VwGH 94/15/0069

VwGH94/15/006923.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 2. März 1994, B 7-4/93, betreffend Nachforderung von Lohnsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §16 Abs2;
EStG 1988 §27;
EStG 1988 §4 Abs4;
EStG 1988 §16 Abs2;
EStG 1988 §27;
EStG 1988 §4 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer fest, die Beschwerdeführerin habe die von ihrem Geschäftsführer Dr. E.

- dieser sei auch mit 25 % und seine Ehegattin mit 75 % am Stammkapital der Beschwerdeführerin beteiligt - ab April 1989 geleistete "Rückzahlung von zu Unrecht erhaltenem Arbeitslohn" in Höhe von monatlich S 10.000,-- als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG behandelt. Die mit Gesellschafterbeschluß vom 9. bzw. 10. März 1989 vereinbarte Rückgewährung der von Dr. E. bereits empfangenen Entgelte in Höhe von je S 140.000,-- in den Jahren 1989 bis 1991 stelle auch im Hinblick darauf, daß die mit dem Genannten vereinbarten Bezüge (von monatlich S 30.000,-- 14 mal im Jahr) bei Anstellung eines Fremdvergleiches nicht überhöht erschienen, eine nicht als Werbungskosten anzusehende "Zahlung zur Verlustabdeckung der Vorjahre" dar. Daraus errechnete der Prüfer für den Zeitraum April 1989 bis Dezember 1991 eine Nachforderung an Lohnsteuer, die das Finanzamt neben anderen Lohnsteuerabfuhrdifferenzen und -fehlberechnungen mit Haftungsbescheid vom 2. Juni 1992 gegenüber der Beschwerdeführerin geltend machte.

Der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Der zur Begründung herangezogene Gesellschafterbeschluß lautet in den Punkten 4. und 5. wie folgt:

"4. Dem Geschäftsführer, Herrn Dr. E., wird für das Geschäftsjahr 1987 die Entlastung erteilt.

5. Unbeschadet des Fortbestandes des Entgeltsanspruches des Geschäftsführers Dr. E. auf der Basis seines gültigen Dienstvertrages mit der Gesellschaft wird der Geschäftsführer der Gesellschaft bereits empfangene Entgelte zurückgewähren. Er verpflichtet sich, in den Jahren 1989, 1990 und 1991 je

S 140.000,--, insgesamt somit S 420.000,-- zurückzuzahlen. Der Geschäftsführer wird der Personalverrechnung die entsprechende Anweisung erteilen."

Aus diesem Gesellschafterbeschluß sei zu entnehmen, daß sich Dr. E. in seiner Funktion als Gesellschafter (und nicht als Geschäftsführer) "unbeschadet des Fortbestandes des Entgeltsanspruches" verpflichtet habe, die erwähnten Beträge an die Beschwerdeführerin zurückzuzahlen. Gründe, weshalb sich Dr. E. zu dieser Leistung verpflichtet habe, seien dem Generalversammlungsprotokoll nicht zu entnehmen. Eine mangelhafte Geschäftsführung könne jedenfalls nicht unterstellt werden, da Dr. E. die Entlastung als Geschäftsführer erteilt worden sei. Auch die Unangemessenheit der Geschäftsführerbezüge der Höhe nach könne nicht der Grund für die Zahlungen gewesen sein, weil diese ausdrücklich "unbeschadet des Fortbestandes des Entgeltsanspruches des Geschäftsführers Dr. E. auf der Basis seines gültigen Dienstvertrages mit der Gesellschaft" vereinbart worden seien. Die Vereinbarung sei formell auch nicht zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses, sondern zwischen den beiden Gesellschaftern anläßlich der ordentlichen Generalversammlung der Beschwerdeführerin geschlossen worden. Die jeweilige Zahlung des Dr. E. an die Beschwerdeführerin stelle daher nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt nicht eine Leistung eines Dienstnehmers an seinen Dienstgeber, sondern eine "Leistung des Gesellschafters an die Gesellschaft" dar. Derartige Leistungen erfüllten aber nicht "die allgemeinen Bedingungen für den Werbungskostenabzug", weil sie nämlich nicht objektiv im Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit des Leistenden stünden.

Die dagegen erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu den Werbungskosten zählt gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurde. Steht ein Arbeitnehmer in einem aufrechten Dienstverhältnis zu einem Arbeitgeber, dem er Arbeitslohn zu erstatten (rückzuzahlen) hat, so hat der Arbeitgeber die Erstattung (Rückzahlung) beim laufenden Arbeitslohn als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Die Beschwerde bringt vor, ein Ausschlußgrund für den Charakter der in Rede stehenden Rückzahlungen als Werbungskosten liege nicht vor. Soweit sich die belangte Behörde darauf stütze, daß die Rückzahlungsvereinbarung nicht formell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses vereinbart worden sei, sei ihr entgegenzuhalten, daß Arbeitgeber des Geschäftsführers einer Gesellschaft m.b.H. nur die Generalversammlung sein könne. Auch von einer willkürlichen Festsetzung der Erstattung der Einnahmen im Sinne der zitierten Gesetzesstelle könne keine Rede sein. Schon im Berufungsverfahren sei ausgeführt worden, daß die Rückzahlung von Arbeitslohn des Dr. E. auf wirtschaftlichen Gegebenheiten der Beschwerdeführerin beruhe, nämlich die Hintanhaltung einer Überschuldung zum Ziel gehabt habe.

Voraussetzung für einen Abzug als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 ist unter anderem, daß die allgemeinen Rechtsvoraussetzungen für den Werbungskostenabzug erfüllt sind, daß also etwa die Rückzahlung von Einnahmen nicht aus privaten Motiven erfolgt ist (vgl. hiezu Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Rz 93 zu § 16).

Die im Beschwerdefall streitentscheidende Frage ist, ob der (rückwirkende) Verzicht des Dr. E. auf Teile seines Arbeitslohnes in den Jahren 1989 bis 1991 seine Ursache im Dienstverhältnis oder in der Gesellschaftssphäre hatte. Da die Beschwerde als Ziel der Maßnahme auf die Absicht zur Sanierung der Beschwerdeführerin hinweist, diese Zielsetzung aber PRIMÄR die Gesellschaftssphäre betrifft, ist der belangten Behörde darin beizupflichten, daß die (ursprünglich bei der Beschwerdeführerin als Einlage verbuchten) Zahlungen des Dr. E. an die Beschwerdeführerin den Charakter von Einlagen und nicht von Werbungskosten aufweisen. Darin kommt der Gedanke zum Ausdruck, daß es in erster Linie Sache der Gesellschafter einer in ihrer Existenz gefährdeten Kapitalgesellschaft ist, den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern, und erst in weiterer Folge dadurch Geschäftsführerbezüge gesichert werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1990, Zl. 86/13/0162). Das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogene Argument, formell sei die zu Zahlungen des Dr. E. an die Beschwerdeführerin führende Vereinbarung nicht zwischen Dienstgeber einerseits und Dienstnehmer andererseits geschlossen worden, ist angesichts des von der belangten Behörde zutreffend festgestellten wirtschaftlichen Gehalts des Vorgangs nicht streitentscheidend.

Da somit der angefochtene Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht aufweist, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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