VwGH 96/08/0278

VwGH96/08/027826.4.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der H in L, vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer, Dr. Johannes Hibler und Univ.Doz.Dr. Bernd Oberhofer, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Tiroler Straße 30, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 20. August 1996, Zl. LGSTi/V/1213/4827 17 04 60-707/1996, betreffend Widerruf und Rückforderung von Karenzurlaubsgeld (vom 1. Jänner 1991 bis 14. Oktober 1992) und Arbeitslosengeld (vom 30. Oktober 1993 bis 19. Dezember 1993, vom 1. November 1994 bis 24. Dezember 1994 und vom 3. Mai 1995 bis 14. Juni 1995), zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §12 Abs10 idF 1992/416;
AlVG 1977 §12 Abs10 idF 1993/817;
AlVG 1977 §12 Abs11 idF 1993/817;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc idF 1987/615;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc idF 1993/817;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc idF 1996/201;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc;
AlVG 1977 §12 Abs6 lite;
AlVG 1977 §12 Abs9 idF 1987/615;
AlVG 1977 §12 Abs9 idF 1989/364;
AlVG 1977 §12 Abs9 idF 1993/817;
AlVG 1977 §12 Abs9;
AlVG 1977 §25 Abs1 idF 1987/615;
AlVG 1977 §25 Abs1 idF 1992/416;
AlVG 1977 §26 Abs4 litd;
AlVG 1977 §29 Abs1 idF 1987/615;
AlVG 1977 §36a;
EStG 1988;
AlVG 1977 §12 Abs10 idF 1992/416;
AlVG 1977 §12 Abs10 idF 1993/817;
AlVG 1977 §12 Abs11 idF 1993/817;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc idF 1987/615;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc idF 1993/817;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc idF 1996/201;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc;
AlVG 1977 §12 Abs6 lite;
AlVG 1977 §12 Abs9 idF 1987/615;
AlVG 1977 §12 Abs9 idF 1989/364;
AlVG 1977 §12 Abs9 idF 1993/817;
AlVG 1977 §12 Abs9;
AlVG 1977 §25 Abs1 idF 1987/615;
AlVG 1977 §25 Abs1 idF 1992/416;
AlVG 1977 §26 Abs4 litd;
AlVG 1977 §29 Abs1 idF 1987/615;
AlVG 1977 §36a;
EStG 1988;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von S 12.830.--- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde wie folgt entschieden:

"1. Die Zuerkennung des Karenzurlaubsgeldes wird für den Zeitraum vom 1.1.1991 bis 14.10.1992 gemäß § 29 Abs. 1 iVm § 24 Abs. 2 AlVG rückwirkend widerrufen, da die Berufungswerberin laut Einkommensteuerbescheid für das Wirtschaftsjahr 199 1und 1992 ein über der Geringfügigkeitsgrenze liegendes Einkommen bezogen hat. Aus diesem Widerruf der Zuerkennung des Karenzurlaubsgeldes resultiert ein Übergenuss an ausbezahltem Karenzurlaubsgeld in Höhe von S 174.315,--.

2. Die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes wird für die Zeiträume vom 30.10.1993 bis 19.12.1993, vom 1.11.1994 bis 24.12.1994 und für die Zeit vom 3.5.1995 bis 14.6.1995 gemäß § 24 Abs. 2 AlVG rückwirkend widerrufen, da die Berufungswerberin laut der vorgelegten Einkommensteuerbescheide für die Wirtschaftsjahre 1993, 1994 und 1995 ein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze bezogen hat. Aus diesem Widerruf der Zuerkennung des Arbeitslosengeldes für die genannten Zeiträume resultiert ein Übergenuss in Höhe von insgesamt S 45.828,--.

3. Der aus diesem Widerruf der Zuerkennung des Karenzurlaubsgeldes und des Arbeitslosengeldes resultierende Übergenuss von insgesamt S 220.143,-- wird der Berufungswerberin gemäß § 29 Abs. 1 iVm § 25 Abs. 1 bzw. gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zum Rückersatz vorgeschrieben, da diese ihre selbständige Erwerbstätigkeit dem Arbeitsmarktservice nicht gemeldet hat."

Nach der auf das Wesentliche zusammengefassten Begründung sei die Beschwerdeführerin seit 10. August 1988 "mit einem Drittel am Vermögen" der Franz Gliber OHG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt gewesen. Sie habe ihren "Drittelanteil an der Firma und die damit verbundenen Vermögenswerte, Rechte und Ansprüche sowie Verbindlichkeiten aus der Beteiligung ... als offene Gesellschafterin" mit Schenkungsvertrag vom 26. Februar 1996 ihrem Bruder schenkungsweise überlassen. In dem als KG weitergeführten Unternehmen sei die Beschwerdeführerin seit Februar 1996 nur mehr Kommanditistin mit einer Vermögenseinlage von S 70.000,--. Diese Kommanditanteile seien am 10. März 1996 von der Schwägerin der Beschwerdeführerin übernommen worden. Die Beschwerdeführerin sei mit diesem Zeitpunkt aus der Gesellschaft ausgeschieden.

Ab "1.1.1995" (gemeint offenbar: 1.1.1991) habe die Beschwerdeführerin Karenzurlaubsgeld in der Höhe von S 285,70 täglich bezogen. Ab 1. Jänner 1992 bis 23. März 1992 (83 Tage) und in der Zeit vom 29. März 1992 bis 30. April 1992 (33 Tage) habe sie Karenzurlaubsgeld in der Höhe von S 297,10 täglich und in der Zeit vom 1. Mai 1992 bis 14. Oktober 1992 (das seien 167 Tage) in der Höhe von S 213,-- täglich bezogen.

Weiters habe die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 30. Oktober 1993 bis 19. Dezember 1993 durch 51 Tage Arbeitslosengeld in der Höhe von S 309,30, in der Zeit vom 1. November 1994 bis 24. Dezember 1994 durch 54 Tage Arbeitslosengeld in gleicher Höhe bezogen. In der Zeit vom 3. Mai 1995 bis 14. Juni 1995 (43 Tage) habe die Beschwerdeführerin Arbeitslosengeld in der Höhe von S 310,50 täglich bezogen.

Die monatliche Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG habe im Jahr 1991 S 2.772,--, im Jahr 1992 S 2.924,--, im Jahr 1993 S 3.102,--, im Jahr 1994 S 3.288,-- und im Jahr 1995 S 3.452,-- betragen.

Aus dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Lienz vom 3. Februar 1993 für das Wirtschaftsjahr 1991 sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 283.844,-- gehabt habe. Für dieses Jahr habe die Beschwerdeführerin Sonderausgaben in Höhe von S 7.303,-- und den Kirchenbeitrag in der Höhe von S 1.000,-- "geltend gemacht". Abzüglich der zuletzt genannten Beträge ergebe sich ein monatliches Einkommen in der Höhe von S 22.961,75. Nach dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Lienz vom 9. Dezember 1993 habe die Beschwerdeführerin im Wirtschaftsjahr 1992 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 85.950,-- erzielt. Abzüglich der Sonderausgaben von S 1.638,-- und des Kirchenbeitrages von S 1.000,-- ergebe sich für das Wirtschaftsfjahr 1992 ein monatliches Einkommen der Beschwerdeführerin in der Höhe von S 6.942,67. Nach dem Einkommensteuerbescheid des gleichen Finanzamtes vom 6. März 1995 habe die Beschwerdeführerin im Wirtschaftsjahr 1993 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 109.678,-- erzielt. Abzüglich Sonderausgaben und Kirchenbeitrag ergebe sich für das Wirtschaftsjahr 1993 ein monatliches Einkommen in der Höhe von S 8.606,50. Laut Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes vom 12. Dezember 1995 habe die Beschwerdeführerin schließlich im Wirtschaftsjahr 1994 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 297.560,-- erzielt. Nach Abzug der Sonderausgabe von S 20.000,-- und des Kirchenbeitrages von S 392,-- habe die Beschwerdeführerin 1994 ein monatliches Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in der Höhe von S 23.097,33 erzielt.

Da für das Wirtschaftsjahr 1995 noch kein Einkommensteuerbescheid erlassen worden sei, werde gemäß § 36a Abs. 5 Z. 1 AlVG die Einkommensbeurteilung für das Jahr 1995 aufgrund des zuletzt ergangenen Einkommensteuerbescheides für das Wirtschaftsjahr 1994 berechnet.

Die Beschwerdeführerin habe mit ihren Einkünften die jeweils geltenden Geringfügigkeitsgrenzen bei weitem überschritten, weshalb die Zuerkennung des Karenzurlaubsgeldes und des Arbeitslosengeldes rückwirkend zu widerrufen gewesen sei.

Die Rückersatzpflicht der Beschwerdeführerin ergebe sich gemäß § 25 Abs. 1 AlVG einerseits daraus, dass die Beschwerdeführerin ihren Leistungsbezug durch Verschweigen maßgebender Tatsachen, nämlich die Ausübung ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit, herbeigeführt habe, andererseits daraus, dass durch die nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheide für die Wirtschaftsjahre 1991 bis 1994 bekannt geworden sei, dass die Beschwerdeführerin seit 1991 aus ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit Einkommen über den jeweiligen monatlichen Geringfügigkeitsgrenzen bezogen habe. Die eingewendeten Verlustabzüge könnten im Hinblick auf § 36a Abs. 3 Z. 2 AlVG nicht berücksichtigt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Zum Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes anlässlich der Einleitung des Vorverfahrens, die belangte Behörde habe die Frage, ob die Beschwerdeführerin in den Jahren 1991 bis 1995 (bzw. in den Zeiträumen ihrer Leistungsbezüge) als arbeitslos anzusehen gewesen sei, ausschließlich unter Heranziehung der Bestimmung des § 36a AlVG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 297, geprüft und beurteilt, nicht hingegen zeitraumbezogen, führte die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift folgendes aus:

"1. ...

Die Beschwerdeführerin hat am 17.1.1997 (richtig: 17.1.1991) die Zuerkennung des Karenzurlaubsgeldes beantragt (RGS Bl. 6/1) und dieses auch seit 21.10.1990 bis einschließlich 14.10.1992 bezogen. Zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Karenzurlaubsgeldes war das AlVG in der Fassung, BGB1. Nr. 615/1987, und der Fassung, BGBl Nr. 364/1989, in Kraft.

Gemäß dem damals in Geltung befindlichen § 12 Abs 6 lit c AlVG galt insbesondere nicht als arbeitslos, wer auf andere Art selbständig erwerbstätig war und daraus ein nach Maßgabe des Absatz 9 festgestelltes Einkommen erzielt hat, das die im § 5 Abs 2 lit a-c des ASVG angeführten Beträge nicht überstiegen hat.

Gemäß § 12 Abs 9 AlVG in der Fassung BGBl. Nr. 364/1989 wurde das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit aufgrund des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wurde, festgestellt, wobei dem Einkommen nach § 2 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung, unter Außerachtlassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) die im Einkommensteuerbescheid angeführten Freibeträge und Sonderausgaben, sowie die Beträge nach den §§ 9 und 10 EStG 1988 hinzuzurechnen sind. Der Leistungsbezieher war verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach Erlassung dem zuständigen Arbeitsamt vorzulegen. Bis zur Erlassung und Vorlage des Bescheides war die Frage der Arbeitslosigkeit insbesondere aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung des Arbeitslosen über die Höhe seines Bruttoeinkommens, einer allenfalls bereits erfolgten Einkommensteuererklärung bzw. eines Einkommensteuerbescheides aus einem früheren Jahr vorzunehmen. Des weiteren hatte der Arbeitslose schriftlich seine Zustimmung zur Einholung von Auskünften beim Finanzamt zu erteilen. Als monatliches Einkommen galt ein Zwölftel des sich ergebenden Jahreseinkommens.

Gemäß § 25 Abs 1 AlVG in der Fassung, BGB1. Nr. 615/1987, war der Empfänger des Arbeitslosengeldes unter anderem auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich aufgrund seines bzw. seines Angehörigen nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheides ergeben hat, dass gemäß § 12 Abs 6 1it c bzw. § 36a Abs 3 lit A lit f und lit B lit d das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Aufgrund des vorgelegten Einkommensteuerbescheides des Finanzamtes Lienz vom 3.2.1993 ist ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 1991 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von S 283.844,-- hatte. Als Sonderausgaben wurden S 7.303,-- und S 1.000,-- für Kirchenbeitrag geltend gemacht. Gemäß dem damals in Kraft befindlichen § 12 Abs 9 AlVG sind den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von S 283.844,-- die Sonderausgaben in Höhe von S 7.303,-- und der Kirchenbeitrag in Höhe von S 1.000,-- zuzuzählen. Zur Ermittlung des monatlichen Einkommens aus Gewerbebetrieb ist das Jahreseinkommen in Höhe von S 292.147,-- durch zwölf zu dividieren. Dies ergibt ein monatliches Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von S 24.345,58. Demgegenüber stand 1991 eine monatliche Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von S 2.772,--.

Aufgrund des vorgelegten Einkommensteuerbescheides des Finanzamtes Lienz vom 9.12.1993 erzielte die Beschwerdeführerin im Jahr 1992 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von S 85.950,--. Als Sonderausgaben wurden S 1.638,-- und für Kirchenbeitrag S 1.000,-- geltend gemacht. Wenn nun diese Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit den Sonderausgaben addiert werden, ergibt dies ein Jahreseinkommen in Höhe von S 88.588,-- bzw. ein monatliches Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von S 7.382,33. Demgegenüber stand 1992 eine monatliche Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs 2 lit c ASVG in Höhe von S 2.924,--.

Gemäß § 29 Abs 1 AlVG in der Fassung, BGBl. Nr. 615/1987, waren unter anderem die §§ 24 und 25 leg cit (Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes) sinngemäß anzuwenden. Da gemäß § 25 Abs 1 AlVG in der Fassung, BGBl. Nr. 615/1987, der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) auch zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten ist, wenn sich aufgrund seines bzw. seines Angehörigen nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheides ergibt, dass gemäß § 12 Abs 61it c AlVG das Arbeitslosengeld nicht oder nicht in dieser Höhe gebührt hätte, ist die Beschwerdeführerin zum Rückersatz des an sie ausbezahlten Karenzurlaubsgeldes in Höhe von insgesamt S 174.315,--zu verpflichten.

2. Die Beschwerdeführerin hat am 2.11.1993 die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes beantragt (RGS BI. 7/1) und dieses auch ab 30.10.1993 bis einschließlich 19.12.1993 bezogen.

Zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes war das AlVG in der Fassung, BGBl. Nr. 615/1987, und der Fassung BGBl. Nr. 416/1992, in Kraft, welches mit 1.7.1992 in Kraft getreten ist. Im Zuge der Änderung durch BGBl. Nr. 416/1992 wurde der § 12 Abs 10 AlVG angefügt, womit klargestellt wurde, dass bei der Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit für die Beurteilung des Anspruches auf Familienzuschlag (§ 20 Abs 2) und Karenzurlaubsgeld (§ 26 Abs 4 und § 27 Abs 3) Absatz 9 sinngemäß anzuwenden ist. Im Zuge dieser Gesetzesänderung wurde auch die Formulierung des § 25 Abs 1 letzter Satz insofern geändert, als der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz auch zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten ist, wenn sich aufgrund seines bzw. seines Angehörigen nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Da zum Zeitpunkt der Geltendmachung dieses Arbeitslosengeldbezuges der § 12 Abs 9 AlVG in der Fassung, BGBl Nr. 615/1987, in Kraft war, ist das Einkommen für das Jahr 1993 auf dieselbe Art und Weise zu ermitteln wie auch in den Jahren 1991 und 1992.

Aufgrund des vorgelegten Einkommensteuerbescheides des Finanzamtes Lienz vom 6.3.1995 erhalten, wobei Sonderausgaben in Höhe von S 5.400,-- und S 1.000,-- für Kirchenbeitrag geltend gemacht wurden. Wenn nun die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit den Sonderausgaben addiert werden, ergibt das ein Jahreseinkommen in Höhe von S 116.078,-- bzw. ein monatliches Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von S 9.673,17. Diesem Einkommen steht 1993 eine monatliche Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs 2 lit c ASVG in Höhe von S 3.102,-- gegenüber. Da die Beschwerdeführerin somit auch 1993 die monatliche Geringfügigkeitsgrenze bei weitem überschritten hat, ist die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 30.10.1993 bis 19.12.1993 mangels Arbeitslosigkeit zu widerrufen.

3. Am 2.11.1994 stellte die Berufungswerberin neuerlich einen Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes (RGS BI. 7/8), welches sie auch ab diesem Tag bis einschließlich 24.12.1994 bezogen hat. Zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Arbeitslosengeldanspruches war das AlVG in der Fassung, BGBl. Nr. 615/1987, und der Fassung, BGBl Nr. 817/1993, in Kraft.

Gemäß § 12 Abs 6 lit c AlVG in der Fassung, BGBl Nr. 817/1993, gilt als arbeitslos, wer auf andere Art selbständig erwerbstätig ist und daraus im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit einen Umsatz erzielt, von dem 11,1 % die im § 5 Abs 21it a- c des ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt.

Gemäß § 12 Abs 9 AlVG in der Fassung, BGBl Nr. 817/1993, wird der Umsatz gemäß § 12 Abs 6 lit c aufgrund des Umsatzsteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wird, festgestellt. Als monatlicher Umsatz gilt bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahresumsatzes, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit der anteilsmäßige Umsatz in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorlag.

Gemäß § 12 Abs 10 AlVG in der.Fassung, BGBl Nr. 817/1993, ist der Leistungsbezieher verpflichtet, den Umsatz- bzw. Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr in dem Arbeitslosengeld bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach Erlassung dem zuständigen Arbeitsamt vorzulegen. Bis zur Erlassung und Vorlage des Bescheides ist die Frage der Arbeitslosigkeit bzw. der Einkommenshöhe insbesondere aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung des Arbeitslosen über die Höhe seines Umsatzes bzw. seiner Einkünfte, einer allenfalls bereits erfolgten Einkommensteuererklärung bzw. eines Umsatz- bzw. Einkommensteuerbescheides aus einem früheren Jahr vorzunehmen. Des weiteren hat der Arbeitslose schriftlich seine Zustimmung zur Einholung von Auskünften beim Finanzamt zu erteilen. Für die von den Finanzämtern erteilten Auskünfte gilt die abgabenrechtliche Geheimhaltepflicht des § 48a der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961. Lehnt der Arbeitslose die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung bzw. der Zustimmungserklärung ab, ist ein geringfügiges Einkommen nicht anzunehmen.

Gemäß § 12 Abs 11 AlVG in der Fassung, BGB1. Nr. 817/1993, sind bei der Ermittlung des Umsatzes oder des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit für die Beurteilung des Anspruches auf Familienzuschlag (§ 20 Abs 2) und Karenzurlaubsgeld (§§ 26 Abs 4 und 27 Abs 3) die Absätze 9 und 10 und § 36 Abs 3 lit A sublit f und lit B sublit d sinngemäß anzuwenden.

Die Beschwerdeführerin war laut vorgelegtem Schenkungsvertrag vom 26.2.1996 (LGS BI 4/2) zu einem Drittel an der Franz Gliber OHG beteiligt. Nach Ansicht der belangten Behörde ist daher der Berufungswerberin auch ein Drittel des Umsatzes der Franz Gliber OHG zuzurechnen. Da die Franz Gliber OHG laut Umsatzsteuerbescheid des Finanzamtes Lienz vom 7.12.1995 (RGS BI. 8/27) im Jahr 1994 einen Gesamtbetrag der Entgelte in Höhe von S 23,860.347,20 erzielt hat, ist ein Drittel dieses Umsatzes in Höhe von S 7,953.449,07 der Beschwerdeführerin zuzurechnen.

11,1 % von S 7,953.449,07 ergeben einen Betrag in Höhe von

S 882.832,85, welcher durch 12 dividiert einen monatlichen Umsatz in Höhe von S 73.569,40 ergibt. Da die monatliche Geringfügigkeitsgrenze im Jahr 1994 bei S 3.288,-- lag, hat die Berufungswerberin die monatliche Umsatzgrenze auch im Jahr 1994 bei weitem überschritten, weshalb die Beschwerdeführerin nach Ansicht der belangten Behörde mangels Arbeitslosigkeit zum Rückersatz des in der Zeit vom 1.11.1994 bis 24.12.1994 bezogenen Arbeitslosengeld zu verpflichten ist.

4. Die Berufungswerberin hat am 3.5.1995 einen Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gestellt, welches sie ab diesem Tag bis 14.6.1995 bezogen hat. Zum Zeitpunkt der Geltendmachung dieses Arbeitslosengeldanspruches war das AlVG in der Fassung, BGBl Nr 297/1995, in Kraft, welches mit 1.5.1995 in Kraft getreten ist. Da im Berufungsbescheid die Einkommensberechnung gemäß § 12 Abs 61it c AlVG in der Fassung, BGBl Nr. 297/1995, in der Fassung, BGBI. 201/1996, durchgeführt worden ist, darf hinsichtlich des Berechnungsvorganges auf den Berufungsbescheid verwiesen werden."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der vorliegenden Beschwerde werden weder die Feststellungen der belangten Behörde über die Höhe des Einkommens, welche die Beschwerdeführerin aus selbständiger Erwerbstätigkeit in den fraglichen Zeiträumen erzielt hat, bekämpft, noch wird geltend gemacht, dass die belangte Behörde bei Ermittlung des jeweils monatlich anzurechnenden Einkommens unrichtig vorgegangen sei.

Als einziger Beschwerdeeinwand wird vorgetragen, dass die belangte Behörde nicht auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin Bedacht genommen habe, dass diese über "die tatsächlichen Umsätze bzw. Einkommensteile nie verfügt" habe. Sie habe "aus der Gliber OHG und der Gliber KG keinerlei Entnahmen getätigt". Die anteilige Zurechnung des Einkommens durch das Finanzamt sei entsprechend der Einkommensteuerbemessung erfolgt. Diese Einkommensteile "sind jedoch der Beschwerdeführerin nicht zugeflossen". Ihre Tätigkeit im Rahmen der OHG habe sich "auf die Ausübung der Kontrollrechte als gewerberechtliche Geschäftsführerin beschränkt". Aus den Büchern könne nachgewiesen werden, dass die Beschwerdeführerin im genannten Zeitraum keine Entnahmen aus dem Betriebsvermögen der zitierten Firma getätigt habe. Die OHG bzw. KG habe lediglich jene Sozialversicherungsbeiträge und Einkommensteuerbestandteile zur Zahlung übernommen, die aufgrund der gesetzlichen Zurechnung des Einkommens auf die Person der Beschwerdeführerin angefallen seien. Über das Einkommen sei sie jedoch selbst "nie verfügungsberechtigt" gewesen. Sie habe daher "über diese Einkommensteile auch nie verfügt". Sie sei daher hinsichtlich der Gliber OHG und der Gliber KG niemals "Empfänger" von Leistungen gewesen.

Damit verkennt die Beschwerde den Einkommensbegriff des Arbeitslosenversicherungsgesetzes:

Wie sich nämlich aus den in den oben wiedergegebenen Teilen der Gegenschrift der belangten Behörde zutreffend wiedergegebenen, jeweils in Geltung gestandenen gesetzlichen Bestimmungen ergibt, war das Einkommen bei Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes zu ermitteln. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Beschwerdeführerin aus der OHG (die KG hat nach den Feststellungen der belangten Behörde erst ab Februar 1996 und damit nicht im Rückforderungszeitraum existiert) tatsächlich Entnahmen getätigt hat oder nicht, wesentlich ist ausschließlich, dass ihr Einkünfte im festgestellten Ausmaß steuerlich zugerechnet wurden.

Damit erweist sich aber auch die Mängelrüge aus rechtlichen Gründen als verfehlt.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte jedoch im Rahmen des Beschwerdepunktes den angefochtenen Bescheid von amtswegen auch unter nicht geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen:

Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde zwar zu Unrecht hinsichtlich aller im angefochtenen Bescheid genannten Zeiträume § 36a AlVG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 297, nicht aber hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. Jänner 1994 bis 30. April 1995 § 12 Abs. 6 lit. c und Abs. 9 AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 bzw. für die Zeiträume davor § 12 Abs. 6 lit. c und Abs. 9 AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 615/1987 angewendet hat.

Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin dies in ihrer Beschwerde nicht einmal rügt, ist der angefochtene Bescheid insoweit nicht rechtswidrig, als die belangte Behörde im oben wiedergegebenen Teil ihrer Gegenschrift darzulegen vermochte, dass diese Gesetzesänderungen den Einkommensbegriff bei Einkünften aus Gewerbebetrieb im Wesentlichen unverändert gelassen haben.

Hinsichtlich der Zeiträume vom 1. Jänner 1991 bis 30. Juni 1992 und vom 1. Jänner 1994 bis 30. April 1995 ist dies indes nicht der Fall:

Einen anderen Einkommensbegriff sah § 26 Abs. 4 lit. d AlVG im Zeitraum vom 1. Jänner 1991 bis 30. Juni 1992 insoweit vor, als die Hinzurechnung der Sonderausgaben und Freibeträge nicht angeordnet gewesen ist. Die belangte Behörde durfte sich in diesem Zeitraum - entgegen der in der Gegenschrift zum Ausdruck gebrachten Auffassung - nicht auf § 12 Abs. 9 AlVG stützen, weil diese Bestimmung unmittelbar nur für das Arbeitslosengeld gegolten und § 26 Abs. 4 lit. d AlVG eine auch sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung für das Karenzurlaubsgeld nicht vorgesehen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1994, Zl. 93/08/0254); diese wurde erst mit der Anfügung des § 12 Abs. 10 AlVG durch Art. I Z. 2 der AlVG-Novelle BGBl. Nr. 416/1992 mit Wirkung vom 1. Juli 1992 angeordnet. Das Einkommen im Sinne des § 26 Abs. 4 lit. d AlVG in der bis 30. Juni 1992 geltenden Fassung war nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anhand einer Einnahmen-Ausgabenrechnung für die letzten 12 Kalendermonate zurückgerechnet vom jeweiligen Bezugsmonat zu ermitteln (vgl. dazu ausführlich das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Slg. Nr. 12276/A, zur früheren Rechtslage bei Ansprüchen auf Arbeitslosengeld, sowie zur Übertragung der Grundsätze dieses Erkenntnisses auf die entsprechende Rechtslage beim Karenzurlaubsgeld mit Erkenntnis vom 30. September 1994, Zl. 93/08/0254). Dadurch, dass die belangte Behörde hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. Jänner 1991 bis 30. Juni 1992 aufgrund der Verkennung der Rechtslage entscheidungserhebliche Feststellungen im Sinne der zitierten Rechtsprechung unterlassen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Hinsichtlich des im Zeitraum vom 1. Jänner 1994 bis 30. April 1995 maßgeblichen Umsatzes verkennt die belangte Behörde, dass die Zurechnung von Umsätzen - in Ermangelung einer anders lautenden gesetzlichen Anordnung nach der auf den Arbeitslosengeldanspruch der Beschwerdeführerin vom 1. November 1994 bis 24. Dezember 1994 anzuwendenden Rechtslage vor der mit 1. Mai 1995 in Kraft getretenen Änderung des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995 (vgl. § 12 Abs. 6 lit. c und e in dieser Fassung) - die Identität von Steuersubjekt nach dem Umsatzsteuergesetz und Arbeitslosengeldbezieher voraussetzt (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Februar 1997, Zl. 96/08/0272, vom 21. April 1998, Zl. 95/08/0226, und vom 16. Februar 1999, Zl. 97/08/0427). Auf Grund des untrennbaren Zusammenhanges der als rechtswidrig erkannten Absprüche mit den Feststellungen der Überbezüge in den jeweiligen Spruchpunkten einerseits und mit dem Ausspruch über die Rückforderung andererseits war der angefochtene Bescheid zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Dies konnte im Hinblick auf die zT einfachen, zT in der Vorjudikatur hinreichend geklärten Rechtsfragen in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erfolgen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. April 2000

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