VwGH 99/04/0102

VwGH99/04/010230.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des A F in F, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. April 1999, Zl. 63.220/54-III/B/13/99, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung von Gewinnungsbewilligungen, zu Recht erkannt:

Normen

BergG 1975 §100 Abs1;
BergG 1975 §94 Abs1;
BergG 1975 §95;
MinroG 1999 §217 Abs2;
MinroG 1999 §217 Abs3;
MinroG 1999 §217 Abs6;
MinroG 1999 §80 Abs1;
VwRallg;
BergG 1975 §100 Abs1;
BergG 1975 §94 Abs1;
BergG 1975 §95;
MinroG 1999 §217 Abs2;
MinroG 1999 §217 Abs3;
MinroG 1999 §217 Abs6;
MinroG 1999 §80 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. April 1999 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 4. August 1998 auf Erteilung der Gewinnungsbewilligungen für näher bezeichnete Abbaufelder gemäß § 1 AVG in Verbindung mit § 217 Abs. 2 und Abs. 6 MinroG zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, nach § 94 des Berggesetzes 1975 habe das Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe einer Bewilligung der Berghauptmannschaft bedurft. Durch die Gewinnungsbewilligung habe deren Inhaber die Befugnis erlangt, in einem nach der Tiefe nicht beschränkten, im Amtsbezirk einer Berghauptmannschaft gelegenen Raum (Abbaufeld), grundeigene mineralische Rohstoffe zu gewinnen. Nach § 217 Abs. 2 und 6 MinroG, das am 1. Jänner 1999 in Kraft getreten sei, und das Berggesetz - mit bestimmten Ausnahmen - aufgehoben habe, seien am 1. Jänner 1999 anhängige Verfahren und Rechtsmittelverfahren von den bisher zuständigen Behörden nach den Bestimmungen des Mineralrohstoffgesetzes zu Ende zu führen. Das Mineralrohstoffgesetz kenne kein der Gewinnungsbewilligung vergleichbares Rechtsinstitut. Nach dem Mineralrohstoffgesetz setze das Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe einen genehmigten Gewinnungsbetriebsplan voraus. Anträge um Erteilung einer Gewinnungsbewilligung seien nunmehr unzulässig. Ein für den Bewilligungswerber positiv abgeschlossenes Verfahren nach § 94 ff BergG 1975 impliziere nicht die Fortführung des - eigenständigen - Verfahrens nach § 100 leg. cit. als Verfahren nach § 80 ff MinroG. Der Behörde sei somit die Möglichkeit genommen, ein eingeleitetes Verfahren zur Erteilung von Gewinnungsbewilligungen als solches oder als ein Verfahren für einen Gewinnungsbetriebsplan nach dem Mineralrohstoffgesetz weiter zu führen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf meritorische Erledigung seines Antrages unter Anwendung der Bestimmungen des Mineralrohstoffgesetzes verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt er vor, es sei richtig, dass das neue Gesetz keine Gewinnungsbewilligung kenne. Da der Beschwerdeführer aber bereits am 4. August 1998 angesucht habe, hätte sein Verfahren nach dem Berggesetz zu Ende geführt werden müssen. Bezüglich der zeitlichen Geltung von Bundesgesetzen sei zwischen Existenzzeitraum, zeitlichem Bedingungsbereich, zeitlichem Rechtsfolgenbereich oder auch durch anderes Gesetz verkürztem Rechtsfolgenbereich zu unterscheiden. Im Zeitpunkt seines Ansuchens habe er noch nicht wissen können, dass es in Zukunft das Mineralrohstoffgesetz geben werde und es könne nicht angehen, dass nunmehr sein Ansuchen als unzulässig zurückgewiesen werde. Es könne nicht sein, dass auf seinen Sachverhalt nunmehr das Mineralrohstoffgesetz angewendet werde, da es eine Beeinträchtigung des Wertes der Rechtssicherheit darstelle. Die rechtspolitische Problematik einer rückwirkenden Gesetzgebung liege in der Beeinträchtigung des Wertes der Rechtssicherheit. Es hätte daher die belangte Behörde in jedem Fall auf seinen Sachverhalt noch das Berggesetz 1975 anzuwenden gehabt. Die belangte Behörde habe § 217 MinroG missverstanden bzw. falsch ausgelegt. Bezüglich des relevanten Endzeitpunktes des Berggesetzes sei auszuführen, dass die Aufhebung (Derogation) nur die Beendigung des zeitlichen Bedingungsbereiches bedeute. Die aufgehobene Norm sei also weiter - auf die innerhalb ihres zeitlichen Bedingungsbereiches verwirklichte Sachverhalte (Antrag im August) - anzuwenden, d.h. der Rechtsfolgenbereich dauere fort. Ausdrücklich werde darauf hingewiesen, dass sich die Erstbehörde bis zur Erlassung des ersten Bescheides sechs Monate Zeit gelassen habe, obwohl ihr eine Entscheidung schon im Jahre 1998 möglich gewesen wäre. Es müsse im vorliegenden Fall auf das Datum der Antragstellung Rücksicht genommen werden und es werde angeregt, die Aufhebungs-, Übergangs- und Schlussbestimmungen im 16. Hauptstück des Mineralrohstoffgesetzes einer Prüfung zu unterziehen. Das B-VG enthalte zwar kein allgemeines Verbot rückwirkender Gesetze, jedoch beeinträchtige dies die Rechtssicherheit und der Beschwerdeführer möchte darauf hinweisen, dass eine Rechtsnorm grundsätzlich so lange gelte, bis sie infolge eines Konfliktes mit einer späteren Norm aufgehoben werde. Darüber hinaus sei darauf hingewiesen, dass auch bestehende Bergbauberechtigungen und Bewilligungen aufrecht blieben, was im Wege der Auslegung zulasse, dass auch Anträge, die vor dem 1. Jänner 1999 eingereicht worden seien, noch nach dem Berggesetz abzuhandeln seien. Abgesehen davon habe ihn die Behörde fünf Monate lang nicht darüber informiert und es könne nicht angehen, dass er die erheblichen Kosten für die Antragstellung auf sich genommen habe, obwohl die Behörde schon im Zeitpunkt der Antragstellung gewusst haben müsse, dass ein neues Gesetz in Kraft treten werde. Er verweise in diesem Zusammenhang nur auf die Manuduktionspflicht und erachte den Bescheid aus diesem Grund für rechtswidrig. Feststehe, dass die Behörde die §§ 194 ff MinroG falsch ausgelegt habe und in seinem Fall das Berggesetz noch anzuwenden gewesen wäre oder es hätte ihm die Behörde die Möglichkeit geben müssen, einen Gewinnungsbetriebsplan nachzureichen. Die Behörde habe ausreichend Zeit gehabt, seinen Antrag zu prüfen und es könne nicht angehen, dass er lediglich auf Grund der langen Bearbeitungsdauer der Möglichkeit beraubt sei, einen Gewinnungsbetriebsplan nachzureichen. Dadurch seien ihm erhebliche Kosten entstanden. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe es unterlassen, ihn im Rahmen ihrer Anleitungspflicht darüber zu belehren, dass das Mineralrohstoffgesetz in Kraft trete. Sie hätte ihn auf die mit seinem Antrag unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen aufmerksam machen müssen. Hätte ihn die Behörde entsprechend manuduziert, hätte er einen Gewinnungsbetriebsplan eingereicht und es könne nicht angehen, dass er nur aus diesem Grund nunmehr die nachteiligen Folgen zu tragen habe.

Gemäß § 94 Abs. 1 BergG 1975 bedurfte das Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe einer Bewilligung der Berghauptmannschaft, die nach § 95 leg. cit. auf entsprechendes Ansuchen von der Berghauptmannschaft zu erteilen war.

Gemäß § 100 Abs. 1 BergG war die Aufnahme sowie nach einer länger als fünf Jahre dauernden Unterbrechung die Wiederaufnahme des Gewinnens grundeigener mineralischer Rohstoffe in einem Abbaufeld spätestens drei Monate vorher der Berghauptmannschaft anzuzeigen. Der Anzeige war ein Aufschluss- und Abbauplan beizufügen, der alle wesentlichen Einzelheiten des beabsichtigten Aufschlusses und Abbaues enthalten musste.

Gemäß § 194 MinroG ist mit 1. Jänner 1999 an die Stelle des Berggesetzes 1975 (mit Ausnahme dessen §§ 193 bis 196) das Mineralrohstoffgesetz getreten.

Nach § 80 Abs. 1 MinroG haben natürliche Personen, juristische Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechtes, die beabsichtigen, grundeigene mineralische Rohstoffe obertägig zu gewinnen, der Behörde einen Gewinnungsbetriebsplan zur Genehmigung vorzulegen. Vor Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes darf nicht mit dem Gewinnen begonnen werden.

Gemäß § 217 Abs. 2 MinroG sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren und Rechtsmittelverfahren, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen.

Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes nicht durch Bescheid rechtskräftig abgeschlossene Verfahren nach § 100 des Berggesetzes 1975 nach §§ 81, 82, 83 und 116 mit der Maßgabe zu Ende zu führen, dass die Bestimmung des § 80 Abs. 2 Z. 11 nicht anzuwenden ist.

Nach dem Abs. 6 dieser Gesetzesstelle sind die in den Absätzen 2 bis 5 genannten Verfahren von den vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zuständigen Behörden zu Ende zu führen.

Wie sich aus der Gegenüberstellung der §§ 94, 95 und 100 BergG 1975 mit § 80 MinroG ergibt, erfordert nach der seit Inkrafttreten des Mineralrohstoffgesetzes geltenden Rechtslage das obertägige Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe nur mehr die Vorlage und Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes, der in seiner Funktion dem in § 100 BergG 1975 geregelten Aufschluss- und Abbauplan vergleichbar ist. Eine der in den §§ 94 ff BergG 1975 geregelten Gewinnungsbewilligung als Voraussetzung der Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe vergleichbare behördliche Genehmigung kennt das Mineralrohstoffgesetz nicht mehr.

Aus den zitierten Gesetzesstellen geht weiter hervor, dass es sich sowohl bei der Erteilung der Gewinnungsbewilligung nach den §§ 94 ff Berggesetz und der nach § 100 leg. cit. zu erteilenden Genehmigung des Aufschluss- und Abbauplanes wie auch bei der in § 80 MinroG geregelten Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes um antragsbedürftige Verwaltungsakte handelt. Das Wesen solcher antragsbedürftiger Verwaltungsakte besteht darin, dass die Behörde bei Erlassung derartiger Verwaltungsakte an einen entsprechenden Antrag der Partei gebunden ist. Solche Verwaltungsakte dürfen von der Behörde nicht von Amts wegen gesetzt werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1977, Slg. NF Nr. 9.425/A).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, hat die Behörde im Allgemeinen, d.h. wenn das Gesetz nicht abweichende Übergangsbestimmungen enthält, - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Slg. NF Nr. 13.384/A). Von dieser Rechtsansicht abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch im vorliegenden Fall nicht veranlasst. Entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers handelt es sich dabei nicht um die rückwirkende Anwendung eines Gesetzes. Gegenstand der Beurteilung durch die Behörde ist nämlich - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - immer jener Sachverhalt, wie er im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vorliegt. Daran vermag der Umstand, dass der der Bescheiderlassung zu Grunde liegende Antrag zu einem früheren Zeitpunkt gestellt wurde, nichts zu ändern. Es ist daher im vorliegenden Fall für die Frage nach dem anzuwendenden Recht ohne jede Bedeutung, wie lange der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Antrag des Beschwerdeführers zurückliegt und ob der belangten Behörde eine Säumnis in der Erledigung dieses Antrages zur Last liegt.

Von dieser Rechtslage ausgehend hatte die belangte Behörde mit Rücksicht auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ihrer Entscheidung das Mineralrohstoffgesetz zu Grunde zu legen. Der darin enthaltenen Übergangsregelung des § 217 ist der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, unter der Herrschaft des Berggesetzes 1975 anhängig gewordene Verfahren nach den Bestimmungen des Mineralrohstoffgesetzes zu Ende zu führen. Mit Rücksicht auf das oben beschriebene Wesen antragsbedürftiger Verwaltungsakte setzt dies allerdings bei Erledigung eines unter der Herrschaft des Berggesetzes 1975 gestellten Antrages voraus, dass auch im Mineralrohstoffgesetz ein vergleichbarer antragsbedürftiger Verwaltungsakt vorgesehen ist, was im vorliegenden Fall aber, wie oben dargelegt, nicht zutrifft.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Rechtsansicht der belangten Behörde, mangels materiell-rechtlicher Regelungen im Mineralrohstoffgesetz könne der in Rede stehende Antrag einer inhaltlichen Erledigung nicht zugeführt werden, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen. Daran hätte auch eine entsprechende Belehrung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nichts zu ändern vermocht, zumal der Beschwerdeführer durch die vorliegende Entscheidung nicht daran gehindert ist, jederzeit einen Gewinnungsbetriebsplan im Sinne des § 80 MinroG zur Genehmigung vorzulegen. Der Beschwerdeführer vermag daher auch mit der behaupteten Verletzung der Manuduktionspflicht durch die belangte Behörde schon mangels deren Relevanz im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Es lässt somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 30. Juni 1999

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