VwGH 99/12/0115

VwGH99/12/011522.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der P in G, vertreten durch Dr. Bernhard Grillitsch, Rechtsanwalt in Graz, Schiffgasse 6/I, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadt Graz vom 13. Juni 1996, Zl. Präs. K-23/1996-3, betreffend Zuerkennung einer außerordentlichen Vorrückung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art140;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
DGO Graz 1957 §18;
DGO Graz 1957 §74 Abs3;
DGO Graz Richtlinien 1977;
DVG 1984 §1 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art140;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
DGO Graz 1957 §18;
DGO Graz 1957 §74 Abs3;
DGO Graz Richtlinien 1977;
DVG 1984 §1 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1940 geborene Beschwerdeführerin steht als Amtsrat im Ruhestand in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Landeshauptstadt Graz. Sie wurde mit Beschluss des Stadtsenates vom 28. August 1995 mit Ablauf des 30. September 1995 in den dauernden Ruhestand versetzt.

Mit Schreiben vom 5. und vom 28. September 1995 beantragte die Beschwerdeführerin die Zuerkennung einer außerordentlichen Vorrückung gemäß § 74 Abs. 3 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957 (im Folgenden: DO).

Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Stadtsenates vom 24. November 1995, ausgefertigt mit Bescheid vom 28. November 1995, abgewiesen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine "ausgezeichnete Dienstleistung" im Sinne des § 74 Abs. 3 DO liege nur vor, wenn der Beamte "außergewöhnlich hervorragende Leistungen" während seiner Dienstzeit erbracht habe. In der Stellungnahme des Vorgesetzten der Beschwerdeführerin vom 28. Juni 1995 sei aber festgestellt worden, dass die Beschwerdeführerin während ihrer langjährigen Tätigkeit in der Stadtbücherei zwar stets um die Wünsche der Leser bemüht gewesen sei, jedoch bedingt durch ihre langen "Krankenstände" in den letzten Jahren keine außergewöhnlich hervorragende Dienstleistung habe erbringen können. Es sei daher "auch in Rücksicht auf vorbildliche Leistungen anderer Bediensteter" die Zuerkennung einer außerordentlichen Vorrückung von ihrem Abteilungsvorstand nicht beantragt worden. Aus diesem Grund sei von der Ermessensbestimmung des § 74 Abs. 3 DO kein Gebrauch gemacht worden.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie die Voraussetzungen des Abschnittes IV der Stufenrichtlinien für die Bediensteten der Stadt Graz, nämlich 1. eine mindestens 20-jährige tatsächliche Dienstleistung bei der Stadt und die Dienstbeschreibung auf "ausgezeichnet" oder 2. die volle Ruhegenussbemessungsgrundlage und die Dienstbeschreibung auf mindestens "sehr gut" mit einer "ausgezeichneten" Dienstbeschreibung und einer tatsächlichen Dienstzeit von 38 Jahren erfülle. Allein deshalb stehe ihr diese außerordentliche Gehaltsstufe zu. Darüber hinaus möchte sie zur Stellungnahme des Kulturamtes feststellen, dass diese mit ihrer ausgezeichneten Dienstbeschreibung im Widerspruch stehe und gerechtfertigte "Krankenstände" niemals für eine Leistungsbeurteilung herangezogen werden dürften. Diese gerechtfertigten "Krankenstände" seien vor allem durch drei schwere Darmoperationen und einem damit verbundenen monatelangen Krankenhausaufenthalt verursacht worden. Es sei ihr sogar nahe gelegt worden, krankheitshalber um Versetzung in den Ruhestand anzusuchen; dies habe sie aber aus Freude am Beruf und aus Pflichtbewusstsein nicht getan. Leider sei der Genesung aber eine Verschlechterung ihrer Diabetes gefolgt, welche letztlich im Jahr 1990 zu einer Umstellung der Behandlung auf eine Insulin-Therapie geführt habe. Trotzdem habe sie ihren Dienst immer vorbildlich und gewissenhaft durchgeführt, wie dies auch ihre ausgezeichnete Dienstbeschreibung zeige und habe es seitens der Vorgesetzten niemals eine Beanstandung gegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 DVG 1984 sowie § 74 Abs. 3 DO im Zusammenhalt mit Abschnitt II der Richtlinien des Gemeinderates betreffend die Zuerkennung außerordentlicher Vorrückungen in eine höhere Gehaltsstufe bzw. für die Bemessung des Ruhegenusses anrechenbare Dienstzulagen (Stufenrichtlinien), Gemeinderatsbeschluss vom 15. September 1977, in der Fassung des Gemeinderatsbeschlusses vom 22. Juni 1995, als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage für die Zuerkennung einer Belohnung, im vorliegenden Fall einer ao. Vorrückung in die nächsthöhere Gehaltsstufe, sei § 74 Abs. 3 DO, wonach einem Beamten als Belohnung für seine ausgezeichnete Dienstleistung ao. Vorrückungen in eine höhere Gehaltsstufe zuerkannt werden könnten. Mit Gemeinderatsbeschluss vom 15. September 1977 seien hinsichtlich der zitierten Gesetzesstelle Richtlinien ergangen, deren Abschnitt II, der seit 1. Oktober 1995 in Geltung stehe, bestimme, dass aus Anlass der Versetzung in den Ruhestand Beamten eine ao. Vorrückung in die nächsthöhere Gehaltsstufe bzw. eine für die Bemessung des Ruhegenusses anrechenbare Dienstzulage im Ausmaß des letzten Vorrückungsbetrages gebühre, sofern

1. sie zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung das 60. Lebensjahr vollendet hätten (hinsichtlich weiblicher Bediensteter gelte gemäß Art. II Z. 3 des Gemeinderatsbeschlusses vom 22. Juni 1995 die Voraussetzung des Abschnittes II Z. 1 als erfüllt, wenn sie das 55. Lebensjahr vollendet und die volle Ruhegenussbemessungsgrundlage erreicht hätten. Beginnend mit 1. Jänner 2019 sei die vorgenannte Altersgrenze jährlich bis zum Jahr 2028 jeweils um sechs Monate anzuheben); für im Branddienst der städtischen Feuerwehr stehende Bedienstete, die die volle Ruhegenussbemessungsgrundlage erreicht hätten, gelte das Mindesterfordernis der Vollendung des 57. Lebensjahres;

2. eine auf "ausgezeichnet" oder auf "sehr gut" lautende Dienstbeschreibung vorliege;

3. eine Stellungnahme der Amtsleitung(en) jener Magistratsabteilung(en), der (denen) der Beamte während der letzten zehn Jahre zur Dienstleistung zugewiesen gewesen sei, oder der nach der DO eingerichteten Dienstbeschreibungskommission vorliege, aus der begründet hervorgehe, dass der Beamte während des genannten Zeitraumes überwiegend überdurchschnittliche Dienstleistungen im Sinne der DO erbracht habe.

Gemäß § 74 Abs. 3 DO sei die Zuerkennung einer Belohnung grundsätzlich dem Ermessen der Behörde überlassen. In diesem Zusammenhang gehe aus dem zum Gehaltsgesetz 1956 ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1979, Zl. 2975/78, hervor, dass nach § 19 Abs. 1 GG 1956 für außergewöhnliche Dienstleistungen Belohnungen zuerkannt werden könnten. Ob dies geschehe oder nicht, sei im Hinblick auf das Fehlen jeder weiteren Richtlinie im Gesetz der freien Entscheidungsgewalt der Behörde überlassen, die bei ihrem Vorgehen - liege die vom Gesetz geforderte Voraussetzung der "außergewöhnlichen Dienstleistung" vor - nur durch das Willkürverbot beschränkt sei.

Hingegen bestehe zu § 74 Abs. 3 DO die bereits erwähnte, seit 1. Oktober 1995 in Kraft stehende Richtlinie, welche die freie Entscheidungsgewalt der Behörde beschränke und jene Kriterien festlege, unter denen eine Belohnung jedenfalls zuzuerkennen sei.

Sinn des Vorliegens einer Stellungnahme der Amtsleitung(en) oder der nach der DO eingerichteten Dienstbeschreibungskommission sei - laut Motivenbericht zu Abschnitt II der zitierten Richtlinien - gerade eine auf die andauernden, konkreten Leistungen des Bediensteten eingehende Zuerkennung von Vorrückungsbeträgen. Gemäß Abschnitt II der zitierten Richtlinien habe die betroffene Amtsleitung dem Beamten die abzugebende Stellungnahme nachweislich zur Kenntnis zu bringen und ihm die Überlegungen, die zu dieser Stellungnahme geführt haben, darzulegen. Die Stellungnahme sei seitens des Personalamtes dem Zentralausschuss der Bediensteten der Stadt Graz zur Kenntnis zu bringen. Erhebe der Zentralausschuss oder der Leiter des Personalamtes bzw. sein Vertreter begründete Einwendungen gegen diese Stellungnahme binnen 14 Tagen nach deren Zustellung bzw. Einlangen oder sei die Beurteilung des Bediensteten durch die Amtsleitung nicht möglich, so sei hinsichtlich der Dienstleistungen des Beamten eine Stellungnahme der Dienstbeschreibungskommission einzuholen, auf deren Grundlage die Entscheidung über die Zuerkennung einer ao. Vorrückung bzw. Dienstzulage letztendlich zu treffen sei.

Im § 74 Abs. 3 DO sei der Gedanke einer Belohnung im Einzelfall verankert. So werde auch der Umstand, dass die letzte Dienstbeschreibung der Beschwerdeführerin auf "ausgezeichnet" gelautet habe, die bereits für das Jahr 1975 erfolgt sei, berücksichtigt. In der Stellungnahme der Leitung des Kulturamtes vom 28. Juni 1995 an das Personalamt (im erstinstanzlichen Verfahren) sei ausgeführt worden, dass die Beschwerdeführerin seit August 1956 bei den Grazer Stadtbüchereien beschäftigt sei. Ihre Einsatzfreude und ihr Engagement für den Beruf sei in den letzten Jahren durch schwere Krankheiten und dementsprechend lange "Krankenstände" beeinträchtigt gewesen. Stetes Bemühen um die Wünsche der Leser sei jedoch immer das Hauptanliegen in ihrer langjährigen Berufszeit gewesen. Eine ao. Belohnung könne aber im Hinblick auf die (durch Krankheit) äußerst beeinträchtigte Dienstleistung, auch in Rücksicht auf vorbildliche Leistungen anderer Bediensteter, nicht beantragt werden.

In der am 28. Februar 1996 an die Magistratsdirektion abgegebenen Stellungnahme des Kulturamtes werde festgestellt, dass der der Beschwerdeführerin auch zur Kenntnis gebrachten Stellungnahme vom 28. Juni 1995 nichts hinzugefügt werden könne, da eine (im Sinne des § 74 Abs. 3 DO) überwiegend überdurchschnittliche Dienstleistung nicht erbracht worden sei.

Mit Schreiben vom 17. April 1996 seien die Stellungnahmen der Amtsleitung des Kulturamtes vom 28. Februar 1996 und vom 28. Juni 1995 dem Personalamt mit dem Ersuchen, diese dem Zentralausschuss der Bediensteten der Stadt Graz zur Kenntnis zu bringen, übermittelt worden. Dieses Schreiben samt den Stellungnahmen sei am 17. April 1996 im Personalamt eingelangt. Die Übermittlung an den Zentralausschuss der Bediensteten der Stadt Graz sei am 25. April 1996 erfolgt; seitens des Zentralausschusses seien weder an das Personalamt noch an das Präsidialamt begründete Einwendungen erhoben worden. Aber auch seitens des Leiters des Personalamtes bzw. seines Vertreters seien keine begründeten Einwendungen vorgebracht worden. Da weder der Zentralausschuss noch der Leiter des Personalamtes bzw. sein Vertreter begründete Einwendungen erhoben habe, sei keine Stellungnahme der Beschwerdekommission in Beschreibungsangelegenheiten, die "gemäß Art. II Z. 2" des Gemeinderatsbeschlusses vom 22. Juni 1995 bis zur Einrichtung der Dienstbeschreibungskommission Stellungnahmen gemäß "Abschnitt II Z. 3" der genannten Stufenrichtlinien zu erstellen gehabt hätte, eingeholt worden.

Die Beschwerdeführerin habe zwar die Voraussetzung des Abschnittes II Z. 1 (nämlich das 55. Lebensjahr vollendet und die volle Ruhegenussbemessungsgrundlage erreicht) und die der Z. 2 (Anm.: ihre Dienstbeschreibung lautet auf "ausgezeichnet") der Stufenrichtlinien erfüllt, nicht jedoch des Abschnittes II Z. 3 der Stufenrichtlinien. Im Sinne der vorstehenden Ausführungen sei eine Abweichung von den Stufenrichtlinien nicht begründet und sei somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Bei der Prüfung des Beschwerdefalles entstanden beim Verwaltungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt des Art. 130 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 18 bzw. Art. 7 B-VG verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 74 Abs. 3 DO, die anknüpfend an den bereits am 22. Oktober 1997 unter A 112/97 (VwGH-Zl. 94/12/0064) vom Verwaltungsgerichtshof gefassten Anfechtungsbeschluss auch vorliegendenfalls mit Beschluss vom 25. Februar 1998, A 17/98, zur Anfechtung der genannten Bestimmung der DO führten.

Diesem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. März 1999, G 33/98- 10, u. a., der in der Begründung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. März 1999, G 470/97, verweist, abgewiesen.

Maßgebend dafür war nach der Begründung des zuletzt genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes insbesondere:

"3.1.2.1. Für die Ermittlung des Inhaltes der angefochtenen Bestimmung ist primär die Bedeutung des Wortes 'Belohnung' von Relevanz. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird darunter ein 'Entgelt für eine besondere Leistung' (Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Bd. 3, 1971, 768) bzw. die 'anerkennende Reaktion auf eine Leistung' (vgl. Duden, Bedeutungswörterbuch2, 1985, 129) verstanden.

Im Kontext der angefochtenen besoldungsrechtlichen Regelung ist damit eine Geldleistung des Dienstgebers an einen Dienstnehmer gemeint, mit der besonders herausragende Dienstleistungen 'honoriert' werden sollen und der Dienstnehmer motiviert werden soll, sich auch künftig in dieser besonderen Weise für den Dienstgeber einzusetzen.

3.1.2.2.1. Eine wesentliche, in § 74 Abs. 3 Dienstordnung auch ausdrücklich vorgesehene Voraussetzung für die Gebrauchnahme von dieser Ermächtigung ist das Vorliegen einer 'ausgezeichneten Dienstleistung' des Beamten. Dabei handelt es sich um einen - aus der Sicht des Art. 18 Abs. 1 B-VG grundsätzlich zulässigen (vgl. etwa VfSlg. 12.393/1990 und die dort zitierte Vorjudikatur) -

unbestimmten Gesetzesbegriff. Bei seiner Auslegung im Einzelfall ist vor allem auf den systematischen Zusammenhang mit § 18 Abs. 1 und 2 Dienstordnung Bedacht zu nehmen. Danach hat die Beurteilung der Dienstleistung eines Beamten - im Rahmen einer Dienstbeschreibung - dann auf 'ausgezeichnet' zu lauten, wenn der Beamte 'außergewöhnlich hervorragende Leistungen aufweist'.

3.1.2.2.2. Eine weitere Voraussetzung für die Gebrauchnahme von der mit § 74 Abs. 3 Dienstordnung statuierten Ermächtigung ist die Dauerhaftigkeit dieser 'ausgezeichneten Dienstleistung'. Dies ergibt sich - in systematischer Auslegung - unter Bedachtnahme auf § 31 g Dienstordnung, wonach in einzelnen Fällen für außergewöhnliche Dienstleistungen eine - zwar gleichfalls als 'Belohnung' bezeichnete, von der in § 74 Abs. 3 leg. cit. geregelten aber zu unterscheidende - Zuwendung zuerkannt werden kann.

3.1.2.2.3. Schließlich geht der Verfassungsgerichtshof - erneut in systematischer Auslegung - davon aus, dass ein Umstand, der bereits eine gesonderte Entlohnung hervorruft, nicht überdies auch noch für die Gewährung einer Belohnung gemäß § 74 Abs. 3 Dienstordnung heranzuziehen ist.

3.1.2.3. Was schließlich die vom Verwaltungsgerichtshof aufgeworfene Frage anlangt, in welchem Ausmaß und wie oft die Belohnung ausgesprochen werden kann, so versteht der Verfassungsgerichtshof den § 74 Abs. 3 Dienstordnung dahin, dass sich die Höhe der Belohnung jeweils in Relation zum Wert und zur Bedeutung der damit abzugeltenden 'ausgezeichneten Dienstleistung' für den Dienstgeber bestimmt. Auch dafür sprechen systematische Erwägungen. So stellen etwa die insoweit vergleichbaren Regelungen der §§ 31 f (betreffend Mehrleistungszulage), 31 g (betreffend Belohnung in einzelnen Fällen), 31 h (betreffend Erschwerniszulage), 31 i (betreffend Gefahrenzulage) oder 74 b (betreffend Verwendungszulage und Verwendungsabgeltung) hinsichtlich des Ausmaßes der danach gebührenden Zuwendungen auf eine derartige Relation ab - etwa bei der Mehrleistungszulage auf das Verhältnis der Mehrleistung zur Normalleistung, bei der Belohnung (im Einzelfall) auf die Bedeutung der Dienstleistung, bei der Erschwerniszulage auf die Art und das Ausmaß der Erschwernis, bei der Gefahrenzulage auf die Art und das Ausmaß der Gefahr und bei der Verwendungszulage bzw. Verwendungsabgeltung u. a. auf den (höheren) Grad der Verantwortung oder auf die in zeitlicher oder mengenmäßiger Hinsicht zu erbringenden Mehrleistungen.

3.1.2.4. Aus all dem folgt, dass die angefochtene Regelung das dienstbehördliche Handeln sehr wohl in einer dem Art. 18 B-VG entsprechenden Weise vorherbestimmt.

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof die Frage, ob die 'Stufenrichtlinien' diesem - vergleichsweise restriktiven - Verständnis der dienstbehördlichen Ermächtigung des § 74 Abs. 3 Dienstordnung entsprechen, im vorliegenden prozessualen Zusammenhang nicht zu prüfen hatte.

3.2. Vor dem Hintergrund der soeben angestellten Überlegungen ist der Verwaltungsgerichtshof aber auch mit seinen Bedenken aus der Sicht des Gleichheitssatzes nicht im Recht:

Gegen eine gesetzliche Regelung, die vorsieht, dass einem Beamten eine Belohnung nur dann - bescheidmäßig - zuerkannt werden kann, wenn im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides die hiefür vorgesehenen gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere eine ausgezeichnete Dienstleistung (von gewisser Dauer), vorliegen, bestehen keine Bedenken dieser Art. Ob und in welcher Weise die dabei zu treffende Entscheidung etwa durch den Umstand beeinflusst wird, dass der Beamte während des Verfahrens über die Zuerkennung einer Belohnung auf einen anderen Dienstposten oder in den Ruhestand versetzt wird, hängt von der Lage des einzelnen Falles ab. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der angefochtenen Regelung aus der Sicht des Gleichheitssatzes wird davon nicht tangiert. Gleiches gilt für die Frage, ob der spätere Wegfall des für die Zuerkennung maßgeblichen Sachverhaltes zum Wegfall der Belohnung führt. Sie bestimmt sich nach § 68 AVG iVm § 13 DVG."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem nach der Bestimmung des § 74 Abs. 3 DO im Zusammenhalt mit Abschnitt II der Richtlinien des Gemeinderates betreffend die Zuerkennung ao. Vorrückungen in eine höhere Gehaltsstufe bzw. für die Bemessung des Ruhegenusses anrechenbarer Dienstzulagen (Stufenrichtlinien) gewährten subjektiven Recht, wonach einem Beamten als Belohnung für seine ausgezeichnete Dienstleistung eine ao. Vorrückung in eine höhere Gehaltsstufe gebührt, verletzt.

In Ausführung des Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass - abgesehen von der Angabe von langen "Krankenständen" in den letzten Jahren - von der belangten Behörde keinerlei Umstände aufgezeigt worden seien, die daran hätten zweifeln lassen, dass sie ihren Dienst immer vorbildlich und gewissenhaft durchgeführt und somit jedenfalls überwiegend überdurchschnittliche Dienstleistungen im Sinne der DO erbracht habe. Weiters weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass der Abschnitt II des angewendeten Gemeinderatsbeschlusses erst seit 1. Oktober 1995 in Geltung stehe, sie aber bereits am 5. September 1995 ihren Antrag gestellt habe und auch vor Inkrafttreten dieser Neuregelung mit Ablauf des 30. September 1995 in den Ruhestand versetzt worden sei.

§ 74 Abs. 3 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957, in der Fassung LGBl. Nr. 126/1968, (DO) lautet:

"(3) Einem Beamten können als Belohnung für seine ausgezeichnete Dienstleistung außerordentliche Vorrückungen in eine höhere Gehaltsstufe oder, wenn er bereits die höchste Gehaltsstufe seiner Dienstklasse (Schema II) oder Verwendungsgruppe (Schema I) erreicht hat, für die Bemessung des Ruhegenusses anrechenbare Dienstzulagen im Ausmaß des letzten Vorrückungsbetrages zuerkannt werden."

Ausgehend von den zum § 74 Abs. 3 DO ergangenen, bereits zitierten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnisse vom 11. März 1999, G 33/98-10, u. a., und vom 4. März 1999, G 470/97-19) sowie vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/12/0121, handelt es sich bei der genannten Regelung um eine verfassungsrechtlich ausreichend determinierte und auch sonst unbedenkliche Ermessensbestimmung und kommt den diese Bestimmung scheinbar durchführenden "Richtlinien" nicht die Eigenschaft einer Rechtsverordnung zu. Dies nach dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere deshalb, weil diese Richtlinien nach ihrer sprachlichen Fassung als eine nur intern wirkende Regelung im Interesse einer einheitlichen Ermessensübung gedeutet werden können, die die Möglichkeit der Zuerkennung einer Belohnung vorsehen. Dafür spricht auch, dass sie als Richtlinien im Gegensatz zu den ebenfalls im Amtsblatt verlautbarten Verordnungen bezeichnet werden. Diese Betrachtung gebietet auch die gebotene gesetzeskonforme Interpretation, weil bei einer Wertung der Richtlinien als Rechtsverordnung gerade die Bestimmung, auf die sich der (damalige) Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof berufen hat (Anm.: es war dies der Abschnitt II Punkt 2 der Richtlinien in der damals geltenden Fassung, der für Sekretäre, Referenten und Schreibkräfte, die bei politisch legitimierten Organwaltern eine bestimmte Zeit tätig waren, eine solche Vorrückung von vornherein vorsah), in einem nicht überbrückbaren Spannungsverhältnis zu § 74 Abs. 3 DO stünde. Es dürfe doch nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass Bedienstete, die eine bestimmte Zeit im Umfeld von politisch legitimierten bzw. bestellten Organwaltern tätig sind, jedenfalls eine ausgezeichnete Dienstleistung erbringen, die eine außerordentliche Vorrückung rechtfertigt.

Insoweit die Beschwerdeführerin ihren vermeintlichen Anspruch auf diese Richtlinien stützt, ist dies rechtlich schon aus den vorher dargelegten Gründen im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/12/0121, verfehlt. Entscheidend für den Beschwerdefall ist daher nicht - wie auf Grund des Spruches des angefochtenen Bescheides, der die Stufenrichtlinien ausdrücklich nennt, anzunehmen ist, bzw. die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung meint -, ob sie die Voraussetzungen der Stufenrichtlinien aufweist, sondern zunächst, ob sie die Einstiegsvoraussetzung in die gesetzliche Ermessensregelung, nämlich eine ausgezeichnete Dienstleistung, aufweist. Die Einstiegsvoraussetzung ist im Hinblick auf ihre ausgezeichnete Dienstbeschreibung nach § 18 DO zwar zu bejahen, aber ausgehend von den Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes in seinen vorzitierten Erkenntnissen ist bei der weiteren Anwendung des § 74 Abs. 3 DO vor dem Hintergrund der sonstigen besoldungsrechtlichen Regelungen noch zu bedenken, dass § 74 Abs. 3 DO als den Dienstgeber ermächtigende, subsidiäre Norm nur die Abgeltung von außergewöhnlichen Leistungen von Bediensteten vorsieht, die nicht bereits auf andere Weise eine Entschädigung gefunden haben. In dieser Form der außerordentlichen Vorrückung (also durch regelmäßige monatliche Geldleistungen - im Beschwerdefall wäre dies im Hinblick auf die bereits erfolgte Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin bis zum Ende ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses) sollen - so der Verfassungsgerichtshof - nur besonders herausragende Dienstleistungen honoriert und dadurch der Bedienstete motiviert werden, sich auch künftig in besonderer Weise für seinen Dienstgeber einzusetzen.

Die Frage, inwieweit dem genannten Motivationsgesichtspunkt im vorliegenden Fall bei einer Beamtin des Ruhestandes überhaupt Bedeutung zukommen kann und daher eine derartige Belohnung für Pensionisten von vornherein nicht heranzuziehen wäre, kann für den vorliegenden Beschwerdefall (vgl. aber Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 99/12/0113) dahingestellt bleiben, weil es vorliegendenfalls bereits - ausgehend vom Vorbringen der Beschwerdeführerin - an der erstgenannten Voraussetzung, nämlich an über die ausgezeichnete Dienstbeschreibung allein hinausgehenden außergewöhnlichen Leistungen mangelt. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich hinreichend, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen deshalb keinen für die Beschwerdeführerin positiven Gebrauch gemacht hat, weil die praktisch gegebene Fortschreibung der ausgezeichneten Dienstbeschreibung der Beschwerdeführerin seit 1975 nicht im Sinne des Inhaltes des § 74 Abs. 3 DO ausreicht und die Beschwerdeführerin in den letzten Jahren - aus welchen Gründen auch immer - keine im Sinne des § 74 Abs. 3 DO für eine positive Ermessensübung maßgebenden herausragenden Dienstleistungen erbracht hat. Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Stellungnahme ihres Abteilungsvorstandes sowie des Beschwerdevorbringens gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass - bei der grundsätzlich gebotenen objektiven Betrachtung - von ihr außergewöhnliche Leistungen erbracht worden sind. Der von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung allein vorgebrachte Umstand, dass sie ihren "Dienst immer vorbildlich und gewissenhaft durchgeführt habe" und dass es seitens ihrer Vorgesetzten nie zu einer Beanstandung gekommen sei, genügt keinesfalls dafür, den von der belangten Behörde der getroffenen negativen Ermessensentscheidung zu Grunde gelegten Sachverhalt zu erschüttern. Gleiches gilt für den Hinweis in der Beschwerde, die Beschwerdeführerin sei ohnehin stets um die Wünsche der Leser bemüht gewesen. Selbst wenn die Beschwerdeführerin, wie sie sinngemäß meint, nur durch ihre Erkrankung bzw. durch "lange Krankenstände" in den letzten Jahren an der Erbringung hervorragender Leistungen behindert gewesen sei, ändert dies nichts Entscheidendes an der maßgebenden Sachlage.

Auch wenn die belangte Behörde in anderen, ähnlich gelagerten Fällen anders entschieden haben sollte, könnte der Beschwerdeführerin daraus kein Recht auf ein allfälliges gleiches behördliches Verhalten eingeräumt werden. Die Änderung der Praxis der Behörde kann für sich allein niemals den Gleichheitsgrundsatz verletzen. Es kommt ausschließlich auf die Gründe an, die zu einer solchen Praxisänderung geführt haben. Willkür ist dann nicht anzunehmen, wenn die Behörde aus sachlichen Erwägungen von einer früher als richtig angesehenen Praxis abgeht (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 1983, Slg. 9604, m.w.H., und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. März 1981, Slg. Nr. 10.390/A).

Aus den dargelegten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid im Ergebnis nicht als rechtswidrig; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. November 2000

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