Normen
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1992/034;
BauO Wr §134 Abs5 idF 1992/034;
BauO Wr §134 Abs5;
BauO Wr §60 idF 1993/049;
BauO Wr §62 Abs1 Z4;
BauO Wr §62 Abs4 idF 1992/034;
BauRallg;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1992/034;
BauO Wr §134 Abs5 idF 1992/034;
BauO Wr §134 Abs5;
BauO Wr §60 idF 1993/049;
BauO Wr §62 Abs1 Z4;
BauO Wr §62 Abs4 idF 1992/034;
BauRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 86, Grundbuch Josefstadt, mit der Adresse Wien VIII,
Bennoplatz 4-Florianigasse 69. Es ist Wohnungseigentum begründet, die Beschwerdeführerin betreibt ebenerdig eine Tankstelle.
Mit einem am 12. Februar 1998 bei der Behörde eingelangten Ansuchen beantragte die Beschwerdeführerin die Kenntnisnahme der Bauanzeige nach § 62 der Wiener Bauordnung (BO) betreffend die Erneuerung der technischen Einrichtungen in der Tankstelle Wien VIII, Bennoplatz 4. Es sollten drei unterirdische Treibstoffbehälter ausgebaut und durch drei Behälter mit gleichem Inhalt ersetzt werden, zwei dieser Behälter würden in je zwei Kammern mit 11.000 l und 5.000 l unterteilt. Für die Abgabe der Produkte würden auf den bestehenden Zapfsäulen zwei Multiproduktzapfsäulen aufgestellt. Die Kanalanlage werde im Bereich der durch den Behälteraustausch entstehenden Baugrube erneuert und mit einem neuen Mineralölabscheider ausgestattet. Es sollten Gaspendelleitungen installiert werden, wobei dem beigelegten Einreichplan zufolge eine neue Verrohrung in der bestehenden Trasse geführt werden sollte.
Mit Bescheid vom 26. Februar 1998 hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, die Bauanzeige zur Kenntnis genommen.
Mit Eingabe vom 4. Mai 1998 beantragten die mitbeteiligten Miteigentümer einen Feststellungsbescheid in der Richtung, dass die tatsächlich durchgeführten Baumaßnahmen im Bereich der gegenständlichen Tankstelle baubewilligungspflichtig seien, in eventu die Zustellung des Bescheides vom 26. Februar 1998.
Mit Bescheid vom 16. Juli 1998 hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, den Antrag der Mitbeteiligten "als unzulässig abgewiesen". Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Mitbeteiligten hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 15. Juni 1999 den erstinstanzlichen Bescheid dahin abgeändert, dass festgestellt wurde, dass den Mitbeteiligten gemäß § 134 Abs. 3 der BauO für Wien iVm § 8 AVG im anhängig gewesenen Verfahren betreffend die Kenntnisnahme einer Bauanzeige für bauliche Abänderungen Parteistellung zukommt. Der erstinstanzliche Bescheid war dahingehend zu verstehen, dass die Behörde erster Rechtsstufe die Parteistellung der Mitbeteiligten "nicht festgestellt" habe. Dem Antrag der Mitbeteiligten sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass er auf die Feststellung der Parteistellung im anhängig gewesenen Verfahren betreffend die Kenntnisnahme einer Bauanzeige gerichtet war. Die belangte Behörde stellte fest, aus dem Bauplan ergebe sich, dass die Füll- und Gaspendelleitungen zu den neu hergestellten Treibstoffbehältern, ausgehend von dem auf öffentlichem Gut an der Front Florianigasse errichteten Füllschacht, durch die Außenmauer des gegenständlichen Hauses über eine bestehende Rohrtrasse im Keller des Hauses führen, diese dann die Kellerwand zum nicht unterkellerten Teil durchbrechen und sodann im nicht unterkellerten Teil des Hauses unterirdisch zu den einzelnen Treibstoffbehältern führen. Durch diese Füll- und Gaspendelleitungen, die vom übrigen Bauvorhaben technisch nicht trennbar seien und die einerseits die Kelleraußenmauer, andererseits die Kellermauer zum nicht unterkellerten Teil des Gebäudes durchbrechen und im Keller in einer bestehenden Trasse verlegt werden, würden jedenfalls allgemeine Teile des Hauses in Anspruch genommen, sodass § 62 der BO zu Unrecht angewendet worden sei. Das Bauvorhaben unterliege der Baubewilligungspflicht; in diesem Baubewilligungsverfahren komme den Mitbeteiligten die Parteistellung zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Beschwerdeführerin erstattete eine Replik zu den Gegenschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Den Ausführungen zum Beschwerdepunkt ist zu entnehmen, dass sich die Beschwerdeführerin in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt erachtet, dass nicht Personen, denen keine Parteistellung in einem allfälligen Verfahren gemäß § 62 BO zukommt, Parteistellung in einem die Beschwerdeführerin betreffenden Bauverfahren zuerkannt wird.
Gemäß § 62 Abs. 1 BO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 42/1996 genügt die Kenntnisnahme einer Bauanzeige für
- 1. den Einbau oder die Abänderung von Badezimmern;
- 2. den Einbau oder die Abänderung von Sanitäranlagen;
- 3. Loggienverglasungen;
- 4. alle Bauführungen in Wohnungen oder Betriebseinheiten, die nicht von Einfluss auf die statischen Verhältnisse der Baulichkeit sind, keine Änderung der äußeren Gestaltung der Baulichkeit bewirken, gemeinsame Teile der Baulichkeit oder der Liegenschaft nicht in Anspruch nehmen und nicht die Umwidmung von Wohnungen auf Arbeitsräume, Büroräume, Verkaufsräume, Versammlungsräume, Gaststätten und Räume mit ähnlicher Funktion sowie Lagerräume betreffen.
Nach Abs. 5 dieser Bestimmung gelten im Falle des Wohnungseigentums die Absätze 1 bis 4 auch bei Zusammenlegung aneinander grenzender Wohnungen oder Betriebseinheiten oder Teilen davon mit der Maßgabe, dass die Baupläne auch von den betreffenden Wohnungseigentümern dieser Wohnungen oder Betriebseinheiten zu unterfertigen sind.
Strittig und maßgeblich ist im Beschwerdefall, ob die Baubehörde erster Instanz zu Recht vom Vorliegen eines Bauvorhabens ausgegangen ist, für das gemäß § 62 BO eine Bauanzeige ausreicht, weil der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. November 1996, Zl. 95/05/0180, ausgesprochen hat, dass in jenen Fällen, in denen die Baubehörde zu Unrecht vom Vorliegen eines bloß anzeigebedürftigen Vorhabens ausgegangen ist, dem Grundeigentümer insofern Parteistellung zukommt. Während die Behörde erster Instanz davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für die Kenntnisnahme einer Bauanzeige vorliegen, erachtete die belangte Behörde das Bauvorhaben deshalb als bewilligungspflichtig und daher nicht unter § 62 BO subsumierbar, weil durch die Füll- und Gaspendelleitungen, die vom übrigen Bauvorhaben technisch nicht trennbar sind und die einerseits die Kelleraußenmauer, andererseits die Kellermauer zum nicht unterkellerten Teil des Gehäuses durchbrechen und im Keller in einer bestehenden Trasse verlegt werden, jedenfalls allgemeine Teile des Hauses in Anspruch genommen werden.
Den Feststellungen der belangten Behörden zufolge werden die Füll- und Gaspendelleitungen in einer bestehenden Trasse verlegt, es wird weder die Kelleraußenmauer noch die Kellermauer zum nicht unterkellerten Teil des Gebäudes durchbrochen, vielmehr laufen die Leitungen in den in diesen Bereichen bereits vorhandenen Mauerdurchbrüchen in der bestehenden Trasse.
Bei diesem Sachverhalt kann nicht davon ausgegangen werden, dass gemeinsame Teile der Baulichkeit oder der Liegenschaft "in Anspruch" genommen werden, diese Teile der Liegenschaft wurden vielmehr bereits bisher durch die vorgegebene Trasse in Anspruch genommen. Das Verlegen neuer Leitungen in einem schon bisher bestehenden (und konsentierten) Schacht kann nicht als "Inanspruchnahme" im Sinne des § 62 Abs. 1 Z. 4 BO angesehen werden, vielmehr liegt die Inanspruchnahme bereits seit der Errichtung der Tankstelle gemäß der erteilten Baubewilligung vor.
Da auch die belangte Behörde das Vorliegen eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens nicht auf andere Umstände gestützt hat als die behauptete Durchbrechung der Kellerwand zum nicht unterkellerten Teil des Hauses und der Kelleraußenmauer, eine derartige Inanspruchnahme aber, wie oben ausgeführt, nicht vorliegt, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weil in einem anzeigepflichtigen Bauvorhaben gemäß § 134 Abs. 5 BO nur dem Bauwerber Parteistellung zukommt (vgl. nochmals das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 19. November 1996).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 7. März 2000
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