VwGH 99/13/0158

VwGH99/13/015826.9.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Paul Georg Appiano und Dr. Bernhard Kramer, Rechtsanwälte in Wien I, Bösendorferstraße 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 22. Juni 1999, GZ RV/89-12/99, betreffend Einkommensteuer 1996, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §34 Abs3 impl;
EStG 1988 §34 Abs3;
EStG 1972 §34 Abs3 impl;
EStG 1988 §34 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Inhalt der Akten schloss der Beschwerdeführer am 25. Juni 1993 einen Leasingvertrag über einen Personenkraftwagen. Der Vertrag war auf unbestimmte Zeit geschlossen, wobei der Leasingnehmer das Recht hatte, den Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat schriftlich aufzukündigen. Die Kalkulationsbasisdauer des Leasingvertrages betrug 48 Monate; während dieser Zeit verzichtete der Leasinggeber auf Kündigung.

Im Jahre 1994 ging der Beschwerdeführer ein Dienstverhältnis mit einem Reiseveranstalter betreffend die Führung eines Feriendorfes in Brasilien ein. Über Betreiben des Beschwerdeführers trat Harry M. am 9. November 1994 dem Leasingvertrag bei. Harry M. kam seinen Verpflichtungen aus dem Vertragsbeitritt nicht nach und wurde offenkundig insolvent. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer vom Leasinggeber gerichtlich in Anspruch genommen. Nach einem Schreiben des damaligen Rechtsfreundes des Beschwerdeführers vom 22. August 1996 sei vom Leasinggeber ein Vorschlag für einen (gerichtlichen) Vergleich über eine Zahlung von S 73.750,-- erreicht worden. Dazu kämen noch die Kosten des Rechtsfreundes in Höhe von ca. S 10.000,--.

Der Beschwerdeführer legte das bezeichnete Schreiben seines Rechtsfreundes der Einkommensteuererklärung für 1996 bei, füllte aber das als Beilage zur Einkommensteuererklärung eingebrachte Formblatt betreffend außergewöhnliche Belastungen nicht mit einem bestimmten Betrag aus. Im Einkommensteuerbescheid für 1996 wurde eine außergewöhnliche Belastung nicht berücksichtigt.

Der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1996 wurde neuerlich das genannte Schriftstück vom 22. August 1996 angeschlossen. Im weiteren Verfahren wurde insbesondere ein beim Bezirksgericht Josefstadt am 28. Juli 1996 eingebrachter vorbereitender Schriftsatz - aus dem der dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Sachverhalt ersichtlich war - vorgelegt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Beschwerdeführer den Antrag gestellt habe, einen Betrag von S 83.750,-- als außergewöhnliche Belastung "für die Zahlung einer Leasingrate" zu berücksichtigen. Die belangte Behörde erachtete die Zwangsläufigkeit der in Rede stehenden Aufwendungen nicht als gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Voraussetzung für die Berücksichtigung von Aufwendungen des Steuerpflichtigen als außergewöhnliche Belastung ist unter anderem, dass die Belastung zwangsläufig erwachsen ist, sich der Steuerpflichtige ihr also aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen konnte (§ 34 Abs 3 EStG 1988). Aus dieser Bestimmung ergibt sich dabei mit aller Deutlichkeit, dass freiwillig getätigte Aufwendungen nach § 34 EStG ebenso wenig Berücksichtigung finden können wie Aufwendungen, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden oder die sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (vgl zB die hg Erkenntnisse vom 4. April 1990, Zl 89/13/0100, und vom 19. März 1998, Zl 95/15/0024).

Der Beschwerdeführer, der es entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift unterlassen hat, den Aufwand, den er als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen wollte, genau zu beziffern, wurde zur Entrichtung des nicht näher bezeichneten Betrages durch eine Kette von freiwilligen Handlungen verpflichtet. Für diesen Aufwand war zunächst der Abschluss eines Leasingvertrages kausal, der für den Beschwerdeführer zwar formal jederzeit kündbar war, der ihn aber doch durch die betragsmäßige Bindung an den Kalkulationszeitraum von 48 Monaten zu den vom Leasinggeber für diesen Zeitraum kalkulierten Leistungen verpflichtet hat. Sodann hat er ein ihm offenkundig in seinem Beruf attraktiv erscheinendes Angebot eines brasilianischen Reiseveranstalters - nach den insoweit ein neues, und damit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliches Vorbringen darstellenden Angaben in der Beschwerdeschrift im Hinblick auf die damalige Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers - angenommen. Zur Ausschaltung der den Beschwerdeführer aus dem Leasingvertrag treffenden Verpflichtungen hat er Harry M. zum Beitritt zum Leasingvertrag bestimmt, ein Umstand, der entgegen seinen Erwartungen nicht zur Befreiung von den im Leasingvertrag eingegangenen Verpflichtungen geführt hat. Alle diese Umstände hat der Beschwerdeführer aber aus freien Stücken herbeigeführt. Schließlich hat sich der Beschwerdeführer auch zur Führung eines zivilgerichtlichen Verfahrens, nämlich zur Bestreitung der gegen ihn vom Leasinggeber geltend gemachten Ansprüche, freiwillig entschlossen. Die Aufwendungen, nämlich der Ersatz der Ansprüche des Leasinggebers aus dem Leasingvertrag zuzüglich der in der Vergleichssumme enthaltenen Prozesskosten und dem Honorar des Rechtsvertreters, können somit nicht als zwangsläufig erwachsen angesehen werden.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, die belangte Behörde habe es unterlassen, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt festzustellen, ist ihm insoweit beizupflichten, als der belangten Behörde im Erwägungsteil der Bescheidbegründung eine Unstimmigkeit in der zivilrechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes unterlaufen ist. Nach den diesbezüglichen Begründungsdarlegungen geht die belangte Behörde von einer Übertragung des Schuldverhältnisses auf Harry M. aus, wobei sie zum Ergebnis kommt, die Schuldübernahme sei nicht zwangsläufig gewesen. Diese Folgerung ist nicht nachvollziehbar, da es - wie aus den den Verwaltungsakten angeschlossenen Teilen der Akten des zivilgerichtlichen Verfahrens mit aller Deutlichkeit zu entnehmen ist - eben zu keiner den Beschwerdeführer befreienden Schuldübernahme gekommen ist. Da aber angesichts des dem Tatsächlichen nach auch diesbezüglich nicht strittigen Sachverhaltes nicht erkennbar ist, zu welchem anderen Bescheid die belangte Behörde bei Vermeidung dieser Unstimmigkeit der Bescheidbegründung hätte gelangen können, konnte dieser Begründungsfehler zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht führen.

Insoweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie habe keine Ermittlungen zu den näheren Umständen des Wechsels des Arbeitsplatzes geführt, übersieht er, dass bei abgabenrechtlichen Begünstigungen der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund tritt, als der Partei eine besondere Behauptungslast obliegt. Es liegt also an der Partei, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen.

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abzusehen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 26. September 2000

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