Normen
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin bezog nach Geburt ihrer außerehelichen Tochter am 17. März 1993 vorerst Karenzurlaubsgeld, sodann Sondernotstandshilfe und ab 18. März 1996 Notstandshilfe. Von der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice wurde am 16. Oktober 1996 mit der Beschwerdeführerin eine Niederschrift über die Nichtannahme einer zugewiesenen Beschäftigung aufgenommen. Danach sei der Beschwerdeführerin am 8. Oktober 1996 eine Beschäftigung als Helferin in einem Tischlereibetrieb mit Arbeitsantritt 14. Oktober 1996 zugewiesen worden. Die Beschwerdeführerin habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nach § 10 AlVG 1977 (Verlust des Anspruches auf AlG/NH für die Dauer der Weigerung, mindestens aber für die Dauer von 4, 6 oder 8 Wochen) erklärt, das Beschäftigungsverhältnis sei nicht zu Stande gekommen, weil sie für ihre dreijährige Tochter keine Betreuungsperson zu der verlangten Arbeitszeit (6 bis 8 Uhr und 17 bis 19 Uhr) habe. Ab Jänner 1997 sei sie bereits beim Verein BABSI für den Tagesmütterkurs vorgemerkt, ab Februar/März 1997 könne sie bereits Tageskinder betreuen.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des AMS vom 11. November 1996 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 i.V.m. § 10 AlVG für den Zeitraum vom 14. Oktober bis 24. November 1996 verloren habe. Nachsicht werde nicht erteilt. In der Begründung ist nach Wiedergabe der im Spruch zitierten Gesetzesstellen zu lesen, das Dienstverhältnis bei einer namentlich genannten Firma sei durch das Verschulden der Beschwerdeführerin nicht zu Stande gekommen.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin machte sie geltend, sie hätte die angebotene Beschäftigung gerne annehmen wollen. Auf Grund der vorgegebenen Arbeitszeiten hätte es jedoch Probleme mit der Kinderbetreuung gegeben. Arbeitsbeginn wäre 6 Uhr morgens gewesen. Für diese Zeit gäbe es keine Kinderbetreuungsmöglichkeit. Der Arbeitgeber wäre nicht einverstanden gewesen, wenn sie ihr Kind in die Arbeit mitgenommen hätte. Der präsumtive Arbeitgeber habe sie daher nicht eingestellt, obwohl ihrerseits der Wille vorhanden gewesen sei, den Arbeitsplatz anzutreten. Sie ersuche daher um Nachsicht.
Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch Anfragen an den präsumtiven Arbeitgeber. Mit Schreiben vom 7. Jänner 1997 teilte die belangte Behörde das Ergebnis ihrer Anfrage, wonach die Beschwerdeführerin die angebotene Stelle hätte ausüben können, der Beschwerdeführerin mit. Es seien keine besonderen Qualifikationen erforderlich gewesen. Die Beschwerdeführerin hätte erklärt, über keine Betreuungsmöglichkeiten für ihr Kind zu verfügen und daher zu den angegebenen Zeiten nicht arbeiten zu können. Sie hätte daher die Stelle nicht angenommen. Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin gleichzeitig auf, etwaige berücksichtigungswürdige Umstände im Sinne des § 10 Abs. 2 AlVG bekannt zu geben.
Die Beschwerdeführerin teilte dazu der belangten Behörde mit, dass die Angaben des präsumtiven Arbeitgebers der Wahrheit entsprechen würden und keine Umstände gemäß § 10 Abs. 2 AlVG vorlägen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt und bestätigte den bekämpften Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen aus, die angebotene Beschäftigung sei innerhalb des Wohnortes der Beschwerdeführerin gelegen gewesen. Das Beschäftigungsverhältnis sei nicht zu Stande gekommen. Die Beschwerdeführerin habe erklärt, mangels Betreuungsperson für ihre dreijährige Tochter der Arbeitszeit nicht nachkommen zu können.
Die belangte Behörde führte dann in rechtlicher Hinsicht aus, für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung innerhalb des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Arbeitslosen seien ausschließlich die Kriterien des § 9 Abs. 2 AlVG maßgebend. Auf die Versorgung von Familienangehörigen sei hingegen gemäß § 9 Abs. 3 AlVG nur bei einer Beschäftigung außerhalb des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Arbeitslosen Bedacht zu nehmen. Da im vorliegenden Fall die zugewiesene Beschäftigung innerhalb des Wohnortes der Beschwerdeführerin gelegen sei, könne die Betreuungspflicht für ihre Tochter die Zumutbarkeit der angebotenen Beschäftigung nicht beeinträchtigen.
Andere Gründe, die eine Unzumutbarkeit der angebotenen Beschäftigung begründen könnten, seien im Zuge des Verfahrens nicht hervorgekommen. Der Ausschluss vom Bezug der Notstandshilfe in der angegebenen Zeit sei daher zu Recht erfolgt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom 9. Juni 1998 (B 693/97) ab und trat sie über nachfolgenden Antrag dem Verwaltungsgerichtshof ab. In der Begründung des Ablehnungsbeschlusses führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, es liege in der Freiheit des Gesetzgebers, bei Prüfung der Zumutbarkeit einer vermittelten Beschäftigung vor Gewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung die Versorgung von unterhaltsberechtigten Familienangehörigen grundsätzlich dem Risikobereich des Anspruchswerbers zuzuordnen und eine Berücksichtigung nur dann vorzusehen, wenn ein auswärtiger Arbeitsplatz typischerweise eine überlange Abwesenheit zur Folge habe (wobei der Begriff Wohn- oder Aufenthaltsort eine am Sinn orientierte Auslegung in Großgemeinden zulasse).
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Zuerkennung der Notstandshilfe verletzt. Sie begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (u.a.) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Beschäftigung ist nach § 9 Abs. 2 bis 5 leg. cit. zu prüfen. Nach § 9 Abs. 2 leg. cit. ist eine Beschäftigung zumutbar, die den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Die letzte Voraussetzung bleibt bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung zumutbar ist, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und keine Aussicht besteht, dass der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet. Nach § 9 Abs. 3 AlVG ist eine Beschäftigung außerhalb des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Arbeitslosen zumutbar, wenn hiedurch die Versorgung seiner Familienangehörigen, zu deren Unterhalt er verpflichtet ist, nicht gefährdet wird und am Orte der Beschäftigung, wenn eine tägliche Rückkehr an den Wohnort nicht möglich ist, entsprechende Unterkunftsmöglichkeiten bestehen.
Nach § 10 Abs. 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Diese Bestimmung ist gemäß § 38 AlVG auch auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unstrittig, dass die angebotene Arbeitsstelle innerhalb des Wohnortes der Beschwerdeführerin gelegen ist.
Die Beschwerdeführerin setzt der Annahme der belangten Behörde, die zugewiesene Beschäftigung sei zumutbar, ausschließlich entgegen, dass sie während der vorgesehenen Arbeitszeiten keine Betreuungsperson für ihr minderjähriges Kind gehabt habe. Sie regt an, der Verwaltungsgerichtshof möge seine Judikatur dahingehend ändern, dass auf die Versorgung von Familienangehörigen auch dann Rücksicht zu nehmen sei, wenn eine Beschäftigung am Wohn- oder Aufenthaltsort des Arbeitslosen angeboten werde und die Versorgung der Familienangehörigen, zu deren Unterhalt der Arbeitslose verpflichtet sei, dadurch gefährdet würde.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in dem von der Beschwerdeführerin erwähnten Erkenntnis vom 19. März 1996, 95/08/0212, ausführlich mit der Rechtslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung und Literatur befasst. Auf die nähere Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof ist dort zum Ergebnis gekommen, dass bei Vermittlung einer nach § 9 AlVG zumutbaren Beschäftigung am Wohn- oder Aufenthaltsort die Verweigerung oder Vereitelung der Annahme einer solchen Beschäftigung ohne Rücksicht auf Betreuungspflichten zum befristeten Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes oder der Notstandshilfe (§ 10 Abs. 1 und § 38 AlVG) führt. Für ein anderes Vorgehen bietet das Gesetz keine Grundlage. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Judikatur aufrecht erhalten und zuletzt mit Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, 99/08/0137, bekräftigt. Auch auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auf Grund der Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht veranlasst, von dieser Rechtsauffassung abzugehen.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde keine Begründung dafür, warum keine Nachsicht erteilt werde, gebe.
Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Die belangte Behörde hat durch Übernahme des Spruches der Behörde erster Instanz ausgesprochen, dass Nachsicht nicht erteilt werde. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin nach Aufforderung im Verwaltungsverfahren erklärt hätte, es lägen keine berücksichtigungswürdigen Umstände gemäß § 10 Abs. 2 AlVG vor. Näherer Ausführungen bedurfte es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin schon deswegen nicht, weil abgesehen von der Erklärung der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren sich im Verwaltungsakt keinerlei Anhaltspunkte für Nachsichtsgründe finden.
Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. März 2000
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