VwGH 99/07/0066

VwGH99/07/006610.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde der Bezirksbauernkammer W, vertreten Dr. Mario Noe-Nordberg, Rechtsanwalt in Waidhofen an der Thaya, Hamernikgasse 10, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. Februar 1999, Zl. LF1-A-87, betreffend Aufforstungsbewilligung nach dem Niederösterreichischen Kulturflächenschutzgesetz 1994, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
KulturflächenschutzG NÖ 1994 §2 Abs3;
KulturflächenschutzG NÖ 1994 §2 Abs4;
LWKG NÖ 1972 §1 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
KulturflächenschutzG NÖ 1994 §2 Abs3;
KulturflächenschutzG NÖ 1994 §2 Abs4;
LWKG NÖ 1972 §1 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Februar 1999 wurde J.Sch. die Bewilligung zur Aufforstung bisher landwirtschaftlich genutzter Grundstücke nach § 2 des Niederösterreichischen Kulturflächenschutzgesetzes 1994, LGBl. 6145-2, erteilt.

Die gegen diesen Bescheid gerichtete Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erweist sich als unzulässig.

Die beschwerdeführende Partei vermag, da ihr unbestritten ein Beschwerderecht gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG nicht eingeräumt ist, ihre Beschwerdelegitimation allein auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. zu stützen. Nach dieser Bestimmung kann - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Die Zulässigkeit einer auf diese Bestimmung gestützten Beschwerde setzt die Möglichkeit einer Verletzung von subjektiven Rechten voraus. Fehlt es an der Möglichkeit der Verletzung subjektiver Rechte, dann ist die Beschwerde unzulässig (vgl. für viele den hg. Beschluss vom 28. März 1996, Zl. 95/07/0239).

Die beschwerdeführende Partei verweist zur Begründung ihrer Beschwerdelegitimation auf § 4 des Niederösterreichischen Kulturflächenschutzgesetzes 1994. Nach dieser Bestimmung haben der Grundeigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte der betroffenen Grundstücke sowie die zuständige Bezirksbauernkammer im Verfahren nach diesem Gesetz Parteistellung.

Aus der Einräumung der Parteistellung im Verwaltungsverfahren durch den Gesetzgeber folgt noch nicht zwingend die Beschwerdelegitimation dieser Partei vor dem Verwaltungsgerichtshof. Parteistellung im Verwaltungsverfahren und Legitimation zur Beschwerdeführung nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG müssen nicht zusammenfallen (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. NF 10.511/A). Die ausdrückliche Zuerkennung der Parteistellung durch den Gesetzgeber kann einerseits der Klarstellung dienen, dass dieser Partei auch subjektive materielle Rechte zukommen; sie kann aber auch lediglich dem betreffenden Subjekt die Stellung einer Formalpartei verleihen, der nur verfahrensrechtliche Rechte zustehen.

Nach § 2 Abs. 1 des Niederösterreichischen Kulturflächenschutzgesetzes 1994 darf auf landwirtschaftlichen Kulturflächen sowie auf diesen benachbarten Grundstücken eine Kulturumwandlung nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde vorgenommen werden. Als benachbart gelten Grundstücke, die nicht weiter als zehn Meter von den von der Kulturumwandlung betroffenen Flächen entfernt sind. Als Kulturumwandlung im Sinne dieses Gesetzes gilt

  1. a) die Aufforstung
  2. b) die Anlage von Forstgärten, Forstsamenplantagen, Christbaumkulturen, Walnuss- oder Edelkastanienplantagen zur Gewinnung von Früchten und Kurzumtriebsflächen mit einer Umtriebszeit bis 30 Jahren sowie

    c) die Duldung des natürlichen Anfluges ab Erreichen einer Überschirmung von zwei Zehntel der Grundstücksfläche (Naturverjüngung).

    Nach § 2 Abs. 3 leg. cit. ist die Bewilligung zu versagen, wenn die Kulturumwandlung dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung einer gesunden und leistungsfähigen Landwirtschaft dadurch widerspricht, dass sie nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erwarten lässt. Die Bewilligung ist jedenfalls zu versagen, soweit es sich um die Kulturumwandlung einer im Flächenwidmungsplan als landwirtschaftliche Vorrangfläche zur ausschließlichen landwirtschaftlichen Nutzung ausgewiesenen Fläche handelt.

    Wenn die beabsichtigte Maßnahme zwar nicht diesem Interesse widerspricht, aber für eine benachbarte landwirtschaftliche Kulturfläche Bewirtschaftungsnachteile, insbesondere infolge Durchwurzelung oder Beschattung zur erwarten sind, ist nach § 2 Abs. 4 des Niederösterreichischen Kulturflächenschutzgesetzes 1994 die Bewilligung mit der Auflage zu erteilen, einen Streifen entlang der Grenze von der Holzvegetation freizuhalten. Dessen Breite ist von der Bezirksverwaltungsbehörde je nach Reichweite der zu erwartenden Einwirkungen der Holzvegetation durch Beschattung oder Durchwurzelung so festzusetzen, dass der von der Holzvegetation freie Abstand zur Grenze der landwirtschaftlichen Kulturfläche mindestens drei und höchstens zehn Meter, im Allgemeinen jedoch fünf Meter beträgt.

    Aus diesen Bestimmungen lässt sich kein materielles subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei ableiten.

    § 2 Abs. 3 sieht die Versagung der Bewilligung zur Kulturumwandlung aus öffentlichen Interessen vor. Öffentliche Interessen begründen keine materiellen subjektiven Rechte einer Verfahrenspartei, sofern der Gesetzgeber dies nicht anordnet. Eine Anordnung des Inhaltes, dass der beschwerdeführenden Partei ein subjektives Recht auf Wahrung der im § 2 Abs. 3 des Niederösterreichischen Kulturflächenschutzgesetzes 1994 angeführten öffentlichen Interessen zukäme, findet sich im Niederösterreichischen Kulturflächenschutzgesetz 1994 nicht. Auch die Bestimmung des § 1Abs. 1 des Niederösterreichischen Landwirtschaftskammergesetzes, LGBl. 6000-8, wonach die Bezirksbauernkammern für ihren Zuständigkeitsbereich zur Vertretung der Interessen der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich, zur Beratung der Land- und Forstwirte und zur Durchführung der Aufgaben, die der Förderung der Land- und Forstwirtschaft dienen, berufen sind, begründet weder für sich noch in Verbindung mit den Bestimmungen des Niederösterreichischen Kulturflächenschutzgesetzes 1994 eine Grundlage für ein materielles subjektives Recht der Bezirksbauernkammer.

    § 2 Abs. 4 des Niederösterreichischen Kulturflächenschutzgesetzes 1994 statuiert ein subjektives Recht des Inhaltes, dass benachbarte landwirtschaftliche Kulturflächen im gewissen Ausmaß vor Bewirtschaftungsnachteilen geschützt werden sollen. Träger dieses subjektiven Rechts sind aber die Eigentümer und Nutzungsberechtigten dieser Liegenschaften und nicht die beschwerdeführende Partei.

    Die beschwerdeführende Partei hat daher im Verfahren nach dem Niederösterreichischen Kulturflächenschutzgesetz 1994 lediglich die Stellung einer Formalpartei. Materielle subjektive Rechte kommen ihr nicht zu. Die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei ist mit jener der Niederösterreichischen Umweltanwaltschaft (vor der Einräumung einer Beschwerdebefugnis nach Art. 131 Abs. 2 B-VG) und der Gemeinde nach § 14a des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes in naturschutzbehördlichen Verfahren vergleichbar, d.h. ihr kommt nur zur Durchsetzung ihrer aus der Parteistellung folgenden prozessualen Befugnisse Beschwerdelegitimation im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG zu; hingegen fehlt ihr, soweit es um die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung geht, das für die Beschwerdeberechtigung notwendige subjektive Recht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1988, Slg. NF 12.662/A, und den hg. Beschluss vom 26. Juni 1995, Zl. 95/10/0064).

    Eine Verletzung in den ihr als Partei des Verfahrens nach den Verfahrensvorschriften zustehenden Mitwirkungsrechten ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen; vielmehr räumt die beschwerdeführende Partei selbst ein, dass sie im Verfahren ihre Einwendungen vorbringen konnte.

    Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unzulässig, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.

    Wien, am 10. Juni 1999

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