Normen
AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §6 Abs1 Z3;
BauTG OÖ 1994 §6 Abs1 Z4;
BauTG OÖ 1994 §6 Abs1 Z5;
BauTG OÖ 1994 §6 Abs2 Z2;
AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §6 Abs1 Z3;
BauTG OÖ 1994 §6 Abs1 Z4;
BauTG OÖ 1994 §6 Abs1 Z5;
BauTG OÖ 1994 §6 Abs2 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 13. Juni 1995 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführern die Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück in Ried
i. Innkreis, Richard Billinger Weg 4. Gegenstand der Baubewilligung war auch ein an der Grundstücksgrenze zum Grundstück der E.M. (im Folgenden: Nachbarin), Richard Billinger Weg 6, zu errichtender Einstellraum für einspurige Kraftfahrzeuge, wobei die Außenmauer an der Grundstücksgrenze eine Länge von 8,60 m aufweisen sollte; weiters war die Errichtung von 2 PKW-Stellplätzen unter einer Flugdachkonstruktion (so genanntes "Carport") mit einer Länge von 5,00 m an der selben Grundstücksgrenze geplant. Dagegen erhob die Nachbarin Berufung; auf Grund dieser Berufung wurde von den Bauwerbern ein Tekturplan eingereicht, der eine Reduktion des Einstellraumes insoferne enthielt, als dadurch die Mauerlänge an der Grundgrenze nur 3,50 m betragen sollte; an Stelle des ursprünglichen weiteren Teiles dieses Einstellraumes war im Tekturplan ein Hof vorgesehen. Von Seiten der Baubehörde wurde eine gemeinsame Niederschrift (mit der Nachbarin) für den 4. September 1995 in Aussicht gestellt; im Schreiben vom 31. August 1995 wies der Bürgermeister darauf hin, dass vor Abfassen der Niederschrift und Genehmigung der Austauschpläne mit den Bauarbeiten nicht begonnen werden dürfe, da der Baubewilligungsbescheid auf Grund der Berufung der Nachbarin noch nicht rechtskräftig sei.
In der am 4. September 1995 bei der Baubehörde aufgenommenen Niederschrift wurde wörtlich Folgendes ausgeführt:
"Auf Grund dieser Planänderung bestehen von Seiten der (Nachbarin) keine Einwände mehr. Diese Planänderung (Tekturplan vom 15. August 1995) wird von der Baubehörde bewilligt. Gleichzeitig geben die Bauwerber bekannt, dass die Bauarbeiten am 15. September 1995 beginnen werden ..."
Die Niederschrift wurde auch von der Nachbarin unterfertigt. Auf dem Tekturplan wurde der Vermerk "wird im Sinne des h. ä. Bescheides vom 13. Juni 1995 ...(Zahl) als Tekturplan genehmigt" angebracht und vom Bürgermeister unterfertigt. In der Folge wurde das Vorhaben ausgeführt; am 17. September 1996 langte die Anzeige der Beendigung der Bauausführung bei der Baubehörde ein.
Hier gegenständlich ist das Ansuchen der Beschwerdeführer vom 4. März 1996 um Bewilligung zur Erweiterung des Einstellplatzes für einspurige Kraftfahrzeuge. Nach dem mit diesem Ansuchen vorgelegten Einreichplan B soll auf der im seinerzeitigen Tekturplan als "Hof" bezeichneten Fläche ein weiterer Abstellraum für einspurige KFZ errichtet werden, sodass sich über eine Länge von 5,60 m an der Grundgrenze zur Nachbarin eine Mauer ergebe. Weiters war auf diesem Plan vorgesehen, dass der Carport um 1,20 m gegenüber der Grundgrenze zurückgerückt wird und im Zwischenraum Müllcontainer eingerichtet werden.
Die Nachbarin wurde von diesem Ansuchen in Kenntnis gesetzt, sie sprach sich in einer schriftlichen Eingabe dagegen aus, wobei sie wörtlich ausführte: "Die ursprüngliche Bewilligung des Wohnhausbaues ist rechtskräftig und erklärten sich die Bauwerber bereit, den nunmehrigen Hof zu belassen".
Mit Bescheid vom 18. Juli 1996 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde das Ansuchen der Beschwerdeführer um baubehördliche Bewilligung für die Erweiterung des Einstellplatzes ab. Durch die Erweiterung würde sich eine dem Nachbarn zugewandte Seite des Einstellraumes für einspurige KFZ von 9,10 m ergeben. Das Carport mit einer dem Nachbarn zugewandten Seite und einem Abstand zur Nachbargrundgrenze von 1,20 m würde gegenüber den Nachbarn als ein Gebäudekomplex mit einer Gesamtlänge von 14,10 m in Erscheinung treten. Es werde die Maximallänge gemäß § 6 O.ö. Bautechnikgesetz 1994 von 10,0 m überschritten. Außerdem sei im Vorgarten die Errichtung eines Gebäudes für Mülltrennung und Gerätecontainer unzulässig. Auch das Gesamtausmaß von 50 m2 gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. BautechnikG werde überschritten.
Mit ihrer dagegen erhobenen Berufung legten die Beschwerdeführer einen neuen Plan "Einreichplan C" vor. Dieser Plan enthält das Zurückrücken des Carport gegenüber der Grenze um 1,10 m, aber nicht mehr den Container für Mülltrennung. Bezüglich der Erweiterung des Abstellraumes für einspurige KFZ enthält der Einreichplan C keine Änderungen, allerdings werden zusätzlich zu den bisherigen Maßangaben auch "Naturmaße" angegeben. Die Beschwerdeführer stellten sich auf den Standpunkt, dass die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. BautechnikG so zu verstehen sei, dass jedes der an der Grundgrenze zulässigen Gebäude 10 m lang sein dürfe, weil im Gegensatz zur Flächenbegrenzung von 50 m2 der Gesetzgeber das Wort "insgesamt" bei der Seitenlänge nicht verwende. Das Carport mit einer Seitenlänge von 4,9 m sei gar nicht mit einzurechnen, weil die Nachbarin selbst an dieser Stelle an der Grundgrenze eine Garage errichtet habe, sodass das Carport gar nicht wahrgenommen werden könne.
Mit Bescheid vom 21. Oktober 1996 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde dieser Berufung keine Folge. Sinn der Rechtsvorschrift des § 6 Abs. 3 O.ö. BautechnikG sei es, dass auf der den Nachbarn zugewandten Seite eine Mauer mit einer Länge von nicht mehr als 10 m errichtet werden dürfe. Das Vorhaben widerspreche daher zwingenden baurechtlichen Bestimmungen, sodass das Ansuchen gemäß § 30 O.ö. BauO abzuweisen gewesen sei; die vorgelegten korrigierten Pläne hätten keine wesentliche Sachverhaltsänderung ergeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde einer gegen den Berufungsbescheid von den Bauwerbern erhobenen Vorstellung keine Folge. Die Vorstellungsbehörde ging im Gegensatz zu den Gemeindebehörden davon aus, dass die Baubewilligung vom 13. Juni 1995 nicht rechtskräftig wurde, weil dagegen von der Nachbarin Berufung erhoben worden und weil über diese Berufung noch nicht entschieden worden sei. Die in der Niederschrift vom 4. September 1995 enthaltene Bemerkung: "Diese Planänderung wird von der Baubehörde bewilligt ..." könne nicht als Bescheid qualifiziert werden und stamme von einer unzuständigen Behörde, weil über die Berufung allein der Gemeinderat hätte entscheiden dürfen. Eine Baubewilligung für einen Zubau setze jedoch einen rechtmäßigen "Alt-"Bestand voraus. Jenes Objekt, an dem der Zubau erfolgen solle, verfüge über keine rechtskräftige Baubewilligung, sodass schon deshalb der begehrte Zubau nicht bewilligungsfähig gewesen sei. Im Übrigen äußerte die Vorstellungsbehörde ihre Rechtsansicht, dass die Gesamtlänge aller zulässigerweise im Seitenabstand zu errichtenden baulichen Anlagen nicht mehr als 10,0 m betragen dürfe.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Bauführung im Bauwich gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. BautechnikG verletzt. Sie begehren die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer halten der Rechtsauffassung der Vorstellungsbehörde, es liege kein konsentierter Altbestand vor, entgegen, dass die Nachbarin anlässlich der Bewilligung des Tekturplanes ihre Berufung zurückgezogen habe. Dies kann aber dahingestellt bleiben, weil diese Auffassung der belangten Behörde aus nachstehenden Erwägungen geteilt wird:
Gemäß § 35 Abs. 1 BO hat die Baubehörde über einen Antrag gemäß § 28, also über ein Bauansuchen, einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Nach Abs. 5 dieser Bestimmung hat die Baubehörde dann, wenn das Vorhaben bewilligt wird, nach dem Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides oder nach dem Abschluss eines allfälligen Vorstellungsverfahrens den Bauplan mit einem Bewilligungsvermerk zu versehen und mindestens eine mit diesem Vermerk versehene Ausfertigung des Bauplanes dem Bauwerber zurückzustellen.
Im vorliegenden Fall wurde zwar der Vorschrift des § 35 Abs. 6 BO Genüge getan, die Erlassung eines schriftlichen Bescheides, die zu seiner Wirksamkeit den Verfahrensparteien hätte zugestellt werden müssen, erfolgte jedoch nicht. Damit liegt aber tatsächlich keine wirksame Baubewilligung vor, auf Grund derer ein Zubau bewilligungsfähig sein konnte.
Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass sich niemand, insbesondere auch nicht die Nachbarin, auf die Unwirksamkeit der formlosen "Bewilligung" berufen hat; das Gesetz bietet als Vereinfachung bei der Abweichung vom Konsens durch den Verweis auf § 34 BO nur das Absehen von der Verhandlung an, nicht aber eine bescheidlose Erledigung oder eine mündliche Bescheiderlassung. So lange kein Bescheid hinsichtlich des sich aus dem Tekturplan ergebenden Projektes erlassen, also zugestellt wird, liegt tatsächlich kein konsentierter Bestand vor, auf Grund dessen ein Zubau bewilligt werden könnte.
An diesem Ergebnis ändert der Umstand nichts, dass der mit dem Bewilligungsvermerk versehene Tekturplan den Bauwerbern am 8. September 1995 zugestellt wurde. § 35 Abs. 6 BO setzt ja eine im Sinne des § 35 Abs. 1 schriftlich erteilte Baubewilligung voraus, weil die Baubehörde erst nach dem Eintritt der Rechtskraft oder nach dem Abschluss eines allfälligen Vorstellungsverfahrens den Bauplan mit dem Bewilligungsvermerk zu versehen hat. Die Zustellung des Bauplanes mit dem Bewilligungsvermerk allein vermag daher die gemäß § 35 Abs. 1 BO erforderliche schriftliche Baubewilligung keinesfalls zu ersetzen.
Darüber hinaus war der beantragte Zubau aus den von der belangten Behörde herangezogenen Gründen nicht bewilligungsfähig.
Gemäß § 6 Abs. 1 O.ö. Bautechnikgesetz (in der Stammfassung; BauTG) gelten, soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, die Abstandsbestimmungen zu den seitlichen und zur inneren (hinteren) Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze(n) nicht für:
"...
3. mit Schutzdächern versehene Abstellplätze und Garagen, auch wenn sie an das Hauptgebäude angebaut sind, mit einer Nutzfläche bis zu ingesamt 50 m2 und einer den Nachbarn zugewandten Seite von bis zu 10 m Länge;
..."
Die Beschwerdeführer meinen nun, dass jede der nach dieser Bestimmung erlaubten Baulichkeiten auf der den Nachbarn zugewendeten Seite 10 m Länge aufweisen dürfe, weil das Attribut "insgesamt" bei der Längenbeschränkung fehlt.
Abstandsbestimmungen dienen im Allgemeinen dazu, den Nachbarn die erforderliche Belichtung und Belüftung zu gewährleisten. Der Gesetzgeber hat hier im § 6 BauTG zwar Ausnahmen vom Verbot der Bauführung im Abstand vorgesehen, will aber durch die Ausmaßbeschränkung im Abs. 1 Z. 3 (vgl. auch die Z. 4 und 5 bzw. Abs. 2 Z. 2) eine unzumutbare Beeinträchtigung des Nachbarn hintanhalten. Daher würde eine Auslegung, dass im Seitenabstand beliebig viele Garagen und überdachte Abstellplätze errichtet werden dürfen, wenn nur keine dieser Baulichkeiten die 10 m Länge überschreitet, die Abstandsbestimmung in einer vom Standpunkt des Nachbarschutzes unerträglichen Weise aushöhlen. Die Auffassung der Beschwerdeführer führte dazu, dass eine Garage mit einer Länge von 11 m verboten, zwei nur geringfügig voneinander getrennte Garagen von je 10 m Länge jedoch erlaubt wären. Dies zu beabsichtigen, kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.
Da das Projekt die 10 m Längenbeschränkung nicht einhalten würde, haben die Verwaltungsbehörden zu Recht eine Genehmigungsfähigkeit nicht angenommen. Auf die weiteren Darlegungen der belangten Behörde, dass die 50 m2 Ausmaßbeschränkung nur für den Bauwich gilt, braucht hier nicht eingegangen zu werden; verwiesen sei aber auf den bei Neuhofer, O.ö. Baurecht 20005, 435, wiedergegebenen Ausschussbericht zur Novelle LGBl. Nr. 103/1998, der die Klarstellung enthält, dass das Gesamtobjekt an sich auch mehr als die angegebenen 50 m2 Nutzfläche aufweisen darf, wenn nur der im Bauwich gelegene Teil des Bauwerkes die gesetzlich normierten Flächenbegrenzungen nicht überschreitet.
Somit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. August 2000
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