VwGH 99/05/0246

VwGH99/05/02467.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Hermann Derndorfer in Linz, vertreten durch Dr. Wolfgang Stütz, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 27. September 1999, Zl. BauR-012424/1-1999-Ru/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Verein zur Förderung der Waldorfpädagogik in Linz, Baumbachstraße 11, 2. Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z36;
BauTG OÖ 1994 §3 Z4;
ROG OÖ 1994 §22 Abs1;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z36;
BauTG OÖ 1994 §3 Z4;
ROG OÖ 1994 §22 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 12. März 1999, eingelangt bei der Behörde am selben Tag, beantragte die erstmitbeteiligte Partei die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Gartenpavillons auf dem Grundstück Nr. 1010, EZ 3, KG Waldegg. Das Gebäude soll ebenerdig errichtet werden und mit einem begrünten Pultdach, das eine Neigung von 7 % aufweist, ausgestattet sein. Die Firsthöhe beträgt 5,25 m, die Nutzfläche 51 m2, im Pavillon ist der Unterricht für 16 Schüler geplant.

Nach dem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 5. Mai 1998 liegt das zu bebauende Grundstück im Bauland, Sondergebiet Waldorfschule.

Über dieses Baugesuch wurde mit Kundmachung vom 19. April 1999 eine mündliche Verhandlung für den 12. Mai 1999 anberaumt, zu der der Beschwerdeführer als Anrainer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurde.

In der Verhandlung wurde das gegenständliche Bauvorhaben erörtert, es wurde festgehalten, dass dieser Pavillon keine Stellplätze erfordere, es wäre jedoch ein Stellplatz auf der geschottert geplanten Zufahrt vom Edelweissberg möglich.

Der Beschwerdeverteter erklärte in der Verhandlung, durch den geplanten Bau werde in weiterer Folge, wenn das Gebäude betrieben werde, das Verkehrsaufkommen stärker, es sei mit einer extremen Lärmentwicklung zu rechnen, die bereits jetzt beim Betrieb der Schule stark gegeben sei. Darüber hinaus sei mit einer Übersiedlung der Schule in das jetzt noch als Naturschutzgebiet ausgewiesene Gebiet des Grüngürtels zu rechnen. Der geplante Bau passe nicht ins Ortsbild und es sei mit einer Abwertung des Grundstückes des Beschwerdeführers zu rechnen; die Toilette-Anlage sei an den Kanal anzuschliessen.

Mit Bescheid vom 6. Juli 1999 erteilte der Magistrat der mitbeteiligten Landeshauptstadt der erstmitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung unter Nebenbestimmungen. Als Auflage Nr. 1 wurde vorgeschrieben, dass die Herstellung des Hauskanalanschlusses binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides zu erfolgen habe. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden als unzulässig zurückgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers hat der Stadtsenat der mitbeteiligten Landeshauptstadt mit Bescheid vom 13. August 1999 als unbegründet abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 27. September 1999 mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass der Beschwerdeführer durch den genannten Berufungsbescheid in seinen Rechten nicht verletzt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die zweitmitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Infolge des Einlangens des Baugesuchs am 12. März 1999 ist auf das gegenständliche Bauvorhaben die Oberösterreichische Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 70/1998, anzuwenden.

Nach § 31 Abs. 3 leg. cit. können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des nördlich an das zu bebauende Grundstück angrenzenden Grundstückes Nr. 1012/7, KG Waldegg. Nach dem im Akt einliegenden Lageplan ist die Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers vom geplanten Gebäude ca. 37 m entfernt.

Nach § 23 Abs. 4 Oö ROG 1994, LGBl. Nr. 114/1993 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 32/1999, sind als Sondergebiete des Baulands solche Flächen vorzusehen, die für Bauten und Anlagen bestimmt sind, die besonders zu schützen oder deren Standorte besonders zu sichern sind oder denen sonst aus der Sicht der Raumordnung eine besondere Bedeutung zukommt. Dazu gehören insbesondere Krankenanstalten, Schulen, Kirchen und Klöster, Burgen und Schlösser, Kasernen, Sportstätten und Tourismusbetriebe einschließlich der dazugehörigen, ständig bestehenden Anlagen sowie Ver- und Entsorgungsanlagen. Diese Bestimmung enthält keinen Immissionsschutz für die Anrainer. Wohl aber müssen nach § 3 Z. 4 des Oö Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 67/1994 in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 103/1998, bauliche Anlagen in all ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden, dass durch ihren Bestand und ihre Benützung schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden. Gemäß § 2 Z. 36 leg. cit. sind schädliche Umwelteinwirkungen Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im Besonderen für die Benützer der baulichen Anlagen und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder Erschütterungen.

§ 3 Z. 4 in Verbindung mit § 2 Z. 36 des Oö BauTG stellt somit eine Norm dar, die gesundheitlichen Belangen bzw. dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dient. Auf die Einhaltung dieser Bestimmung steht dem Nachbarn gemäß § 31 Abs. 4 der Oö BauO 1994 ein durchsetzbares subjektives Recht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2000, Zl. 99/05/0155).

Dass mit dem Schulbetrieb im Pavillon für 16 Schüler Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Beschwerdeführer herbeigeführt werden könnten, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Dies umso weniger, als auch schon bisher Unterricht auf diesem Grundstück abgehalten wurde, dies allerdings nur bei Schönwetter und - mangels Bestehens eines geeigneten Gebäudes - im Freien. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, von den Nachbarn hingenommen werden müssen, und hiebei ein objektiver Maßstab anzulegen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1998, Zl. 97/05/0301, sowie vom 23. November 1989, Zl. 89/06/0109). Dazu gehört im Bauland-Sondergebiet für eine Schule ein Schulbetrieb mit der üblicherweise von Kindern hervorgerufenen Lärmbelästigung. Bei einer maximalen Schülerzahl von 16 im bewilligten Gebäude ist nicht davon auszugehen, dass Lärmimmissionen in dem vom Gesetz verpönten erheblichen Ausmaß bewirkt werden könnten.

Auch in Bezug auf die Lärmbelästigung durch zu- und abfahrende PKWs auf dem zu bebauenden Grundstück kann unter Berücksichtigung des Umstandes, dass gar kein Stellplatz vorgesehen ist, kein Anhaltspunkt dafür erkannt werden, dass Lärmbelästigungen in erheblichem Ausmaß bewirkt werden könnten. Zu diesem Sachverhalt war aber kein Gutachten einzuholen, da Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, gemäß § 45 Abs. 1 AVG keines Beweises bedürfen.

Zutreffend hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass dem Nachbarn im Hinblick auf den Ortsbildschutz kein Mitspracherecht zukommt. Die vom Beschwerdeführer herangezogenen hg. Erkenntnisse vom 18. Jänner 1977, Slg. Nr. 9223/A, und vom 28. Mai 1958, Slg. Nr. 4683/A, beziehen sich auf Spezialvorschriften der Tiroler bzw. Wiener Bauordnung, in welchen die zulässige Gebäudehöhe durch die Wirkung auf das Ortsbild beeinflusst wurde. Inwiefern durch ein 37 m von seiner Grundstücksgrenze entferntes ebenerdiges Gebäude die Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers beeinträchtigt werden könnten, ist nicht nachvollziehbar. Im Hinblick auf den Abstand von 37 m zur Nachbargrenze des Beschwerdeführers könnte unter Heranziehung des § 5 Z. 2 und 3 Oö BauTG die Gebäudehöhe maximal 74 m betragen, ohne dass der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt würde.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist bei der Erteilung der Baubewilligung nicht die Widmung der Nachbargrundstücke, sondern die Widmung des zu bebauenden Grundes ausschlaggebend (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 5. Auflage, S. 263). Im Übrigen ist gemäß § 22 Abs. 1 Oö ROG 1994 für Wohngebiete ein Immissionsschutz betreffend den Verkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht vorgesehen. Der vom Beschwerdeführer herangezogene, in Hauer, a.a.O., Seite 317, zitierte Fall bezieht sich auf § 14 Abs. 3 lit. a des Burgenländischen Raumordnungsgesetzes und ist dort explizit als Ausnahme angeführt, diese Bestimmung hat ausdrücklich zum Schutz des Nachbarn im Wohngebiet eine übermäßige Belastung durch Straßenverkehr ausgeschlossen; eine derartige Bestimmung ist in § 22 Abs. 1 Oö ROG 1994 nicht enthalten.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos

Wien, am 7. März 2000

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