VwGH 99/06/0088

VwGH99/06/008829.6.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 12. April 1999, GZ A 17-C-22.288/1997-21, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: S, vertreten durch E & Partner, Rechtsanwaltsgemeinschaft in G), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §9;
BauRallg;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §9;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.188,30 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 28. August 1998 wurde der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für ein umfängliches Bauvorhaben (darunter die Errichtung eines Wohn- und Geschäftsgebäudes für 116 Wohneinheiten mit Geschäfts- und Büronutzung und einer Tiefgarage für 159 Pkw-Abstellplätze) erteilt. Die Einwendungen zahlreicher Nachbarn, darunter auch des Beschwerdeführers (der Eigentümer einer Liegenschaft ist, die von der zu bebauenden Liegenschaft durch die H Gasse getrennt ist) wurden teils zurückgewiesen und teils als unbegründet abgewiesen; die privatrechtlichen Einwendungen wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Der Begründung des Bescheides ist zu entnehmen, dass die Behörde erster Instanz hinsichtlich des Beschwerdeführers die Auffassung vertrat, es komme ihm diesbezüglich kein Mitspracherecht zu.

Dagegen erhoben zahlreiche Personen, darunter auch der Beschwerdeführer, (teilweise in gesonderten Schriftsätzen) Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde, soweit vorliegendenfalls erheblich, der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und den Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt (infolge der Berufungen anderer Nachbarn kam es zu Änderungen bzw. zu einer Ergänzung des erstinstanzlichen Bescheides, was aber vorliegendenfalls nicht von Belang ist).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens zum hg. Beschwerdeverfahren Zl. 99/06/0080 (betreffend die Beschwerde anderer Nachbarn; ein weiteres Beschwerdeverfahren eines anderen Nachbarn ist zur Zl. 99/06/0087 anhängig) vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Bauwerberin, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

  1. "1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
  2. 2. die Abstände (§ 13);
  3. 3. den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
  4. 4. die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
  5. 5. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
  6. 6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."

§ 61 Abs. 1 leg. cit. trifft nähere Bestimmungen zu Rauchfängen (Abgasfängen), § 63 Abs. 1 leg. cit. zu Lüftungsanlagen, § 65 Abs. 1 leg. cit. hinsichtlich der Entsorgung der anfallenden Abwässer und der Beseitigung der Niederschlagswässer; § 9 leg. cit., auf welchen sich der Beschwerdeführer beruft, hinsichtlich der Zufahrten für Einsatzfahrzeuge.

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, das Projekt widerspreche den Vorgaben des § 9 Stmk. BauG; eine ordnungsgemäße Zufahrt der Feuerwehr zu den projektierten Objekten sei nicht gewährleistet (wird eingehend näher ausgeführt). Diesbezüglich komme ihm ein Mitspracherecht zu, welches die Behörden des Verwaltungsverfahrens offensichtlich verneint hätten.

Dem ist Folgendes zu erwidern: § 9 Stmk. BauG vermittelt dem Beschwerdeführer kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht, weil dies dem Katalog des § 26 Abs. 1 leg. cit. nicht zu entnehmen ist. Der Umstand, dass § 9 Stmk. BauG dem Brandschutz im weiteren Sinn zuordenbar sein mag, weil damit ein effektiver Einsatz im Brandfall gewährleistet werden soll, vermag daran nichts zu ändern. Der Wortfolge "Vermeidung einer Brandgefahr" in § 26 Abs. 1 Z. 5 leg. cit. ist daher nicht der umfassende, vom Beschwerdeführer gewünschte Inhalt zu unterlegen.

Damit hat die belangte Behörde jedenfalls im Ergebnis der Berufung des Beschwerdeführers zu Recht keine Folge gegeben, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Da die Aktenvorlage der belangten Behörde nicht bloß das gegenständliche, sondern insgesamt drei Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof betrifft, sind nach den Umständen des Falles dem gegenständlichen Verfahren lediglich ein Drittel des Vorlageaufwandes (somit S 188,30) zuzuordnen und zuzusprechen. Das Mehrbegehren an Vorlageaufwand war daher abzuweisen.

Wien, am 29. Juni 2000

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