VwGH 97/01/1099

VwGH97/01/109911.3.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, 1. über den Antrag des Dipl.-Ing. Zdravko Pavlov in Judenburg, geboren am 19. Mai 1944, vertreten durch Dr. Heinz Pichler, Rechtsanwalt in Judenburg, Liechtensteingasse 1, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. April 1996, Zl. 4.297.224/8-III/13/96, betreffend Asylgewährung, und 2. in dieser Beschwerdesache den Beschluß gefaßt:

Normen

B-VG Art144 Abs3;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
B-VG Art144 Abs3;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Beschluß vom 7. August 19966, Zl. VH 96/01/0409, bewilligte der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer gemäß § 61 VwGG die Verfahrenshilfe zur Erhebung der Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid. Der Ausschuß der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer bestellte daraufhin mit Bescheid vom 26. September 1996 den nunmehrigen Vertreter des Beschwerdeführers zum Verfahrenshelfer. Der Bestellungsbescheid wurde diesem am 28. Oktober 1996 zugestellt.

Mit Postaufgabe 9. Dezember 1996 brachte der bestellte Verfahrenshelfer namens des Beschwerdeführers Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ein. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 25. Februar 1997 die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gleichzeitig dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Hier wurde sie mit Beschluß vom 3. September 1997, Zl. 97/01/0444, als verspätet zurückgewiesen, weil die sechswöchige Frist für die Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde am 9. Dezember 1996 bereits abgelaufen war. Begründend wurde darauf verwiesen, daß dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. August 1996 über die Bewilligung der Verfahrenshilfe für das verfassungsgerichtliche Verfahren keine Bedeutung zukam und daß die Frist zur Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde dadurch keine Verlängerung erfahren hat. Dieser Zurückweisungsbeschluß wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters am 24. November 1997 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 1997 (Postaufgabe) begehrt der Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Nachholung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist. Diesen Antrag begründet er im wesentlichen damit, daß er - obwohl rechtsunkundig - nicht über die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit der Beantragung der Verfahrenshilfe auch für die Einbringung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof aufgeklärt worden sei. Er sei daher ohne sein Verschulden durch ein für ihn unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde gehindert gewesen. Die Einbringung einer solchen sei seinem Vertreter allerdings wesentlich zielführender erschienen, dazu sei in der Folge auch Vollmacht erteilt worden, weshalb es letztlich zu der am 9. Dezember 1996 zur Post gegebenen und mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember (richtig: September) 1997 zurückgewiesenen Beschwerde gekommen sei. Im übrigen sei die dieser Entscheidung zugrundeliegende Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes völlig überraschend. Die mit Abtretungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof verbundene Verfassungsgerichtshofbeschwerde sei einer "gewöhnlichen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde" gleichzuhalten. Auch der Verfassungsgerichtshof habe keinerlei Bedenken gegen die Einbringung der Beschwerde durch den Verfahrenshelfer gehabt. Ein allfälliger Mangel des Vollmachtsverhältnisses hätte zu einem Verbesserungsauftrag führen müssen. Der Umstand, daß "die verbundene Beschwerde" beim Verfassungsgerichtshof habe eingebracht werden müssen, ändere nichts an der fristgerechten Einbringung beim Verwaltungsgerichtshof, da "dies dem gleichzuhalten" sei.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Ein minderer Grad des Versehens hindert die Wiedereinsetzung nicht.

Welches Ereignis im eben bezeichneten Sinn den Beschwerdeführer an der rechtzeitigen Einbringung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gehindert habe, wird von ihm nicht ausdrücklich dargelegt. Soweit der Beschwerdeführer aber zunächst unter Betonung seiner Rechtsunkenntnis fehlende Belehrung über die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit der Stellung eines Verfahrenshilfeantrages auch für ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ins Spiel bringt - weshalb er an der rechtzeitigen Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde gehindert gewesen sei -, ist nicht zu sehen, inwieweit dies die hier allein zur Debatte stehende Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde beeinträchtigte. Der Vertreter des Beschwerdeführers, dessen Verhalten dem Beschwerdeführer zuzurechnen ist, hätte jedenfalls ungeachtet seiner Ansicht, eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde sei zielführender, fristwahrend eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde einbringen können und müssen.

Wenn der Beschwerdeführer des weiteren damit argumentiert, daß die Zurückweisung der zu hg. Zl. 97/01/0444 protokollierten und vom Verfassungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde völlig überraschend erfolgt sei, so macht er im Ergebnis als Wiedereinsetzungsgrund geltend, daß ihm ein entschuldbarer Rechtsirrtum unterlaufen sei. Von einem minderen Grad des Versehens kann freilich keine Rede sein. Auch der Verfassungsgerichtshof weist nämlich in ständiger Rechtsprechung Verfassungsgerichtshofbeschwerden als verspätet zurück (und mit den Beschwerden verbundene Abtretungsanträge ab), wenn bei ihrer Einbringung nur mehr die Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde - wegen § 26 Abs. 3 VwGG - offen war (vgl. VfSlg. 14.333 m.w.N.). Daß dies der Verfassungsgerichtshof in conkreto unterlassen hat, ist nicht Ausdruck gegenteiliger Rechtsansicht, sondern hat seine Erklärung darin, daß eine Prüfung der Beschwerde auf das Vorliegen sämtlicher Prozeßvoraussetzungen laut ausdrücklichem Hinweis im Ablehnungs- und Abtretungsbeschluß vom 25. Februar 1997 nicht vorgenommen wurde. Die vom Beschwerdeführer vertretene Ansicht, eine mit Abtretungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof verbundene Verfassungsgerichtshofbeschwerde sei einer "gewöhnlichen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde" gleichzuhalten, findet mithin in der Judikatur beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts keine Deckung (vgl. auch die hg. Beschlüsse vom 21. Mai 1997, Zlen. 97/19/0760 und 0761, sowie vom 3. September 1997, Zlen. 97/01/0425 und 0426). Wenn der Beschwerdeführer (sein Vertreter) dessen ungeachtet ungeprüft im Sinne jener Ansicht agierte, so stellt dies eine grobe Sorgfaltswidrigkeit dar, welche die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt.

Argumente schließlich, die die Richtigkeit seiner These untermauern sollen, gehen hier schon deshalb ins Leere, weil die Verspätungsfrage im Wiedereinsetzungsverfahren nicht neu aufgerollt werden kann.

Zusammenfassend mußte dem gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag daher ein Erfolg versagt bleiben. Dies hat weiters zur Folge, daß die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war. Davon ausgehend erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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