Normen
BAO §303 Abs4;
BAO §307 Abs1;
BAO §303 Abs4;
BAO §307 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung durch die Erstbeschwerdeführerin (Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Gewerbesteuer für 1987 bis 1990) und den Zweitbeschwerdeführer (Gewerbesteuer für 1987 bis 1990) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Anlässlich einer bei der Erstbeschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde die Ansicht vertreten, dass bei der Gewerbesteuer der Jahre 1987 bis 1990 die Beträge, welcher der an der Erstbeschwerdeführerin in diesen Jahren zu 32 bis 34 % beteiligte Dkfm. L für seine Tätigkeit als deren Geschäftsführer auf Grund eines zwischen der Erstbeschwerdeführerin und einer anderen GmbH (in der Folge B-GmbH) bzw in weiterer Folge mit einer Dkfm. L-GmbH abgeschlossenen Werkvertrages bezogen hatte, nach Wiederaufnahme der Verfahren dem Gewinn aus Gewerbebetrieb der betreffenden Jahre gemäß § 7 Z 6 GewStG hinzuzurechnen seien.
Ein Wiederaufnahmsgrund für die betreffenden Jahre wurde darin gesehen, dass die zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der B-GmbH bzw der Dkfm. L-GmbH geschlossenen Werkverträge in den abgeschlossenen Verfahren nicht bekannt gewesen seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine gegen die Wiederaufnahme- und die neuen Sachbescheide hinsichtlich Gewerbesteuer erhobene Berufung dahin erledigt, dass diese hinsichtlich der Wiederaufnahme der Verfahren abgewiesen und ihr hinsichtlich der neuen Sachbescheide Folge gegeben wurde.
Gegen die insoweit erfolgte Abweisung der Berufung erhob die Erstbeschwerdeführerin Beschwerde zunächst beim Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 28. September 1999, B 1078/98, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Soweit die belangte Behörde der Berufung hinsichtlich der neuen Sachbescheide Folge gegeben hatte, erhob der Präsident der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Zweitbeschwerdeführer) gemäß § 292 BAO Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden in einem nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1) Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:
Nach § 303 Abs 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs 1 lit a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Die Zulässigkeit einer Wiederaufnahme des Verfahrens hängt damit nicht nur von der Voraussetzung, dass (ua) Tatsachen neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, sondern auch von der weiteren Voraussetzung ab, dass die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Diese weitere Voraussetzung ist jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der Spruch der im Fall einer tatsächlich erfolgten Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 307 Abs 1 BAO mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid zu verbindenden Sachentscheidung nicht anders lautet, als der Spruch des im abgeschlossenen Verfahren ergangenen Bescheides (vgl auch das hg Erkenntnis vom 26. April 2000, 96/14/0176).
Gegenständlich ging das Finanzamt davon aus, dass sowohl neu hervorgekommene Tatsachen vorliegen, als auch, dass deren Kenntnis im abgeschlossenen Verfahren zu anders lautenden Bescheiden geführt hätten. Das Finanzamt nahm daher die entsprechenden Verfahren mit Bescheid wieder auf und erließ auch tatsächlich anders lautende neue Sachbescheide.
In Erledigung einer gegen diese Bescheide erhobenen Berufung bestätigte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zwar die Ansicht des Finanzamtes, dass Tatsachen neu hervorgekommen sind, gelangte allerdings in rechtlicher Würdigung auch des insoweit berücksichtigten Sachverhaltes zur Ansicht, dass eine Hinzurechnung nach § 7 Z 6 GewStG nicht gerechtfertigt ist. Dementsprechend erließ die belangte Behörde im Instanzenzug - in Stattgebung der Berufung hinsichtlich der neuen Sachbescheide - für die Jahre 1987 bis 1990 solche (gleich lautende) Gewerbesteuerbescheide, wie sie bereits vor Wiederaufnahme des Verfahrens (in den abgeschlossenen Verfahren) erlassen worden waren.
Damit brachte die belangte Behörde aber zweifelsfrei zum Ausdruck, dass ihrer Ansicht nach selbst die Kenntnis der als neu hervorgekommen beurteilten Tatsachen nicht geeignet war, im Spruch gegenüber den ursprünglichen Sachbescheiden anders lautende Bescheide herbeizuführen. Die belangte Behörde berücksichtigte aber nicht, dass damit die oben aufgezeigte, über das neue Hervorkommen von Tatsachen hinausgehende weitere Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Verfahren nicht erfüllt ist. Dadurch, dass die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage diese zwingende Konsequenz aus der Stattgebung der Berufung hinsichtlich Gewerbesteuer 1987 bis 1990 nicht gezogen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Wiederaufnahme der Gewerbesteuerverfahren 1987 bis 1990 mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
2) Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers:
Im Hinblick auf die aus den unter Punkt 1) angeführten Gründen gegebene Rechtswidrigkeit der Bescheide hinsichtlich der Wiederaufnahme der Gewerbesteuerverfahren 1987 bis 1990 ist auch den neuen Sachbescheiden betreffend Gewerbesteuer 1987 bis 1990 die Rechtsgrundlage entzogen. Dem Zweitbeschwerdeführer ist daher im Ergebnis zuzustimmen, wenn er hinsichtlich dieser im Rahmen des angefochtenen Bescheides ergangenen neuen Sachbescheide eine inhaltliche Rechtswidrigkeit rügt.
Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang seiner Anfechtung durch die Erstbeschwerdeführerin einerseits und den Zweitbeschwerdeführer andererseits gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die gesondert angesprochene Umsatzsteuer im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.
Wien, am 28. Juni 2000
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)