Normen
AVG §66 Abs4;
B-VG Art49 Abs1;
HVG §23 Abs5;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art49 Abs1;
HVG §23 Abs5;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1946 geborene Beschwerdeführer leistete vom 1. Oktober 1964 bis 30. September 1965 Präsenzdienst beim österreichischen Bundesheer. Im Mai 1965 kam es beim dienstlich angesetzten Handgranatenwerfen zu einer vorzeitigen Explosion, wodurch der Beschwerdeführer zahlreiche Verletzungen erlitt.
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. April 1973 wurde die dem Beschwerdeführer gewährte Beschädigtenrente unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 v.H. neu bemessen. Als Dienstbeschädigungen wurden mit diesem Bescheid unter anderem "Horner-Syndrom rechts" und "Glaskörpertrübung rechts bei Horner-Syndrom rechts" anerkannt.
Der Beschwerdeführer stellte im Wege der Wiener Gebietskrankenkasse mit Schreiben vom 14. August 1997 an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen für Wien, Niederösterreich und Burgenland den Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Trifokalbrille für mittlere Entfernungen. Die Behörde erster Instanz führte ein Ermittlungsverfahren durch, in dem sie ein Gutachten zu der Frage einholte, ob die verordnete Trifokalbrille auf Grund der anerkannten Dienstbeschädigungen "Horner-Syndrom rechts" und "Glaskörpertrübung rechts bei Horner-Syndrom rechts" erforderlich sei. In dem Gutachten der Fachärztin für Augenheilkunde Dr. S vom 5. September 1997 wurde festgestellt, dass die Brille aus beruflichen Gründen notwendig und daher aus medizinischer Sicht zu befürworten sei. Auf Grund der angeführten Dienstbeschädigungen sei sie sicher nicht erforderlich.
Mit Bescheid vom 9. Oktober 1997 wies das Bundessozialamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland den Antrag des Beschwerdeführers auf Übernahme der tarifmäßigen Kosten für eine Trifokalbrille gemäß § 6 Abs. 1 und § 8 Abs. 2 des Heeresversorgungsgesetzes (HVG) ab. Zur Begründung führte die erstinstanzliche Behörde aus, gemäß § 6 Abs. 1 HVG habe der Beschwerdeführer Anspruch auf unentgeltliche Heilfürsorge bei jeder als Dienstbeschädigung anerkannten Gesundheitsstörung und deren Folgen. Da er nach den durchgeführten Ermittlungen keiner Pflichtversicherung angehöre, sei er zur Durchführung der Heilfürsorge für die anerkannten Dienstbeschädigungen der Wiener Gebietskrankenkasse zugeteilt. Die Überprüfung, ob die verordnete Trifokalbrille wegen der als Dienstbeschädigungen anerkannten Gesundheitsschädigungen erforderlich sei, habe ergeben, dass nach dem vorliegenden schlüssigen augenfachärztlichen Sachverständigengutachten die Trifokalbrille wegen der anerkannten Dienstbeschädigungen Horner-Syndrom rechts und Glaskörpertrübung rechts nicht notwendig sei.
In der dagegen eingebrachten Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die erstinstanzliche Behörde hätte unabhängig von der Prüfung einer Unfallkausalität die Kosten der Trifokalbrille zu ersetzen gehabt, weil die durch die 14. HVG-Novelle veranlasste Einschränkung der Heilfürsorge in seinem Fall deshalb nicht anzuwenden sei, weil sein Anspruch nach der am 22. Mai 1965, dem Tag der erfolgten Dienstbeschädigungen, geltenden Rechtslage zu beurteilen gewesen sei.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Schiedskommission beim Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 24. Februar 1998 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 82 Abs. 1 HVG bestätigt. Nach Wiedergabe des § 6 Abs. 1 und des § 23 Abs. 2 HVG führte die belangte Behörde aus, auf Grund des augenfachärztlichen Sachverständigengutachtens stehe fest, dass die verordnete Trifokalbrille nicht wegen der als Dienstbeschädigung anerkannten Gesundheitsstörung notwendig sei. Nach der Aktenlage beziehe der Beschwerdeführer eine Beschädigtenrente nach dem HVG entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 v.H. (richtig: 60 v. H.) und gelte daher gemäß den zitierten gesetzlichen Bestimmungen nicht als erwerbsunfähiger Schwerbeschädigter. Der Beschwerdeführer stehe auch nicht im Bezuge eines Erhöhungsbetrages gemäß § 23 Abs. 5 HVG. Die Berufungseinwendungen würden in der geltenden Rechtslage keine Deckung finden. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf Anspruch auf unentgeltliche Heilfürsorge bei jeder Gesundheitsstörung nach dem HVG verletzt". Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a HVG hat im Falle einer Dienstbeschädigung der Beschädigte Anspruch auf Heilfürsorge.
Nach § 6 Abs. 1 HVG hat der Beschädigte Anspruch auf unentgeltliche Heilfürsorge bei jeder als Dienstbeschädigung anerkannten Gesundheitsstörung und deren Folgen, um seine Gesundheit und Erwerbsfähigkeit möglichst wieder herzustellen, den Eintritt einer Verschlimmerung zu verhüten und die durch die Gesundheitsstörung bedingten Beschwerden zu lindern. Erwerbsunfähige (§ 23 Abs. 2 HVG) haben Anspruch auf unentgeltliche Heilfürsorge bei jeder Gesundheitsstörung. Den gleichen Anspruch haben auch die übrigen Schwerbeschädigten, wenn sie einen Erhöhungsbetrag gemäß § 23 Abs. 5 HVG beziehen und weder der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen noch Anspruch auf Unfallheilbehandlung gegen einen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben. Ein Rezeptgebührenersatz ist lediglich Beziehern eines Erhöhungsbetrages gemäß § 23 Abs. 5 HVG zu leisten.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seinem Vorbringen nicht gegen die Annahme der belangten Behörde, er gelte gemäß § 6 Abs. 1 HVG nicht als erwerbsunfähiger Schwerbeschädigter und stehe auch nicht im Bezuge eines Erhöhungsbetrages im Sinne des § 23 Abs. 5 HVG. Vielmehr bringt der Beschwerdeführer vor, die Voraussetzung des Bezuges eines Erhöhungsbetrages gemäß § 23 Abs. 5 HVG für die Leistung von Krankenversicherungsschutz für alle Gesundheitsstörungen sei durch das Versorgungsrechtsänderungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 648/1989, eingeführt worden. Dieses Bundesgesetz sei bezüglich der maßgeblichen Bestimmungen am 1. Jänner 1990 in Kraft getreten. Übergangsbestimmungen würden sich darin nicht finden. Sowohl nach dem Gesetzestext als auch nach der Behördenübung beziehe sich daher die Einschränkung des Versicherungsschutzes nur auf jene Versorgungsfälle, deren Stichtag nach dem 1. Jänner 1990 liege. Alle bis dahin eingetretenen Versorgungsfälle seien nach der bis zum Versorgungsrechtsänderungsgesetz 1989 geltenden Rechtslage zu beurteilen. Der Gesetzgeber hätte, wenn er andere Regelungen beabsichtigt hätte, dafür entsprechende Übergangsbestimmungen ausdrücklich anordnen müssen. Vorbehaltlich abweichender Sonderregelungen erfasse eine Gesetzesänderung nicht Tatbestände, die vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes verwirklicht worden seien. Bestehende Rechte dürften nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung beeinträchtigt werden.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtsmittelbehörde im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Recht anzuwenden hat. Eine andere Betrachtungsweise wird nur dann geboten sein, wenn etwa der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung anderes anordnet oder wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war. Wie der Verwaltungsgerichtshof überdies ausgesprochen hat, gelten diese grundsätzlichen Erwägungen auch für die Frage nach der maßgebenden Rechtslage für jede bescheiderlassende Behörde. Sofern das Gesetz nicht ausdrücklich oder implizit auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt oder Zeitraum abstellt, ist für die Entscheidung die im Bescheiderlassungszeitpunkt geltende Rechtslage maßgebend (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0356, und vom 11. März 1997, Zl. 96/07/0230). Da hinsichtlich des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruches auf Gewährung unentgeltlicher Heilfürsorge weder das HVG noch eine andere gesetzliche Vorschrift auf derart in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte oder Zeiträume abstellt, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde bei Erlassung ihres Bescheides die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Rechtslage angewendet hat. Insoweit der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, eine Gesetzesänderung erfasse nicht Tatbestände, die vor seinem Inkrafttreten verwirklicht worden seien, ist im zu entgegnen, dass im vorliegenden Fall über den Antrag des Beschwerdeführers auf Übernahme der Kosten für eine verordnete Trifokalbrille abzusprechen ist. Dieser Sachverhalt ist - wie auch der Beschwerdeführer nicht bestreitet - nach der genannten Novelle eingetreten. Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit nicht zu erkennen, inwieweit im vorliegenden Fall der Tatbestand vor dem Inkrafttreten des Versorgungsrechts-Änderungsgesetzes 1989 verwirklicht worden sei.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich unter Bezugnahme auf den Grundsatz von Treu und Glauben vorbringt, das Bundessozialamt habe bisher keinen Zweifel an seinem Anspruch auf unentgeltliche Heilfürsorge bei jeder Gesundheitsstörung erkennen lassen, weshalb dies auch künftig zu gelten habe, ist ihm zu erwidern, dass die Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben gegenüber einer nachträglichen Änderung der Gesetzeslage nicht durchzuschlagen vermag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1988, Zl. 86/12/0212). Selbst wenn der Beschwerdeführer schon in der Vergangenheit keinen derartigen Anspruch (mehr) gehabt haben sollte, hinderte dies die Behörde nicht, nunmehr die maßgeblichen Bestimmungen rechtsrichtig zu vollziehen. Es kann der Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie die im Zeitpunkt ihrer Bescheiderlassung maßgebliche Rechtslage angewendet hat. Daran vermag auch der Umstand, dass nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers dieser nie eine Verständigung über die Aufhebung seines Versicherungsschutzes erhalten habe, etwas zu ändern.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 19. Dezember 2000
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