Normen
AVG §1;
AVG §59 Abs1;
AVG §64 Abs2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §27 Abs4;
EMRK Art8 Abs2;
StGB §46;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §59 Abs1;
AVG §64 Abs2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §27 Abs4;
EMRK Art8 Abs2;
StGB §46;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit Bescheid vom 21. August 1997 gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 iVm §§ 19 bis 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein mit drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen (Spruchteil I. dieses Bescheides). Gemäß § 64 Abs. 2 AVG iVm § 27 Abs. 4 FrG wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen das genannte Aufenthaltsverbot ausgeschlossen (Spruchteil II. dieses Bescheides).
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 17. September 1997 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 27 Abs. 4 FrG der Berufung gegen den vorgenannten Bescheid hinsichtlich des verfügten Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung (Spruchteil II.) keine Folge gegeben und der Erstbescheid in diesem Spruchteil bestätigt. (In Bezug auf den Spruchteil I. blieb die Berufung unerledigt.)
Der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien und halte sich seit dem 2. Dezember 1985 in Österreich auf. Erstmals sei ihm von der Bundespolizeidirektion Linz am 2. Dezember 1985 ein bis 10. Februar 1986 gültiger Sichtvermerk erteilt worden; zuletzt sei dem Beschwerdeführer vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz am 12. Juni 1996 eine bis zum 24. März 1998 gültige Bewilligung nach dem AufG erteilt worden.
Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 29. Oktober 1996 gemäß § 15 iVm § 169 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt worden. Dieses Urteil sei seit dem 29. Oktober 1996 rechtskräftig.
In der niederschriftlichen Einvernahme vom 7. Juli 1997 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er bereits seit zwölf Jahren in Österreich aufhältig wäre und sich sein (namentlich genannter) Sohn bei ihm aufhalten würde; dieser sei bereits österreichischer Staatsbürger. Zu den vom Beschwerdeführer "vorgelegten Urteilsdaten aus Jugoslawien" habe er ausgeführt, es wäre richtig, dass er wegen Mordes an seiner Frau "zu 12 Jahren" verurteilt worden wäre; davon wäre er "9 Jahre eingesperrt gewesen". Abschließend habe der Beschwerdeführer ersucht, von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, da er doch bereits zwölf Jahre in Österreich gearbeitet hätte und dies auch weiterhin tun möchte; er hätte in Jugoslawien keine Familie, nur seinen Sohn im Bundesgebiet. Bis zu (richtig: Während) der Haft auf Grund des besagten Urteils aus dem Jahr 1996 hätte der Beschwerdeführer in Garsten als Fleischhauer gearbeitet, diesen Beruf würde er auch weiterhin ausüben wollen.
In der niederschriftlichen Einvernahme am 5. August 1997 habe der Beschwerdeführer neuerlich auf seinen Sohn verwiesen, jedoch festgehalten, dass er zu diesem leider keinen Kontakt mehr hätte. Weitere Familienangehörige hätte der Beschwerdeführer weder in "Jugoslawien" noch im Bundesgebiet; ein Cousin des Beschwerdeführers würde sich in Linz aufhalten. Aus einem Schreiben einer näher genannten Frau vom 6. August 1997 gehe hervor, dass diese den Beschwerdeführer bei sich aufnehmen und sich um einen Arbeitsplatz für ihn kümmern würde.
Mit Bescheid vom 21. August 1997 sei über den Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land die Schubhaft verhängt worden.
In seiner Berufung vom 4. September 1997 gegen den Erstbescheid habe der Beschwerdeführer neuerlich darauf hingewiesen, dass er sich bereits seit zwölf Jahren im Bundesgebiet befinden würde. Auch sein Sohn, der bereits die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hätte, würde sich hier aufhalten. Im Fall seiner Abschiebung müsste der Beschwerdeführer in ein "geändertes" Land zurückkehren, welches er in dieser Form gar nicht kennen würde. Jegliche familiäre und soziale Anknüpfungspunkte würden sich im Bundesgebiet befinden, in seinem Heimatstaat hätte der Beschwerdeführer keine gesicherte Zukunft. Richtigerweise würde der Beschwerdeführer während der Dauer seiner Haft über keine Wohnung und kein gesichertes Einkommen verfügt haben. Die Erstbehörde hätte allerdings berücksichtigen müssen, dass der Beschwerdeführer für den Fall seiner Enthaftung sofort bei der schon angesprochenen Frau Unterkunft hätte nehmen und zufolge eines ihm zur Verfügung stehenden Befreiungsscheines sofort wieder eine Erwerbstätigkeit hätte beginnen können. Der Beschwerdeführer hätte auch Anspruch auf Arbeitslosengeld und wäre deshalb auch krankenversichert.
Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung durch die Erstbehörde habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass dies "in keinster Weise sachlich gerechtfertigt" wäre, es wären keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der nationalen Sicherheit erforderlich wäre. Diesbezüglich habe der Beschwerdeführer auf die Intention des Gesetzgebers durch die "Fremdengesetz-Novelle 1997" verwiesen, nach welcher die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes im konkreten Fall "ohnehin absolut unzulässig" wäre. Dazu sei auszuführen, dass der Beschwerdeführer zwar bereits langjährig im Bundesgebiet aufhältig, letztlich jedoch vom Landesgericht Linz - wie bereits erwähnt - am 29. Oktober 1996 wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach § 15 iVm § 169 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von eineinhalb Jahren verurteilt worden sei. Bereits aus der hohen unbedingten Freiheitsstrafe sei zu ersehen, dass der Unwert des diesem Urteil zu Grunde liegenden strafbaren Verhaltens vom Gericht "enorm hoch" eingestuft worden sei. Insbesondere sei aber zu beachten, dass mit dem Verbrechen der Brandstiftung stets eine eminente Gefährdung einer größeren Zahl von Personen bzw. relativ hohe Sachschäden einhergingen, weshalb schon aus dieser Sicht der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gerechtfertigt erscheine.
Der Bescheid der Erstbehörde sei daher im Weg einer Teilerledigung (bezüglich Spruchteil II.) zu bestätigen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1 Gemäß § 27 Abs. 4 FrG darf bei Fremden, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen ein Aufenthaltsverbot nur dann ausgeschlossen werden, wenn die sofortige Ausreise des Fremden im Interesse der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der nationalen Sicherheit erforderlich ist.
Nach § 64 Abs. 2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse der Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
1.2. § 27 Abs. 4 FrG trifft im Verhältnis zu § 64 Abs. 2 AVG insofern eine besondere Regelung, als danach der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung eines sich bislang rechtmäßig in Österreich aufhaltenden Fremden gegen ein ihn betreffendes Aufenthaltsverbot nur dann zulässig ist, wenn die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers aus näher genannten spezifischen öffentlichen Interessen erforderlich ist. Bezüglich der in § 64 Abs. 2 AVG zweiter Satz getroffenen Bestimmung, dass der Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen ist, trifft § 27 Abs. 4 FrG - diese Bestimmung hat die belangte Behörde vorliegend im Grund des Art. II Abs. 2 Abschnitt A Z. 7 EGVG anzuwenden - keine abweichende Regelung, weshalb insoweit § 64 Abs. 2 AVG für den angefochtenen Bescheid die maßgebliche Norm darstellt.
1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass der Wortlaut des § 64 Abs. 2 AVG zeigt, dass die aufschiebende Wirkung einer Berufung auch in einem von der Hauptsache getrennten Bescheid aberkannt werden kann. Ein solcher Bescheid unterliegt dann dem selben Instanzenzug wie der Ausspruch über die Hauptsache. Bei einer solchen Aberkennung handelt es sich um einen - in Bezug auf den die Hauptsache betreffenden Ausspruch - selbstständigen Nebenabspruch im Sinn des § 59 Abs. 1 AVG. Ebenso wie in erster Instanz ein gesonderter Bescheid über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zulässig ist, kann auch die Berufungsbehörde über die Berufung gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in einem von der Hauptsache getrennten Bescheid erkennen. Die Entscheidung über die Berufung gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist von der Entscheidung über die Berufung in der Hauptsache im Sinn des § 59 Abs. 1 AVG trennbar. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 26. August 1996, Zl. 96/11/0188, m.w.H.).
2.1. Nach Auffassung der Beschwerde hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid zunächst deswegen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil auf den Fall des Beschwerdeführers, der sich zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe, ausschließlich § 27 Abs. 4 FrG und nicht der von der Behörde ebenfalls angeführte § 64 Abs. 2 AVG anzuwenden sei.
2.2. Mit diesem Vorbringen ist für die Beschwerde nichts gewonnen, weil - wie eben dargelegt - § 27 Abs. 4 FrG im Verhältnis zu § 64 Abs. 2 AVG lediglich partiell eine besondere Regelung trifft, und von daher (wie gerade der vorliegende Fall zeigt) Raum für eine gleichzeitige Anwendung beider Bestimmungen besteht.
3.1. Weiters vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, dass entgegen der Behörde seine sofortige Ausreise weder im Interesse der öffentlichen Ordnung noch aus Gründen der nationalen Sicherheit erforderlich gewesen sei. Die Tatsache der Begehung einer Straftat und die anschließende Verbüßung einer Strafhaft könnten für sich allein nicht die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit gefährden. Die belangte Behörde habe auch "(wohl mangels Einsicht in den Strafakt)" nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer aus der Strafhaft bedingt entlassen worden, und daher das Strafgericht davon ausgegangen sei, dass vom Beschwerdeführer keine Gefährdung hinsichtlich der Begehung weiterer Straftaten mehr ausgehe. Wäre zum Zeitpunkt der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft tatsächlich eine solche Gefährdung vorgelegen, so wäre nämlich mit Sicherheit von Seiten des Strafgerichts keine bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe im Sinn des § 46 StGB verfügt worden. Weiters würden die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, es sei insbesondere zu beachten, dass mit dem Verbrechen der Brandstiftung stets eine eminente Gefährdung einer größeren Zahl von Personen bzw. relativ hohe Sachschäden einhergingen, den "qualifizierten Tatbestand des § 169 Abs. 3 StGB begründen", während aber die Verurteilung des Beschwerdeführers nach der Bestimmung des § 169 Abs. 1 StGB erfolgt sei. Von daher seien die weiteren Ausführungen der belangten Behörde, dass nämlich schon aus dieser Sicht der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gerechtfertigt erschiene, unrichtig. Ferner macht der Beschwerdeführer geltend, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides "sämtliche Voraussetzungen für einen geordneten Aufenthalt unter Heranziehung der entsprechenden fremdenrechtlichen Bestimmungen (wie eine Unterkunft, Einkommen, Versicherung, usw.)" vorgelegen seien.
3.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Nach der hg. Rechtsprechung ist für die Beurteilung der Zulässigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Berufung nach § 27 Abs. 4 FrG ein strenger Maßstab anzulegen und ein solcher Ausschluss nur gerechtfertigt, wenn die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der nationalen Sicherheit - nicht aber zur Erreichung anderer im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter Gründe - erforderlich ist. Als Grundlage für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung kommt daher nur eine vom Fremden ausgehende schwer wiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Betracht, der ein annähernd gleiches Gewicht zukommt wie einer Gefährdung der nationalen Sicherheit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 94/18/0791). Wenn die belangte Behörde angesichts des der besagten Verurteilung zugrundeliegenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers die Auffassung vertreten hat, dass seine sofortige Ausreise unter dem Gesichtspunkt des Interesses der öffentlichen Ordnung erforderlich sei, und deswegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung durch die Erstbehörde bestätigt hat, kann dies auf dem Boden des besagten strengen Maßstabs im Hinblick auf die durch dieses Fehlverhalten bewirkte gravierende Beeinträchtigung des Interesses der öffentlichen Ordnung - letztere erfasst (im Kontext des § 27 Abs. 4 FrG) jedenfalls auch die Abwehr strafrechtlich sanktionierter Gefahren - nicht als rechtswidrig erkannt werden. An dieser Beurteilung vermag das Beschwerdevorbringen, zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung seien sämtliche Voraussetzungen für einen geordneten Aufenthalt des Beschwerdeführers vorgelegen, nichts zu ändern. Diese Beurteilung durfte die belangte Behörde im Übrigen eigenständig aus dem Blickwinkel des FrG treffen - mithin unabhängig von der in der Beschwerde angesprochenen strafgerichtlichen Rechtsverfolgung und somit der Frage einer bedingten Entlassung des Beschwerdeführers nach § 46 StGB.
4. Vor dem Hintergrund des Gesagten sind die Verfahrensrügen, die belangte Behörde habe mit Blick auf das Erfordernis der sofortigen Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und festgestellt bzw. den angefochtenen Bescheid nicht hinreichend begründet, nicht zielführend.
5. Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Februar 2000
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)