten nur die Zahlungsfrist (innerhalb 21 Tagen ab Rechnungsdatum) sowie Angaben über die Folgen eines Zahlungsverzuges des Kunden. Auf der Rechnung finde sich der Ablauf der Fälligkeitsfrist ebenfalls abgedruckt. Das 3 Wochen Umtausch- und Rückgaberecht (ab Herbst/Winter-Katalog 1998/99 2 Wochen) werde dem Kunden von Universal-Versand im Versandkatalog als gesondertes, in seinem Belieben stehendes Recht versprochen (Anbot), welches bei einer Bestellung und nach erfolgter Zustellung der Ware rechtswirksam werde. Im zusammen mit der Rechnung versandten Rücksendeschein werde die Rücksendung der Ware überdies an die Voraussetzung geknüpft, dass nur ungebrauchte Waren und nur in der Originalverpackung befindliche Waren zurückgenommen werden könnten. Unter Berücksichtigung dieser objektiven Willenserklärungen der Beschwerdeführerin in dem mit einem Versandgeschäft in Zusammenhang stehenden Schriftverkehr könne die belangte Behörde nicht überzeugt werden, dass die Preisgefahr der Versandhandelsgeschäfte der Beschwerdeführerin während eines "3 Wochen Umtausch- und Rückgaberechtes" bei ihr verbliebe. Selbst bei jenen Versandgeschäften, bei denen sich die Kundschaft nicht zum Behalt der Waren entschließe, werde der Kaufpreis nur dann zurückgezahlt (gutgeschrieben), wenn die Rückware im bedungenen Zustand in den Besitz der Beschwerdeführerin zurückgelange. Im Falle des zufälligen Unterganges der Sache, während sie sich im Besitz des Kunden befinde, sei eine Warenrücksendung im vereinbarten Zustand nicht mehr denkmöglich.
Dem Hinweis der Beschwerdeführerin auf einen Erlass des BMF vom 18. März 1991 zum Thema "Kauf auf Probe" und auf die Lehrmeinung des deutschen Wirtschaftsprüferhandbuches 1992 sei zu entgegnen, dass diese Publikationen das Vorliegen der hier strittigen Tatsache als gegeben voraussetzten. Wie aus dem dargestellten Schriftverkehr mit Universal-Versand-Kunden zweifelsfrei zu entnehmen sei, könne eine Nebenbestimmung zum Versandhandelskauf (in Form der Bedingung des Kaufes nach der im Belieben des Käufers stehenden Genehmigung der Ware) nicht erwiesen werden.
Der Berufung der Beschwerdeführerin auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 27. Mai 1980, Zl. 1 Ob 621/80, sei zu entgegnen, dass das Versandhaus laut dem gegenständlichen Urteil durch den Gebrauch der Worte "wenn wir uns entschlossen haben, die Ware zu behalten" die fragliche Nebenbestimmung der Genehmigung der Ware innerhalb eines Zeitraumes nach Belieben des Käufers ausdrücklich im Versandkatalog versprochen habe, sodass diese Bedingung durch die Warenlieferung auf Bestellung des Kunden rechtswirksam vereinbart worden sei. Für den gegenständlichen Beschwerdepunkt bedeute dies, dass das 3-Wochen-Umtausch- und Rückgaberecht innerhalb der zum Kaufvertrag gehörenden Willenserklärungen nachweisbar hätte versprochen werden müssen, um als aufschiebende Bedingung (Nebenbestimmung) zum Kaufvertrag angesehen werden zu können. Dies sei aus dem aktenkundigen Service-Intensivteil des Versandkataloges der Beschwerdeführerin nicht zu entnehmen. Sowohl in den an den Käufer adressierten Rechnungen als auch in den Kauf- und Lieferbedingungen würden als Zahlungsfrist 21 Tage ab Rechnungsdatum bezeichnet. Nach Ablauf dieser Zahlungsfrist träfen den Käufer bereits die vertraglich bedungenen Folgen des Zahlungsverzuges. Diesen erkennbaren Willenserklärungen zufolge erscheine die im Belieben des Käufers stehende Genehmigung der Ware nur in einem Zusammenhang mit dem dem Kunden eingeräumten 3-Wochen Umtausch- und Rückgaberecht als aufschiebende Bedingung. Auf das Gesamtvermögen der Beschwerdeführerin könne dieses den Kunden bedingt eingeräumte Recht keine entscheidungswesentliche Auswirkung haben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde ihrem Bescheid die Allgemeinen Geschäftsbedingungen laut Versandkatalog Frühjahr/Sommer 1998 zu Grunde gelegt habe. Für den gegenständlichen Sachverhalt sei aber der Zeitraum 1990 bis 1993 relevant. Die belangte Behörde habe die Feststellung unterlassen, welchen konkreten Inhalt die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Zeitraum 1990 bis 1993 gehabt hätten. Da die damals in Geltung gestandenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ermittelt worden seien, leide der Bescheid bereits aus diesem Grunde an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Verletzung einer Verfahrensvorschrift führt nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sie möglicherweise auf den Bescheidinhalt Einfluss hatte. Im vorliegenden Fall führt die Beschwerdeführerin nicht aus, welche Feststellungen die belangte Behörde zu treffen gehabt hätte und dass bei Zugrundelegung der richtigerweise zu treffenden Feststellungen der Bescheid anders gelautet hätte. Sie zeigt somit die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht auf. Es ist daher von dem von der belangten Behörde festgestellten Teil des Versandkataloges - der im Übrigen auch den Ausführungen in der Beschwerde zu Grunde liegt - auszugehen. Diesfalls ist aber der Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach die mit ihren Kunden geschlossenen Geschäfte als Kauf auf Probe zu beurteilen sind, zu folgen.
Vorweg ist festzuhalten, dass entgegen der Auffassung der belangten Behörde der textliche Inhalt der von der Beschwerdeführerin ausgestellten Rechnungen und des damit verbundenen Rücksendescheines für die Beurteilung des Geschäftes nicht zu berücksichtigen ist. Rechnungen sind schon ihrer kaufmännischen Funktion nach nicht dazu bestimmt, Anbote eines Vertragspartners auf Änderung eines bereits abgeschlossenen Vertrages aufzunehmen (SZ 55/106). Wesentlich ist somit der Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beschwerdeführerin, denen sich der Kunde durch die Bestellung unterwirft. Nach den hier zu beurteilenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beschwerdeführerin wurde den Kunden alles, was er bestellt hatte, zur unverbindlichen Ansicht, ohne Kaufverpflichtung, zugesandt. Nach dem Vertragsinhalt hatte der Kunde 3 Wochen Zeit, sich zu entscheiden. Falls er nicht zufrieden ist, kann er die Ware auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückschicken. Es ist der Beschwerdeführerin darin beizupflichten, dass die zwischen ihr und ihren Kunden zustande gekommene Vereinbarung als Kauf auf Probe (§§ 1080, 1081 ABGB) zu qualifizieren ist. Die Genehmigung des Rechtsgeschäftes war, wie der Gebrauch der Worte "zur unverbindlichen Ansicht zugesandt", "ohne Kaufverpflichtung", "sich zu entscheiden" erweist, offensichtlich in das Belieben des Kunden gestellt. Eben dies ist für den Kauf auf Probe wesentlich. Der Kauf auf Probe ist nämlich ein Rechtsgeschäft, bei dem der Verkäufer sofort und unbedingt, der Käufer hingegen bedingt und erst nach Genehmigung unbedingt verpflichtet ist (Mayer-Maly in Klang, 2. Auflage, IV/2, 904). Die Kaufpreisforderung der Beschwerdeführerin war daher von der Genehmigung der Ware durch den Kunden abhängig. Gemäß § 4 BewG 1955 werden Kapitalforderungen (Wirtschaftsgüter), deren Erwerb vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, erst berücksichtigt, wenn die Bedingung eingetreten ist. Dadurch, dass die belangte Behörde die Kaufpreisforderung bereits ab Versendung der Ware durch die Beschwerdeführerin als unbedingt entstanden ansah, verkannte sie die Rechtslage. Da die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt wurde, war der Bescheid über die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Betreffend Vermögenssteuer und Erbschaftssteueräquivalent war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, weil es sich diesbezüglich um gemäß § 252 BAO abgeleitete Bescheide handelt.
Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. September 2000
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