Normen
BAO §299;
EStG §2 Abs2;
EStG §22 Z2;
EStG §4 Abs4;
VwGG §21 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
BAO §299;
EStG §2 Abs2;
EStG §22 Z2;
EStG §4 Abs4;
VwGG §21 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den an die Beschwerdeführerin ergangenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995 gemäß § 299 Abs. 1 lit b, lit c und Abs. 2 BAO im Aufsichtsweg auf.
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe im Jahr 1995 Einnahmen aus sonstiger selbständiger Arbeit als Gesellschafter-Geschäftsführerin der P&P GmbH in Höhe von 1,362.500 S erzielt. In der Steuererklärung für das Jahr 1995 habe sie Haftungszahlungen von 1,722.326,84 S als Betriebsausgaben geltend gemacht. In einer Beilage zum Jahresabschluss sei dazu ausgeführt worden, die Haftungen seien nach dem Konkurs der P&P GmbH von den Banken sowie vom Masseverwalter an die Beschwerdeführerin herangetragen worden. Die von den Banken angemeldeten Forderungen hätten Haftungen betroffen, welche die Beschwerdeführerin im Zuge ihrer Prokuristentätigkeit eingegangen sei, um ihre Einkünfte als Gesellschafter-Prokuristin abzusichern. Es habe sich um Haftungen zu Gunsten eines wichtigen Lieferanten und um Haftungen für Betriebsmittelkredite gehandelt. Die vom Masseverwalter erhobenen Forderungen seien Rückforderungen von "bereits kassierten" Bezügen der Beschwerdeführerin gewesen. Da die schlagend gewordenen Haftungen von insgesamt rd. 8,5 Mio S ausschließlich zur Erhaltung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bei der P&P GmbH eingegangen worden seien, seien diese - mit der auf sie entfallenden Quote von 20,4 % - als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
Die Veranlagung sei - so die weiteren Ausführungen im angefochtenen Bescheid - erklärungsgemäß erfolgt. Auf Grund von Ermittlungen des Finanzamtes nach Bescheiderlassung sei eine Kopie einer zwischen der Beschwerdeführerin und zwei Banken sowie dem Masseverwalter abgeschlossenen Zahlungsvereinbarung vorgelegt worden. Aus dieser gehe hervor, dass sich die Beschwerdeführerin zur Zahlung eines Teiles ihrer aus Garantieerklärungen vom 11. September 1991 für die VL GmbH und P&P GmbH resultierenden Verbindlichkeiten verpflichtet habe.
Zahlungen wegen einer Bürgschaft, die ein Gesellschafter einer GmbH übernommen habe, stellten nach Ansicht der belangten Behörde weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten dar. Allenfalls könnte es sich bei der Rückzahlung von bereits bezogenem Arbeitslohn bzw. Geschäftsführerbezügen um Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben handeln. Das Finanzamt habe allerdings bei der erklärungsgemäßen Veranlagung nicht geprüft, ob oder in welchem Umfang derartige Zahlungen in den geltend gemachten Aufwendungen enthalten seien. Das Finanzamt habe damit Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung ein im Spruch anders lautender Bescheid hätte erlassen werden können. Hingewiesen sei jedoch darauf, dass sich aus der Zahlungsvereinbarung nicht ergebe, es läge auch nur teilweise die Rückzahlung von Arbeitslohn vor. Überdies habe das Finanzamt durch die Anerkennung sämtlicher Beträge auch den Sachverhalt aktenwidrig bzw. unrichtig festgestellt. Da weiters Zahlungen auf Grund von Bürgschaftsübernahmen seitens eines GmbH- Gesellschafters schon dem Grunde nach keine abzugsfähigen Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben darstellten, habe das Finanzamt seinen Bescheid auch mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Im Bereich des § 299 BAO komme dem Prinzip der Rechtmäßigkeit Vorrang vor der Rechtssicherheit zu. Die Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Bescheides sei keineswegs als geringfügig anzusehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bei der Überprüfung eines Aufhebungsbescheides kommt es nur darauf an, ob die belangte Behörde überhaupt berechtigt gewesen ist, einen solchen im Aufsichtsweg zu erlassen oder nicht, weil nicht erkannt werden kann, in welchem subjektiv-öffentlichen Recht eine beschwerdeführende Partei dadurch verletzt sein soll, dass der Aufhebungstatbestand statt richtig auf § 299 Abs. 1 BAO auf § 299 Abs. 2 BAO oder umgekehrt und statt auf die richtige litera des Abs. 1 dieser Gesetzesstelle auf eine andere gestützt wurde (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1999, 99/13/0057, mwN).
Schon die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides wegen des Außerachtlassens von Verfahrensvorschriften nach § 299 Abs. 1 lit c BAO war gerechtfertigt. Eine Vernachlässigung der amtswegigen Ermittlungspflicht lag vor, wenn das Finanzamt die in beträchtlicher Höhe als Betriebsausgaben geltend gemachten Haftungsinanspruchnahmen ohne weiteres Ermittlungsverfahren berücksichtigte und auch zu nicht näher definierten "Rückforderungen von bereits kassierten Gesellschafter-Prokuristen-Bezügen" keine Überprüfungsmaßnahmen setzte. Ob die dazu im angefochtenen Bescheid enthaltene Anmerkung, hingewiesen sei jedoch darauf, dass sich aus der Zahlungsvereinbarung nicht ergebe, es läge auch nur teilweise die Rückzahlung von Arbeitslohn vor, laut Beschwerde unrichtig sei, kann dahingestellt bleiben, zumal bei der - eben schon vom Finanzamt vorzunehmenden - Prüfung der "relevanten Unterlagen" die Erlassung eines anders lautenden Bescheides jedenfalls nicht ausgeschlossen war.
Auch hat die belangte Behörde eine Verkennung der Rechtslage durch die Abgabenbehörde erster Instanz zu Recht aufgezeigt:
Ausgehend von der Überlegung, dass es einkommensteuerrechtlich keinen Unterschied darstellt, ob der Gesellschafter seine Gesellschaft von vornherein mit entsprechend hohem Eigenkapital ausstattet, das in der Folge durch Verluste der Gesellschaft verloren geht, oder ob er später Einlagen tätigt oder als Bürge Schulden der Gesellschaft bezahlt bzw. deren Schulden übernimmt, ohne bei der Gesellschaft Rückgriff nehmen zu können, hat es der Verwaltungsgerichtshof abgelehnt, derartige Vermögensverluste etwa bei den Geschäftsführerbezügen des Gesellschafters als einkünftemindernd zu berücksichtigen. Die Übernahme der Haftungen (und in der Folge der Schulden der GmbH) durch den Gesellschafter-Geschäftsführer dient wirtschaftlich in erster Linie dem Fortbestand der GmbH und nur indirekt der Erhaltung der nichtselbständigen Einkünfte (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. September 1993, 90/14/0028, und vom 23. Mai 1996, 94/15/0069, mwN). Ob es sich bei diesen Einkünften des Gesellschafters einkommensteuerrechtlich um Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit handelt, ändert an dieser Beurteilung nichts, zumal auch hier die Übernahme derartiger Haftungen primär mit der Gesellschafterstellung zusammenhängt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1999, 98/13/0014, mwN; das in der Beschwerde angesprochene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Februar 1973, Slg. Nr. 4504/F, betrifft einen anders gelagerten Sachverhalt, bei dem wegen mehrfacher Verknüpfung von Bürgschaftsübernahmen mit dem Grundstückshandel eines Architekten der überwiegende wirtschaftliche Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb zu bejahen war). Dass auf Grund der wesentlichen Beteiligung (zu 50 %) der Beschwerdeführerin an der P&P GmbH ihre Bezüge nach § 22 Z. 2 EStG 1988 den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit zugeordnet wurden, bedeutet entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung auch nicht, dass diese nach dem Ermessen des Steuerpflichtigen "in freier Entscheidung" ermittelt werden könnten.
Der angefochtene Bescheid kann damit insgesamt nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Dezember 2000
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