Normen
AsylG 1997 §38 Abs5;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §26 Abs1 Z4;
VwGG §46 Abs1;
ZPO §146;
AsylG 1997 §38 Abs5;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §26 Abs1 Z4;
VwGG §46 Abs1;
ZPO §146;
Spruch:
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben.
Begründung
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1999 wurde die gemäß § 38 Abs. 5 AsylG erhobene, zur hg. Zl. 98/20/0283 protokollierte Amtsbeschwerde des Antragstellers gegen Spruchteil II des Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. Mai 1998, Zl. 203.058/0-VI/17/98, wegen Versäumung der Beschwerdefrist zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde dem Antragsteller am 29. April 1999 zugestellt.
Mit dem vorliegenden, am 14. Mai 1999 überreichten und somit - berechnet ab der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses - innerhalb der Frist des § 46 Abs. 3 VwGG eingebrachten Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist mit der näher ausgeführten Begründung, er habe erst durch die Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses davon Kenntnis erlangt, dass die Frist für die Erhebung der Amtsbeschwerde in einem Fall wie dem vorliegenden schon mit der Eintragung des zu bekämpfenden Bescheides in das "Asylwerberinformationssystem" beginne. Dass ihm dies nicht schon früher bewusst geworden sei, begründe zumindest kein grobes Verschulden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diesen Antrag erwogen:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Im vorliegenden Fall macht der Antragsteller geltend, er habe sich - gemessen an der im zitierten Zurückweisungsbeschluss vertretenen Auffassung zu der darin erstmals behandelten Rechtsfrage - in einem zumindest nicht grob fahrlässigen Rechtsirrtum darüber befunden, ob die Frist für die Erhebung der Amtsbeschwerde schon mit der Eintragung des zu bekämpfenden Bescheides in das "Asylwerberinformationssystem" beginne. Die Tatsache dieses Irrtums und seiner Kausalität für die Versäumung der Beschwerdefrist ist nicht zweifelhaft.
Der Verwaltungsgerichtshof hat, ausgehend von der Deutung des Begriffes "Ereignis" im Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. März 1976, Slg. Nr. 9.024/A, in jüngerer Zeit wiederholt die Auffassung vertreten, auch ein Rechtsirrtum könne als Wiedereinsetzungsgrund in Betracht kommen und es sei, wenn ein solcher Irrtum als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht wird, im Einzelfall die Verschuldensfrage zu prüfen (vgl. in diesem Sinne etwa die Erkenntnisse vom 12. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.325/A, vom 3. Dezember 1982, Zl. 82/08/0212, SVSlg. 28.298, vom 25. September 1990, Zl. 90/07/0012, und vom 24. Februar 1992, Zl. 91/10/0251; die Beschlüsse vom 3. September 1996, Zl. 96/04/0134, und vom 11. März 1998, Zlen. 97/01/1099, 1100; das Erkenntnis vom 2. Juli 1998, Zl. 97/06/0056, und den Beschluss vom 13. Jänner 1999, Zl. 98/01/0637). Diese Ansicht wird auch vom Obersten Gerichtshof zu § 146 ZPO vertreten (OGH 23.5.1996, 8 Ob A 2045/96k, RdW 1997, 33).
Scheinbar gegenteilige Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes beruhen auf einem der Auslegung des Wortes "Ereignis" durch den erwähnten Beschluss eines verstärkten Senates widersprechenden und daher überholten Verständnis dieses Tatbestandsmerkmals (so etwa das Erkenntnis vom 5. März 1980, Slg. Nr. 10.059/A) oder auf Argumenten, die - vor allem auch vor dem Hintergrund des jeweils entschiedenen Falles - als verschuldensbezogen deutbar sind (vgl. zu diesem Gesichtspunkt hinsichtlich des Beschlusses vom 26. November 1980, Slg. Nr. 10.309/A, und der daran anschließenden Rechtsprechung etwa das zitierte Erkenntnis vom 24. Februar 1992, Zl. 91/10/0251, den Beschluss vom 3. September 1996, Zl. 96/04/0134, und das Erkenntnis vom 2. Juli 1998, Zl. 97/06/0056).
Rechtsirrtümer über den Beginn eines Fristenlaufes werden bei einer rechtskundigen Partei - ein Maßstab, der auch für den Antragsteller zu gelten hat - oder beim Einschreiten eines rechtskundigen Vertreters nur in besonderen Ausnahmefällen zur Bewilligung eines Wiedereinsetzungsantrages führen können. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber vor, weil der Antragsteller die Antwort auf die Rechtsfrage nach der Bedeutung der Eintragungen in das "Asylwerberinformationssystem" für den Beginn des Fristenlaufes nach § 26 Abs. 1 Z. 4 VwGG weder unmittelbar dem Gesetz entnehmen noch auf Literatur oder Rechtsprechung zu dieser Frage zurückgreifen konnte und der Umstand, dass er nicht von selbst zu der im Beschluss vom 25. März 1999, Zl. 98/20/0283, näher dargelegten Rechtsansicht gelangte, nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes nicht geeignet ist, den Vorwurf grober Sorgfaltswidrigkeit zu begründen. Der Versäumung der Beschwerdefrist liegt daher kein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden zugrunde.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG war dem Antrag auf Wiedereinsetzung somit stattzugeben.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 17. Juni 1999
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